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BSG - Entscheidung vom 18.09.2014

B 11 AL 58/14 B

BSG, Beschluss vom 18.09.2014 - Aktenzeichen B 11 AL 58/14 B

DRsp Nr. 2014/14805

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 27. Juni 2014 wird als unzulässig verworfen.

Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I

Die beklagte Bundesagentur hob ihre Entscheidung über die Bewilligung von Arbeitslosengeld für die Zeit vom 5. bis 30.3.2009 auf, weil der Kläger am 5. und 6.3.2009 jeweils acht Stunden (und damit mehr als 15 Stunden wöchentlich) beschäftigt und daher nicht mehr arbeitslos gewesen sei. Eine erneute Arbeitslosmeldung sei erst am 31.3.2009 erfolgt. Widerspruch, Klage und Berufung des Klägers sind ohne Erfolg geblieben. Das Landessozialgericht (LSG) hat die Revision nicht zugelassen.

Mit seiner Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG vom 27.6.2014 macht der Kläger Divergenz und eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend. Das Urteil des LSG stimme nicht überein mit der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ( BSG ) zur vorausschauenden Betrachtung, auf die es für die Frage einer Überschreitung der Zeitgrenze des § 119 Abs 3 S 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch alter Fassung ( SGB III aF) ankomme. Zudem stelle sich die Rechtsfrage, ob zu den für die Prognostizierung der 15-Stunden-Grenze des § 119 Abs 3 S 1 SGB III aF maßgebenden Merkmalen und Umständen, wie sie bei Beginn der Beschäftigung vorgelegen hätten, auch solche gehörten, die sich auf den Erprobungszweck beschränkten. In der bisherigen Rechtsprechung des BSG habe diese Frage keine Rolle gespielt.

II

Die Beschwerde ist unzulässig. Die geltend gemachten Zulassungsgründe der Divergenz (§ 160 Abs 2 Nr 2 Sozialgerichtsgesetz [SGG]) und einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG ) sind nicht in der nach § 160a Abs 2 S 3 SGG gebotenen Weise bezeichnet bzw dargelegt.

1. Um eine Divergenz iS des § 160 Abs 2 Nr 2 SGG in einer den Anforderungen des § 160a Abs 2 S 3 SGG genügenden Weise zu bezeichnen, muss die Beschwerdebegründung einen Widerspruch im Grundsätzlichen oder ein Nichtübereinstimmen tragender abstrakter Rechtssätze in der Entscheidung des LSG einerseits und einer Entscheidung des BSG bzw des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts andererseits aufzeigen ( BSG SozR 1500 § 160a Nr 67). Dabei muss die Beschwerdebegründung deutlich machen, dass in der angefochtenen Entscheidung eine sie tragende Rechtsansicht entwickelt worden ist und nicht etwa nur ungenaue oder unzutreffende Rechtsausführungen oder ein Rechtsirrtum im Einzelfall die Entscheidung bestimmen ( BSG SozR 1500 § 160a Nr 67; SozR 3-1500 § 160 Nr 26; stRspr). Schlüssig darzulegen ist auch, dass das angefochtene Urteil auf der Abweichung beruht (vgl ua BSG SozR 4-1500 § 160a Nr 6 RdNr 18). Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung vom 1.9.2014 nicht.

Der Senat lässt dahinstehen, ob der Kläger einen abstrakten Rechtssatz der angefochtenen Entscheidung herausgearbeitet hat, mit dem eine tragende Rechtsansicht entwickelt worden ist. Jedenfalls hat er einem solchen weder einen abstrakten, hiervon abweichenden, tragenden Rechtssatz aus einem Urteil des BSG gegenübergestellt noch hat er dargelegt, dass die Entscheidung des LSG auf der vermeintlichen Abweichung beruht. Hierzu hätte er den streitigen Sachverhalt und insbesondere die tragenden Entscheidungsgründe im Berufungsurteil darstellen müssen. Hieran fehlt es vorliegend.

2. Auch die Voraussetzungen einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache sind nicht hinreichend dargetan. Grundsätzliche Bedeutung kommt einer Rechtssache nur dann zu, wenn sie eine Rechtfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Ein Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts sowie unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung aufzeigen, welche Fragen sich stellen, dass diese Rechtsfragen noch nicht geklärt sind, weshalb deren Klärung aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung dieser Rechtsfragen erwarten lässt. Um seiner Darlegungspflicht zu genügen, muss die Beschwerdebegründung mithin eine konkrete Rechtsfrage aufwerfen, ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der angestrebten Entscheidung (sogenannte Breitenwirkung) darlegen (vgl nur BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 70 mwN). Dem trägt die Beschwerdebegründung nicht hinreichend Rechnung.

Der Senat lässt dahinstehen, ob der Kläger eine abstrakte, grundsätzlicher Klärung zugängliche Rechtsfrage aufgeworfen und deren Klärungsbedürftigkeit dargelegt hat. Denn jedenfalls kann die Klärungsfähigkeit dieser Frage vom Senat nicht hinreichend beurteilt werden, weil der Kläger Einzelheiten des zu beurteilenden Sachverhalts, insbesondere die für die Entscheidung des LSG maßgeblichen Gründe, nicht mitgeteilt hat.

Klärungsfähig ist eine Rechtsfrage aber nur, wenn sie für den zu entscheidenden Fall rechtserheblich ist ( BSG Beschluss vom 28.9.1993 - 7 BAr 58/93 - Juris; BFHE 105, 335 ; Kummer, Die Nichtzulassungsbeschwerde, 2. Aufl 2010, RdNr 324 mwN). Über die betreffende Frage müsste das Revisionsgericht also - in Ergänzung zur abstrakten Klärungsbedürftigkeit - konkret-individuell sachlich entscheiden können ( BSG SozR 1500 § 160 Nr 39 und 53 und § 160a Nr 31 BVerwG Buchholz 310 § 75 VwGO Nr 11; BFHE 96, 44). Dies erfordert, dass der Beschwerdeführer den nach seiner Auffassung vom Revisionsgericht einzuschlagenden Weg der Nachprüfung des angefochtenen Urteils und dabei insbesondere den Schritt darstellt, der die Entscheidung der als grundsätzlich bezeichneten Rechtsfrage notwendig macht ( BSG SozR 1500 § 160a Nr 31). Hierfür ist die Schilderung des wesentlichen Sachverhalts, insbesondere der vom LSG zugrunde gelegten Tatsachen sowie des zur Begründung seiner Entscheidung eingenommenen Standpunkts, unumgänglich; sie ist Minimalvoraussetzung für eine Prüfung der Entscheidungserheblichkeit, weil es nicht Aufgabe des Revisionsgerichts ist, sich im Rahmen des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens die maßgeblichen Tatsachen aus dem angegriffenen Urteil selbst herauszusuchen (vgl BSG Beschlüsse vom 30.7.1993 - 7 BAr 12/93 -, vom 28.9.1993 - 7 BAr 58/93 - und vom 27.7.2011 - B 14 AS 3/11 B - alle veröffentlicht bei Juris).

Aus dem klägerischen Vortrag erschließt sich der streitige Sachverhalt nicht. Die Wiedergabe einzelner Passagen der LSG-Begründung zur Darlegung eines vermeintlich aufgestellten abstrakten Rechtssatzes im Begründungsteil der Divergenzrüge erfüllt die vorgenannten Anforderungen nicht. Von welchen Tatsachen das LSG ausgegangen ist und welche Erwägungen zu seiner Entscheidung geführt haben, stellt der Kläger nicht dar. Dass er die Entscheidung des LSG in der Sache für unzutreffend hält, eröffnet indes die Revisionsinstanz nicht (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nr 7, 67).

3. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen (§ 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG ).

Die Verwerfung der Beschwerde erfolgt gemäß § 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 iVm § 169 S 3 SGG durch Beschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.

Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung des § 193 Abs 1 SGG .

Vorinstanz: LSG Schleswig-Holstein, vom 27.06.2014 - Vorinstanzaktenzeichen L 3 AL 47/12
Vorinstanz: SG Lübeck, - Vorinstanzaktenzeichen S 47 AL 69/10