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BSG - Entscheidung vom 25.11.2014

B 5 RS 10/14 B

Normen:
SGG § 160 Abs. 2 Nr. 1

BSG, Beschluss vom 25.11.2014 - Aktenzeichen B 5 RS 10/14 B

DRsp Nr. 2015/251

Klärungsbedürftigkeit einer Rechtsfrage Substantiierter Vortrag zur Klärungsbedürftigkeit Klärungsbedürftigkeit trotz höchstrichterlicher Rechtsprechung

1. Eine Rechtsfrage ist dann nicht klärungsbedürftig, wenn die Antwort praktisch außer Zweifel steht, sich z.B. unmittelbar aus dem Gesetz ergibt oder bereits höchstrichterlich geklärt ist. 2. Als höchstrichterlich geklärt ist eine Rechtsfrage auch dann anzusehen, wenn das Revisionsgericht bzw. das BVerfG diese zwar noch nicht ausdrücklich entschieden hat, jedoch schon eine oder mehrere höchstrichterliche Entscheidungen ergangen sind, die ausreichende Anhaltspunkte zur Beurteilung der von der Beschwerde als grundsätzlich herausgestellten Rechtsfrage geben. 3. Im Hinblick hierauf muss in der Beschwerdebegründung unter Auswertung der Rechtsprechung des BSG zu dem Problemkreis substantiiert vorgetragen werden, dass das BSG zu diesem Fragenbereich noch keine Entscheidung gefällt oder durch die schon vorliegenden Urteile die hier maßgebende Frage von grundsätzlicher Bedeutung noch nicht beantwortet hat. 4. Liegen bereits höchstrichterliche Entscheidungen zu dem angesprochenen Problemkreis vor, hat der Beschwerdeführer darzutun, dass trotz dieser noch oder wieder Klärungsbedürftigkeit besteht. 5. Hierzu hat er aufzuzeigen, in welchem Umfang, von welcher Seite und mit welcher Begründung der Rechtsprechung widersprochen werde bzw. die Beantwortung der Rechtsfrage umstritten sei.

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt vom 12. Februar 2014 wird als unzulässig verworfen.

Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine Kosten zu erstatten.

Normenkette:

SGG § 160 Abs. 2 Nr. 1 ;

Gründe:

Mit Urteil vom 12.2.2014 hat das LSG Sachsen-Anhalt einen Anspruch der Klägerin auf Feststellung der Zeit vom 1.9.1981 bis 30.6.1990 als Zeit der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz (AVItech) einschließlich der dabei erzielten Arbeitsentgelte verneint.

Gegen die Nichtzulassung der Revision in dieser Entscheidung hat die Klägerin Beschwerde zum BSG eingelegt. Sie beruft sich auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache.

Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil sie nicht formgerecht begründet ist.

Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

- die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG ),

- das Urteil von einer Entscheidung des BSG , des GmSOGB oder des BVerfG abweicht und auf dieser Abweichung beruht (aaO Nr 2) oder

- ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (aaO Nr 3).

Derartige Gründe werden in der Beschwerdebegründung nicht nach Maßgabe der Erfordernisse des § 160a Abs 2 S 3 SGG dargetan. Die Beschwerde ist daher gemäß § 160a Abs 4 S 1 iVm § 169 SGG zu verwerfen.

Eine Rechtssache hat nur dann grundsätzliche Bedeutung, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Der Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts und unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung angeben, welche Fragen sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung dieser Rechtsfragen aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung erwarten lässt. Ein Beschwerdeführer muss mithin, um seiner Darlegungspflicht zu genügen, eine Rechtsfrage, ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung (so genannte Breitenwirkung) darlegen (zum Ganzen vgl BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 70 mwN).

Die Klägerin hält die Frage für grundsätzlich bedeutsam, "ob der Begriff des 'Produktionsbetriebs des Bauwesens' des § 1 Abs. 1 der 2. Durchführungsbestimmung zur Verordnung der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz lediglich solche Betriebe des Bauwesens erfasst, denen kapazitätsmäßig eine potentiell unbegrenzte Errichtung bestimmter Bauwerke möglich war."

Die Klägerin hat es jedoch versäumt, die Klärungsbedürftigkeit und die Klärungsfähigkeit darzulegen.

Eine Rechtsfrage ist dann nicht klärungsbedürftig, wenn die Antwort praktisch außer Zweifel steht, sich zB unmittelbar aus dem Gesetz ergibt oder bereits höchstrichterlich geklärt ist. Als höchstrichterlich geklärt ist eine Rechtsfrage auch dann anzusehen, wenn das Revisionsgericht bzw das BVerfG diese zwar noch nicht ausdrücklich entschieden hat, jedoch schon eine oder mehrere höchstrichterliche Entscheidungen ergangen sind, die ausreichende Anhaltspunkte zur Beurteilung der von der Beschwerde als grundsätzlich herausgestellten Rechtsfrage geben (vgl BSG SozR 3-1500 § 160 Nr 8 S 17). Im Hinblick hierauf muss in der Beschwerdebegründung unter Auswertung der Rechtsprechung des BSG zu dem Problemkreis substantiiert vorgetragen werden, dass das BSG zu diesem Fragenbereich noch keine Entscheidung gefällt oder durch die schon vorliegenden Urteile die hier maßgebende Frage von grundsätzlicher Bedeutung noch nicht beantwortet hat (Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 6. Aufl 2011, Kap IX RdNr 183 mwN).

Liegen bereits höchstrichterliche Entscheidungen zu dem angesprochenen Problemkreis vor, hat der Beschwerdeführer darzutun, dass trotz dieser noch oder wieder Klärungsbedürftigkeit besteht. Hierzu hat er aufzuzeigen, in welchem Umfang, von welcher Seite und mit welcher Begründung der Rechtsprechung widersprochen werde bzw die Beantwortung der Rechtsfrage umstritten sei ( BSG SozR 1500 § 160 Nr 51). Dasselbe gilt für die Behauptung, dass neue erhebliche Gesichtspunkte zu berücksichtigen seien, die zu einer über die bisherige Erörterung hinausgehenden Betrachtung der grundsätzlich bereits entschiedenen Rechtsfrage führen könnten und die Möglichkeit einer anderweitigen Entscheidung nicht offensichtlich ausschlössen (vgl hierzu BSG SozR 3-4100 § 111 Nr 1 S 2 mwN; s auch Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG , 11. Aufl 2014, § 160 RdNr 8b). Diesen Anforderungen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht.

Im Zusammenhang mit der og Frage erwähnt die Beschwerdebegründung selbst das Urteil des BSG vom 9.5.2012 - B 5 RS 8/11 R. Dort hat das BSG entschieden, dass der versorgungsrechtliche Begriff der Massenproduktion iS der AVItech auf die standardisierte Herstellung einer unbestimmten Vielzahl von Sachgütern gerichtet sei und damit in quantitativer Hinsicht allein durch die potentielle Unbegrenztheit der betrieblichen Produktion gekennzeichnet sei.

Schon dass nicht bereits hiervon eine Beantwortung der aufgeworfenen Rechtsfrage möglich wäre, legt die Beschwerdebegründung nicht schlüssig dar. Die im Wesentlichen bloße Wiedergabe von Sätzen aus dem Urteil vom 9.5.2012 genügt hierfür jedenfalls nicht. Zudem fehlt jede Auseinandersetzung mit der - vom LSG zitierten - Entscheidung des BSG vom 28.9.2011 - B 5 RS 8/10 R, nach der grundsätzlich nur solche Betriebe von der AVItech erfasst seien, denen unmittelbar die industrielle Massenproduktion das Gepräge gegeben habe.

Des Weiteren hat die Klägerin auch die Klärungsfähigkeit, dh Entscheidungserheblichkeit der angesprochenen Problematik - Bedeutung des Begriffs "Produktionsbetrieb des Bauwesens" iS von § 1 Abs 1 der 2. DB zur VO-AVItech - nicht aufgezeigt.

Entscheidungserheblichkeit bedeutet, dass es für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits auf die Beantwortung der aufgeworfenen Rechtsfragen ankommt und die Entscheidung bei Zugrundelegung der Rechtsauffassung des Beschwerdeführers in seinem Sinne hätte ausfallen müssen. Kann mangels entsprechenden Vortrags nicht ausgeschlossen werden, dass der geltend gemachte Anspruch unabhängig vom Ergebnis der angestrebten rechtlichen Klärung womöglich am Fehlen einer weiteren Anspruchsvoraussetzung scheitern müsste, fehlt es an der Darlegung der Entscheidungserheblichkeit und damit der Klärungsfähigkeit der aufgeworfenen Rechtsfragen ( BSG SozR 4-1500 § 160a Nr 5 RdNr 3 mwN). Ein Beschwerdeführer hat daher den nach seiner Auffassung vom Revisionsgericht einzuschlagenden Weg der Nachprüfung des angefochtenen Urteils und dabei insbesondere den Schritt darzustellen, der die Entscheidung der als grundsätzlich bezeichneten Rechtsfragen notwendig macht ( BSG SozR 1500 § 160a Nr 31 S 48). Hierzu enthält die Beschwerdebegründung keine schlüssigen Ausführungen.

Ob eine Rechtsfrage im angestrebten Revisionsverfahren klärungsfähig ist, kann generell nur auf der Grundlage bereits getroffener Feststellungen beantwortet werden. Dagegen kann die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung nicht zugelassen werden, wenn das Berufungsgericht eine Tatsache, die für die Entscheidung der mit der Nichtzulassungsbeschwerde angesprochenen Rechtsfragen erheblich sein würde, noch nicht festgestellt hat und damit derzeit nur die Möglichkeit besteht, dass sie nach Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht und nach weiterer Sachverhaltsaufklärung entscheidungserheblich werden kann ( BSG vom 10.11.2008 - B 12 R 14/08 B - Juris).

Zwar trägt die Klägerin vor, dass "das Berufungsgericht die Entscheidung allein auf die fehlende Erfüllung der betrieblichen Voraussetzung durch die Klägerin zum 30. Juni 1990 gestützt" habe. Die Frage der Entscheidungserheblichkeit ist indes nicht unter Zugrundelegung des Beteiligtenvortrags zu beantworten, sondern allein auf der Grundlage der vom LSG getroffenen Feststellungen. Ob das Berufungsgericht festgestellt hat, dass die Klägerin die persönliche und sachliche Voraussetzung erfüllt, gibt die Beschwerdebegründung nicht an. Soweit diese eine Sachverhaltsschilderung enthält, fehlt es an der Darlegung, dass die entsprechenden Ausführungen dem Berufungsgericht zuzuordnen sind.

Von einer weiteren Begründung wird abgesehen, da sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen (vgl § 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG ).

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 Abs 1 SGG .

Vorinstanz: LSG Sachsen-Anhalt, vom 12.02.2014 - Vorinstanzaktenzeichen 1 RS 6/12
Vorinstanz: SG Magdeburg, - Vorinstanzaktenzeichen 6 R 107/06