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BSG - Entscheidung vom 09.09.2014

B 6 KA 29/14 B

BSG, Beschluss vom 09.09.2014 - Aktenzeichen B 6 KA 29/14 B

DRsp Nr. 2014/15107

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 14. Januar 2014 wird verworfen.

Der Kläger trägt auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 178 836 Euro festgesetzt.

Gründe:

I

Der Kläger wendet sich gegen eine sachlich-rechnerische Richtigstellung für die Quartale III/2002 bis IV/2003. In dieser Zeit rechnete er für ein in P betriebenes Labor die Ziffern 155, 168 und 4951 des EBM-Ä (Zytologische Untersuchung eines oder mehrerer Abstriche, auch Bürstenabstriche, von Ekto- und/oder Endozervix - 140 Punkte) ab. Die Beklagte stellte mit Bescheid vom 20.11.2006 die vom Kläger abgerechneten zytologischen Untersuchungen in den Quartalen I/1999 bis IV/2003 richtig und forderte 596 120,98 Euro zurück. Der Kläger habe diese Leistungen unter Verletzung des Grundsatzes der persönlichen Leistungserbringung abgerechnet. Der Widerspruch des Klägers war erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 5.9.2007). Im anschließenden sozialgerichtlichen Verfahren hat die Beklagte ihre Rückforderung auf 447 090,73 Euro reduziert. Das SG hat mit Gerichtsbescheid vom 28.9.2011 den Richtigstellungsbescheid insgesamt aufgehoben. Das LSG hat auf die Berufung der Beklagten mit Urteil vom 14.1.2014 den Gerichtsbescheid geändert und den Bescheid insoweit geändert, als eine Rückforderung von 178 836,30 Euro überschritten wurde. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Der Kläger habe gegen das Gebot der persönlichen Leistungserbringung verstoßen. Hinsichtlich der Quartale I/1999 bis II/2002 stehe einer Rückforderung aber die 4-jährige Ausschlussfrist entgegen. Für die Quartale III/2002 bis IV/2003 bestehe hingegen kein Vertrauensschutz.

Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil richtet sich die Beschwerde des Klägers, zu deren Begründung er die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG ) sowie Verfahrensfehler (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG ) geltend macht.

II

Die Beschwerde des Klägers hat keinen Erfolg. Sie genügt nicht den Begründungsanforderungen des § 160a Abs 2 Satz 3 SGG .

1. Für die Geltendmachung der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtssache muss gemäß den aus § 160a Abs 2 Satz 3 SGG abzuleitenden Darlegungsanforderungen in der Beschwerdebegründung eine konkrete Rechtsfrage in klarer Formulierung bezeichnet (vgl BVerfGE 91, 93 , 107 = SozR 3-5870 § 10 Nr 5 S 31; BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 21 S 37 f) und ausgeführt werden, inwiefern diese Rechtsfrage in dem mit der Beschwerde angestrebten Revisionsverfahren entscheidungserheblich (klärungsfähig) sowie klärungsbedürftig ist. Es muss ersichtlich sein, dass sich die Antwort nicht ohne Weiteres aus der bisherigen Rechtsprechung ergibt. Bei einer Revisions-Nichtzulassungsbeschwerde ist es Aufgabe des Prozessbevollmächtigten, die einschlägige Rechtsprechung aufzuführen und sich damit zu befassen; eine Beschwerdebegründung, die es dem Gericht überlässt, die relevanten Entscheidungen zusammenzusuchen, wird den Darlegungserfordernissen des § 160a Abs 2 Satz 3 SGG nicht gerecht. Auch lediglich kursorische Hinweise ohne Durchdringung des Prozessstoffs reichen nicht aus (vgl BVerfG [Kammer], DVBl 1995, 35 ). Diese Anforderungen sind verfassungsrechtlich unbedenklich (s die zitierte BVerfG-Rspr und zB BVerfG [Kammer], SozR 3-1500 § 160a Nr 7 S 14).

Die Beschwerdebegründung wird diesen Anforderungen nicht gerecht.

Der Kläger fragt: Kann ein Vertrauensschutz in die Rechtmäßigkeit der Abrechnung auch dadurch begründet werden, dass ein Repräsentant (hier: Der Vorstandsvorsitzende) der Kassenärztlichen Vereinigung ein bestimmtes Abrechnungsverhalten für rechtlich einwandfrei erklärt?

Weder die Klärungsbedürftigkeit noch die Klärungsfähigkeit dieser Frage legt die Beschwerdebegründung ausreichend dar. Zur Klärungsbedürftigkeit fehlt es an einer hinreichenden Auseinandersetzung mit der Rechtsprechung des Senats zum Vertrauensschutz gegenüber nachträglichen Korrekturen von Honorarbescheiden. Der Kläger bezieht sich insoweit lediglich auf ein Urteil des Senats vom 30.6.2004 (BSGE 93, 69 = SozR 4-2500 § 85 Nr 11). Zu dieser Frage hat der Senat sich indes in einer Reihe von Entscheidungen geäußert, eingehend zuletzt im Urteil vom 28.8.2013 - B 6 KA 50/12 R ( BSG SozR 4-2500 § 106a Nr 12 RdNr 21 ff mwN). Mit dieser Rechtsprechung befasst sich die Beschwerdebegründung nicht. Zur Klärungsfähigkeit fehlt an jeder Auseinandersetzung damit, dass es nach den Ausführungen des LSG auf etwaige mündliche Bestätigungen der Zulässigkeit der Abrechnung nicht ankommt, das LSG vielmehr maßgeblich darauf abstellt, dass der Kläger sich eigenständig bei der dafür zuständigen Stelle über die korrekte Durchführung der Leistungen hätte Kenntnis verschaffen müssen. Darlegungsbedürftig wäre hier im Übrigen auch gewesen, welche Bedeutung in diesem Zusammenhang dem Umstand zukommt, dass der Vorstandsvorsitzende der Beklagten an dem Labor in P beteiligt war.

2. Auch ein Verfahrensfehler ist nicht hinreichend bezeichnet. Nach § 160 Abs 2 Nr 3 SGG ist die Revision zuzulassen, wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung von § 109 SGG und § 128 Abs 1 Satz 1 SGG (Grundsatz der freien richterlichen Beweiswürdigung) und auf eine Verletzung des § 103 SGG (Amtsermittlungsgrundsatz) nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Wer eine Nichtzulassungsbeschwerde auf den Zulassungsgrund des Verfahrensfehlers stützt, muss zu seiner Bezeichnung (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG ) die den Verfahrensmangel (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dartun, also die Umstände schlüssig darlegen, die den entscheidungserheblichen Mangel ergeben sollen (vgl BSG SozR 4-1500 § 160a Nr 3 RdNr 4; SozR 1500 § 160a Nr 14, 24, 36). Daran fehlt es hier. Zwar hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem LSG eine Reihe von Beweisanträgen gestellt, darunter auch den Antrag, Dr. K und Dr. B dazu zu vernehmen, dass sie ihm und anderen gegenüber ausgesagt hätten, seine konkret geplante Tätigkeit in P mit einer telefonischen Bereitschaft, Aufsicht und einem Besuch pro Woche sei "absolut sauber". Der Kläger hat aber nicht schlüssig dargelegt, dass das LSG sich ausgehend von seiner Rechtsauffassung zu weiterer Sachaufklärung hätte gedrängt fühlen müssen und bei Kenntnis des behaupteten Ergebnisses der unterlassenen Beweisaufnahme zu einem für ihn günstigeren Ergebnis hätte kommen können. Er setzt sich nämlich nicht damit auseinander, dass nach der Rechtsauffassung das LSG die Aussagen letztlich unerheblich sind. Dass Dr. B nach Auffassung des LSG Aussagen als Praxispartner und nicht in seiner Funktion als Vorstandsvorsitzender gemacht hat, hat das Gericht lediglich im Zusammenhang mit den von ihm geäußerten Zweifeln ausgeführt, ob Äußerungen von Praxispartnern geeignet sein können, Vertrauensschutz zu begründen. Zu den dann folgenden tragenden Gründen des Urteils und der Bedeutung weiterer Beweiserhebung dafür verhält sich die Beschwerdebegründung nicht.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung der §§ 154 ff VwGO . Danach trägt der Kläger die Kosten des von ihm erfolglos geführten Rechtsmittels (§ 154 Abs 2 VwGO ).

4. Die Festsetzung des Streitwerts hat ihre Grundlage in § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 1 SGG iVm § 63 Abs 2 Satz 1, § 52 Abs 3 , § 47 Abs 1 und 3 GKG .

Vorinstanz: LSG Schleswig-Holstein, vom 14.01.2014 - Vorinstanzaktenzeichen L 4 KA 32/11
Vorinstanz: SG Kiel, - Vorinstanzaktenzeichen S 16 KA 175/07