Kontakt : 0221 / 93 70 18 - 0
Wir durchsuchen unsere Datenbank

BVerwG - Entscheidung vom 27.03.2014

1 WB 20.13

Normen:
WBO § 6 Abs. 1
SUV § 11

BVerwG, Beschluss vom 27.03.2014 - Aktenzeichen 1 WB 20.13

DRsp Nr. 2014/7533

Anspruch eines Sanitätsarztes der Bundeswehr auf eine Gebietsarztweiterbildung

Tenor

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Normenkette:

WBO § 6 Abs. 1 ; SUV § 11 ;

Gründe

I

Der Antragsteller wendet sich dagegen, dass in seiner Verwendungsplanung eine Ausbildungszusage für eine Gebietsarztweiterbildung ausgeschlossen wird und eine klinische Weiterbildung im Rahmen seiner aktuellen Verpflichtungszeit nicht vorgesehen ist.

Der ... geborene Antragsteller ist Soldat auf Zeit mit einer auf 15 Jahre festgesetzten Dienstzeit, die voraussichtlich mit Ablauf des 30. September 2021 endet. Zum Leutnant wurde er mit Wirkung vom 1. Oktober 2009 ernannt. Mit widerruflicher Verpflichtungserklärung vom 30. August 2006 hatte sich der Antragsteller verpflichtet, 15 Jahre Wehrdienst zu leisten. Er trat zum 1. Oktober 2006 seinen Grundwehrdienst an und wurde mit Wirkung vom 1. April 2007 in das Dienstverhältnis eines Soldaten auf Zeit berufen. In den folgenden Jahren durchlief er die für einen Soldaten im Fliegerischen Dienst vorgesehene Ausbildung zum Luftfahrzeugführer.

Auf der Grundlage einer am 11. Januar 2011 durchgeführten Informationsveranstaltung erklärte er am 20. Januar 2011, in die Laufbahn der Sanitätsoffiziere mit Medizinstudium wechseln zu wollen. Mit Schreiben vom 14. Juni 2011 gab das Personalamt der Bundeswehr dem Begehren statt und übernahm den Antragsteller ab dem 1. Juli 2011 als Sanitätsoffizier-Anwärter in den Zentralen Sanitätsdienst der Bundeswehr. Seit dem 1. Oktober 2011 ist er zum Studium gemäß § 11 SUV beurlaubt und studiert Humanmedizin in B.. Das Ende des Studiums ist für den 31. Dezember 2017 vorgesehen.

Ausweislich eines Vermerks über ein Personalgespräch vom 23. August 2012 unterschreibe der Antragsteller die für die SanOA-Laufbahn vorgesehene Verpflichtungserklärung zum SaZ 22 (17 Jahre Verpflichtungszeit für die Laufbahn der SanOA zuzüglich der Vordienstzeit) nicht. Er wolle die am 30. August 2006 unterschriebene widerrufliche Verpflichtungserklärung mit einer Dienstzeit von 15 Jahren beibehalten. Die Nachfrage des Antragstellers, ob er eine Facharzt-

zusage erhalte, wenn er sich nunmehr für eine Dienstzeit von 22 Jahren verpflichte, wurde ausweislich des Vermerks verneint.

Mit Schreiben vom 18. September 2012, dem Bevollmächtigten des Antragstellers nach Angabe des Bundesministeriums der Verteidigung am selben Tag per Telefax übersandt, teilte das Personalamt der Bundeswehr dem Antragsteller unter dem Betreff "Verwendungsplanung in Kenntnis einer Verpflichtungszeit von 15 Jahren" mit, dass nach seiner 4,25-jährigen Ausbildung in der Teilstreitkraft Luftwaffe bis zu seinem Wechsel in die Laufbahn der Sanitätsoffizieranwärter und unter Zugrundelegung einer Regelstudiendauer von 6 Jahren für das Studium der Humanmedizin eine unter 5-jährige Restdienstzeit bis zum Ende seiner derzeitigen Verpflichtungsdauer von 15 Jahren verbleibe. Die ungünstige Relation zwischen alimentierter Ausbildung (Studium) und verbleibender Dienstzeit als Sanitätsoffizier schließe eine spätere Ausbildungszusage in Bezug auf eine Gebietsarztweiterbildung aus. Die weitere Verwendungsplanung des Antragstellers werde deshalb dergestalt festgelegt, dass er nach Erhalt der Approbation in einer Regionalen Sanitätseinrichtung als Truppenarzt unter fachärztlicher Anleitung eines Allgemeinmediziners eingesetzt werde. Eine klinische Weiterbildung sei im Rahmen der aktuellen Verpflichtungszeit ausdrücklich nicht vorgesehen.

Mit seiner zunächst als "Widerspruch" bezeichneten Beschwerde vom 24. September 2012, am selben Tage eingegangen beim Personalamt der Bundeswehr, beim Bundesminister der Verteidigung - R II 2 - eingegangen am 19. Oktober 2012, wandte sich der Antragsteller dagegen, dass die Ausbildungszusage in Bezug auf eine Gebietsarztweiterbildung ausgeschlossen und die klinische Weiterbildung im Rahmen der aktuellen Verpflichtungszeit nicht vorgesehen werde. Nr. 5.13 des Rahmenerlasses für die Einstellung, rechtliche Stellung, Ausbildung, Betreuung und Fürsorge der Sanitätsoffizier-Anwärter vom 17. Oktober 2007 schreibe vor, dass der Sanitätsoffizier-Anwärter für die Dauer der ersten klinischen Einweisungsphase einem der klinischen Fachgebiete zugeordnet werde. Die klinische Ausbildung sei deshalb Vorschrift, auf sie könne nicht verzichtet werden. Zudem sei es erklärtes Ziel der Bundeswehr, den Facharztbedarf zu decken. Damit werbe sie auch auf ihrer Internetseite.

Schließlich habe die angekündigte Maßnahme auch vor der allgemeinen Fürsorgepflicht des Arbeitgebers keinen Bestand.

Mit Bescheid vom 14. Januar 2013, dem Antragsteller eröffnet am 24. Januar 2013, wies der Bundesminister der Verteidigung - R II 2 - die Beschwerde zurück. Auch wenn der Betreff des Bescheides vom 18. September 2012 "Verwendungsplanung" angebe, sei ihm als wehrbeschwerdefähige Maßnahme die (Teil-)Entscheidung zu entnehmen, dass für den Antragsteller im Rahmen seiner aktuellen Verpflichtungszeit eine klinische Weiterbildung ausdrücklich nicht vorgesehen sei. Die Beschwerde sei als fristgerecht eingelegt anzusehen, weil sie zwar nicht innerhalb der am 18. Oktober 2012 endenden Monatsfrist der § 5 Abs. 1 , § 6 Abs. 1 WBO bei einer dort vorgesehenen Stelle eingegangen sei, sondern erst am 19. Oktober 2012 beim Bundesministerium der Verteidigung. Die Beschwerde habe aber bereits ab dem 24. September 2012 dem Personalamt der Bundeswehr vorgelegen, das verpflichtet gewesen sei, sie innerhalb des üblichen Geschäftsganges an das Bundesministerium der Verteidigung weiterzuleiten. Da das nicht erfolgt sei, sei sie als fristgerecht eingelegt zu werten. Die Beschwerde sei aber unbegründet, weil ein Soldat grundsätzlich keinen Anspruch auf eine bestimmte Verwendung oder auf eine bestimmte Weiterbildungsmaßnahme innerhalb der bisher festgelegten Dienstzeit habe. Mit Schreiben des Personalamts der Bundeswehr vom 14. Juni 2011 sei dem Antragsteller lediglich mitgeteilt worden, dass für ihn ein Studium der Fachrichtung Humanmedizin vorgesehen sei, nicht aber Weiterbildungszeiten im Rahmen der Ausbildung zum Facharzt. Ein Anspruch auf die gewünschte Weiterbildung könne sich nur dann ergeben, wenn der Antragsteller eine entsprechende schriftliche Zusage erhalten hätte. Das sei ausdrücklich nicht der Fall. Grundsätzlich sei für ein angemessenes Verhältnis zwischen der Ausbildungszeit eines Soldaten und der Nutzungszeit für den Dienstherrn zu sorgen. Insoweit werde ein Verhältnis von 40 Prozent zu 60 Prozent oder besser angestrebt. Bei seiner gegenwärtigen Verpflichtungserklärung über eine Dienstzeit von 15 Jahren betrage die Nutzungszeit nach dem Studium der Humanmedizin höchstens ca. 4 Jahre und 9 Monate. Sie sei damit deutlich kürzer als die Ausbildungsdauer zum Mediziner, sodass eine weitere Ausbildung des Antragstellers zu

Lasten der Nutzungszeit für den Dienstherrn nicht geboten sei. Dabei sei die bisherige Ausbildungszeit in der Luftwaffe noch gar nicht berücksichtigt.

Gegen diesen Bescheid hat der Antragsteller am 19. Februar 2013 die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts beantragt. Den Antrag hat der Bundesminister der Verteidigung - R II 2 - mit seiner Stellungnahme vom 28. Februar 2013 dem Senat vorgelegt.

Zur Begründung seines Rechtsschutzbegehrens vertieft der Antragsteller sein Beschwerdevorbringen und macht insbesondere geltend, er habe schon mehrfach vorgetragen, dass in der Informationsveranstaltung zur Studienplatzvergabe im Juli 2011 kein Hinweis darauf erfolgt sei, dass er eine neue Verpflichtungserklärung über 22 Jahre zu unterzeichnen habe. Eine Informationsveranstaltung mit diesem Inhalt habe es nicht gegeben. Sie ergebe sich auch nicht aus den Akten. Das Personalamt der Bundeswehr habe es versäumt, ihn darüber aufzuklären. Erst Ende November 2011 habe man ihm eine Weiterverpflichtungserklärung über 22 Jahre vorgelegt. Diese habe er nicht unterschrieben unter Verweis auf die bereits bestehende ursprüngliche Verpflichtungserklärung, die zunächst von der personalbearbeitenden Stelle nicht gefunden worden sei. Ein Personalgespräch mit dem Sanitätsdienst habe nie und lediglich eine Informationsveranstaltung stattgefunden zu der Möglichkeit, in eine Verwendung außerhalb des Fliegerischen Dienstes zu wechseln. Von einer Verlängerung der Verpflichtungserklärung sei damals nicht die Rede gewesen. Die Mitteilung, dass nach Erhalt der Approbation eine klinische Weiterbildung ausdrücklich nicht vorgesehen sei, sei allein deshalb erfolgt, weil er die begehrte Weiterverpflichtungserklärung nicht unterschrieben habe. Das verstoße gegen das Schikaneverbot. Sein Laufbahnwechsel sei seitens des Antragsgegners ausdrücklich nicht von seiner Weiterverpflichtungserklärung abhängig gemacht worden. Erst im Nachhinein, als das Versehen aufgefallen sei, habe man versucht, ihn mit der Drohung, ihn notfalls aus der Bundeswehr zu entlassen oder auch unter Verlust des Studienplatzes in die Truppe zurückzuführen, zur Unterschrift anzuhalten. Zudem verstehe er nicht, wie man ihm die Verwendung als Weiterbildungsassistent an den Bundeswehrkrankenhäusern und Fachsanitätszentren versagen könne, während der Antragsgegner gleichzeitig auf vielen

Gebieten Weiterbildungsassistenten suche, wie dies im Internet auf seiner Seite zu lesen sei. Sein Antrag auf Laufbahnwechsel sei auf Anregung des Dienstherrn erfolgt, der gebeten habe, die Cockpits zu räumen um die wenigen verbleibenden Flugstunden effektiver unter weniger Crews aufteilen zu können.

Der Antragsteller beantragt,

die Entscheidung des Personalamtes der Bundeswehr vom 18. September 2012 in Gestalt des Beschwerdebescheides des Bundesministers der Verteidigung vom 14. Januar 2013 aufzuheben, wonach für ihn, den Beschwerdeführer, im Rahmen der aktuellen Verpflichtungszeit von 15 Jahren keine klinische Weiterbildung vorgesehen ist.

Der Bundesminister der Verteidigung beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Er verteidigt den Inhalt seines Beschwerdebescheides und weist darauf hin, dass der Antragsteller im Juli 2011 bei einer Veranstaltung zur Studienplatzvergabe darauf hingewiesen worden sei, dass er eine neue Weiterverpflichtungserklärung über 22 Jahre zu unterzeichnen habe, falls er eine klinische Weiterbildung wünsche. Eine auf diese neue Verpflichtungszeit lautende Weiterverpflichtungserklärung sei sodann zur Aushändigung an ihn versandt worden. Daraufhin habe der Antragsteller ein Personalgespräch zur Klärung der Hintergründe dieser Weiterverpflichtungserklärung begehrt, das am 22. August 2012 (gemeint wohl: 23. August 2012) stattgefunden habe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen. Die Beschwerdeakte des Bundesministers der Verteidigung - R II 2 - ... und die Personalgrundakte des Antragstellers haben dem Senat bei der Beratung vorgelegen.

II

1. Der Antrag ist statthaft und auch im Übrigen zulässig.

Es handelt sich um eine Streitigkeit über die dienstliche Verwendung des Antragstellers, für die gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 WBO die Wehrdienstgerichte - hier nach § 21 Abs. 1 WBO das Bundesverwaltungsgericht - sachlich zuständig sind (stRspr; vgl. z.B. Beschluss vom 26. Oktober 2012 - BVerwG 1 WDS-VR 6.12 und 7.12 - BVerwGE 145, 24 Rn. 23 = NZWehrr 2013, 34).

Der Antragsteller hat das Schreiben des Personalamts der Bundeswehr vom 18. September 2012, mit dem ihm die für ihn vorgesehene Verwendungsplanung mitgeteilt wurde, nicht insgesamt angegriffen, sondern nur insoweit, als darin für ihn im Rahmen der aktuellen Verpflichtungszeit von 15 Jahren eine spätere Ausbildungszusage in Bezug auf eine Gebietsarztweiterbildung ausgeschlossen wird und eine klinische Weiterbildung ausdrücklich nicht vorgesehen ist. Darin liegt eine dienstliche Maßnahme hoheitlicher Natur, die auf der Grundlage eines bestehenden Vorgesetztenverhältnisses ergangen ist und damit eine hinreichend konkrete und bestimmte wehrbeschwerdefähige Entscheidung darstellt (vgl. Beschluss vom 25. März 1976 - BVerwG 1 WB 105.75 - BVerwGE 53, 160f.).

Dass der Antragsteller seinen Antrag auf die Anfechtung dieser Regelung beschränkt hat, ohne ihn mit einem Verpflichtungsbegehren zu verbinden, ist nicht zu beanstanden, da er sich in der derzeitigen Phase seines Studiums nur die Möglichkeit einer klinischen Weiterbildung ohne Verlängerung der Dienstzeit auf 22 Jahre offen halten, sich auf eine konkrete klinische Weiterbildung aber noch nicht festlegen will (vgl. dazu auch den mit Schriftsatz vom 5. März 2014 vorgelegten Vermerk über ein Personalgespräch vom 9. September 2013 unter Nr. 2.2).

Der Antrag auf Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts ist innerhalb der Monatsfrist des § 21 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 17 Abs. 4 Satz 1 WBO beim Bundesministerium der Verteidigung eingegangen.

2. Der Antrag ist aber nicht begründet.

a) Dass die Beschwerde des Antragstellers nach Angabe des Bundesministers der Verteidigung (ein Nachweis der Zustellung des Schreibens vom 18. September 2012 an den Antragsteller oder seinen Bevollmächtigten ist den Akten nicht zu entnehmen) nicht innerhalb der Monatsfrist des § 6 Abs. 1 WBO bei der nach § 5 Abs. 1 WBO zuständigen Stelle eingegangen ist, ist allerdings unschädlich, weil der Bundesminister der Verteidigung berücksichtigt hat, dass die Beschwerde beim Personalamt der Bundeswehr so rechtzeitig eingegangen war, dass dieses verpflichtet gewesen wäre, sie innerhalb des üblichen Geschäftsganges - und damit rechtzeitig - an das Bundesministerium weiterzuleiten, und in der Sache entschieden hat.

b) Der Bescheid des Personalamts der Bundeswehr vom 18. September 2012 und der Beschwerdebescheid des Bundesministers der Verteidigung vom 14. Januar 2013 sind rechtmäßig und verletzen den Antragsteller nicht in seinen Rechten. Dieser hat keinen Anspruch auf eine klinische Weiterbildung ohne Verlängerung seiner bis zum 30. September 2021 festgesetzten Dienstzeit von 15 Jahren.

Ein Soldat hat grundsätzlich keinen Anspruch auf eine bestimmte fachliche oder örtliche Verwendung. Ein dahingehender Anspruch lässt sich auch nicht aus der Fürsorgepflicht ableiten. Vielmehr entscheidet der zuständige Vorgesetzte über die Verwendung eines Soldaten, sofern hierfür ein dienstliches Bedürfnis besteht, nach seinem pflichtgemäßen Ermessen (stRspr; vgl. z.B. Beschlüsse vom 6. Mai 1971 - BVerwG 1 WB 8.70 - BVerwGE 43, 215 <217>, vom 17. Mai 1988 - BVerwG 1 WB 53.87 - BVerwGE 86, 25 <26> = NZWehrr 1989, 257 und vom 3. Juli 2001 - BVerwG 1 WB 24.01 - Buchholz 236.1 § 3 SG Nr. 26). Auch die Frage, ob und unter welchen zeitlichen und inhaltlichen Voraussetzungen einem Soldaten auf Zeit zusätzlich zu seinem Studium während der Dienstzeit eine Weiterbildung zum Facharzt ermöglicht werden kann, obliegt der Ermessensentscheidung des Bundesministeriums der Verteidigung (Beschluss vom 18. Dezember 2012 - BVerwG 1 WB 2.12 -). Die Ermessensentscheidung kann von den Gerichten nur darauf überprüft werden, ob der Vorgesetzte den Soldaten durch Überschreiten oder Missbrauch dienstlicher Befugnisse in seinen Rechten verletzt (§ 17 Abs. 3 Satz 2 WBO ) bzw. die gesetzlichen Grenzen des ihm insoweit zustehenden Ermessens überschritten oder von diesem in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat (§ 114 VwGO analog; stRspr; u.a. Beschlüsse vom 6. Mai 1971 a.a.O., vom 11. November 1975 - BVerwG 1 WB 24.75 - BVerwGE 53, 95 <97>, vom 30. Juli 1980 - BVerwG 1 WB 79.79 - BVerwGE 73, 51 f. und vom 30. August 2001 - BVerwG 1 WB 37.01 - Buchholz 311 § 17 WBO Nr. 45).

aa) Das Ermessen des Vorgesetzten wäre allerdings reduziert, wenn er sich durch eine entsprechende Zusicherung im Sinn des § 38 VwVfG zu einer bestimmten Verwendung, hier der klinischen Weiterbildung, verpflichtet hätte. Dafür gibt es aber keine Anhaltspunkte.

Eine Zusicherung, die das Ermessen der zuständigen Stelle über die Verwendung eines Soldaten rechtswirksam bindet, liegt nach der Rechtsprechung des Senats nur dann vor, wenn eine zur Überzeugung des Gerichts feststehende eindeutige und auf ein bestimmtes Verhalten gerichtete Erklärung mit Bindungswillen von einem Vorgesetzten abgegeben worden ist oder wird, der zu dieser Erklärung aufgrund der Handlungszuständigkeit seiner Dienststelle und seiner eigenen Stellung in dieser Dienststelle rechtlich befugt ist. Die Zusicherung muss zwar, insoweit abweichend von § 38 Abs. 1 VwVfG , nicht notwendig schriftlich erfolgen; sie muss aber entweder von einer Dienststelle der Bundeswehr oder von einer/einem bestimmten (militärischen) Vorgesetzten erklärt werden, der bzw. dem die Entscheidungskompetenz in der Sache zugewiesen ist (stRspr; vgl. z.B. Beschluss vom 30. September 2008 - BVerwG 1 WB 31.08 - <insoweit nicht veröffentlicht in Buchholz 449 § 3 SG Nr. 48>).

Das Schreiben des Personalamts der Bundeswehr vom 14. Juni 2011, mit dem dem Antrag des Antragstellers auf Wechsel in die Laufbahn der Sanitätsoffizier-Anwärter stattgegeben und die Absicht mitgeteilt wurde, ihn zum 1. Oktober 2011 zum Studium der Humanmedizin zu beurlauben, enthält keinen Hinweis auf eine Verwendungsplanung nach Abschluss des Studiums.

Auch auf der Informationsveranstaltung vom 11. Januar 2011, die für den Antragsteller die Grundlage seines Antrages auf Wechsel in die Laufbahn der Sanitätsoffiziere mit Medizinstudium war (vgl. seinen Antrag vom 20. Januar 2011), kann eine solche Zusicherung nicht erteilt worden sein. Zwar ist zwischen den Beteiligten streitig, ob bei dieser Informationsveranstaltung - oder einer weiteren, die offenbar im Juli 2011 stattgefunden hat - auf die Notwendigkeit einer Dienstzeitverlängerung auf 22 Jahre hingewiesen worden ist. Auch wenn man insoweit den Vortrag des Antragstellers unterstellt, einen entsprechenden Hinweis habe es nicht gegeben, kann daraus aber nicht die Zusicherung hergeleitet werden, jeder der potenziell interessierten Teilnehmer an dieser Veranstaltung könne innerhalb seiner jeweiligen Dienstzeitverpflichtung und seiner jeweilig verbleibenden individuellen Restdienstzeit nach einem Studium der Humanmedizin auch die klinische Weiterbildung innerhalb dieser Restdienstzeit durchführen. Das ergibt sich nicht nur daraus, dass aus einem Unterlassen regelmäßig keine Zusicherung hergeleitet werden kann und dass eine solche Informationsveranstaltung "informieren", also nicht Entscheidungen mit Rechtsbindungswillen treffen will, sondern auch daraus, dass auch nach dem Vortrag des Antragstellers nicht ersichtlich ist, dass es sich bei den Veranstaltern um die für die Verwendungsentscheidungen zuständige Stelle gehandelt hat.

bb) Es sind auch keine sonstigen Ermessensfehler ersichtlich. Das Personalamt der Bundeswehr hat mit seinem Ausschluss einer klinischen Weiterbildung innerhalb der Verpflichtungszeit von 15 Jahren nicht dadurch ermessensfehlerhaft gehandelt, dass es eine Kosten-Nutzen-Relation in seine Abwägung einbezogen hat. Es ist nicht zu beanstanden, dass es bei Sanitätsoffizieren im Status eines Soldaten auf Zeit ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Ausbildungs- und Nutzungszeiten sicherstellen will. Dementsprechend kann als Sanitätsoffizieranwärter nach Nr. 3.3 Abs. 3 des Rahmenerlasses für die Einstellung, rechtliche Stellung, Ausbildung, Betreuung und Fürsorge der Sanitätsoffizier-Anwärter vom 17. Oktober 2007 (BMVg - FüSan II 3 - Az: 35-30-31/32-88-02) nur eingestellt werden, wer sich u.a. für mindestens 17 Jahre Wehrdienst verpflichtet. Es ist nicht ersichtlich, dass diese Regelung mit höherrangigem Recht nicht in Einklang stünde (vgl. bereits zu der Vorgängerregelung Beschluss vom 1. September 2005 - BVerwG 1 WB 18.05 - BVerwGE 124, 187 <200 f.> = Buchholz 236.1 § 28 SG Nr. 7 S. 7 <S. 16 f.>). Sie konkretisiert den Gedanken, dass das Studium im dienstlichen Interesse erfolgt, das heißt, dass die dort erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten anschließend dem Dienstbetrieb zugute kommen sollen. Deshalb überschreiten das Personalamt der Bundeswehr und der Bundesminister der Verteidigung die gesetzlichen und verfassungsmäßigen Grenzen des ihnen eingeräumten Ermessens nicht und machen davon auch nicht in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch, wenn sie nach einer - alimentierten - Ausbildung eine angemessene Zeit fordern, in der der Dienstherr den Nutzen aus dieser Ausbildung ziehen kann. Bei einer Studiendauer von 6 Jahren und einer danach verbleibenden Restdienstzeit von weniger als 5 Jahren würde sich, wenn in dieser noch die klinische Weiterbildung erfolgen würde, eine erhebliche Verschiebung der Kosten-Nutzen-Relation zu Lasten des Dienstes als Truppenarzt ergeben. Dauer und Kostenintensität der Offizierausbildung mit Studium nötigen den Bundesminister der Verteidigung aber, eine vernünftige Relation zwischen Ausbildungszeit und praktischer Verwendung in der Truppe zu schaffen. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass die Ausbildung keinen Selbstzweck darstellt, sondern an dienstlichen Bedürfnissen ausgerichtet werden muss (grundlegend: Beschluss vom 1. April 1976 - BVerwG 1 WB 98.74 - BVerwGE 53, 163 <165>). Diese Grundsätze gelten auch für die ärztliche Weiterbildung im Rahmen einer Facharztausbildung (Beschluss vom 18. Dezember 2012 - BVerwG 1 WB 2.12 -).

Nach Angaben des Bundesministeriums der Verteidigung wird für die Relation von Ausbildung und Nutzen ein Verhältnis von 40 Prozent zu 60 Prozent oder besser angestrebt. Das kann beim Antragsteller im Hinblick auf seine nur für 15 Jahre abgegebene Verpflichtungserklärung und die zunächst mehr als 4 Jahre in der Laufbahn des Truppendienstes zugebrachte Zeit nicht mehr erreicht werden. Vielmehr bleibt bei ihm nach einem planmäßigen Abschluss des Studiums nach 6 Jahren nur noch eine Nutzungszeit von weniger als 5 Jahren, insgesamt also weniger, als die Ausbildungszeit ausmacht. Würde in dieser Zeit noch die angestrebte klinische Weiterbildung durchgeführt, würde der Nutzen, den der Dienstherr aus dem Studium des Antragstellers durch dessen Verwendung als Truppenarzt ziehen will, weitgehend entfallen. Ein "Verstoß gegen das Schikaneverbot", wie es der Antragsteller rügt, ist darin nicht zu sehen.

Auch wenn man das Vorbringen des Antragstellers dahingehend auslegt, dass er geltend machen will, er müsse einen Anspruch auf klinische Weiterbildung im Rahmen der bisherigen Verpflichtungszeit von 15 Jahren aus dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes haben, weil bei der Informationsveranstaltung, die ihn zum Antrag auf Laufbahnwechsel veranlasst hat, nicht auf die Notwendigkeit einer Dienstzeitverlängerung auf 22 Jahre hingewiesen worden sei, ergibt sich daraus kein Ermessensfehler bei der Ablehnung seines Begehrens. Eine Informationsveranstaltung kann immer nur einer allgemeinen Unterrichtung dienen und ist generell nicht geeignet, konkretes Vertrauen im Sinne einer anspruchsbegründenden Vertrauensposition aufzubauen. Wenn die Frage einer möglichen klinischen Weiterbildung für den Antragsteller für seine Entscheidung, einen Antrag auf Laufbahnwechsel zu stellen, von grundlegender Bedeutung war, hätte er sich vor dem Antrag im Hinblick auf seine konkrete Restdienstzeit bei der dafür zuständigen personalbearbeitenden Stelle entsprechend erkundigen und vergewissern müssen.

Schließlich ergibt sich ein Anspruch des Antragstellers auf klinische Weiterbildung innerhalb der Verpflichtungszeit von 15 Jahren auch nicht daraus, dass die klinische Ausbildung verbindlich zur Ausbildung zum Sanitätsoffizier gehören würde. Die Weiterbildung zum Facharzt ist nicht Teil dieser Ausbildung. Das folgt aus § 30 Abs. 1 Nr. 3 und § 44 SLV i.V.m. Nr. 625 Satz 1, Nr. 624 ZDv 20/7. Danach endet die Ausbildung zum Sanitätsoffizier mit der Beförderung zum Stabsarzt, Stabsveterinär oder Stabsapotheker. Die Beförderung zum Stabsarzt oder Stabsveterinär setzt aber nur die Approbation als Ärztin oder Arzt, Zahnärztin oder Zahnarzt oder Tierärztin oder Tierarzt voraus, keine Facharztausbildung. Dementsprechend ist auch der o.g. Rahmenerlass für die klinische Weiterbildung nicht einschlägig, denn er betrifft nur die Einstellung, rechtliche Stellung, Ausbildung, Betreuung und Fürsorge der Sanitätsoffizier-Anwärter und Sanitätsoffizier-Anwärterinnen.

Soweit der Antragsteller meint, mit einer klinischen Weiterbildung würde er dem Ziel der Bundeswehr helfen, ihren Facharzt-Bedarf zu decken, verkennt er, dass bei seiner nur für 15 Jahre erklärten Dienstzeitverpflichtung nach Abschluss seines Studiums und einer sich daran anschließenden Facharztausbildung wenn überhaupt nur noch eine sehr kurze Restdienstzeit verbleiben würde, in der er der Bundeswehr als Facharzt zur Verfügung stünde.