Kontakt : 0221 / 93 70 18 - 0
Wir durchsuchen unsere Datenbank

BGH - Entscheidung vom 20.01.2014

AnwZ (Brfg) 51/12

Normen:
BRAO § 112c Abs. 1 S. 1
ZPO § 45 Abs. 1

BGH, Beschluss vom 20.01.2014 - Aktenzeichen AnwZ (Brfg) 51/12

DRsp Nr. 2014/3178

Erzwingung der Aufhebung einer Berufungszulassungsentscheidung im Wege der Richterablehnung

1. Die Aufhebung einer Zulassungsentscheidung ist in der Verwaltungsgerichtsordnung nicht vorgesehen; sie kann erst recht nicht im Wege der Richterablehnung erzwungen werden. 2. Beschlüsse über die Ablehnung von Gerichtspersonen können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.

Tenor

Der Antrag auf Ablehnung des Vorsitzenden Richters am Bundesgerichtshof Prof. Dr. K. , der Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. Kö. und Seiters und der Rechtsanwälte Prof. Dr. Q. und Dr. B. wird auf Kosten des Klägers als unzulässig verworfen.

Der als "Beschwerde" bezeichnete Rechtsbehelf gegen den Senatsbeschluss vom 25. September 2013 wird auf Kosten des Klägers als unzulässig verworfen.

Der als "Gegenvorstellung/Beschwerde" bezeichnete Rechtsbehelf gegen den Senatsbeschluss vom 25. März 2013 wird auf Kosten des Klägers als unzulässig verworfen.

Normenkette:

BRAO § 112c Abs. 1 S. 1; ZPO § 45 Abs. 1 ;

Gründe

I.

Mit Beschluss vom 25. März 2013 hat der Senat die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Anwaltsgerichtshofs Berlin vom 27. April 2012 zugelassen. Gegen diesen Beschluss hat der Kläger mit Schriftsatz vom 13. Mai 2013 "Gegenvorstellung/Beschwerde" erhoben. In dem genannten Schriftsatz heißt es unter anderem:

"Der Bundesgerichtshof lässt an keiner Stelle erkennen, warum für dieses Verfahren die Nichtzulassungsgründe ... vorliegen sollen. Vielmehr muss man aufgrund der Formulierung auf Seite 3 III des Beschlusses davon ausgehen, dass die unterzeichnenden Richter (es folgen die Namen) zu Gunsten der Antragsgegnerin voreingenommen waren. Sollte der Zulassungsbeschluss jedoch auf einer bloß flüchtigen Prüfung und nicht Voreingenommenheit beruhen, so wird um Aufhebung durch Selbstkorrektur auf diese Gegenvorstellung gebeten. Anderenfalls wird darum ersucht, dienstliche Erklärungen der vorgenannten Richter zur Frage ihrer Befangenheit vor einem Beschluss hierüber zur Kenntnisnahme und Stellungnahme hierher zu übermitteln."

Mit weiterem Schriftsatz vom 31. Juli 2013 hat der Kläger die Richter, die am Beschluss vom 25. März 2013 mitgewirkt hatten, "nochmals" wegen der Besorgnis der Befangenheit abgelehnt.

Mit Beschluss vom 25. September 2013, zugestellt am 27. November 2013, hat der Senat ohne Mitwirkung der abgelehnten Richter das Ablehnungsgesuch für unbegründet erklärt. Gegen diesen Beschluss hat der Kläger mit einem am 27. Dezember 2013 eingegangenen Schriftsatz "Beschwerde" eingelegt mit dem "Ziel, ein ordnungsgemäßes Ablehnungsverfahren durchzuführen". Auf Seite 2 dieses Schriftsatzes lehnt der Kläger die am Beschluss vom 25. September 2013 beteiligten, namentlich genannten Richter wegen der Besorgnis der Befangenheit ab.

II.

Die Zulassung der Berufung im Beschluss vom 25. März 2013 ist unanfechtbar und für den Senat bindend.

III.

Die Beschwerde gegen den Beschluss vom 25. September 2013, mit welchem das Ablehnungsgesuch zurückgewiesen worden ist, ist unzulässig. Beschlüsse über die Ablehnung von Gerichtspersonen können nicht mit der Beschwerde angefochten werden (§ 112c Abs. 1 Satz 1 BRAO , § 146 Abs. 2 VwGO ).

IV.

Das Ablehnungsgesuch gegen die am Beschluss vom 25. September 2013 beteiligten Richter ist offensichtlich unzulässig. Ein Richter kann wegen der Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen seine Unparteilichkeit zu rechtfertigen (§ 112c Abs. 1 Satz 1 BRAO , § 54 Abs. 1 VwGO , § 42 Abs. 2 ZPO ). Ausschließungsund Ablehnungsgründe beziehen sich auf die prozessrechtliche Fähigkeit des abgelehnten Richters, sein Amt in einem bestimmten Rechtsstreit mit Rücksicht auf seine persönlichen Verhältnisse zu einer der Parteien oder zu dem Streitgegenstand wahrnehmen zu können. Die Mitwirkung des Richters in einem konkreten Verfahren wird aus Gründen in Frage gestellt, welche in der Person des Richters liegen (vgl. BGH, Beschluss vom 13. November 2008 - IX ZB 231/07, NJW-RR 2009, 210 Rn. 10). Solche Gründe trägt der Kläger hier nicht vor.

1. Der Kläger meint, der Senat sei nicht berechtigt gewesen, "in eigener Angelegenheit" über das Ablehnungsgesuch zu entscheiden. Dies trifft nicht zu. Zur Entscheidung über ein Ablehnungsgesuch ist das Gericht zuständig, dem der abgelehnte Richter angehört, ohne dessen Mitwirkung (§ 112c Abs. 1 Satz 1 BRAO , § 54 Abs. 1 VwGO , § 45 Abs. 1 ZPO ). Die Ablehnung des Gerichts als Spruchkörper ist unzulässig und ist im Schriftsatz vom 31. Juli 2013 auch nicht beantragt worden.

2. Der Kläger beanstandet weiter, dass der Beschluss vom 25. September 2013 nur im Schriftsatz vom 31. Juli 2013 einen zulässigen Ablehnungsantrag gesehen hat. Auch hierin liegt kein zulässiger Ablehnungsgrund. Der Senat in der Besetzung, die zur Entscheidung über das Ablehnungsgesuch berufen war, hatte die Verfahrensanträge des Klägers auszulegen und zu bewerten. Das Ablehnungsverfahren dient - vom hier offensichtlich nicht gegebenen Ausnahmefall des Verstoßes gegen das Willkürverbot (Art. 3 Abs. 1 GG ) einmal abgesehen - nicht dazu, richterliche Entscheidungen auf ihre Richtigkeit zu überprüfen (MünchKommZPO/Gehrlein, 4. Aufl., § 42 Rn. 28 m.w.N.). Ein Ablehnungsgesuch kann nicht allein mit der Mitwirkung an einer Gerichtsentscheidung begründet werden (BFHE 226, 109, 111 f.).

3. Der Sache nach will der Kläger nicht erreichen, dass die abgelehnten Richter nicht über die Berufung der Beklagten entscheiden. Wie er auf Seite 2 seines Schriftsatzes vom 27. Dezember 2013 näher ausführt, hält er sein Ablehnungsgesuch vielmehr deshalb für begründet, weil der Beschluss vom 25. März 2013, mit welchem der Senat die Berufung der Beklagten zugelassen hat, nicht im Wege der "Selbstkorrektur" wieder aufgehoben worden ist. Damit verfolgt der Kläger verfahrensfremde Zwecke. Der Senat ist an die Zulassung gebunden. Die Aufhebung einer Zulassungsentscheidung ist in der Verwaltungsgerichtsordnung (vgl. § 112c Abs. 1 Satz 1 BRAO ) nicht vorgesehen; sie kann erst recht nicht im Wege der Richterablehnung erzwungen werden.

4. Im Falle eines offensichtlich unzulässigen oder sogar rechtsmissbräuchlichen Antrags kann der abgelehnte Richter abweichend von § 45 Abs. 1 ZPO selbst entscheiden (BFHE 226, 109, 111 f.; BVerfG NJW 2007, 3771 , 3772); die Wartepflicht (§ 47 Abs. 1 ZPO ) entfällt (MünchKommZPO/Gehrlein, 4. Aufl., § 47 Rn. 1; vgl. auch BGH, Beschluss vom 15. Juli 2004 - IX ZB 280/03, ZVI 2004, 753 , 754 [unter II 1 a]).

Vorinstanz: AGH Berlin, vom 27.04.2012 - Vorinstanzaktenzeichen II AGH 2/11