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BSG - Entscheidung vom 17.12.2014

B 3 P 16/14 B

Normen:
SGG § 202 S. 1
ZPO § 78b

BSG, Beschluss vom 17.12.2014 - Aktenzeichen B 3 P 16/14 B

DRsp Nr. 2015/5181

Beiordnung eines Notanwalts Aussichtslosigkeit der Rechtsverfolgung

1. Ein Notanwalt ist nach § 202 Satz 1 SGG i.V.m. § 78b ZPO auf Antrag einer Partei zur Wahrnehmung ihrer Rechte beizuordnen, soweit eine Vertretung durch Anwälte geboten ist, die Partei einen zu ihrer Vertretung bereiten Rechtsanwalt nicht findet und die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht mutwillig oder aussichtslos erscheint. 2. Fehlende Aussichtslosigkeit bedeutet nicht, dass - wie im Fall der Prozesskostenhilfe - "hinreichende Erfolgsaussichten" bestehen müssten; es geht vielmehr um die Frage, welche Vertretung dem Notanwalt zugemutet werden kann. 3. Aussichtslosigkeit besteht dann, wenn ein günstiges Ergebnis auch bei anwaltlicher Vertretung ganz offenbar nicht erreicht werden kann.

Der Antrag des Klägers, ihm für das Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 29. Juli 2014 Rechtsanwalt Dr. H., als Notanwalt beizuordnen, wird abgelehnt.

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 29. Juli 2014 wird als unzulässig verworfen.

Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Normenkette:

SGG § 202 S. 1; ZPO § 78b ;

Gründe:

I

Der Kläger hat gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Schleswig-Holsteinischen LSG vom 29.7.2014, zugestellt am 29.8.2014 in Thailand, mit einem am 26.9.2014 beim BSG eingegangenen Schriftsatz Beschwerde eingelegt und mit einem am 14.11.2014 eingegangenem Schriftsatz beantragt, ihm unter Wiedereinsetzung in den vorigen Stand Rechtsanwalt Dr. H., als Notanwalt beizuordnen.

II

1. Ein Notanwalt ist nach § 202 Satz 1 SGG iVm § 78b ZPO auf Antrag einer Partei zur Wahrnehmung ihrer Rechte beizuordnen, soweit eine Vertretung durch Anwälte geboten ist, die Partei einen zu ihrer Vertretung bereiten Rechtsanwalt nicht findet und die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht mutwillig oder aussichtslos erscheint (vgl Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG , 11. Aufl 2014, § 73 RdNr 54a mwN).

a) Diese Voraussetzungen liegen schon deshalb nicht vor, weil der Kläger nicht dargelegt hat, einen vertretungsbereiten Anwalt nicht gefunden zu haben (vgl hierzu BSG Beschluss vom 19.2.2001 - B 11 AL 205/00 B - Juris; BSG Beschluss vom 16.10.2007 - B 6 KA 3/07 S - Juris). Der Kläger bezieht sich lediglich auf ein Schreiben zu anderen am BSG anhängig gewesenen Verfahren (Schreiben vom 11.9.2013), in denen er dem Gericht dargelegt hat, einen Rechtsbeistand nicht finden zu können; später wurde er in Verfahren vor dem BSG von Rechtsanwalt Dr. H. vertreten. Er hat nicht ausgeführt, aus welchem Grund er diesen Rechtsanwalt nicht selbst zur Vertretung auch im vorliegenden Verfahren beauftragen kann.

b) Zudem erscheint die beabsichtigte Rechtsverfolgung aussichtslos. Fehlende Aussichtslosigkeit bedeutet nicht, dass - wie im Fall der Prozesskostenhilfe - "hinreichende Erfolgsaussichten" bestehen müssten; es geht vielmehr um die Frage, welche Vertretung dem Notanwalt zugemutet werden kann (vgl v. Mettenheim in Münchner Kommentar, ZPO , 3. Aufl 2008, § 78b , RdNr 5). Aussichtslosigkeit besteht dann, wenn ein günstiges Ergebnis auch bei anwaltlicher Vertretung ganz offenbar nicht erreicht werden kann ( BSG Beschluss vom 3.1.2005 - B 9a/9 SB 39/04 B - Juris, mwN). So liegt es hier, denn es ist nicht zu erkennen, dass ein zugelassener, dem Kläger zur Rechtsverfolgung beigeordneter Rechtsanwalt in der Lage wäre, dessen Nichtzulassungsbeschwerde erfolgreich zu begründen.

Gemäß § 160 Abs 2 SGG ist die Revision nur zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr 1), das Urteil des LSG von einer Entscheidung des BSG , des GmSOGB oder des BVerfG abweicht und auf dieser Abweichung beruht (Nr 2) oder wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (Nr 3). Ein solcher Zulassungsgrund ist weder nach dem Vorbringen des Klägers noch nach summarischer Prüfung des Streitstoffs ersichtlich.

Der Rechtsstreit wirft weder Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung auf, noch weicht das Berufungsurteil von der höchstrichterlichen Rechtsprechung ab. Die Ablehnung der vom Kläger geltend gemachten Ansprüche beruht im Wesentlichen darauf, dass nach § 67 SGB I auch bei nachgeholter Mitwirkung Leistungen nachträglich nur erbracht werden können, wenn die Leistungsvoraussetzungen vorliegen. Das ergibt sich ohne Weiteres aus der Vorschrift des § 67 SGB I . Die konkrete Würdigung der Pflegebedürftigkeit des Klägers unter Heranziehung der dazu erstellten Gutachten betrifft lediglich den vorliegenden Einzelfall. Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung oder eine Abweichung von Rechtsfragen, zu denen bereits höchstrichterlich entschieden wurde, sind nicht ersichtlich. Der vom Kläger erhobene Einwand, die Leistungen für Kriegsbeschädigte hätten gegenüber den Leistungen der Pflegeversicherung absolute Priorität, kann sich nicht gegen die Ablehnung von Leistungen der Pflegeversicherung richten. Das Gesetz enthält keine Vorschrift, nach der die Pflegekasse allein mangels Weiterleitung eines Antrags an die Versorgungsbehörde zu Leistungen verpflichtet sein könnte.

c) Das Berufungsverfahren weist ferner keine die Zulassung der Revision begründenden Verfahrensmängel iS des § 160 Abs 2 Nr 3 SGG auf. Insbesondere bestehen keine Hinweise darauf, dass das LSG seine Pflicht zur Aufklärung des Sachverhalts (§ 103 SGG ) oder den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör (§ 62 SGG ) verletzt hat. Der Einwand des Klägers, die Beklagte habe keine Stellungnahme abgegeben, begründet keinen Verfahrensmangel, weil die Beteiligten grundsätzlich nicht verpflichtet sind, sich zum Verfahren zu äußern.

2. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand musste dem Kläger nicht gewährt werden, da er den Antrag auf Beiordnung eines Notanwaltes innerhalb der Frist für die erhobene Nichtzulassungsbeschwerde gestellt hat. Das Berufungsurteil ist dem Kläger am 29.8.2014 zugestellt worden, sodass die wegen seines Aufenthaltes im Ausland drei Monate währende Frist zur Einlegung der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision (§ 160a Abs 1 Satz 2 iVm § 87 Abs 1 Satz 2, § 64 Abs 3 SGG ) am 1.12.2014 endete. Der Antrag auf Beiordnung des Notanwaltes ist bereits am 14.11.2014 beim BSG eingegangen und wurde nicht wegen Fristversäumung abgelehnt.

3. Die von dem Kläger selbst eingelegte Beschwerde ist unzulässig, da sie nicht von einem gemäß § 73 Abs 4 SGG vor dem BSG zugelassenen Prozessbevollmächtigten unterzeichnet und deshalb nicht innerhalb der dreimonatigen Beschwerdefrist beim BSG wirksam eingelegt worden ist (§ 160a Abs 1 Satz 2 iVm § 87 Abs 1 Satz 2, § 64 Abs 2 und 3 , § 63 Abs 2 SGG , §§ 174 , 189 ZPO , § 73 Abs 4 SGG ). Auf das Erfordernis, sich vor dem BSG durch einen der in § 73 Abs 4 SGG aufgeführten Prozessbevollmächtigten vertreten zu lassen (zur Verfassungsmäßigkeit vgl BVerfG SozR 3-1500 § 160a Nr 7 S 13 mwN), ist der Kläger in der Rechtsmittelbelehrung des LSG-Urteils und erneut mit Schreiben des Senats vom 18.11.2014 hingewiesen worden. Die von dem Kläger selbst eingelegte Beschwerde ist gemäß § 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 SGG iVm § 169 Satz 2 und 3 SGG durch Beschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter als unzulässig zu verwerfen.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG .

Vorinstanz: LSG Schleswig-Holstein, vom 29.07.2014 - Vorinstanzaktenzeichen L 7 P 7/13
Vorinstanz: SG Lübeck, - Vorinstanzaktenzeichen S 9 P 105/10