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BSG - Entscheidung vom 04.11.2014

B 11 AL 14/14 BH

BSG, Beschluss vom 04.11.2014 - Aktenzeichen B 11 AL 14/14 BH

DRsp Nr. 2014/18294

Der Antrag des Klägers, ihm für das Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 26. September 2014 ( L 12 AL 3/14 WA) Prozesskostenhilfe zu bewilligen und einen Rechtsanwalt beizuordnen, wird abgelehnt.

Gründe:

I

Der Kläger beantragt Prozesskostenhilfe (PKH) und Beiordnung eines Rechtsanwalts für ein Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde.

Der Kläger führte von 2005 bis 2012 ca 660 Verfahren beim Sozialgericht Karlsruhe und ca 1240 Verfahren beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG). Beim Bundessozialgericht ( BSG ) waren von 2006 bis 2012 ca 260 Verfahren anhängig.

Mit Urteil vom 26.9.2014 (L 12 AL 3/14 WA) hat das LSG hier die Nichtigkeitsklage des Klägers gegen das Urteil des LSG vom 29.4.2010 abgewiesen, mit dem dieser ein früheres Berufungsverfahren wieder aufgreifen wollte. In der Entscheidung hat das LSG die Prozessfähigkeit des Klägers geprüft und bejaht, die Klage sei aber missbräuchlich und unzulässig und im Übrigen auch unbegründet.

Der Kläger hat beim BSG PKH für die Nichtzulassungsbeschwerde gegen das og Urteil beantragt. Er möchte verschiedene Verfahrensfehler des LSG geltend machen (vgl § 160 Abs 2 Nr 3 Sozialgerichtsgesetz [SGG]), die er kurz skizziert.

II

Der Antrag auf Bewilligung von PKH und der damit verbundene Antrag auf Beiordnung eines Rechtsanwalts ist abzulehnen. Gemäß § 73a Abs 1 S 1 SGG iVm § 114 Abs 1 S 1 Zivilprozessordnung ( ZPO ) kann PKH nur bewilligt werden, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.

Der Kläger war im vorangegangenen Verfahren nicht prozessunfähig und ist es auch nicht in diesem Verfahren (a). Seine Rechtsverfolgung bietet keine Aussicht auf Erfolg (b) und erscheint mutwillig (c). Damit entfällt zugleich die Beiordnung eines Rechtsanwalts im Rahmen der PKH (§ 73a Abs 1 S 1 SGG iVm § 121 Abs 1 ZPO ).

a) Der Senat hielt und hält den Kläger für prozessfähig. Der Senat hat, nachdem das LSG in dem Urteil vom 30.4.2014 (L 2 SF 3694/12 EK) ausführlich zur Prozessfähigkeit des Klägers Stellung genommen und dessen Prozessfähigkeit nach Einholung bzw Beiziehung medizinischer/psychiatrischer Sachverständigengutachten bejaht hat, in mehreren anhängigen Verfahren die Sachverständigengutachten des Instituts für psychiatrische Begutachtung, Prof. Dr. K. - L. T., vom 8.7.2013, des Zentrums für Psychiatrie W., Dr. R.-D. S., H. Si., vom 29.6.2012 und vom 11.6.2012 sowie des Bezirkskrankenhauses G., Privatdozent Dr. N. V. vom 19.5.2014 beigezogen; dies wurde den Beteiligten mitgeteilt. Der Senat ist nach Auswertung und Würdigung der Gutachten sowie in Kenntnis des schriftsätzlichen Vorbringens des Klägers in verschiedenen beim BSG anhängigen Verfahren zu der Überzeugung gelangt, dass beim Kläger zwar von einer verfestigten Persönlichkeitsstörung mit narzisstischen und querulatorischen Zügen auszugehen ist. Auch wenn er in den letzten Jahren hunderte von Verfahren anhängig gemacht hat und seine Entscheidungen zur Prozessführung nicht oder nur schwer nachvollziehbar sind, fehlt es aber an Hinweisen auf eine schwere Psychopathologie, die zur Prozessunfähigkeit führen könnten. Vielmehr hat der Senat - übereinstimmend zB mit dem 3. Senat des LSG (vgl Urteil vom 20.8.2014 - L 3 AL 527/14) - den Eindruck gewonnen, dass der Kläger durchaus weiß, was er will und was er tut. Es bereitet ihm Freude, die Gerichte zu beschäftigen oder gar lahmzulegen. Jedenfalls ist seine Fähigkeit, im Rahmen dieses Interesses zahlreiche Verfahren zielgerichtet zu verfolgen und jeweils durchaus situationsangemessen vorzutragen und auf gerichtliche Verfügungen zu reagieren, nach Überzeugung des Senats nicht beeinträchtigt oder beeinträchtigt gewesen.

b) Die Rechtsverfolgung bietet keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Der Kläger verkennt in seinen gleichlautenden und unspezifizierten Anträgen schon, dass ein Urteil vorliegt, das seine Prozessfähigkeit ausdrücklich bejaht hat, sodass diese Frage nicht "komplett offen" ist. Im Übrigen sind bei der gebotenen summarischen Prüfung keine Verfahrensfehler des LSG ersichtlich, auf denen dessen Entscheidung beruhen könnte.

c) Die Rechtsverfolgung des Klägers erscheint mutwillig. Eine nicht bedürftige Partei würde bei sachgerechter und vernünftiger Einschätzung der Prozesslage ohne PKH ihr Recht nicht in gleicher Weise verfolgen (Bundesgerichtshof Beschluss vom 6.7.2010 - VI ZB 31/08 - NJW 2010, 3522; Seiler in Thomas/Putzo, ZPO , 33. Aufl 2012, § 114 RdNr 7). Wie schon das LSG aufgezeigt hat, konnte der Kläger ein Rechtschutzinteresse an dem Verfahren, dessen Nichtigkeit er festgestellt wissen möchte, nicht deutlich machen.

Vorinstanz: LSG Baden-Württemberg, vom 26.09.2014 - Vorinstanzaktenzeichen L 12 AL 3/14