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BSG - Entscheidung vom 13.10.2014

B 1 KR 17/14 B

BSG, Beschluss vom 13.10.2014 - Aktenzeichen B 1 KR 17/14 B

DRsp Nr. 2014/15769

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 23. Januar 2014 wird als unzulässig verworfen.

Die Klägerin trägt auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 82,44 Euro festgesetzt.

Gründe:

I

Im Streit ist die Höhe der Vergütung physiotherapeutischer Leistungen. Die klagende Physiotherapeutin, die den geltend gemachten Vergütungsanspruch an den Beigeladenen abgetreten hat, ist mit ihrem zuletzt auf Zahlung von 82,44 Euro nebst Zinsen an den Beigeladenen gerichteten Begehren bei der beklagten Krankenkasse und in den Vorinstanzen ohne Erfolg geblieben. Das LSG hat ua zur Begründung ausgeführt, es könne offenbleiben, ob die Abtretung der (angeblichen) Forderung unwirksam sei. Der Anspruch setze jedenfalls voraus, dass substantiiert dargelegt werde, welche konkrete Leistung wann und durch wen erbracht worden sei. Hier fehlten aber jegliche Angaben zu der erbrachten Leistung (Beschluss vom 23.1.2014).

Die Klägerin wendet sich mit ihrer Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im LSG-Beschluss.

II

Die Beschwerde der Klägerin ist unzulässig und daher gemäß § 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 iVm § 169 S 3 SGG zu verwerfen. Ihre Begründung entspricht nicht den aus § 160a Abs 2 S 3 SGG abzuleitenden Anforderungen an die Darlegung der geltend gemachten Revisionszulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG ), der Divergenz (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG ) und des Verfahrensfehlers (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG ).

1. Die Klägerin legt die für eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (Zulassungsgrund gemäß § 160 Abs 2 Nr 1 SGG ) notwendigen Voraussetzungen nicht in der gesetzlich gebotenen Weise dar. Wer sich auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache beruft, muss eine Rechtsfrage klar formulieren und ausführen, inwiefern diese Frage im angestrebten Revisionsverfahren entscheidungserheblich sowie klärungsbedürftig und über den Einzelfall hinaus von Bedeutung ist (vgl zB BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 21 S 38; BSG SozR 3-4100 § 111 Nr 1 S 2 f; BSG SozR 3-2500 § 240 Nr 33 S 151 f mwN).

Die Klägerin formuliert unter Hinweis darauf, dass mit ihr weder eine Vereinbarung nach § 125 SGB V getroffen worden sei noch sie einem Verband oder einem sonstigen Zusammenschluss angehöre, mit dem die Beklagte eine Vereinbarung getroffen habe, die Frage,

"ob alle Leistungserbringer, für die Vorgenanntes gilt, durch schlichte Nichtbezahlung, Verwaltungsakt oder auf Grundlage richterlicher Rechtsfortbildung diesen zwischen Dritten abgeschlossenen Verträgen unterworfen werden dürfen. Es ist grundsätzlich zu entscheiden, ob die damit einhergehende Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes nach Art. 3 GG und des Rechts auf Berufsfreiheit nach Art. 12 GG als verhältnismäßig und damit rechtmäßig anzusehen ist."

Selbst wenn man unterstellt, die Klägerin habe damit sinngemäß eine hinreichend klare Rechtsfrage gestellt, die über den Einzelfall hinaus von Bedeutung ist, zeigt sie jedenfalls deren Entscheidungserheblichkeit nicht auf. Das LSG hat seine Entscheidung gerade nicht darauf gestützt, dass die Klägerin Vereinbarungen nach § 125 SGB V unterworfen sei, sondern dass sie schon nicht substantiiert dargelegt habe, welche konkrete Leistung erbracht worden sei, deren Vergütung sie begehrt. Der Beschwerde, die sich mit den Entscheidungsgründen des LSG-Beschlusses insoweit überhaupt nicht auseinandersetzt, ist nicht zu entnehmen, dass und an welcher Stelle der Prüfung durch das BSG die aufgeworfene Frage sich überhaupt stellt und wieso sie beantwortet werden müsste.

Die Klägerin legt in Zusammenhang mit der sinngemäß geltend gemachten Grundrechtsverletzung auch nicht dar, weshalb sie als nicht vergütungsvertraglich gebundene Leistungserbringerin wirtschaftlich besser gestellt werden muss als die mit ihr konkurrierenden, aber einzeloder kollektivvertraglich gebundenen Physiotherapiepraxen, insbesondere Großpraxen, und weshalb eine Gleichbehandlung die Berufsfreiheit unverhältnismäßig berühren könnte (vgl BSG Beschluss vom 11.7.2013 - B 3 KR 6/13 B - Juris RdNr 8).

2. Die Klägerin legt auch eine Divergenz nicht ausreichend dar. Wer eine Rechtsprechungsdivergenz entsprechend den Gesetzesanforderungen darlegen will, muss entscheidungstragende abstrakte Rechtssätze in der Entscheidung des Berufungsgerichts einerseits und im herangezogenen höchstrichterlichen Urteil andererseits gegenüberstellen und dazu ausführen, weshalb beide miteinander unvereinbar sein sollen (vgl zB BSG Beschluss vom 28.7.2009 - B 1 KR 31/09 B - RdNr 4; BSG Beschluss vom 28.6.2010 - B 1 KR 26/10 B - RdNr 4; BSG Beschluss vom 22.10.2010 - B 1 KR 100/10 B - Juris RdNr 4 mwN). Erforderlich ist, dass das LSG bewusst einen abweichenden Rechtssatz aufgestellt und nicht etwa lediglich fehlerhaft das Recht angewendet hat (vgl zB BSG Beschluss vom 15.1.2007 - B 1 KR 149/06 B - RdNr 4; BSG SozR 3-1500 § 160 Nr 26 S 44 f mwN). Die Klägerin macht eine Divergenz zu der Entscheidung des BSG vom 5.8.1999 - B 3 KR 12/98 R - und (hinsichtlich des festgesetzten Streitwerts) zum BSG -Beschluss vom 19.7.2013 - B 3 KR 5/13 B - geltend, legt aber weder einen vom LSG bewusst abweichend von höchstrichterlicher Rechtsprechung aufgestellten Rechtssatz dar noch zeigt sie auf, weshalb die Entscheidung des LSG (in der Sache) auf dieser Abweichung beruht.

3. Die Klägerin bezeichnet auch einen Verfahrensmangel nicht ausreichend. Nach § 160 Abs 2 Nr 3 SGG ist die Revision zuzulassen, wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 SGG und 128 Abs 1 S 1 SGG und auf eine Verletzung des § 103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Wer eine Nichtzulassungsbeschwerde darauf stützt, dass ein Verfahrensmangel vorliege, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen könne (§ 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 1 SGG ), muss die den Verfahrensmangel (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert darlegen, um den Verfahrensmangel zu bezeichnen (§ 160a Abs 2 S 3 SGG ; vgl hierzu zB BSG SozR 1500 § 160a Nr 14, 24, 36).

Die Klägerin macht als Verfahrensfehler geltend: (a) Das LSG habe zu keinem Zeitpunkt Zweifel an der Aktivlegitimation erkennen lassen. (b) Das LSG hätte die Herausgabe der Verordnungen durch die Beklagte durchsetzen müssen, nachdem sie - die Klägerin - darauf hingewiesen habe, dass sie keine Kopien gefertigt habe. (c) Das LSG habe den in der letzten mündlichen Verhandlung vor Trennung der Verfahren in dem Verfahren - S 19 KR 611/04 -, später - S 26 KR 424/08 - gestellten Feststellungsantrag auf Herausgabe der Originalverordnungen nicht beschieden. (d) Das LSG habe dem Beweisantrag, die Zeugin K zu vernehmen, nicht entsprochen. (e) Das LSG habe die gleichartigen Forderungsfälle nicht (wieder) miteinander verbunden. (f) Das LSG sei rechtsirrig davon ausgegangen, dass die Klägerin zur Leistungserbringung "Manuelle Therapie" nicht berechtigt gewesen sei. (g) Der Streitwert sei fehlerhaft festgesetzt worden.

Die Verfahrensfehler sind nicht ordnungsgemäß bezeichnet. Die Klägerin legt jeweils nicht dar, weshalb der LSG-Beschluss auf den angeblichen Verfahrensfehlern beruhen kann. Die Verfahrensfehler sind auch im Übrigen nicht ausreichend dargetan. Soweit es die Frage der Aktivlegitimation (a) betrifft, sind die vom LSG aufgeworfenen Zweifel nicht Grundlage der Entscheidung gewesen. Das LSG hat die Frage ausdrücklich offengelassen. Der Vortrag, das LSG hätte die Herausgabe der Verordnungen durch die Beklagte durchsetzen müssen (b), zielt auf eine Verletzung der Amtsermittlungspflicht (§ 103 SGG ). Sie kann nur zur Zulassung der Revision führen, wenn sie sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Dass die Klägerin einen hierauf gerichteten Beweisantrag gestellt hat, behauptet sie aber selbst nicht. Um darzulegen, dass das LSG einen gestellten Feststellungsantrag auf Herausgabe der Originalverordnungen nicht beschieden habe (c), hätte sie diesen Antrag genau bezeichnen und darlegen müssen, dass sie ihr Begehren entgegen der Auffassung des LSG im Berufungsverfahren nicht auf den Vergütungsanspruch reduziert habe. Auch die Behauptung, das LSG habe ihrem Beweisantrag, die Zeugin K zu vernehmen (d), nicht entsprochen, genügt nicht, um eine Verletzung des § 103 SGG geltend zu machen. Wer sich auf eine Verletzung der Amtsermittlungspflicht nach § 103 SGG stützt, muss darlegen, dass ein formeller Beweisantrag iS von §§ 373 , 404 ZPO iVm § 118 SGG gestellt und bis zur Entscheidung des LSG aufrechterhalten worden ist. Der Tatsacheninstanz soll durch einen solchen Antrag vor der Entscheidung nämlich vor Augen geführt werden, dass der Betroffene die gerichtliche Sachaufklärungspflicht noch nicht als erfüllt ansieht. Der Beweisantrag hat Warnfunktion (vgl BSG SozR 1500 § 160 Nr 67; BSG Beschluss vom 10.4.2006 - B 1 KR 47/05 B - Juris RdNr 9 mwN). Die Klägerin legt demgegenüber schon nicht dar, dass sie einen Beweisantrag zumindest hilfsweise bis zur Entscheidung durch das LSG gestellt oder aufrechterhalten habe. Inwieweit die unterlassene Verbindung der Verfahren (e) oder die Streitwertfestsetzung (g) Einfluss auf die Entscheidung des LSG haben können, ist nicht erkennbar und wird auch nicht dargetan. Weshalb die - aus Sicht der Klägerin falsche - Rechtsauffassung des LSG, dass die Klägerin zur Leistungserbringung "Manuelle Therapie" nicht berechtigt gewesen sei (f), einen Verfahrensfehler darstellen kann, ist nicht ersichtlich und wird von der Klägerin auch nicht erläutert.

4. Der Senat sieht von einer weiteren Begründung ab (§ 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG ).

5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs 1 S 1 Teils 3 SGG iVm § 154 Abs 2 VwGO . Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 197a Abs 1 S 1 Teils 1 SGG iVm § 63 Abs 2 , § 52 Abs 1 und 3 sowie § 47 GKG .

Vorinstanz: LSG Nordrhein-Westfalen, vom 23.01.2014 - Vorinstanzaktenzeichen L 5 KR 363/13
Vorinstanz: SG Köln, - Vorinstanzaktenzeichen S 26 KR 528/10