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BGH - Entscheidung vom 17.06.2014

2 StR 61/14

BGH, Beschluss vom 17.06.2014 - Aktenzeichen 2 StR 61/14

DRsp Nr. 2014/13444

Unterbliebene Berücksichtigung von einer Verdeckungsabsicht entgegenstehenden alternativen Geschehensabläufen bei einer Verurtielung wegen Mordes

Tenor

Auf die Revision der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Bonn vom 7. August 2013 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.

Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere als Schwurgericht zuständige Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe

Das Landgericht hat die Angeklagte wegen eines Verdeckungsmordes zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt. Ihre hiergegen gerichtete Revision hat mit der Sachrüge Erfolg.

I.

Nach den Feststellungen befand sich die Angeklagte in einer finanziell angespannten Lage. Am 12. November 2012 hielt sie sich in der Wohnung ihrer 87jährigen Hausmitbewohnerin M. U. auf. Dort kam es zu einer Auseinandersetzung, weil die Wohnungsinhaberin sie bei einem Diebstahlsversuch überraschte. Um die Aufdeckung der Tat zu verhindern, würgte die Angeklagte ihr Opfer und tötete es schließlich mit 45 Messerstichen. Anschließend verließ sie zumindest mit dem Portemonnaie des Opfers die Wohnung, ohne diese nach weiteren Wertgegenständen zu durchsuchen. Noch am selben Tag veräußerte sie in einem Juweliergeschäft zwei Schmuckstücke aus Gold. Ob der Schmuck zuvor dem Opfer gehört hatte, konnte nicht aufgeklärt werden.

II.

Die Verurteilung der Angeklagten wegen Verdeckungsmord hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

Soweit der Generalbundesanwalt bereits Bedenken gegen die von der Strafkammer angenommene (Allein)täterschaft der Angeklagten hat, kommt es hierauf nicht an. Jedenfalls beruht die Annahme von Verdeckungsabsicht auf einer lückenhaften und damit nicht tragfähigen Beweiswürdigung:

Die Strafkammer geht davon aus, dass der Tat ein Streit vorausgegangen sein muss, den die stets freundliche und hilfsbereite M. U. von sich aus nicht angefangen habe. Den Grund dafür müsse deshalb die Angeklagte geliefert haben. Bei lebensnaher Betrachtung verbleibe damit allein die Möglichkeit, dass das Opfer die Angeklagte bei einem (möglicherweise nur versuchten) Eigentumsdelikt in ihrer Wohnung beobachtet habe. Dies sei die einzig plausible Erklärung für das Geschehen, zumal bei Eintreffen der Polizei ein Portemonnaie der Getöteten nicht mehr auffindbar gewesen sei.

Wie vom Generalbundesanwalt zutreffend beanstandet, lässt die Strafkammer dabei die Möglichkeit unberücksichtigt, dass dem Streit z.B. das vergebliche Ansinnen der Angeklagten vorausgegangen sein könnte, von M. U. Geld geliehen zu bekommen. Da die Wohnung nach der Tat nicht nach Stehlenswertem durchsucht und im Schlafzimmer noch ein Geldbetrag von 200 € aufgefunden wurde, liegt die Möglichkeit, dass sich ein Streitgeschehen auch ohne ein vorheriges versuchtes Eigentumsdelikt seitens der Angeklagten entwickelt haben könnte, nicht so fern, dass sie von vornherein ausscheidet. Mit solchen, einer Verdeckungsabsicht entgegenstehenden alternativen Geschehensabläufen hätte sich das Landgericht auseinandersetzen müssen.