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BGH - Entscheidung vom 14.01.2014

X ZR 169/12

BGH, Urteil vom 14.01.2014 - Aktenzeichen X ZR 169/12

DRsp Nr. 2014/3788

Patentfähigkeit eines Verfahrens zum Fällen von Inhaltsstoffen aus Lösungen

Tenor

Die Berufung gegen das am 16. Oktober 2008 verkündete Urteil des 3. Senats (Nichtigkeitssenats) des Bundespatentgerichts wird auf Kosten der Klägerinnen zurückgewiesen. Die Klägerinnen haben auch die Kosten der Streithelferin zu tragen.

Tatbestand

Der Beklagte ist Masseverwalter der in Österreich ansässigen, in Konkurs gefallenen Schuldnerin. Diese ist Inhaberin des mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents 957 066 (Streitpatents), das am 24. März 1998 angemeldet worden ist. Das Streitpatent ist im März 2011 an die Streithelferin des Beklagten übertragen worden. Patentanspruch 1, auf den die weiteren 13 Patentansprüche zurückbezogen sind, lautet in der Verfahrenssprache wie folgt:

"Verfahren zum Fällen von Inhaltsstoffen aus Lösungen, wobei die Lösung mit mindestens einem Ionenaustauschermaterial in Kontakt gebracht wird, dadurch gekennzeichnet, dass das Ionenaustauschermaterial an seiner Oberfläche funktionelle Gruppen aufweist, die mit Gegenionen beladen sind, wobei die Fällung katalytisch, d.h. ohne einen Ionenaustausch des Gegenions mit Ionen aus der Lösung, bewirkt wird."

Die Klägerinnen haben das Streitpatent im Umfang der Ansprüche 1 und mehrerer Unteransprüche mit der Begründung angegriffen, der Gegenstand des Patents sei nicht patentfähig, nicht gewerblich anwendbar und nicht so deutlich und vollständig offenbart, dass ein Fachmann die beanspruchte Erfindung ausführen könne.

Das Patentgericht hat das Streitpatent unter Abweisung der weitergehenden Klage dadurch teilweise für nichtig erklärt, dass Patentanspruch 1 die nachfolgend wiedergegebene Fassung erhalten hat (Abweichungen hervorgehoben):

"Verfahren zum Fällen von Inhaltsstoffen aus Lösungen, wobei die Lösung mit mindestens einem Ionenaustauschermaterial in Kontakt gebracht wird, dadurch gekennzeichnet, dass ein schwachsaures Ionenaustauschermaterial an seiner Oberfläche funktionelle Gruppen aufweist, die vor dem Kontakt mit der Lösung mit Gegenionen beladen sind, wobei die Fällung katalytisch, d.h. ohne einen Ionenaustausch des Gegenions mit Ionen aus der Lösung, bewirkt wird."

Dagegen richtet sich die Berufung der Klägerinnen.

Nachdem das Berufungsverfahren durch die Eröffnung des Hauptinsolvenzverfahrens über das Vermögen der Schuldnerin unterbrochen worden ist und der Beklagte das parallel geführte Verletzungsverfahren aufgenommen, aber die Aufnahme des Nichtigkeitsverfahrens abgelehnt hatte, haben die Klägerinnen die Aufnahme des Rechtsstreits erklärt. Mit Zwischenurteil vom 23. April 2013 (BGHZ 197, 177 = GRUR 2013, 862 - Aufnahme des Patentnichtigkeitsverfahrens) hat der Senat ausgesprochen, dass der Rechtsstreit aufgenommen ist.

Der Beklagte und die Streithelferin treten dem Rechtsmittel entgegen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung bleibt ohne Erfolg.

I. Das Streitpatent betrifft ein Verfahren zum Fällen von Inhaltsstoffen aus wobei die Lösung mit mindestens einem Ionenaustauschermaterial in Kontakt gebracht wird.

1. In der Streitpatentschrift wird ausgeführt, dass sich störende ionische Lösungen,Wasserinhaltsstoffe entfernen lassen, indem man sie in die Form eines schwerlöslichen Salzes überführt und damit fällt. Solche Reaktionen lassen sich über den pH-Wert steuern. So können beispielsweise Ca2+-Ionen entfernt werden, indem man diese in relativ schwer lösliches Calciumcarbonat (Kalk) überführt und damit fällt. Nach der Darstellung in der Streitpatentschrift war es im Stand der Technik bekannt, den pH-Wert durch Zugabe von Laugen zu verschieben. Das führe zur Fällung von Ca2+-Ionen im Wasser als CaCO3. Als schwierig habe es sich dabei jedoch erwiesen, eine lokale Überdosierung zu vermeiden, die zur Fällung von an sich weniger löslichen Wasserinhaltsstoffen führe. Bekannt sei es auch, Ionenaustauschermaterialien zur Wasser- oder Abwasseraufbereitung zu verwenden. So würden etwa in Enthärtungsanlagen mittels Kationenaustauscher Ca2+-Ionen im Austausch gegen Na+ oder H+-Ionen gebunden. Als nachteilig sei dabei anzusehen, dass die aus dem Wasser entfernten Ionen an das Harz gebunden würden. Sei dessen Kapazität erschöpft, müsse es regeneriert werden, was etwa dadurch geschehe, dass die aufkonzentrierten Ionen aus dem Regenerat entfernt würden.

Das technische Problem besteht danach darin, ein Verfahren zum Entfernen von Inhaltsstoffen aus Lösungen anzugeben, bei dem die geschilderten Probleme vermieden werden.

2. Diese Aufgabe wird durch ein Verfahren gelöst, dessen Merkmale sich

wie folgt gliedern lassen (abweichende Merkmalsbezeichnung des Patentgerichts in Klammern):

1.

Verfahren zum Fällen von Inhaltsstoffen aus Lösungen (1);

2.

wobei die Lösung mit mindestens einem Ionenaustauschermaterial in Kontakt gebracht wird (2);

3.

das Ionenaustauschermaterial

a)

ist schwach sauer (3) und

b)

weist an seiner Oberfläche funktionelle Gruppen auf, die vor dem Kontakt mit der Lösung mit Gegenionen beladen werden (4 und 5);

4.

die Fällung wird katalytisch bewirkt, d.h. ohne einen Ionenaustausch des Gegenions mit Ionen aus der Lösung (6).

II. Das Patentgericht hat seine Entscheidung wie folgt begründet:

Der Gegenstand des Streitpatents in seiner zulässigerweise beschränkten

Fassung sei für einen Fachmann, einen Ingenieur der Verfahrenstechnik, Chemiker oder Physiker mit langjähriger Erfahrung in der Wasseraufbereitung, so deutlich und vollständig offenbart, dass er ihn ausführen könne. Die Auffassung der Klägerinnen, die Lehre sei nicht ausführbar, weil es sich nicht um ein katalytisches Verfahren handele, treffe nicht zu. Unter Katalyse sei hier die Erscheinung zu verstehen, dass die Geschwindigkeit einer chemischen Reaktion durch die Gegenwart eines Stoffes beeinflusst wird, der die Reaktion scheinbar unbeeinflusst überstehe. Danach sei nicht ausgeschlossen, dass bei dem beschriebenen Verfahren ein Austausch von Gegenionen, mit denen das Ionenaustauschermaterial beladen sei, durch die gleichen Gegenionen aus der Lösung erfolge, also etwa Ca2+-Ionen gegen Ca2+-Ionen ausgetauscht würden. Es könne auch nicht festgestellt werden, dass es an der technischen Brauchbarkeit fehle. Soweit die Klägerinnen das Funktionieren der Kalkfällung beim Einsatz eines teilweise mit Ca2+-Ionen beladenen Ionenaustauscher einräumten, die Funktionsweise aber anders erklärten, sei das für die Frage der technischen Brauchbarkeit oder Nacharbeitbarkeit nicht maßgeblich.

Der Gegenstand von Patentanspruch 1 in der vom Beklagten verteidigten Fassung sei neu. Die internationale Patentanmeldung WO 95/26931 (K1) offenbare weder die Beladung mit Gegenionen vor dem Einsatz noch eine katalytisch bewirkte Fällung der Inhaltsstoffe. Die deutsche Offenlegungsschrift 27 14 297 (K3) beschreibe ein Verfahren, bei dem der mit Calciumionen beladene, schwachsaure Ionenaustauscher mit Kohlendioxid regeneriert werde. Damit fehle es an der Offenbarung einer katalytisch bewirkten Fällung der Inhaltsstoffe. Der Prospekt "Lewatit® - Selective Ion Exchange Resins" (K5) beschreibe die Anwendung des dort beworbenen Materials zur Durchführung eines selektiven Ionenaustauschverfahrens, bei dem Schwermetallionen aus belastetem Grundwasser entfernt würden, und offenbare damit nicht ein Verfahren, bei dem die Fällung von Inhaltsstoffen ohne Austausch von Gegenionen mit Ionen aus der Lösung bewirkt werde.

Der Gegenstand des verteidigten Patentanspruchs 1 beruhe auch auf erfinderischer Tätigkeit. Die Entgegenhaltungen K1, K3 und K5 hätten die Lehre des Streitpatents weder je für sich noch in der Zusammenschau nahegelegt.

III. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung stand.

1. Die Auslegung des Anspruchs 1 des Streitpatents, die das Patentgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat, ist - entgegen der Auffassung der Klägerinnen - nicht zu beanstanden.

Der Senat stützt sich hierbei ergänzend auf die Ausführungen des vom Oberlandesgericht Düsseldorf im parallelen Verletzungsrechtsstreit eingeholten Gutachtens des Sachverständigen Prof. Dr. rer. nat. habil. E. W. , Professor für Hydrochemie an der Technischen Universität D. , das im Berufungsverfahren von beiden Parteien vorgelegt worden ist.

Das Verfahren zielt auf das Fällen von Inhaltsstoffen aus Lösungen. Unter Fällung versteht der vom Patentgericht zutreffend bestimmte Fachmann das Zusammentreten von in Wasser gelösten, entgegengesetzt geladenen Ionen (Gegenionen) zu einem neutralen, schwerlöslichen Feststoff, der als Fällprodukt bezeichnet wird (Gutachten S. 9). Entsprechend wird in Absatz 2 der Beschreibung des Streitpatents ausgeführt, störende ionische Wasserinhaltsstoffe könnten durch die Überführung in die Form eines schwerlöslichen Salzes oder Minerals gefällt werden.

Zur Durchführung des Verfahrens wird die Lösung mit mindestens einem Ionenaustauschermaterial in Kontakt gebracht. Unter einem Ionenaustauschermaterial versteht der Fachmann ein Material, das an seiner Oberfläche funktionelle Gruppen aufweist, die Bindungsplätze für Ionen bereitstellen. In der Beschreibung des Streitpatents wird geschildert, dass Ionenaustauschermaterialien in der Wasser- und Abwasseraufbereitung eingesetzt werden, um unerwünschte gegen erwünschte Ionen auszutauschen, wobei das Material regeneriert werden muss, wenn seine Kapazität erschöpft ist (Abs. 8). Die Verwendung eines Ionenaustauschermaterials für den Zweck einer Fällung ist unüblich. Unerwünschte ionische Inhaltsstoffe werden entweder durch Zuführung von Gegenionen gefällt oder aber dadurch aus der Lösung entfernt, dass ein Ionenaustauschermaterial gleichsinnig geladene Ionen zur Verfügung stellt, die in der Lösung an die Stelle der unerwünschten Ionen treten, während diese an die dadurch freigewordenen Bindungsplätze des Austauschermaterials gebunden werden (Gutachten S. 11, 12).

Entscheidend für das Verständnis des Gegenstands der Erfindung sind die Merkmale 3b und 4, die miteinander in Zusammenhang stehen.

Nach Merkmal 3b weist das Ionenaustauschermaterial funktionelle Gruppen auf, die vor dem Kontakt mit der Lösung mit Gegenionen beladen werden. Die Beladung mit Gegenionen ist erforderlich, um die Ladung der funktionellen Gruppen zu kompensieren und damit die notwendige Elektroneutralität zu gewährleisten. Sollen beispielsweise Kationen mithilfe eines Ionenaustauschermaterials aus der Lösung entfernt werden, muss dieses funktionelle Gruppen mit negativer Ladung bereitstellen. Zur Kompensation der negativen Ladung dient die Beladung mit Gegenionen, also positiv geladenen Ionen. Sie sollen beim Ionenaustauschprozess durch die unerwünschten, gleichsinnig geladenen Ionen aus der Lösung ersetzt werden.

Nach Merkmal 4 soll die Fällung indessen katalytisch, d.h. ohne einen Ionenaustausch von Gegenionen mit Ionen aus der Lösung bewirkt werden. Dieses Merkmal ist, anders als die Klägerinnen meinen, nicht bedeutungslos. Unter Katalyse ist, wie das Patentgericht zutreffend ausgeführt hat, die Erscheinung zu verstehen, dass die Geschwindigkeit einer chemischen Reaktion durch die Gegenwart eines Stoffes beeinflusst wird, der die Reaktion scheinbar unbeeinflusst übersteht. Durch dieses Merkmal wird die erfindungsgemäße Lehre gegenüber der üblichen Verwendung eines Ionenaustauschermaterials abgegrenzt, bei der ein Austausch der Gegenionen, mit denen das Material zunächst beladen ist, mit gleichsinnig geladenen Gegenionen eines anderen Elements erfolgt, was über kurz oder lang dazu führt, dass die Aufnahmekapazität des Ionenaustauschermaterials erschöpft ist und eine Regeneration erfolgen muss. Dass die Fällung katalytisch bewirkt wird, schließt dagegen nicht aus, dass ein Austausch von Gegenionen des gleichen Elements erfolgt, also etwa Ca2+-Ionen, mit denen das Ionenaustauschermaterial beladen ist, durch Ca2+-Ionen aus der Lösung ersetzt werden, so dass die Bruttobilanz des Prozesses unverändert bleibt (Gutachten S. 14).

Dem entspricht auch die Beschreibung des Streitpatents. Dort wird als erfindungsgemäße Ausführungsform ein Verfahren zur katalytischen Fällung von Kalk durch ein mit Ca2+-Ionen beladenes, schwachsaures Ionenaustauschermaterial beschrieben (Abs. 28-36). In Absatz 31 wird erläutert, dass die Erfindung keineswegs auf bekannte Ionenaustauschermaterialien beschränkt sei. Wesentlich sei vielmehr, dass Material verwendet werde, das aktive Gruppen tragen könne, die in der Lage seien, Ionen aus der Lösung aufzunehmen und dafür andere abzugeben.

Mit einer katalytischen Wirkung nach Merkmal 4 ist demnach nicht gemeint, dass die Fällung von Inhaltsstoffen ohne jeden Ionenaustausch von Gegenionen und Ionen aus der Lösung erfolgt. Das Merkmal besagt lediglich, dass kein Austausch von Gegenionen mit gleichsinnig geladenen Ionen eines anderen Elements stattfinden soll. Entsprechend bedarf es keiner Regeneration des Ionenaustauschermaterials, so dass der Nachteil vermieden wird, den das Streitpatent in Absatz 8 der Beschreibung an der herkömmlichen Verwendung von Ionenaustauschermaterial in der Wasser- und Abwasseraufbereitung kritisiert.

2. Die Klägerinnen wenden sich ohne Erfolg gegen die Auffassung des Patentgerichts, die Erfindung sei durch das Streitpatent so deutlich und vollständig offenbart, dass ein Fachmann sie ausführen könne.

a) Soweit ihr Vorbringen dahin zu verstehen ist, die angestrebte Fällung von Inhaltsstoffen werde nicht ohne jeden Ionenaustausch bewirkt, beruht es auf einem unzutreffenden Verständnis der Lehre des Streitpatents. Dieses schließt - wie ausgeführt - nicht aus, dass ein Austausch der Gegenionen, mit denen das Ionenaustauschermaterial beladen ist, mit Ionen des gleichen Elements aus der Lösung erfolgt.

b) Ohne Erfolg bleibt ferner der Hinweis der Klägerinnen darauf, dass nach den Feststellungen des Sachverständigen (Gutachten S. 11) nicht sicher sei, aber auch nicht ausgeschlossen werden könne, dass mit dem in Patentanspruch 1 beschriebenen Verfahren die erwünschte Fällungsreaktion zu erzielen sei. Lässt sich nicht feststellen, dass die Erfindung nicht ausreichend offenbart ist, geht dies zu Lasten der Klägerinnen (BGH, Urteil vom 19. Juni 1990 - X ZR 43/89, BlPMZ 1991, 159, 161 - Haftverband).

c) Soweit die Klägerinnen zunächst vorgebracht haben, es fehle an der technischen Brauchbarkeit der Erfindung, haben sie diesen Einwand nach Vorlage des Gutachtens des Sachverständigen Prof. Dr. W. nicht weiter verfolgt.

3. Das Patentgericht hat den Gegenstand von Patentanspruch 1 zu Recht als patentfähig angesehen.

a) Grundlage der Prüfung der Neuheit ist das Wissen, das der Stand der Technik am Prioritätstag dem Fachmann vermittelt. Grundsätzlich ist nur das vorweggenommen, was in der jeweiligen Entgegenhaltung eindeutig und unmittelbar offenbart ist. Die Beurteilung, ob der Gegenstand eines Patents durch eine Vorveröffentlichung neuheitsschädlich getroffen ist, erfordert dabei die Ermittlung von deren Gesamtinhalt (BGH, Urteil vom 16. Dezember 2008 - X ZR 89/07, BGHZ 179, 168 Rn. 25 - Olanzapin). Eine Vorveröffentlichung kann dem Fachmann auch solche Informationen über einen technischen Sachverhalt vermitteln, die nicht ausdrücklich dargestellt werden, die sich aber bei der Befolgung der in ihr enthaltenen Anweisungen zwangsläufig ergeben. So werden etwa durch die Beschreibung eines Verfahrens der Fachwelt auch die Kenntnisse zugänglich gemacht, die bei der Nacharbeitung zwangsläufig offenbar werden (BGH, Urteil vom 17. Januar 1980 - X ZB 4/79, BGHZ 76, 97, 105 f. - Terephthalsäure, s. auch EPA, Entscheidung der Technischen Beschwerdekammer vom 9. Februar 1982 - T 12/81, ABl. EPA 1982, 296, 301 f. Diastereomere).

b) Gegen die Auffassung des Patentgerichts, die Lehre des Patents sei durch die Entgegenhaltung K1 nicht vorweggenommen, erheben die Klägerinnen im Berufungsrechtszug keine Einwendungen. Auf die zutreffenden Ausführungen des Patentgerichts hierzu wird verwiesen. Die von ihnen zunächst vertretene Auffassung, der Gegenstand von Patentanspruch 1 in der verteidigten Fassung sei durch die K3 vollständig offenbart, haben die Klägerinnen im Berufungsrechtszug nicht weiter verfolgt.

c) Anders als die Klägerinnen meinen, nimmt K5 nicht sämtliche Merkmale des Gegenstands von Patentanspruch 1 vorweg. Ihre Annahme, bei einer Befolgung der in K5 enthaltenen Anweisungen werde notwendigerweise von dem Verfahren nach dem Streitpatent Gebrauch gemacht, trifft nicht zu. K5 offenbart zwar (S. 4) die Verwendung eines schwachsauren Ionenaustauschermaterials, das vor dem Kontakt mit den zu behandelnden Lösungen mit Ca2+-Ionen beladen wird. Der Entgegenhaltung lässt sich jedoch bereits nicht entnehmen, dass ein solches Material zum Fällen von Inhaltsstoffen aus Lösungen eingesetzt werden soll. Sie beschäftigt sich vielmehr allein mit der Entfernung unerwünschter Ionen aus Flüssigkeiten, etwa mit der Entfernung von Schwermetallionen aus Grundwasser oder Abwasser (S. 12). Damit fehlt es schon an einer Offenbarung des Merkmals 1. Ob eine Ausfällung von Kalk erfolgen könnte, wenn das in K5 beschriebene Material in einer mit Ca2+-Ionen übersättigten Lösung in Kontakt gebracht würde, ist entgegen der Auffassung der Klägerinnen unerheblich, denn darüber lässt sich K5 nichts entnehmen. K5 nennt als bevorzugtes Anwendungsgebiet für den Einsatz des dort beschriebenen Materials Lewatit TP 207 kalk-neutralisierte Abwässer, also Lösungen, in denen gerade keine Übersättigung vorliegt. Zudem ist Merkmal 4 nicht offenbart, denn K5 befasst sich nicht mit der katalytisch bewirkten Fällung von Inhaltsstoffen aus Lösungen, sondern beschreibt den Einsatz eines bestimmten Ionenaustauschermaterials für ein Verfahren zur Entfernung unerwünschter Ionen aus Wasser durch deren Bindung an dieses Material, also ein Verfahren, bei dem Ionen gegen gleichsinnig geladene Ionen eines anderen Elements ausgetauscht werden sollen. Die Auffassung der Klägerinnen, hierauf komme es nicht an, weil Merkmal 4 der Lehre des Anspruchs nichts hinzufüge, trifft - wie oben ausgeführt - nicht zu.

4. Das Patentgericht hat im Einzelnen dargelegt, dass die vorgelegten Entgegenhaltungen den Gegenstand von Patentanspruch 1 weder je für sich noch in ihrer Kombination nahegelegt haben. Auf diese zutreffenden Ausführungen, die von den Klägerinnen nicht angegriffen werden, wird verwiesen.

5. Damit erweist sich die Beurteilung des Patentgerichts, wonach der Gegenstand von Patentanspruch 1 vollständig und deutlich offenbart und patentfähig ist, als zutreffend. Die auf Patentanspruch 1 rückbezogenen Ansprüche haben gleichfalls Bestand.

IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 121 Abs. 2 PatG und §§ 97 Abs. 1 , 101 Abs. 2 ZPO .

Von Rechts wegen

Verkündet am: 14. Januar 2014

Vorinstanz: BPatG, vom 16.10.2008 - Vorinstanzaktenzeichen 3 Ni 30/06 (EU)