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BGH - Entscheidung vom 04.07.2014

AnwZ (Brfg) 23/14

Normen:
BRAO § 14 Abs. 2 Nr. 7

BGH, Beschluss vom 04.07.2014 - Aktenzeichen AnwZ (Brfg) 23/14

DRsp Nr. 2014/14332

Widerruf der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft

Tenor

Die Anträge des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des II. Senats des Anwaltsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 13. Dezember 2013 werden abgelehnt.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Der Wert des Zulassungsverfahrens wird auf 25.000 € festgesetzt.

Normenkette:

BRAO § 14 Abs. 2 Nr. 7 ;

Gründe

Der Kläger wendet sich gegen den Widerruf seiner Rechtsanwaltszulassung wegen Vermögensverfalls (§ 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO ). Der Anwaltsgerichtshof hat die Klage abgewiesen. Der dagegen gerichtete Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg; Prozesskostenhilfe konnte deshalb nicht bewilligt werden (§ 112c Abs. 1 Satz 1 BRAO , § 166 VwGO , § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO ).

1. Der geltend gemachte Zulassungsgrund entscheidungserheblicher Verfahrensfehler (§ 112e Satz 2 BRAO , § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO ) liegt nicht vor.

a) Der Anwaltsgerichtshof durfte die Personalakten des Klägers beiziehen, die Beklagte war nach § 112c Abs. 1 Satz 1 BRAO , § 99 Abs. 1 Satz 1 VwGO zur Vorlage verpflichtet. Ausreichende Ermächtigungsgrundlage für den Anwaltsgerichtshof ist die ihm zugewiesene gesetzliche Aufgabenerfüllung (vgl. Böhnlein in Feuerich/Weyland, Bundesrechtsanwaltsordnung , 8. Aufl., § 58 Rn. 17; Hartung in Henssler/Prütting, Bundesrechtsanwaltsordnung , 4. Aufl., § 58 Rn. 9; aA Zuck in Gaier/Wolf/Göcken, Anwaltliches Berufsrecht, § 58 Rn. 15), zu der eine umfassende gerichtliche Sachaufklärung gehört. Der Umstand, dass Personalakten Dritten gegenüber grundsätzlich geheimhaltungsbedürftig sind, steht ihrer Beiziehung in gerichtlichen Verfahren über den Widerruf der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft nicht entgegen. Die Vorlage ist in diesen Fällen zum Schutz höherwertiger Rechtsgüter - Interesse der Allgemeinheit an einer funktionsfähigen Rechtspflege - geboten.

b) Der Kläger beanstandet eine Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG ), weil die Personalakten zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden sind, ohne die Aktenbeiziehung anzukündigen. Er habe sich deshalb nicht durch vorherige Einsichtnahme darauf vorbereiten können. Damit ist der Zulassungsgrund des § 112e Satz 2 BRAO , § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO nicht schlüssig dargelegt. Der Kläger teilt nicht mit, was er vorgetragen hätte, wenn er vorab Einsicht in die Personalakten genommen hätte. Im Übrigen ist schon nicht erkennbar, dass im Urteil des Anwaltsgerichtshofs Tatsachen Eingang gefunden haben, deren Kenntnis allein aus den Personalakten gewonnen wurde, das Urteil mithin auf dem behaupteten Verfahrensfehler beruht. Dagegen könnte bereits sprechen, dass nach dem Vortrag des Klägers der Inhalt der Personalakte in der mündlichen Verhandlung überhaupt nicht thematisiert wurde.

c) Auch soweit der Kläger beanstandet, dass ihm in der mündlichen Verhandlung keine Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben wurde, wird nicht dargelegt, was er geäußert hätte, wenn er die Gelegenheit ausdrücklich erhalten hätte oder ihm eine Schriftsatzfrist - die er nicht einmal beantragt hat - nachgelassen worden wäre.

2. Es bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der Klagabweisung (§ 112e Satz 2 BRAO , § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ); der Widerruf der Zulassung des Klägers zur Rechtsanwaltschaft ist zu Recht erfolgt.

a) Nach § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO ist die Zulassung zu widerrufen, wenn der Rechtsanwalt in Vermögensverfall geraten ist, es sei denn, dass dadurch die Interessen der Rechtsuchenden nicht gefährdet sind; ein Vermögensverfall wird dabei vermutet, wenn der Rechtsanwalt - wie hier - im maßgeblichen Zeitpunkt des Abschlusses des behördlichen Widerrufsverfahrens (vgl. BGH, Beschluss vom 29. Juni 2011 - AnwZ (Brfg) 11/10, BGHZ 190, 187 Rn. 9) im Schuldnerverzeichnis eingetragen ist. Die Vorschrift des § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO dient allein dem Schutz des rechtsuchenden Publikums. Die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft ist daher nach dieser Bestimmung auch dann zu entziehen, wenn der Rechtsanwalt ohne Verschulden in die ihn belastende Vermögenslage geraten ist (ständige Senatsrechtsprechung; vgl. BGH, Beschlüsse vom 21. Juni 1999 - AnwZ (B) 88/98, BRAK-Mitt. 1999, 270, 271; vom 15. September 2008 - AnwZ (B) 78/05 Rn. 9; vom 31. Mai 2010 - AnwZ (B) 54/09 Rn. 10).

b) Nach der gesetzlichen Wertung des § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO indiziert der Vermögensverfall die Gefährdung der Interessen der Rechtsuchenden. Vorkehrungen, welche ausschließen könnten, dass weder Fremdgeld in seinen Gewahrsam gelangt noch dass seine Gläubiger hierauf Zugriff nehmen, hat der Kläger nicht getroffen. Auf die Frage, ob er seinen Beruf bisher ohne jede Beanstandung geführt hat (vgl. nur Senatsbeschlüsse vom 18. Oktober 2004 - AnwZ (B) 43/03, NJW 2005, 511 f.; vom 25. Juni 2007 - AnwZ (B) 101/05, NJW 2007, 2924 Rn. 8 ff.) und ob der Anwaltsgerichtshof Feststellungen der Staatsanwaltschaft S. aus einem gemäß § 206a StPO eingestellten Strafverfahren u.a. wegen Untreue zum Nachteil von Mandanten verwerten durfte, kommt es demgemäß nicht mehr an. In seinem Antrag auf Zulassung der Berufung ist der Kläger, der einen Verstoß gegen die Unschuldsvermutung geltend macht, den Vorwürfen in der Sache im Übrigen nicht entgegengetreten.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 112c Abs. 1 Satz 1 BRAO i.V.m. § 154 Abs. 2 VwGO , die Streitwertfestsetzung auf § 194 Abs. 2 BRAO . Der Senat hat, wie bereits der Anwaltsgerichtshof, im Hinblick auf die finanzielle und gesundheitliche Situation des Klägers den Regelstreitwert um die Hälfte herabgesetzt.

Vorinstanz: AGH Baden-Württemberg, vom 13.12.2013 - Vorinstanzaktenzeichen AGH 23/13 (II)