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BFH - Entscheidung vom 18.06.2015

IV R 6/11

Normen:
§ 6 Abs 1 Nr 1 S 4 EStG 1997 vom 24.03.1999
§ 6 Abs 1 Nr 2 S 2 EStG 1997 vom 24.03.1999
§ 6 Abs 1 Nr 2 S 3 EStG 1997 vom 24.03.1999
§ 52 Abs 16 S 2 EStG 1997 vom 24.03.1999
§ 52 Abs 16 S 3 EStG 1997 vom 24.03.1999
§ 162 AO
§ 107 Abs 1 FGO
§ 118 Abs 2 FGO
EStG § 6 Abs. 1 Nr. 2 S. 1
EStG § 6 Abs. 1 Nr. 2 S. 2

BFH, Urteil vom 18.06.2015 - Aktenzeichen IV R 6/11

DRsp Nr. 2015/14670

Bewertung der Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft

NV: Der Teilwert von hundertprozentigen Beteiligungen an Organgesellschaften bestimmt sich nicht nur nach der Ertragslage und den Ertragsaussichten jener Gesellschaften, sondern auch nach der funktionalen Bedeutung der Organgesellschaften im Unternehmensverbund.

Eine Teilwertabschreibung auf die Beteiligung an einer nicht börsennotierten Kapitalgesellschaft setzt voraus, dass sich der innere Wert des Beteiligungsunternehmens vermindert hat und dies nicht allein durch den Anfall hoher Verluste begründet werden kann, sondern einer umfassenden und einzelfallbezogenen Würdigung der Ertragslage und Ertragsaussichten sowie des Vermögenswerts und der funktionalen Bedeutung des Beteiligungsunternehmens bedarf (BFH - IV R 10/01 - 06.11.2003; BFH - I R 20/03 - 28.04.2004; BFH - III R 78/07 - 19.08.2009).

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz vom 15. November 2010 5 K 2737/06 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Normenkette:

EStG § 6 Abs. 1 Nr. 2 S. 1; EStG § 6 Abs. 1 Nr. 2 S. 2;

Gründe

I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine Besitz- und Beteiligungsgesellschaft in der Rechtsform einer GmbH & Co. KG. Sie ist u.a. alleinige Gesellschafterin der G-GmbH mit Sitz in X sowie der T-GmbH mit Sitz in Y.

Die G-GmbH wurde im Jahr 1976 mit einem Stammkapital von 40.000 DM gegründet. Die Klägerin erwarb sämtliche Anteile an der G-GmbH für einen Kaufpreis in Höhe des eingezahlten Stammkapitals von 10.000 DM. Sie zahlte das ausstehende Restkapital ein und erhöhte das Stammkapital im Jahr 1983 auf 500.000 DM. Zudem entstanden im Jahr 1990 nachträgliche Anschaffungskosten in Form eines Kapitalzuschusses und eines Pachtverzichts von insgesamt 1.291.000 DM.

Die Anteile an der T-GmbH erwarb die Klägerin im Jahr 1988 zu einem Kaufpreis von 1 DM. Zudem fielen für den Erwerb der T-GmbH Anschaffungsnebenkosten in Höhe von 14.016 DM und in Höhe von 1.213.000 DM Schuldübernahmen an.

Im Jahr 1990 nahm die Klägerin aufgrund der anhaltenden Verlustsituationen auf ihre Beteiligungen an der G-GmbH und an der T-GmbH Teilwertabschreibungen in Höhe von 1.696.000 DM (G-GmbH) und von 1.087.017 DM (T-GmbH) vor, so dass die Buchwerte zum 31. Dezember 1990 95.000 DM (G-GmbH) und 140.000 DM (T-GmbH) betrugen.

Das Stammkapital der G-GmbH wurde zum 31. Dezember 1994 um 2.500.000 DM auf 3.000.000 DM erhöht.

Am 1. Januar 1995 schloss die Klägerin mit der G-GmbH und mit der T-GmbH Beherrschungs- und Ergebnisabführungsverträge mit der Folge einer körperschaft- und gewerbesteuerlichen Organschaft. Nach Abschluss der Beherrschungs- und Ergebnisabführungsverträge erzielten die G-GmbH und die T-GmbH folgende Gewinne bzw. Verluste (in €):

Jahr   G-GmbH  T-GmbH 
1995  -961.188,08   -446.147,99  
1996  -1.538.780,25  -798.176,81  
1997  -1.119.988,90  -1.212.641,77  
1998  -1.853.054,53  -901.703,01  
1999  -4.591.047,82  -105.192,74  
2000  734.136,62  156.103,03  
2001  -882.503,15  -34.727,15  
2002  -2.391.794,49  -253.858,22  
2003  0  
2004  -328.699,99  
2005  -1.290.135,79  0. 

Ausweislich der Bilanz der G-GmbH zum 31. Dezember 1999 verfügte sie im Streitjahr 1999 über ein Eigenkapital von 4.300.000 DM. Das Anlagevermögen betrug insgesamt 28.679 DM. Der Jahresabschluss der T-GmbH zum 31. Dezember 1999 wies ein Eigenkapital von 4.385.000 DM und ein Anlagevermögen von 1 DM aus.

Während die G-GmbH zum 31. Dezember 1999 einen Jahresfehlbetrag aus gewöhnlicher Geschäftstätigkeit von 600.339,05 DM zzgl. außerordentlicher Aufwendungen von 8.350.000 DM (Einzelwertberichtigung über 4.800.000 DM gegenüber der Gesellschaft der Unternehmensgruppe aus Z und Zuführung zur Rückstellung wegen Patentverletzung über 3.550.000 DM) erzielte, also einen Jahresfehlbetrag in Höhe von insgesamt 8.950.339,05 DM zu verzeichnen hatte, ergab sich bei der T-GmbH zum gleichen Stichtag ein Jahresfehlbetrag in Höhe von 205.739,11 DM.

Für die von der Klägerin der G-GmbH überlassenen Wirtschaftsgüter zahlte diese Betriebspachten in Höhe von 2.412.336 DM im Jahr 1999 und von 2.408.116 DM im Jahr 2000. Die T-GmbH leistete in den Jahren 1999 und 2000 Pachtzahlungen in Höhe von 334.566 DM und 315.228 DM für die ihr von der Klägerin überlassenen Wirtschaftsgüter.

Im Anschluss an eine Außenprüfung für die Streitjahre (1999 bis 2001) vertrat der Prüfer die Auffassung, auf die durch frühere Teilwertabschreibungen geminderten Buchwerte der Beteiligungen an der G-GmbH und an der T-GmbH seien nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 3 des Einkommensteuergesetzes i.d.F. des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002 vom 24. März 1999 (BGBl I 1999, 402 ) –EStG– zum Stichtag 31. Dezember 1999 und 31. Dezember 2000 Zuschreibungen um jeweils 2.783.017 DM und zum 31. Dezember 2001 um 1.422.934 € vornehmen:

  31. Dezember 1999  31. Dezember 2000  31. Dezember 2001 
G-GmbH  1.696.000 DM  1.696.000 DM  867.151,03 €  
T-GmbH  1.087.017 DM  1.087.017 DM  555.782,97 €  
Gesamt  2.783.017 DM  2.783.017 DM  1.422.934,00 €. 

Er begründete die Wertaufholungen im Wesentlichen damit, dass die Beteiligungen an hundertprozentigen Organgesellschaften mindestens mit dem Substanzwert anzusetzen seien, sowie mit der Höhe des zum 31. Dezember 1999 ausgewiesenen bilanziellen Eigenkapitals der beiden Beteiligungsgesellschaften. Der Außenprüfer bildete zudem die gemäß § 52 Abs. 16 Satz 3 EStG zulässige Rücklage in Höhe von vier Fünfteln des zum 31. Dezember 1999 entstandenen Gewinns und löste diese zum 31. Dezember 2000 und 31. Dezember 2001 um jeweils ein Viertel auf.

In den geänderten Bescheiden über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für die Streitjahre vom 24. Oktober 2005 erhöhte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt –FA–) die Einkünfte der Klägerin für das Jahr 1999 von 8.409.351 DM auf 9.176.274 DM, für das Jahr 2000 von 1.237.587 DM auf 1.793.681 DM und für das Jahr 2001 von -927.555 DM auf -524.224 DM.

Die Klägerin legte gegen die geänderten Feststellungsbescheide für die Streitjahre wegen der Wertaufholungen und wegen im Jahr 1999 gemäß § 4 Abs. 4a EStG nicht berücksichtigter Schuldzinsen in Höhe von 218.534 DM Einsprüche ein. Mit gemäß § 172 Abs. 1 Nr. 2 der Abgabenordnung ( AO ) geändertem Feststellungsbescheid für das Jahr 1999 vom 4. August 2006 half das FA dem Einspruch hinsichtlich der nicht berücksichtigten Schuldzinsen ab und minderte die gewerblichen Einkünfte der Klägerin auf 8.957.740 DM. Mit Einspruchsentscheidung vom 22. November 2006 wies das FA die Einsprüche als unbegründet zurück. Mit Datum vom 30. November 2005 wurde der Feststellungsbescheid für das Jahr 2000 aus nicht streitgegenständlichen Gründen geändert.

Die Klage blieb erfolglos. Das Finanzgericht (FG) führte in dem in Entscheidungen der Finanzgerichte 2011, 607 veröffentlichten Urteil aus, die Teilwertabschreibungen auf die zum Anlagevermögen gehörenden hundertprozentigen GmbH-Beteiligungen seien zum 31. Dezember 1999 nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 Sätze 2 und 3 i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4 EStG wertaufzuholen, weil die Klägerin nicht nachgewiesen habe, dass der Teilwert der Beteiligungen zum 31. Dezember 1999 voraussichtlich dauerhaft wertgemindert sei.

Mit ihrer Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 Sätze 2 und 3 i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4 EStG ) und formellen Rechts. Die Vermutung, dass sich der Teilwert der Beteiligungen mit den Anschaffungskosten decke, gelte hier nicht. Die Kapitalzuführungen durch den Alleingesellschafter dienten der Liquiditätssicherung und der Vermeidung einer Zahlungsunfähigkeit und damit der Abwendung eines Insolvenzrisikos. Bei der Unternehmenswertermittlung sei allein vom Ertragswert auszugehen. Es ergäben sich für die G-GmbH und die T-GmbH negative Ertragswerte, allerdings bilde nach Tz. 7.4. der Grundsätze zur Durchführung von Unternehmensbewertungen des Instituts der Wirtschaftsprüfer vom 28. Juni 2000 (IDW S 1) der Liquidationswert des Unternehmens die Wertuntergrenze. Dieser sei für die G-GmbH negativ und für die T-GmbH 404.000 €, so dass die Teilwerte der Beteiligungen zum 31. Dezember 1999 für die G-GmbH 0 € und für die T-GmbH 404.000 € betragen hätten.

Auf einen Substanzwert könne es nicht ankommen, weil ein Erwerber des Unternehmens keinen Betrag für die Substanz des von ihm erworbenen Unternehmens zahlen würde, wenn sich diese durch nachhaltige Verluste in absehbarer Zeit aufbrauchen würde. Soweit die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) neben dem Ertragswert auch den Vermögenswert zur Ermittlung des Teilwerts einer Beteiligung heranziehe, entspreche dies nicht dem heutigen Stand der Betriebswirtschaftslehre und der zivilrechtlichen Rechtsprechung. Bei der funktionalen Bedeutung der Beteiligungsunternehmen im Unternehmensverbund komme es allein darauf an, ob der isolierte Wert des Beteiligungsunternehmens –bei Ermittlung nach Ertragswertkriterien– durch Konzerneinflüsse zu korrigieren sei. Diesem Aspekt sei im Gutachten Rechnung getragen worden. Ein gedachter Erwerber würde allenfalls die Liquidationswerte ansetzen. In dem Gutachten sei nicht pauschal auf einen Zehnjahreszeitraum abgestellt worden. Vielmehr seien die tatsächlichen Erträge der Gesellschaften in den Jahren 1999 bis 2005 herangezogen worden. In formeller Hinsicht weise der Tatbestand des FG-Urteils diverse Unrichtigkeiten auf.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des FG und die Einspruchsentscheidung vom 22. November 2006 aufzuheben und die Bescheide über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für das Jahr 1999 vom 4. August 2006, für das Jahr 2000 vom 30. November 2005 sowie für das Jahr 2001 vom 24. Oktober 2005 dahingehend zu ändern, dass die Einkünfte aus Gewerbebetrieb im Jahr 1999 auf einen Betrag in Höhe von 8.417.198 DM, im Jahr 2000 auf 1.267.407 DM und im Jahr 2001 auf -1.050.292 DM festgestellt werden.

Das FA beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

II. Die Revision ist unbegründet und war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung –FGO–). Das FG hat im Ergebnis in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise entschieden, dass die Beteiligungen der Klägerin an der G-GmbH und an der T-GmbH in den zum 31. Dezember 1999, 31. Dezember 2000 und 31. Dezember 2001 erstellten Bilanzen mit ihren Anschaffungskosten auszuweisen waren.

1. Der im vorinstanzlichen Urteil im Tatbestand dargestellte Klageantrag ist gemäß § 107 Abs. 1 FGO dahingehend zu berichtigen, dass für das Streitjahr 2000 der Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen nicht vom 24. Oktober 2005, sondern vom 30. November 2005 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 22. November 2006 angegriffen ist. Auch die Einspruchsentscheidung hatte den Bescheid vom 30. November 2005 zum Gegenstand. Die unrichtige Angabe des Datums durch das FG beruht offensichtlich auf einem Versehen durch Übernahme aus einer unzutreffenden Zeile (beim Jahr 2001 anstelle 2000) der Einspruchsentscheidung. Es ist nicht zweifelhaft und zwischen den Beteiligten nicht streitig, dass sich der Klageantrag für das Jahr 2000 auf den Bescheid vom 30. November 2005 bezog, der vom FG in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 22. November 2006 in den Gründen der Vorentscheidung überprüft worden ist. Die Möglichkeit eines Rechtsirrtums besteht im Streitfall nicht. Die Berichtigung kann auch das Rechtsmittelgericht vornehmen (BFH-Beschluss vom 18. August 1992 VII B 227/91, BFH/NV 1993, 312 ; BFH-Urteil vom 7. November 2013 X R 22/11, BFH/NV 2014, 817 ).

Soweit die Klägerin auf Unrichtigkeiten im Tatbestand der Vorentscheidung hinweist, im Jahr 1990 seien für die G-GmbH nachträgliche Anschaffungskosten in Höhe von 1.291.000 DM entstanden (anstelle des um diesen Betrag zu hoch dargestellten Stammkapitals), für den Erwerb der Anteile an der T-GmbH seien in Höhe von 1.213.000 DM Schulden übernommen worden (anstelle der um diesen Betrag zu hoch ausgewiesenen Anschaffungsnebenkosten), auf Seite 3 des FG-Urteils (Tabelle, letzte Spalte) müssten die Beträge "… GmbH in DM" zum 31. Dezember 1994 4.816.421, Gewinn/Verlust: -305.929 (lt. Betriebsprüfung) lauten, das Stammkapital der G-GmbH sei mit Beschluss vom 16. Dezember 1994 auf 3.000.000 DM erhöht worden und auf Seite 4 des FG-Urteils (Tabelle, 2. Zeile, 3. Spalte 1997) müsste der Betrag -1.212.641,77 DM lauten, ist der im vorinstanzlichen Urteil dargestellte Tatbestand ebenfalls nach § 107 Abs. 1 FGO zu berichtigen.

2. Nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 EStG sind nicht abnutzbare Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens –im Streitfall Beteiligungen– im Grundsatz mit ihren Anschaffungs- oder Herstellungskosten anzusetzen. Jedoch kann für solche Wirtschaftsgüter gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG der Teilwert angesetzt werden, wenn dieser aufgrund einer voraussichtlich dauernden Wertminderung niedriger ist.

Erstmals für nach dem 31. Dezember 1998 endende Wirtschaftsjahre (§ 52 Abs. 16 Satz 2 EStG ) bestimmt aber § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 3 i.V.m. Abs. 1 Nr. 1 Satz 4 EStG , dass Wirtschaftsgüter, die bereits am Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres zum Vermögen des Steuerpflichtigen gehört haben, zwingend mit den Anschaffungs- oder Herstellungskosten zu bewerten sind, wenn nicht der Steuerpflichtige einen niedrigeren Teilwert nachweist. Das bedeutet im Ergebnis, dass Teilwertabschreibungen in den Folgejahren stets durch Zuschreibung bis zur Obergrenze der Anschaffungs- oder Herstellungskosten rückgängig zu machen sind, soweit nicht der Steuerpflichtige auch im jeweiligen Folgejahr einen niedrigeren Teilwert nachweisen kann (steuerliches Wertaufholungsgebot; dazu im Einzelnen Groh, Der Betrieb 1999, 978, 983; Weber-Grellet, Steuern und Bilanzen 1999, 1289 , 1295; Stobbe/Loose, Finanz-Rundschau 1999, 405, 408; H. Richter in Herrmann/Heuer/Raupach, § 6 EStG Rz 795). Nach der Übergangsbestimmung des § 52 Abs. 16 Satz 3 EStG kann im Erstjahr der Anwendung des Wertaufholungsgebots eine den steuerlichen Gewinn mindernde Rücklage von vier Fünfteln des Wertaufholungsbetrages gebildet werden, die in den Folgejahren mit jeweils mindestens einem Viertel gewinnerhöhend aufzulösen ist (vgl. BFH-Urteil vom 24. April 2007 I R 16/06, BFHE 218, 102 , BStBl II 2007, 707 ).

a) Teilwert ist der Betrag, den ein Erwerber des ganzen Betriebs im Rahmen des Gesamtkaufpreises für das einzelne Wirtschaftsgut ansetzen würde; dabei ist davon auszugehen, dass der Erwerber den Betrieb fortführt (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG ). Eine voraussichtlich dauernde Wertminderung i.S. von § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG liegt vor, wenn der Teilwert nachhaltig unter den maßgeblichen Buchwert gesunken ist (BTDrucks 14/443, S. 22; BFH-Urteil vom 9. September 1986 VIII R 20/85, BFH/NV 1987, 442 ) und deshalb aus Sicht des Bilanzstichtags aufgrund objektiver Anzeichen ernstlich mit einem langfristigen Anhalten der Wertminderung gerechnet werden muss (BFH-Urteil vom 27. November 1974 I R 123/73, BFHE 114, 415 , BStBl II 1975, 294 ). Hierfür bedarf es einer an der Eigenart des Wirtschaftsgutes ausgerichteten Prognose (BFH-Urteile vom 14. März 2006 I R 22/05, BFHE 212, 526 , BStBl II 2006, 680 ; vom 4. Februar 2014 I R 53/12, BFH/NV 2014, 1016 ). Eine nur vorübergehende Wertminderung reicht für eine Teilwertabschreibung nicht aus.

b) Dabei setzt eine Teilwertabschreibung auf die Beteiligung an einer nicht börsennotierten Kapitalgesellschaft –vom Vorliegen einer Fehlmaßnahme abgesehen– voraus, dass sich der innere Wert des Beteiligungsunternehmens vermindert hat, und Letzteres nicht allein durch den Anfall hoher Verluste begründet werden kann, sondern einer umfassenden und einzelfallbezogenen Würdigung der Ertragslage und Ertragsaussichten sowie des Vermögenswerts und der funktionalen Bedeutung des Beteiligungsunternehmens bedarf (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Urteile vom 6. November 2003 IV R 10/01, BFHE 204, 438 , BStBl II 2004, 416 ; vom 28. April 2004 I R 20/03, BFH/NV 2005, 19 ; in BFH/NV 2014, 1016 ; zur Einzelfallprüfung s. BFH-Urteil vom 19. August 2009 III R 79/07, BFH/NV 2010, 610 ).

c) Bei der Teilwertermittlung handelt es sich um eine Schätzung nach § 162 AO (vgl. BFH-Urteile vom 4. März 1998 X R 151/94, BFH/NV 1998, 1086 ; vom 30. Juli 2009 III R 8/07, BFH/NV 2010, 190 ), die Tatsachenfeststellung i.S. von § 118 Abs. 2 FGO ist und daher revisionsrechtlich nur daraufhin überprüft werden kann, ob sie dem Grunde nach zulässig war, in verfahrensfehlerfreier Weise zustande gekommen ist und nicht gegen anerkannte Schätzungsgrundsätze, Denkgesetze und allgemeine Erfahrungssätze verstößt (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Urteil in BFH/NV 2010, 610 ; BFH-Beschluss vom 20. Dezember 2012 IV B 12/12, BFH/NV 2013, 547 , m.w.N.).

d) Die Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Ermittlung des Teilwerts der Beteiligungen steht grundsätzlich im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts. Die Ermessensfreiheit findet allerdings dort ihre Grenzen, wo sich die Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Sachverständigen mangels eigener Sachkunde dem Gericht aufdrängen musste (BFH-Beschluss vom 16. Juni 2005 IV B 187/03, BFH/NV 2005, 2015 ). Ob sich dem FG im Streitfall die Einholung eines Sachverständigengutachtens hätte aufdrängen müssen, bedarf indes keiner Entscheidung, weil die Klägerin eine Verletzung der Sachaufklärungspflicht (§ 76 Abs. 1 FGO ) als (verzichtbaren) Verfahrensmangel in Gestalt des Unterlassens einer Amtsermittlung durch Sachverständigenbeweiserhebung (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 8. Dezember 2010 IX B 102/10, BFH/NV 2011, 1364 ) nicht ordnungsgemäß als Verfahrensfehler gerügt hat.

3. Nach diesen Maßstäben ist die Vorentscheidung revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Das FG ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Anwendung des Wertaufholungsgebots gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 3 i.V.m. Abs. 1 Nr. 1 Satz 4 EStG zu Zuschreibungen auf die Beteiligungen der Klägerin an der G-GmbH und an der T-GmbH zum 31. Dezember 1999 und zum 31. Dezember 2000 von insgesamt jeweils 2.783.017 DM und zum 31. Dezember 2001 von 1.422.934 € führt. Ebenso ist im Streitjahr 1999 zutreffend eine den steuerlichen Gewinn mindernde Rücklage von vier Fünfteln des Wertaufholungsbetrages gebildet worden, die in den Folgejahren 2000 und 2001 mit jeweils einem Viertel gewinnerhöhend aufgelöst wurde.

a) Das FG ist zu der Überzeugung gelangt, dass voraussichtlich dauernde Wertminderungen der Beteiligungen der Klägerin an der G-GmbH und an der T-GmbH nicht von der Klägerin nachgewiesen worden sind. Nach der Auffassung des FG ist in dem von den Bevollmächtigten der Klägerin erstellten Gutachten die funktionale Bedeutung der Beteiligungsunternehmen im Unternehmensverbund nicht hinreichend berücksichtigt worden. Das FG sieht sich dadurch bestärkt, dass insbesondere der G-GmbH bei der Abwicklung der Geschäfte mit den Auslandstochtergesellschaften der Klägerin eine im Unternehmensverbund wichtige Rolle zugekommen ist, wie die Einzelwertberichtigung der G-GmbH gegenüber der zur Unternehmensgruppe gehörenden Gesellschaft "…" und ihr Forderungsverzicht gegenüber der zur Unternehmensgruppe gehörenden Gesellschaft "…" zeigen. Das FG hat weiterhin beanstandet, dass das Gutachten der Klägerin bei der Bestimmung der Werte der beiden Beteiligungen nicht die Teilwerte i.S. des § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG , sondern die Liquidationswerte zugrunde legt. Dass dieses Gutachten keine geeignete Grundlage für die Wertbestimmung ist, leitet das FG schließlich auch aus dem Umstand ab, dass es das bei der G-GmbH ausgewiesene Eigenkapital in Höhe von 4.300.000 DM und in Höhe von 4.385.000 DM bei der T-GmbH nicht berücksichtigt.

b) Diese Würdigung ist zumindest möglich. Sie bindet den Senat deshalb in tatsächlicher Hinsicht (§ 118 Abs. 2 FGO ). Es liegt insbesondere weder ein Verstoß gegen Denkgesetze noch gegen Erfahrungssätze vor.

aa) Für die Bestimmung des Teilwerts der Beteiligungen an der G-GmbH und an der T-GmbH ist davon auszugehen, dass der Erwerber den Betrieb fortführt. Wird die hundertprozentige Beteiligung im Rahmen eines Organschaftsverhältnisses mit Beherrschungs- und Ergebnisabführungsvertrag vom Organträger gehalten, hat ihre funktionale Bedeutung für die Wertbestimmung besonderes Gewicht. Denn die Tätigkeit der Tochterkapitalgesellschaft ist Bestandteil der unternehmerischen Betätigung der Unternehmensgruppe. So zeigen insbesondere die in den Jahresabschlüssen der Klägerin ausgewiesenen Pachterträge aus Pachtzinszahlungen der G-GmbH und der T-GmbH und die bei diesen Beteiligungsgesellschaften angefallenen Pachtaufwendungen, dass die Beteiligungen an der G-GmbH und an der T-GmbH –wie auch weitere vier Beteiligungen an Gesellschaften, die Pachtzinszahlungen leisteten– im Rahmen des Gesamtkonzeptes der Klägerin im Unternehmensverbund eine funktionale Bedeutung gehabt haben. Das von der Klägerin erstellte Gutachten geht indes auf solche Verbundwirkungen, wie z.B. Erfolgsverlagerungen durch Leistungsbeziehungen, nicht substantiiert ein (vgl. zu Verbundwirkungen z.B. Binder, Beteiligungsführung in der Konzernunternehmung, 67; Meichelbeck in Peemöller, Praxishandbuch der Unternehmensbewertung, 6. Aufl., 840 f.). Ein gedachter Erwerber der Muttergesellschaft würde den anteilig für die Kapitalbeteiligung zu zahlenden Preis vorwiegend danach bestimmen, welche Ertragsaussichten für die abgestimmte Tätigkeit von Mutter- und Tochterunternehmen bestehen. Der sich dabei ergebende Wert kann erheblich von dem Betrag abweichen, den derjenige zu zahlen bereit wäre, der lediglich die Anteile an der Tochterkapitalgesellschaft erwirbt. Nur wenn der Steuerpflichtige –anders als hier– nachweist, dass die Ertragsaussichten für die abgestimmte Tätigkeit von Mutter- und Tochterunternehmen in einem solchen Maße gesunken sind, dass ein Erwerber der Muttergesellschaft für die zu deren Betriebsvermögen gehörenden Anteile an der Tochterkapitalgesellschaft einen hinter den Anschaffungskosten zurückbleibenden Preis zahlen würde, kann eine diesbezügliche Teilwertabschreibung vorgenommen werden.

Es ist im Ergebnis auch nicht zu beanstanden, dass das FG einen Verstoß des Bewertungsgutachtens gegen das Stichtagsprinzip angenommen hat. Zwar spricht der Wortlaut des Gutachtens (Seite 7) dafür, dass nicht die tatsächlich erzielten Ergebnisse der Geschäftsjahre 1995 bis 2005, sondern die Ergebnisse der Jahre 1999 bis 2005 für die Bewertung herangezogen worden sind. Dem Stichtagsprinzip widerspricht allerdings, dass die zum Bewertungsstichtag 31. Dezember 1999 erreichbaren Plandaten von dem Gutachten außer Acht gelassen wurden. Nach Tz. 4.3. des IDW S 1 ist bei Auseinanderfallen des Bewertungsstichtags und des Zeitpunkts der Durchführung der Bewertung –hier 30. Oktober 2009– nur der Informationsstand für die Prognose zu berücksichtigen, der bei angemessener Sorgfalt zum Bewertungsstichtag hätte erlangt werden können. Es ist unzulässig, anstelle von Prognosen eine ex-post-Betrachtung der realen Geschehnisse zu setzen, weil die Bewertung nach den Verhältnissen des Stichtags vorzunehmen ist.

bb) Da das FG im Streitfall ohne Rechtsfehler zu dem Schluss gekommen ist, dass voraussichtlich dauernde Wertminderungen der Beteiligungen nicht von der Klägerin nachgewiesen worden sind, kann die Frage dahingestellt bleiben, ob im Fall eines Organschaftsverhältnisses mit hundertprozentiger Beteiligung an der Organgesellschaft eine Teilwertabschreibung unter den Substanzwert der Beteiligung von vorneherein ausgeschlossen ist (vgl. dazu BFH-Urteile vom 17. September 1969 I 170/65, BFHE 97, 160 , BStBl II 1970, 48 ; vom 12. Oktober 1972 IV R 37/68, BFHE 107, 282 , BStBl II 1973, 76 ).

cc) Schließlich genügt auch die allgemeine Aussage, dass "beide Gesellschaften in den Jahren 1999 bis 2005, außer im Geschäftsjahr 2000, trotz Pachtverzichte Verluste erzielt haben" (Gutachten, Seite 7), unter Berücksichtigung der dargestellten Umstände des Streitfalls nicht für die Feststellung einer voraussichtlich dauernden Wertminderung. Darüber hinaus ist –entgegen der Auffassung der Klägerin– aus der Niederschrift des FG zur mündlichen Verhandlung vom 14. September 2009 nicht ersichtlich, dass sich die Beteiligten verbindlich darauf geeinigt hätten, das Ergebnis der von der Klägerin nach IDW S 1 erstellten gutachterlichen Stellungnahme vom 30. Oktober 2009 für die Bewertung der Beteiligungen zugrunde zu legen.

4. Das FG hat die Klage daher zu Recht abgewiesen. Die Revision der Klägerin ist demnach zurückzuweisen.

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO .

Vorinstanz: Finanzgericht Rheinland-Pfalz, vom 15.11.2010 - Vorinstanzaktenzeichen 5 K 2737/06