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BGH - Entscheidung vom 18.06.2014

IV ZR 282/13

Normen:
VVG § 169 Abs. 5 S. 2
VVG § 171 Abs. 1 S. 1
BGB § 307 Abs. 1 S. 2
BGB § 307 Abs. 2 Nr. 2

BGH, Beschluss vom 18.06.2014 - Aktenzeichen IV ZR 282/13

DRsp Nr. 2014/13705

Kündigung einer Kostenausgleichsvereinbarung hinsichtlich Zahlung von Beiträgen für eine fondsgebundene Rentenversicherung

Tenor

Der Senat beabsichtigt, die Revision des Beklagten gegen das Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Leipzig vom 4. Juli 2013 durch Beschluss nach § 552a ZPO zurückzuweisen.

Die Parteien erhalten Gelegenheit zur Stellungnahme binnen

vier Wochen.

Normenkette:

VVG § 169 Abs. 5 S. 2; VVG § 171 Abs. 1 S. 1; BGB § 307 Abs. 1 S. 2; BGB § 307 Abs. 2 Nr. 2 ;

Gründe

I. Die Klägerin fordert von dem Beklagten Zahlung aus einer Kostenausgleichsvereinbarung. Dieser macht widerklagend Rückzahlung der von ihm auf diese geleisteten Teilzahlungen geltend. Am 8. April 2010 stellte er einen "Antrag auf Fondsgebundene Rentenversicherung/Antrag auf Kostenausgleichsvereinbarung". Als monatlicher Beitrag für die Re ntenversicherung waren 100 € vorgesehen. In Abschnitt B ist hierzu unter der Rubrik "Vertragsdaten/Beitrag" vermerkt:

"In den ersten 48 Monaten wird der Monatsbeitrag um die Teilzahlungen für die Kostenausgleichsvereinbarung red uziert. Versicherungsdauer=Zeitraum bis zur ersten Rentenzahlung."

In dem die Kostenausgleichsvereinbarung betreffenden Abschnitt C findet sich folgender fettgedruckter Hinweis:

"Die Auflösung des Versicherungsvertrages führt grundsätzlich nicht zur Beendigung dieser Kostenausgleichsvereinbarung."

Weiter ist geregelt, dass die Tilgung der Abschluss- und Einrichtungskosten separat vom Versicherungsvertrag und nicht in Form einer Verrechnung der Kosten mit den Versicherungsbeiträgen erfolgt. Die Abschluss- und Einrichtungskosten sind mit einem Gesamtpreis von 3.460,80 € angegeben, zahlbar in 48 monatlichen Raten von 72,10 €. Als nominaler und effektiver Jahreszins ist 0% angegeben.

In Abschnitt E zur Beratungsdokumentation heißt es ferner:

"Ich habe verstanden, dass die Abschluss- und Einrichtungskosten separat vom Versicherungsvertrag getilgt werden. Diese Kosten sind auch im Falle einer Beitragsfreistellung oder Kündigung des Versicherungsvertrages zu tilgen."

Unmittelbar über dem Unterschriftsfeld für die Kostenausgleichsvereinbarung findet sich die vorformulierte Erklärung:

"Ich beantrage die unkündbare Kostenausgleichsvereinbarung gemäß dieses Antrages. ... Mir ist ebenfalls bekannt, dass ich die Kostenausgleichsvereinbarung nicht kündigen kann."

Ferner heißt es zum "Widerrufsrecht im Rahmen des Versicherungsvertrages":

"Sie können Ihre Vertragserklärung innerhalb von 30 Tagen ohne Angabe von Gründen in Textform (z.B. Brief, Telefax, E-Mail) gegenüber der P. , I. 56 in R. , L. , widerrufen. Die Frist beginnt nach Erhalt der Versicherungspolice, der Vertragsbestimmungen einschließlich der Versicherungsbedingungen, der weiteren Informationen nach § 7 Abs. 1 und 2 des Versicherungsvertragsgesetzes in Verbindung mit den §§ 1 bis 4 der VVG - Informationspflichtenverordnung und dieser Belehrung jeweils in Textform. Zur Wahrung der Widerrufsfrist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs. Widerrufsfolgen: Im Falle eines wirksamen Widerrufs endet der ggf. bereits bestehende Versicherungsschutz, und wir erstatten Ihnen unverzüglich, spätestens 30 Tage nach Zugang des Widerrufs, den Rückkaufswert nach § 169 Versicherungsvertragsgesetz , mindestens jedoch die bisher gezahlten Beiträge. Die Abschluss- und Einrichtungskosten des Versicherungsvertrages bezahlen Sie durch die ebenfalls mit uns geschlossene Kostenausgleichsvereinbarung. Die beiden Verträge bilden damit eine wirtschaftliche Einheit. Widerrufen Sie den Versicherungsvertrag wirksam, sind Sie daher auch an die Kostenausgleichsvereinbarung nicht mehr gebunden, die damit auch endet. Wenn Sie im Zeitpunkt des Widerrufs die Forderung aus der Kostenausgleichsvereinbarung bereits ganz oder teilweise beglichen haben, erstatten wir Ihnen den gezahlten Betrag."

Schließlich ist zum Widerrufsrecht im Rahmen der Kostenausgleichsvereinbarung bestimmt:

"Sie können Ihre Vertragserklärung innerhalb von 30 Tagen ohne Angabe von Gründen in Textform (z.B. Brief, Telefax, E-Mail) gegenüber der P. , I. 56 in R. , L. , widerrufen. Die Frist beginnt nach Erhalt der Vertragsurkunde der Kostenausgleichsvereinbarung, der Durchschrift des Antrages und dieser Belehrung in Textform. Zur Wahrung der Widerrufsfrist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs. Widerrufsfolgen: Mit der Kostenausgleichsvereinbarung bezahlen Sie die Abschluss- und Einrichtungskosten des ebenfalls mit uns geschlossenen Versicherungsvertrages. Die beiden Verträge bilden damit eine wirtschaftliche Einheit. Daher, und weil Ihnen in Bezug auf den Versicherungsvertrag ein Widerrufsrecht zusteht, ist dieser zu widerrufen, wobei ein wirksamer Widerruf neben dem Versicherungsschutz auch die Kostenausgleichsvereinbarung beendet. Widerrufen Sie dennoch die Kostenausgleichsvereinbarung, so gilt dies als Widerruf des Versicherungsvertrages, wobei ein wirksamer Widerruf neben dem Versicherungsschutz auch die Kostenausgleichsvereinbarung beendet. Bezüglich der weiteren Rechtsfolgen verweisen wir auf die oben stehenden Widerrufsfolgen in der Belehrung zum Widerrufsrecht im Rahmen des Versicherungsvertrages, die Sie bitte erneut zur Kenntnis nehmen."

Der Beklagte zahlte von Mai 2010 bis Juli 2011 monatlich je 100 € an die Klägerin. Hiervon entfallen auf die Kostenausgleichsvereinbarung 1.081,50 € (15 x 72,10 €). Ab August 2011 stellte er die Zahlungen ein. Auf eine Mahnung der Klägerin vom 19. September 2011 erklärte der Beklagte mit Schreiben vom 22. September 2011 mit sofortiger Wirkung die Löschung der Einzugsermächtigung sowie Aufhebung des Vertrages inklusive Kostenausgleichsvereinbarung wegen Falschberatung. Mit anwaltlichem Schreiben vom 23. Februar 2012 widerrief der Beklagte alle hinsichtlich der Kostenausgleichsvereinbarung sowie der Versicherungspolice abgegebenen Willenserklärungen. Die Klägerin hat mit der Klage Zahlung von 2.105,75 € nebst Zinsen und außergerichtlichen Kosten begehrt. Der Beklagte hat Widerklage erhoben, mit der er im Wesentlichen Rückzahlung der geleisteten 1.500 € verlangt.

Das Amtsgericht hat der Klage in Höhe von 149,20 € nebst anteiliger Zinsen und außergerichtlicher Kosten unter Abweisung der Klage im Übrigen und der Widerklage stattgegeben. Auf die wechselseitigen Berufungen der Parteien hat das Landgericht das erstinstanzliche Urteil teilweise abgeändert und den Beklagten unter Abweisung der Widerklage verurteilt, an die Klägerin 2.105,75 € nebst Zinsen und Kosten zu zahlen. Dagegen richtet sich die Revision des Beklagten, mit der er sein e Begehren auf Abweisung der Klage und Stattgabe der Widerklage weiterverfolgt.

II. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision i.S. von § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO liegen nicht mehr vor und das Rechtsmittel hat auch keine Aussicht auf Erfolg (§ 552a Satz 1 ZPO ).

1. Wie der Senat bereits in seinen Urteilen vom 12. März 2014 ausgeführt hat, verstößt die Kostenausgleichsvereinbarung nicht gegen § 169 Abs. 5 Satz 2, § 171 Satz 1 VVG ( IV ZR 295/13, VersR 2014, 567 Rn. 14-22; IV ZR 255/13, [...] Rn. 12-20). Auch eine Unwirksamkeit wegen fehlender Transparenz gemäß § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB kommt nicht in Betracht. Dem Versicherungsnehmer wird unmissverständlich vor Augen geführt, dass er die Kostenausgleichsvereinbarung nicht kündigen kann und nur der Widerruf seiner Vertragserklärung zu deren Beendigung führt, nicht dagegen eine Kündigung des Versicherungsvertrages oder der Kostenausgleichsvereinbarung selbst (Senatsurteil vom 12. März 2014 - IV ZR 295/13, VersR 2014, 567 Rn. 23-25).

2. Dem Beklagten stand allerdings das Recht zu, die Kostenausgleichsvereinbarung zu kündigen, da die in § 1 Abs. 3 und § 6 Abs. 2 der Bedingungen für die Kostenausgleichsvereinbarung festgelegte Unabhängigkeit der Kostenausgleichsvereinbarung von einer Auflösung oder Aufhebung des Versicherungsvertrages sowie der ausdrückliche Ausschluss des Kündigungsrechts in der vorgedruckten Formulierung im Antragsformular wegen unangemessener Benachteiligung des Versicherungsnehmers gemäß § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB unwirksam sind (Senatsurteile vom 12. März 2014 - IV ZR 295/13, VersR 2014, 567 Rn. 26-35; IV ZR 255/13, [...] Rn. 21-30).

Hierzu hat das Berufungsgericht ausgeführt, nach den Erörterungen im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 20. Juni 2013 sei davon auszugehen, dass der Beklagte weder die fondsgebundene Rentenversicherung noch die Kostenausgleichsvereinbarung gekündigt habe. Er berufe sich lediglich darauf, der Vertrag über die Kostenausgleichsvereinbarung sei durch die Widerrufserklärung vom 23. Februar 2012 beendet worden. Demzufolge könne der Beklagte sich ohnehin nicht mit Erfolg darauf berufen, in den Vertragsbedingungen zur Kostenausgleich svereinbarung sei ein Kündigungsrecht unzulässig ausgeschlossen worden. Diese Feststellungen des Berufungsgerichts sind revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Die Auslegung von Individualerklärungen obliegt grundsätzlich dem Tatrichter. Sie kann in der Revision nur darauf überprüft werden, ob der Auslegungsstoff vollständig berücksichtigt wurde, ob gesetzliche oder allgemein anerkannte Auslegungsregeln, Denkgesetze oder Erfahrungssätze verletzt wurden oder ob die Auslegung auf einem Verfahrensfehler beruht (BGH, Urteil vom 25. April 2013 - IX ZR 62/12, NJW 2013, 2429 Rn. 16). Ein derartiger Rechtsfehler liegt hier nicht vor. Das Berufungsgericht stellt vielmehr revisionsrechtlich bedenkenfrei darauf ab, dass sich der Beklagte lediglich auf die Vertragsbeendigung durch den erklärten Widerruf berufen und nicht einmal hilfsweise eine Kündigung geltend gemacht hat. Diese Auslegung der Erklärungen des Beklagten wird auch von der Revision nicht angegriffen. Sie stützt sich vielmehr ausschließlich auf die Unwirksamkeit der Kostenau sgleichsvereinbarung wegen Verstoßes gegen § 169 Abs. 5 Satz 2 VVG sowie auf einen wirksam erklärten Widerruf.

3. Der vom Beklagten mit Schriftsatz vom 23. Februar 2012 erklärte Widerruf der auf Abschluss des Versicherungsvertrages und der Kostenausgleichsvereinbarung gerichteten Willenserklärungen ist verfristet. Die Widerrufsbelehrungen zum Versicherungsvertrag und zur Kostenausgleichsvereinbarung sind weder aus inhaltlichen noch aus formalen Gründen zu beanstanden. Die Widerrufsbelehrungen im hier zu beurteilenden Fall entsprechen denjenigen, die der Senatsentscheidung vom 14. Mai 2014 ( IV ZA 5/14, [...]) zugrunde lagen. Insoweit wird auf die dortigen Ausführungen Rn. 12-19 verwiesen.

Die grundsätzliche Klärung entscheidungserheblicher Rechtsfragen erst nach Einlegung steht einer Revisionszurückweisung durch Beschluss schließlich nicht im Wege (Senatsbeschluss vom 23. Mai 2013 - IV ZR 185/12, [...] Rn. 7; BGH, Beschluss vom 20. Januar 2005 - I ZR 255/02, NJW-RR 2005, 650 unter II 1).

Hinweis: Das Revisionsverfahren wurde durch Zurückweisung der Revision beendet.

Vorinstanz: AG Eilenburg, vom 30.01.2013 - Vorinstanzaktenzeichen 8 C 879/12
Vorinstanz: LG Leipzig, vom 04.07.2013 - Vorinstanzaktenzeichen 3 S 91/13