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BGH - Entscheidung vom 08.04.2014

KZR 53/12

Normen:
GG Art. 9 Abs. 3
GWB § 19 Abs. 1
VBL-Versicherungspflicht
VBLS § 20 Abs. 1 S. 3
GG Art. 9 Abs. 3
GWB § 19 Abs. 2 Nr. 1

Fundstellen:
DB 2014, 8
WM 2014, 1779
WRP 2014, 956

BGH, Urteil vom 08.04.2014 - Aktenzeichen KZR 53/12

DRsp Nr. 2014/10460

Pflicht eines marktbeherrschenden Versicherungsunternehmens zum Angebot eines bestimmte Beschäftigte ausnehmenden Gruppenversicherungsvertrages

a) Die Koalitionsfreiheit als individuelles Freiheitsrecht ist nicht darauf gerichtet, Ansprüche des Einzelnen gegen eine Koalition auf veränderte, neue Leistungen oder bestimmte, bisher von ihr nicht angebotene Bedingungen einer Leistungserbringung zu begründen.b) Auch ein marktbeherrschendes Versicherungsunternehmen muss sich beim Angebot von Gruppenversicherungsverträgen grundsätzlich nicht darauf verweisen lassen, für Arbeitgeber eine Versicherung bereitzustellen, aus der bestimmte Beschäftigte - etwa solche mit hohem Einkommen oder geringen Risiken - ausgenommen sind.

Tenor

Die Revision gegen das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 25. Juli 2012 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

Normenkette:

VBLS § 20 Abs. 1 S. 3; GG Art. 9 Abs. 3 ; GWB § 19 Abs. 2 Nr. 1 ;

Tatbestand

Die Beklagte, eine Anstalt öffentlichen Rechts, schließt mit Arbeitgebern des öffentlichen Dienstes (sogenannten Beteiligten) Beteiligungsvereinbarungen in Form von Gruppenversicherungsverträgen ab. Auf dieser Grundlage gewährt sie den Arbeitnehmern der Beteiligten nach Maßgabe ihrer Satzung (VBLS) eine zusätzliche Alters-, Erwerbsminderungs- und Hinterbliebenenversorgung. Die Beklagte finanziert ihre Leistungen durch ein als Abschnittsdeckungsverfahren ausgestaltetes Umlageverfahren, wobei die Umlagen jeweils für einen Abschnitt von fünf Jahren festgesetzt werden.

Die am 8. Januar 1985 als Unternehmen der öffentlichen Hand gegründete Klägerin betreibt ein Klinikum in Sch. . Sie ist Mitglied im Kommunalen Arbeitgeberverband Sch. und seit 1. April 1985 Beteiligte der Beklagten. Als öffentliches Unternehmen war die Klägerin zunächst an den Bundesangestelltentarifvertrag ( BAT ) gebunden. Danach haben die Beschäftigten Anspruch auf eine zusätzliche Alters- und Hinterbliebenenversorgung unter eigener Beteiligung nach Maßgabe besonderer Tarifverträge. Dazu gehört der Tarifvertrag Altersversorgung (ATV), der eine Pflicht zur Versicherung der Beschäftigten eines tarifgebundenen Arbeitgebers bei der öffentlichen Zusatzversorgungseinrichtung vorsieht, bei der der Arbeitgeber Mitglied ist.

Im Jahr 2006 erwarb eine Tochtergesellschaft der D. AG zunächst einen Geschäftsanteil von 49,9% an der Klägerin, den sie im Jahr 2007 auf 94% aufstockte. Im Anschluss daran nahm die Klägerin Verhandlungen mit der Gewerkschaft Marburger Bund - Verband der angestellten und beamteten Ärztinnen und Ärzte Deutschlands e.V. (Marburger Bund) - auf, um ihrem ärztlichen Personal ein Wahlrecht zwischen der Zusatzversorgung bei der Beklagten mit Eigenbeteiligung und einer kapitalgedeckten Altersversorgung bei einer Unterstützungskasse ohne Eigenbeteiligung nach Maßgabe eines mit dem Marburger Bund abzuschließenden Manteltarifvertrags zu eröffnen.

Mit Schreiben vom 6. Juli 2007 bat die Klägerin die Beklagte zu bestätigen, dass eine Beendigung der bei ihr bestehenden Versicherung für die Beschäftigten der Klägerin im ärztlichen Dienst, die einem mit dem Marburger Bund abzuschließenden Tarifvertrag unterfallen, weder zu einer Kündigung des Beteiligungsverhältnisses durch die Beklagte noch zu einer Gegenwertforderung gemäß §§ 22, 23 VBLS führe. Die Beklagte lehnte diese Bestätigung unter Berufung auf § 20 Abs. 1 Satz 3 VBLS und die Beteiligungsvereinbarung mit der Klägerin ab.

§ 20 Abs. 1 Satz 3 VBLS lautet:

In der Beteiligungsvereinbarung ist festzulegen, dass alle Beschäftigten zu versichern sind, die nach dem Tarifvertrag über die betriebliche Altersversorgung der Beschäftigten des öffentlichen Dienstes (Tarifvertrag Altersversorgung - ATV) zu versichern wären.

§ 1 der Beteiligungsvereinbarung der Parteien lautet:

Mit Wirkung vom 1. April 1985 ... sind alle an diesem Tage bei dem Beteiligten Beschäftigten und nach diesem Tage in das Beschäftigungsverhältnis bei ihm eintretenden Arbeitnehmer (einschließlich Auszubildende) bei der VBL zu versichern, die nach dem Tarifvertrag über die Versorgung der Arbeitnehmer des Bundes und der Länder sowie von Arbeitnehmern kommunaler Verwaltungen und Betriebe zu versichern wären.

Die nach der Weigerung der Beklagten, die erbetene Bestätigung zu erteilen, erhobene Feststellungsklage der Klägerin wurde vom Landgericht als unzulässig abgewiesen.

In der Berufungsinstanz hat die Klägerin die Feststellung begehrt,

dass jegliche Abmeldung bzw. Nichtanmeldung von Beschäftigten in Erfüllung einer Pflicht zur Versicherung dieser Beschäftigten bei einer anderen Versorgungseinrichtung, die durch einen noch abzuschließenden Tarifvertrag begründet wird, keinen Verstoß gegen die Beteiligungsvereinbarung oder § 20 Abs. 1 Satz 3 VBLS darstellt;

hilfsweise,

dass die Beklagte in einem solchen Fall nicht zur Kündigung der Beteiligungsvereinbarung berechtigt ist.

Das Berufungsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision der Klägerin, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt.

Entscheidungsgründe

A. Das Berufungsgericht hat die Feststellungsklage als zulässig, aber unbegründet angesehen. Dazu hat es ausgeführt:

Nach § 1 der Beteiligungsvereinbarung und § 20 Abs. 1 Satz 3 VBLS bestehe eine Pflicht der Klägerin, auch solche Beschäftigte bei der Beklagten zu versichern, auf die der ATV nicht anwendbar sei, für die aber bei dessen unterstellter Geltung eine Versicherungspflicht bestünde. Auf einen Ausnahmetatbestand von der Versicherungspflicht könne sich die Klägerin nicht berufen, weil sie sich nicht gegen die Versicherungspflicht wende, sondern lediglich bei fortbestehender Versicherungspflicht eine alternative Versorgungsmöglichkeit bereitstellen wolle. Diese Auslegung von Beteiligungsvereinbarung und VBLS verstoße nicht gegen Art. 9 Abs. 3 GG . Denn es stehe der Klägerin frei, ihre Beteiligung bei der Beklagten zu kündigen, sofern sie einen angemessenen Gegenwert für die Versorgungslasten zahle, die nach ihrem Ausscheiden für Beschäftigte der Klägerin bei der Beklagten verblieben. Die Verpflichtung zur Versicherung aller Beschäftigten bei der Beklagten nach § 1 der Beteiligungsvereinbarung verstoße auch nicht gegen Art. 101 , 102 AEUV , da die Beklagte kein Unternehmen im Sinne des Kartellrechts sei.

Der Hilfsantrag sei ebenfalls unbegründet. Die Beklagte sei zur fristlosen Kündigung der Beteiligungsvereinbarung berechtigt, wenn die Klägerin gegen ihre vertragliche Pflicht verstoße, alle ihre Beschäftigten bei der Beklagten zu versichern, die nach dem ATV zu versichern wären.

B. Die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision der Klägerin hat keinen Erfolg. Die zulässige Klage ist unbegründet.

I. Wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat, bestehen gegen die Zulässigkeit des Feststellungsantrags und des dazu gestellten Hilfsantrags keine Bedenken. Die Klägerin begehrt die Beseitigung einer Rechtsunsicherheit, die hinsichtlich ihrer Pflichten aus dem Beteiligungsverhältnis bei der Beklagten besteht, nämlich ob es einen Verstoß gegen die Beteiligungsvereinbarung oder gegen § 20 Abs. 1 Satz 3 VBLS darstellt, wenn sie Beschäftigte in Erfüllung einer Versicherungspflicht bei einer anderen Versorgungseinrichtung, die durch einen noch abzuschließenden Tarifvertrag begründet wird, bei der Beklagten abmeldet oder nicht anmeldet. Auf den noch unbekannten genauen Inhalt dieses Tarifvertrags kommt es für diesen Antrag nicht an.

II. Das Berufungsgericht hat die Klage zu Recht als unbegründet abgewiesen.

1. Zutreffend hat das Berufungsgericht angenommen, dass die Abmeldung vorhandener und die Nichtanmeldung neuer Beschäftigter zur betrieblichen Altersversorgung bei der Beklagten auch dann einen Vertragsverstoß der Klägerin darstellt, wenn diese einen Tarifvertrag abschließt, der sie zu einem solchen Verhalten verpflichtet.

a) Nach § 1 der Beteiligungsvereinbarung, der § 20 Abs. 1 Satz 3 VBLS umsetzt, ist die Klägerin verpflichtet, alle Arbeitnehmer bei der Beklagten zu versichern, die bei ihr zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Vereinbarung am 1. April 1985 beschäftigt waren oder später bei ihr eintreten und die nach dem ATV zu versichern wären. Das Berufungsgericht hat angenommen, der Gebrauch des Konjunktivs "wären" (statt "sind") mache deutlich, dass diese Bestimmung nicht nur eine ohnehin schon geltende tarifvertragliche Pflicht wiederhole. Die Versicherungspflicht bei der Beklagten gelte vielmehr danach auch für solche Beschäftigte, auf die der ATV nicht anwendbar sei, die aber bei dessen unterstellter Geltung unter die Versicherungspflicht fielen und davon nicht nach den Regelungen des ATV ausgenommen wären.

Diese Auslegung hält rechtlicher Nachprüfung stand (vgl. Weiß/Schneider in Gilbert/Hesse, Die Versorgung der Beschäftigten des öffentlichen Dienstes, Stand Dez. 2003, § 20 Rn. 2). Entgegen der Ansicht der Revision ist sie nicht deshalb fehlerhaft, weil sie der Beklagten eine Gestaltungsmacht einräumt, die ihr nicht zusteht. Es steht der Beklagten grundsätzlich frei, gegenüber ihren Beteiligten den Kreis der Beschäftigten festzulegen, die in die von ihr angebotene Gruppenversicherung einzubeziehen sind und die über die Einbeziehung in die Berechnung der Umlagen zur Finanzierung der Leistungen der Beklagten beitragen. Die Beklagte ist insbesondere nicht verpflichtet, die bei ihr bestehende Versicherungspflicht auf diejenigen Beschäftigten der Beteiligten zu beschränken, für die tatsächlich der ATV gilt.

b) Für die Zulässigkeit des Vorhabens der Klägerin, dem ärztlichen Personal über einen Tarifvertrag mit dem Marburger Bund eine Versorgungsalternative bereitzustellen, ohne die Beteiligung bei der Beklagten zu kündigen, beruft sich die Revision vergeblich auf die Regelungen des § 2 Abs. 3 ATV und des § 26 Abs. 1 Satz 1 Buchst. c VBLS.

aa) § 2 Abs. 3 ATV verweist für Ausnahmen von der Versicherungspflicht auf die Anlage 2 zum ATV, deren Nr. 3 folgenden Wortlaut hat:

Von der Pflicht zur Versicherung sind Beschäftigte ausgenommen, die ...

3. aufgrund Tarifvertrags, ... von der Versicherungspflicht befreit worden sind, ...

Eine wortgleiche Regelung enthält § 28 Abs. 2 VBLS in Verbindung mit Satz 1 Ziffer 3 der Ausführungsbestimmungen zu dieser Vorschrift.

Für die Auslegung dieser Bestimmungen ist das Verständnis eines durchschnittlichen Beteiligten der Beklagten maßgeblich (vgl. BGH, Urteil vom 10. Oktober 2012 - IV ZR 10/11, BGHZ 195, 93 Rn. 40; Urteil vom 23. Juni 1993 - IV ZR 135/92, BGHZ 123, 83 , 85). Es kann dahinstehen, ob danach - wie das Berufungsgericht meint - die Ausnahme nur Fälle erfasst, in denen auf ausdrücklichen Antrag des nach dem Tarifvertrag dem Grunde nach zu versichernden Arbeitnehmers eine Befreiung von der Versicherungspflicht ausgesprochen werden konnte bzw. kann (in diesem Sinne Kiefer/Langenbrinck/Kulok, Betriebliche Altersversorgung im öffentlichen Dienst, Stand Juli 2013, § 2 ATV Rn. 20). Denn Anlage 2 Nr. 3 zum ATV und die gleichlautende Satzungsregelung sind im Streitfall schon nicht anwendbar, weil die Beschäftigten, die nach Absicht der Klägerin nicht mehr bei der Beklagten versichert werden sollen, nicht von der Versicherungspflicht befreit, sondern zwingend anderweitig versichert werden sollen. Der noch abzuschließende Tarifvertrag soll eine Pflicht zur Versicherung dieser Beschäftigten bei einer anderen Versorgungseinrichtung begründen, sofern sich diese Beschäftigten nicht für die Beibehaltung ihrer Zusatzversorgung bei der Beklagten entscheiden.

Vergeblich macht die Revision gegen dieses Verständnis geltend, aus dem Sachzusammenhang der Ausnahmeregelung ergebe sich, dass mit Befreiung von der Versicherungspflicht allein die Pflicht zur Versicherung bei der Beklagten gemeint sei, von der dann aufgrund einer in einem anderen Tarifvertrag bereitgestellten Versorgungsmöglichkeit befreit werden könnte. Wie das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat, ist die Ausnahmeregelung der Anlage 2 Nr. 3 im Zusammenhang mit der Umlagefinanzierung der Leistungen der Beklagten zu sehen, deren Absicherung die in § 20 Abs. 1 Satz 3 VBLS vorgesehene, umfassende Versicherungspflicht dient (vgl. Weiß/Schneider in Gilbert/Hesse, aaO § 20 Rn. 2). Die Beteiligten haben einen bestimmten Prozentsatz aus den Entgelten ihrer zu versichernden Arbeitnehmer als Umlage zu entrichten (§ 64 Abs. 1 VBLS). Der Umlagesatz ist einheitlich; Risikozuschläge werden nicht erhoben. Dieses solidarische Finanzierungssystem wäre erheblich gefährdet, wenn etwa Arbeitnehmer, deren Risiko versicherungstechnisch günstig bewertet wird oder für die besonders hohe Umlagen zu entrichten sind, durch Haustarifverträge für bestimmte Beschäftigungsgruppen von der Versicherungspflicht ausgenommen werden könnten.

Die von der Revision vertretene Auslegung würde zu dem unangemessenen, widersprüchlichen Ergebnis führen, dass § 20 Abs. 1 Satz 3 VBLS zwar zunächst eine Versicherungspflicht für alle Beschäftigten vorsähe, die bei Geltung des ATV zu versichern wären, § 28 Abs. 2 VBLS diese aber sogleich wieder entfallen ließe, sobald und soweit ein Beteiligter seinen Beschäftigten durch einen Haustarifvertrag eine andere Zusatzversorgung ermöglichte.

bb) Wie das Berufungsgericht weiter zu Recht angenommen hat, ergibt sich auch aus § 26 Abs. 1 Satz 1 Buchst. c VBLS nicht, dass die von dem geplanten Haustarifvertrag erfassten Beschäftigten von der Versicherungspflicht aus der Beteiligungsvereinbarung befreit wären.

Nach dieser Vorschrift setzt die Pflicht zur Versicherung eines Beschäftigten bei der Klägerin unter anderem voraus, dass die Versicherungspflicht aufgrund eines Tarifvertrags oder - wenn keine Tarifgebundenheit gegeben ist - aufgrund eines arbeitsvertraglich in Bezug genommenen Tarifvertrags besteht. Wie im Fall der Nr. 3 der Anlage 2 zu § 2 Abs. 3 ATV kommt es auch in diesem Zusammenhang allein darauf an, ob für den Beschäftigten überhaupt nach (irgend) einem Tarifvertrag eine Pflicht zur Versicherung besteht. Wie das Berufungsgericht zutreffend bemerkt, besteht eine solche Pflicht zur Versicherung der Beschäftigten in einer betrieblichen Zusatzversorgung auch im Anwendungsbereich des von der Klägerin angestrebten Haustarifvertrags, wenn auch nicht zwingend bei der Beklagten. Dieses Auslegungsergebnis ergibt sich zudem hier ebenso wie bei der Anlage 2 Nr. 3 zu § 2 Abs. 3 ATV auch aus systematischen und teleologischen Gründen im Hinblick auf die Gewährleistung der Umlagefinanzierung der Beklagten.

c) Eine Befugnis der Klägerin, nur mit ihrem ärztlichen Personal das Versorgungssystem der Beklagten zu verlassen, ergibt sich entgegen ihrem Vortrag in der Revisionsverhandlung auch weder aufgrund einer ergänzenden Vertragsauslegung noch unter dem Aspekt eines Wegfalls der Geschäftsgrundlage. Die Klägerin will eine von den Parteien unbedachte und unerwartete, wesentliche Änderung der Sachlage in dem Erstarken von Spartengewerkschaften wie des Marburger Bunds nach dem Ende der Tarifeinheit erkennen. Solche Veränderungen betreffen im Verhältnis der Parteien aber allein die Risikosphäre der Klägerin. Die Klägerin hat sich darauf wie alle anderen Arbeitgeber einzustellen. Die Beteiligung der Klägerin bei der Beklagten als Zusatzversorgungseinrichtung für grundsätzlich alle Mitarbeiter verliert durch eine wachsende Bedeutung der Spartengewerkschaften auch nicht ihren Sinn. Weder die Finanzierung noch die Leistungen der Beklagten sind dadurch betroffen. Die Klägerin gerät durch diese Veränderungen ferner nicht in eine unverschuldete Pflichtenkollision, die nur durch ergänzende Vertragsauslegung oder Vertragsanpassung aufzulösen wäre. Denn Alterstarifverträge, die mit den für sie als Beteiligte der Beklagten geltenden Regelungen unvereinbar wären, hat sie bisher weder mit dem Marburger Bund noch mit der Gewerkschaft ver.di abgeschlossen. Sie ist auch nicht gezwungen, solche Verträge abzuschließen.

2. Die Einbeziehung der von dem geplanten Haustarifvertrag erfassten Beschäftigten in die Versicherungspflicht bei der Beklagten ist mit der durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützten negativen Koalitionsfreiheit vereinbar. Die Revision macht ohne Erfolg geltend, durch die beanstandete Auslegung werde der Klägerin der Abschluss eines Tarifvertrags mit dem Marburger Bund zwar nicht rechtlich, wohl aber faktisch unmöglich gemacht. Denn sie sei gezwungen, auch solche Arbeitnehmer bei der Beklagten zu versichern und versichert zu lassen, die aufgrund des geplanten Tarifvertrags mit dem Marburger Bund bei einer anderen Versorgungseinrichtung versichert werden müssten.

a) Anders als die Klägerin meint, wird durch § 20 Abs. 1 Satz 3 VBLS und § 1 der Beteiligungsvereinbarung die durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützte negative Koalitionsfreiheit nicht berührt. Die Koalitionsfreiheit umfasst als individuelles Freiheitsrecht auch das Recht des Einzelnen, einer Koalition fernzubleiben oder aus ihr auszutreten (vgl. BVerfG (Kammer), DB 2000, 1772 ; BVerfGE 116, 202 , 218). Der Klägerin steht es indes frei, ihre Mitgliedschaft bei der Beklagten gegen Zahlung eines angemessenen Gegenwerts für die bei der Beklagten verbleibenden Versorgungslasten insgesamt zu beenden (vgl. § 22 Abs. 1, § 23 Abs. 2 VBLS).

An einer Kündigung ihrer Beteiligung bei der Beklagten ist die Klägerin insbesondere nicht durch einen mit der Gewerkschaft ver.di abgeschlossenen Haustarifvertrag gehindert. Nach den vom Berufungsgericht in Bezug genommenen Feststellungen des Landgerichts trat zwischen der Gewerkschaft ver.di und der D. AG, der damaligen Muttergesellschaft der Klägerin, zum

1.Januar 2007 ein Manteltarifvertrag in Kraft, der in § 26 eine zusätzliche Alters- und Hinterbliebenenversorgung vorsieht. Deren Ausgestaltung soll indes in einem noch zu vereinbarenden gesonderten Tarifvertrag geregelt werden, der bis heute nicht abgeschlossen wurde. Entgegen dem Vortrag der Klägerin besteht danach für sie keine tarifvertragliche Verpflichtung, die Zusatzversorgung für die nichtärztlichen Beschäftigten konkret bei der Beklagten aufrechtzuerhalten.

b) Die Klägerin macht auch nicht geltend, dass ihr der Austritt aus der Beklagten - etwa durch deren Gegenwertregelung - unzumutbar erschwert wird. Im Gegenteil geht es ihr gerade darum, ihre Mitgliedschaft fortzusetzen, aber ihrem ärztlichen Personal aufgrund eines zusätzlichen Haustarifvertrags eine anderweitige Zusatzversorgung anzubieten. Die Klägerin will also ihre Mitgliedschaft zu anderen als den von der Beklagten angebotenen Bedingungen fortführen, nämlich künftig nur noch einen Teil und nicht mehr grundsätzlich alle Beschäftigten bei der Beklagten versichern. Damit begehrt sie ein verändertes Leistungsangebot der Beklagten. Die Koalitionsfreiheit als individuelles Freiheitsrecht ist jedoch von vornherein nicht darauf gerichtet, Ansprüche des Einzelnen gegen eine Koalition auf veränderte, neue Leistungen oder bestimmte, bisher von ihr nicht angebotene Bedingungen einer Leistungserbringung zu begründen.

b) Die Klägerin macht auch nicht geltend, dass ihr der Austritt aus der Beklagten - etwa durch deren Gegenwertregelung - unzumutbar erschwert wird. Im Gegenteil geht es ihr gerade darum, ihre Mitgliedschaft fortzusetzen, aber ihrem ärztlichen Personal aufgrund eines zusätzlichen Haustarifvertrags eine anderweitige Zusatzversorgung anzubieten. Die Klägerin will also ihre Mitgliedschaft zu anderen als den von der Beklagten angebotenen Bedingungen fortführen, nämlich künftig nur noch einen Teil und nicht mehr grundsätzlich alle Beschäftigten bei der Beklagten versichern. Damit begehrt sie ein verändertes Leistungsangebot der Beklagten. Die Koalitionsfreiheit als individuelles Freiheitsrecht ist jedoch von vornherein nicht darauf gerichtet, Ansprüche des Einzelnen gegen eine Koalition auf veränderte, neue Leistungen oder bestimmte, bisher von ihr nicht angebotene Bedingungen einer Leistungserbringung zu begründen.

c) Da es schon an einem Eingriff in die von Art. 9 Abs. 3 GG gewährleistete negative Koalitionsfreiheit fehlt, kommt es auf die weiteren in diesem Zusammenhang vom Berufungsgericht und der Klägerin angestellten Erwägungen nicht an.

3. Die für die Klägerin als Beteiligte der Zusatzversorgung der Beklagten bestehende Pflicht, alle Beschäftigten bei der Beklagten zu versichern, die nach dem ATV zu versichern wären, verstößt auch nicht gegen Art. 101 , 102 AEUV oder § 19 Abs. 2 Nr. 1 GWB .

a) Das Berufungsgericht hat angenommen, die Beklagte sei kein Unternehmen im Sinne des europäischen Kartellrechts und damit auch nicht Normadressatin der Art. 101 , 102 AEUV . Das hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand.

Der Bundesgerichtshof hat nach der Verkündung des Berufungsurteils entschieden, dass die Beklagte im Zusammenhang mit der Berechnung von Gegenwertansprüchen gegen frühere Beteiligte ihrer Zusatzversorgung Unternehmen im Sinne des deutschen Kartellrechts ist (BGH, Urteil vom 6. November 2013 - KZR 58/11, BGHZ 199, 1 Rn. 38 - VBL-Gegenwert). Er hat dabei betont, dass diese Beurteilung mit der Auslegung des Unternehmensbegriffs durch den Gerichtshof der Europäischen Union übereinstimmt (aaO Rn. 51, 53 bis 58). Sie gilt daher auch bei Anwendung der Art. 101 , 102 AEUV . Die Vorschrift des § 20 Abs. 1 Satz 3 VBLS ist ebenfalls eine Geschäftsbedingung für die von der Beklagten im Wettbewerb angebotene Versorgungsleistung, die wie im Fall "VBL-Gegenwert" kartellrechtlicher Kontrolle unterliegt.

Anders als in dem vom Senat am 12. November 2013 entschiedenen Fall handelt es sich vorliegend auch nicht um eine Satzungsregelung der Beklagten, die im Einzelnen auf tarifvertraglichen Regelungen beruht und bei der die Beklagte lediglich als Erfüllungsgehilfe der Tarifpartner handelt (vgl. BGH, Beschluss vom 12. November 2013 - KZR 19/12, [...]).

Die Vorschrift des § 20 Abs. 1 Satz 3 VBLS ist keine inhaltlich mit der tarifvertraglichen Regelung zum Geltungsbereich in § 1 ATV übereinstimmende Bestimmung. § 1 ATV erfasst nur diejenigen Beschäftigten eines Beteiligten der Beklagten, für die einer der in Anlage 1 zum ATV aufgeführten Tarifverträge des öffentlichen Dienstes gilt. Demgegenüber bestimmt § 20 Abs. 1 Satz 3 VBLS, dass alle Arbeitnehmer zu versichern sind, die nach dem ATV zu versichern wären, wenn sie und ihr Arbeitgeber unter den Geltungsbereich des ATV fallen würden. Dadurch wird der Anwendungsbereich von § 20 Abs. 1 Satz 3 VBLS gegenüber § 1 ATV - wie der vorliegende Fall zeigt - entscheidend erweitert. Diese Satzungsbestimmung wurde aufgenommen, um die Finanzierung der Leistungen der Beklagten sicherzustellen (vgl. Weiß/Schneider in Gilbert/Hesse, aaO § 20 Rn. 2). § 20 Abs. 1 Satz 3 VBLS ist somit eine originäre Satzungsregelung ohne tarifrechtlichen Ursprung (vgl. BGHZ 195, 93 Rn. 14 bis 24 zu § 23 VBLS).

b) Zur Frage der Marktbeherrschung sowie zu einem eventuellen Marktmachtmissbrauch durch die Beklagte hat das Berufungsgericht keine Feststellungen getroffen. Die Revision verweist insoweit auch auf keinen von der Klägerin in den Vorinstanzen gehaltenen Vortrag. Gleichwohl bedarf es keiner Zurückweisung der Sache an das Berufungsgericht zur Nachholung erforderlicher Feststellungen. Der Senat vermag vielmehr in der Sache selbst zu entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO ). Die in § 20 Abs. 1 Satz 3 VBLS und § 1 der Beteiligungsvereinbarung getroffene Regelung über die bei der Klägerin versicherungspflichtigen Beschäftigten der Beteiligten stellt selbst dann weder nach deutschem noch nach europäischem Kartellrecht einen Marktmachtmissbrauch dar, wenn zugunsten der Revision eine marktbeherrschende Stellung der Beklagten unterstellt wird.

aa) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist auch ein marktbeherrschendes Unternehmen nicht daran gehindert, seine geschäftliche Tätigkeit und seinen Absatz nach eigenem Ermessen so zu gestalten, wie es das für wirtschaftlich richtig und sinnvoll erachtet (vgl. etwa BGH, Urteil vom 17. März 1998 - KZR 30/96, WuW/E DE-R 134, 136 - Bahnhofsbuchhandel; Urteil vom 31. Januar 2012 - KZR 65/10, WuW/E DE-R 3549 Rn. 29). Es muss sich daher beim Angebot von Gruppenversicherungsverträgen grundsätzlich nicht darauf verweisen lassen, für Arbeitgeber eine Versicherung bereitzustellen, aus der bestimmte Beschäftigte - etwa solche mit hohem Einkommen oder geringen Risiken - ausgenommen sind.

bb) Besondere Umstände, die ungeachtet der Vertriebsgestaltungsfreiheit der Beklagten ein solches Verhalten als unbillige Behinderung der Klägerin erscheinen ließen, sind nicht ersichtlich. Die Beklagte missbraucht weder die Freiheit zur Gestaltung ihres Absatzsystems, noch führt ihr Verhalten zu einer Beschränkung des Wettbewerbs, die mit der auf Freiheit gerichteten Zielsetzung des Gesetzes unvereinbar ist (vgl. BGH, WuW/E DE-R 3549 Rn. 30).

(1) Die grundsätzlich umfassende Versicherungspflicht für alle Beschäftigten der Klägerin erweist sich insbesondere nicht deshalb als kartellrechtlich missbräuchlich, weil sie wie eine Gesamtbedarfsdeckungsklausel oder Alleinbezugspflicht wirkt.

(a) Die umfassende Versicherungspflicht ist zwar ein Wettbewerbsverbot im Sinne von Art. 1 Buchst. d) der Gruppenfreistellungsverordnung Nr. 330/2010 der Kommission für Vertikalvereinbarungen (Vertikal- GVO ), die gemäß § 2 Abs. 2 GWB bei der Anwendung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen entsprechend gilt. Denn die Verpflichtung, grundsätzlich alle Mitarbeiter bei der Beklagten zu versichern, veranlasst die Klägerin, keine entsprechenden Versicherungsdienstleistungen bei Wettbewerbern der Beklagten zu beziehen. Auch wenn die Klägerin rechtlich nicht daran gehindert ist, für ihre Mitarbeiter zusätzlich eine weitere Rentenversicherung bei einem anderen Anbieter abzuschließen, handelt es sich dabei doch kaum um eine realistische Möglichkeit. Das Beteiligungsverhältnis bei der Beklagten wird auch unbefristet, also für eine unbestimmte Dauer, eingegangen, so dass die umfassende Versicherungspflicht nach Art. 5 Abs. 1 Buchst. a) Vertikal- GVO nicht von der Gruppenfreistellung des Art. 2 Abs. 1 Vertikal- GVO erfasst wird.

(b) Eine Freistellung ist jedoch nur erforderlich, wenn eine Wettbewerbsbeschränkung im Sinne von Art. 101 Abs. 1 AEUV oder § 1 GWB vorliegt (vgl. Art. 2 Abs. 1 und Erwägungsgrund 4 Vertikal- GVO ; Kommission, Leitlinien für vertikale Beschränkungen, ABl. 2010 C 130/1, Rn. 132 ff., 144; Seeliger in Wiedemann, Handbuch des Kartellrechts, 2. Aufl., § 10 Rn. 59). Insoweit ist bereits fraglich, ob jederzeit mit kurzer Frist kündbare Verträge über den ausschließlichen Bezug bestimmter Dienstleistungen bei einem Anbieter überhaupt als Wettbewerbsbeschränkung anzusehen sind (verneinend OLG Düsseldorf, WuW/E DE-R 2947, 2951; Bechtold, GWB , 7. Aufl., § 1 Rn. 73). Jedenfalls ist das aber nicht der Fall, wenn aufgrund von Besonderheiten der in Rede stehenden Verträge mit ihnen keine erhebliche marktabschottende Wirkung verbunden ist (vgl. Zimmer in Immenga/Mestmäcker, GWB , 4. Aufl., § 1 Rn. 376 aE unter Hinweis auf EuGH, Urteil vom 7. Dezember 2000 - C-214/99, Slg. 2000, I-11121 Rn. 35 f. = WuW/E EU-R 381 - Neste). So liegt es - auch bei Berücksichtigung einer unterstellt marktbeherrschenden Stellung der Beklagten - hier.

Das Beteiligungsverhältnis bei der Beklagten kann gemäß § 22 Abs. 1 VBLS mit einer Frist von sechs Monaten zum Schluss jedes Kalenderjahres und damit - unter Berücksichtigung des Versorgungscharakters einer Zusatzrentenversicherung - kurzfristig gekündigt werden. Ob die Klägerin gemäß § 11 Abs. 3 , § 18 VVG weitergehend berechtigt wäre, ihre Beteiligung mit einer Frist von nur drei Monaten zum Schluss jedes Kalenderjahres zu kündigen, bedarf im Streitfall keiner Entscheidung (vgl. zur Anwendbarkeit des Versicherungsvertragsgesetzes auf die Zusatzversorgung der Beklagten BGH, Beschluss vom 9. März 1994 - IV ZR 283/92, VersR 1994, 711 ). Wie in dem vom Gerichtshof der Europäischen Union entschiedenen Fall (EuGH, WuW/E EU-R 381, Rn. 35 f. - Neste) bietet die jährliche Kündigungsmöglichkeit auch im Streitfall einen angemessenen Schutz der wirtschaftlichen und rechtlichen Belange beider Vertragsparteien; sie setzt der durch den Beteiligungsvertrag allenfalls hervorgerufenen Beschränkung des Wettbewerbs enge Grenzen. Bei Rentenversicherungen liegt - unabhängig von der Art ihrer Finanzierung - aus der Natur der Sache eine unbefristete Laufzeit zumindest nahe. Im Fall der Kapitaldeckung folgt regelmäßig auf eine längere Anspar- eine kürzere Auszahlungsphase. Bei einer Umlagefinanzierung erwirbt der versicherte Beschäftigte ebenfalls den Anspruch auf die Rente durch langfristige Zahlungen während des Arbeitslebens ("Generationenvertrag"). Bei solchen Rentenversicherungsverträgen liegt es eher fern, eine bestimmte, kürzere feste Laufzeit - etwa ein Jahr - mit jeweiliger Verlängerung um ein weiteres Jahr im Fall der Nichtkündigung vorzusehen (vgl. § 11 Abs. 1 VVG ). Die Kündigungsregelung bei der Beklagten ist unter diesen Umständen kartellrechtlich grundsätzlich nicht zu beanstanden (zur Frage der Teilkündigung vgl. u. Rn. 47 f.).

Soweit die bei der Beklagten bestehende umfassende Versicherungspflicht nicht wettbewerbsbeschränkend und deshalb mit § 1 GWB vereinbar ist, scheidet unter dem Aspekt der Ausschließlichkeitsbindung auch eine unbillige Behinderung der Klägerin nach § 19 GWB aus.

(2) Die Klägerin macht nicht substantiiert geltend, dass ihr ein Wechsel zu einer anderen Zusatzversorgungseinrichtung lediglich zu unzumutbaren Bedingungen möglich ist. Bei einem Wechsel hat sie insbesondere nur den angemessenen Gegenwert für die Versorgungslasten zu zahlen, die im Fall einer Beendigung der Beteiligung für ihre Mitarbeiter bei der Beklagten verbleiben (vgl. BGHZ 195, 93 Rn. 42 ff.). Für einen Konditionenmissbrauch der Beklagten besteht daher kein Anhaltspunkt.

(3) Eine unbillige Behinderung der Klägerin im Sinne von § 19 Abs. 2 Nr. 1 GWB kommt auch unter dem Aspekt der Beeinträchtigung ihrer Chancen im Wettbewerb mit anderen Kliniken nicht in Betracht. Die Klägerin hat dazu keinen substantiierten Vortrag gehalten. Insbesondere ist weder festgestellt noch sonst ersichtlich, dass sie ernsthafte wirtschaftliche Nachteile zu befürchten hätte, wenn ihr die Möglichkeit verschlossen bleibt, nur für das ärztliche Personal eine Zusatzversorgung über den Marburger Bund anzubieten und zugleich für die übrigen Beschäftigten eine Versorgung bei der Beklagten sicherzustellen.

(4) Ungeachtet der Frage seiner Anwendbarkeit im Streitfall (vgl. BGHZ 199, 1 Rn. 40 - VBL-Gegenwert) stellt auch das Unionsrecht keine schärferen Anforderungen an die kartellrechtliche Zulässigkeit der umfassenden Versicherungspflicht. Vielmehr entspricht das deutsche Kartellrecht im vorliegenden Zusammenhang vollständig dem Unionsrecht.

c) Die Frage, ob die Klägerin ihre Beteiligung bei der Beklagten gegen Zahlung des angemessenen anteiligen Gegenwerts für solche Beschäftigte (teil-)kündigen könnte, für die sie sich tarifvertraglich zum Angebot einer anderen Zusatzversorgung verpflichtet hat, ist nicht Streitgegenstand im vorliegenden Verfahren. Die Klägerin will ein fehlendes Kündigungsrecht der Beklagten für den Fall festgestellt wissen, dass sie bei bestehendem Beteiligungsverhältnis Beschäftigte anderweitig versichert, sie begehrt aber nicht die Feststellung, den Gruppenversicherungsvertrag bei der Beklagten allein für das ärztliche Personal kündigen zu dürfen. Die Klägerin hat auch weder eine Gegenwertzahlung angeboten, noch ist eine solche Zahlung von den gestellten Anträgen umfasst. Die Teilkündigung bei Zahlung eines angemessenen Gegenwerts stellt damit im Verhältnis zu dem hauptsächlich gestellten Feststellungsantrag kein Minus, sondern ein Aliud dar.

Im Übrigen gilt im Fall der Teilkündigung mit Gegenwertzahlung als Ausgangspunkt der Bewertung ebenfalls der Grundsatz, dass sich auch ein marktbeherrschendes Unternehmen beim Angebot von Gruppenversicherungsverträgen nicht darauf verweisen lassen muss, für Arbeitgeber eine Versicherung bereitzustellen, aus der bestimmte Beschäftigte - etwa solche mit hohem Einkommen oder geringen Risiken - ausgenommen sind.

4. Nach den vorstehenden Überlegungen hat die Zurückweisung des von der Klägerin gestellten Hilfsantrags durch das Berufungsgericht ebenfalls Bestand.

Verstößt die Klägerin durch anderweitige Versicherung des ärztlichen Personals gegen § 1 der Beteiligungsvereinbarung, so berechtigt dies die Beklagte zur fristlosen Kündigung nach § 22 Abs. 3 Satz 1 Buchst. d) VBLS. Denn im Hinblick auf die Bedeutung der Versicherungspflicht für das umlagefinanzierte Beitragssystem und die wirtschaftliche Bedeutung gerade des ärztlichen Personals in diesem Zusammenhang würde es sich dabei um einen gravierenden Pflichtverstoß handeln, der der Beklagten die Fortsetzung des Dauerschuldverhältnisses mit der Klägerin unzumutbar machen würde.

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO .

Von Rechts wegen

Verkündet am: 8. April 2014

Vorinstanz: OLG Karlsruhe, vom 25.07.2012 - Vorinstanzaktenzeichen 6 U 31/11
Vorinstanz: LG Mannheim, vom 18.01.2011 - Vorinstanzaktenzeichen 2 O 217/09
Fundstellen
DB 2014, 8
WM 2014, 1779
WRP 2014, 956