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BSG - Entscheidung vom 28.11.2014

B 1 KR 142/14 B

BSG, Beschluss vom 28.11.2014 - Aktenzeichen B 1 KR 142/14 B

DRsp Nr. 2014/18586

Der Antrag der Klägerin, ihr für das Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 8. Oktober 2014 - L 1 KR 91/12 - Prozesskostenhilfe zu bewilligen, wird abgelehnt.

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 8. Oktober 2014 wird als unzulässig verworfen.

Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I

Die Klägerin hat mit Schreiben vom 10.11.2014 selbst Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG eingelegt und die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) beantragt. Das Urteil ist mit Empfangsbekenntnis an den damaligen Prozessbevollmächtigten der Klägerin zugestellt worden. Das Empfangsbekenntnis trägt zwar das Datum des 15.10.2014 und wurde mit einem Stempel der Anwaltskanzlei versehen. Unterzeichnet ist das Empfangsbekenntnis jedoch nicht.

II

1. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die begehrte PKH unter Beiordnung eines anwaltlichen Bevollmächtigten. Nach § 73a Abs 1 S 1 SGG iVm §§ 114 , 121 ZPO kann nämlich einem bedürftigen Beteiligten für das Beschwerdeverfahren vor dem BSG nur dann PKH bewilligt und ein Rechtsanwalt beigeordnet werden, wenn - ua - die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Daran fehlt es. Ein Rechtsmittelkläger ist nämlich nur dann an der Einhaltung der Rechtsmittelfrist wegen Bedürftigkeit ohne sein Verschulden gehindert, wenn er innerhalb der Rechtsmittelfrist einen Antrag auf Bewilligung von PKH stellt und die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse (Erklärung) auf dem vorgeschriebenen Formular einreicht (vgl zB BSG Beschluss vom 25.7.2007 - B 1 KR 80/07 B - mwN; BSG SozR 1750 § 117 Nr 1 und 3; BVerfG SozR 1750 § 117 Nr 2). Die Klägerin hat die Erklärung bisher nicht vorgelegt. Die Monatsfrist für die Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde (§ 160a Abs 1 S 2, § 64 Abs 3 SGG ) ist versäumt.

Allerdings leidet die Zustellung an den früheren Prozessbevollmächtigten der Klägerin mittels Empfangsbekenntnis an einem Zustellungsmangel. Nach § 63 Abs 2 S 2 SGG iVm § 174 Abs 1 ZPO kann ein Schriftstück ua an einen Anwalt gegen Empfangsbekenntnis zugestellt werden. Für den Nachweis der wirksamen Zustellung regelt § 63 Abs 2 S 2 SGG iVm § 174 Abs 4 ZPO , dass das mit Datum und Unterschrift des Adressaten versehene Empfangsbekenntnis genügt, das an das Gericht zurückzusenden ist. Vorliegend hat der frühere Prozessbevollmächtigte der Klägerin das Empfangsbekenntnis nicht unterzeichnet.

Der Zustellungsmangel ist aber - unabhängig davon, ob bei einer Zustellung nach § 63 Abs 2 SGG iVm § 174 Abs 1 ZPO das Empfangsbekenntnis Voraussetzung der Wirksamkeit der Zustellung ist (BGHZ 30, 299, 303 ff; 35, 236, 237 f; 57, 160, 162 ff) oder bloße Nachweisfunktion hat (so BVerwG Beschluss vom 17.5.2006 - 2 B 10/06 - Juris RdNr 5) - nach § 189 ZPO geheilt. Danach gilt das Dokument sowohl dann, wenn sich seine formgerechte Zustellung - hier nach § 174 Abs 4 ZPO - nicht nachweisen lässt, als auch dann, wenn es unter Verletzung zwingender Zustellungsvorschriften zugegangen ist, in dem Zeitpunkt als zugestellt, in dem es der Person, an die die Zustellung dem Gesetz gemäß gerichtet war oder gerichtet werden konnte, tatsächlich zugegangen ist. Einen derartigen durch Zugang heilbaren Mangel stellt auch die fehlende Unterschrift auf dem Empfangsbekenntnis dar (Zeihe, SGG , Stand Juli 2014, § 174 ZPO RdNr 8i). Die Klägerin gibt selbst an, dass ihrem früheren Prozessbevollmächtigten das LSG-Urteil am 15.10.2014 zugegangen und an sie weitergesandt worden sei. Sie habe das Urteil am 22.10.2014 erhalten und am 26.10.2014 gelesen. Der Zeitpunkt des Zugangs bei ihrem Prozessbevollmächtigten entspricht dabei dem auf dem Empfangsbekenntnis angegebenen Datum. Von einer Weigerung, das zuzustellende Schriftstück in Empfang zu nehmen, ist nicht auszugehen. Denn ihr früherer Prozessbevollmächtigter hat das Empfangsbekenntnis zwar nicht unterschrieben, aber mit dem Kanzleistempel versehen und zurückgesandt. Berücksichtigt man zudem, dass in dem von der Klägerin vor dem LSG geführten Parallelverfahren (Urteil vom 8.10.2014 - L 1 KR 133/12) das Empfangsbekenntnis - datiert vom 15.10.2014 und mit dem Kanzleistempel versehen - unterschrieben und an das LSG zurückgesandt wurde, lassen die Gesamtumstände nur den zwingenden Schluss auf die Empfangsbereitschaft und den tatsächlichen Erhalt am 15.10.2014 zu.

Die Monatsfrist begann danach am 15.10.2014 und endete mit dem Ablauf des 17.11.2014 (Montag). Selbst wenn man den Lauf der Frist erst mit Posteingang bei der Klägerin oder gar erst mit der Kenntnisnahme des Inhalts des LSG-Urteils beginnen lassen wollte, wofür allerdings eine gesetzliche Grundlage nicht ersichtlich ist, wäre die Monatsfrist abgelaufen, ohne dass die erforderliche Erklärung vorgelegt worden ist.

2. Die von der Klägerin selbst eingelegte Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision ist unzulässig, da sie nicht von einem vor dem BSG zugelassenen Prozessbevollmächtigten eingelegt worden ist (§ 73 Abs 4 SGG ).

Die Verwerfung des Rechtsmittels der Klägerin erfolgt entsprechend § 169 S 3 SGG ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter (§ 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 SGG ).

3. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG .

Vorinstanz: LSG Sachsen, vom 08.10.2014 - Vorinstanzaktenzeichen L 1 KR 91/12
Vorinstanz: SG Dresden, - Vorinstanzaktenzeichen S 18 KR 530/11