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BGH - Entscheidung vom 26.08.2014

2 StR 30/14

Normen:
StPO § 111i
StPO § 349 Abs. 2

Fundstellen:
NStZ-RR 2014, 373

BGH, Beschluss vom 26.08.2014 - Aktenzeichen 2 StR 30/14

DRsp Nr. 2014/15758

Aufhebung des Gesamtstrafenausspruchs als Ergebnis einer fehlerhaften Ablehnung eines Beweisantrags

Tenor

1.

Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Aachen vom 25. Juni 2013 im Fall II.6 der Urteilsgründe sowie im Gesamtstrafenausspruch aufgehoben.

2.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

3.

Die weitergehende Revision wird als unbegründet verworfen.

Normenkette:

StPO § 111i; StPO § 349 Abs. 2 ;

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gewerbsmäßiger Hehlerei in elf Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und neun Monaten verurteilt, zugleich eine Entscheidung nach § 111i StPO getroffen und den Angeklagten im Übrigen freigesprochen. Seine auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision hat mit einer Verfahrensrüge hinsichtlich des Falles II.6 der Urteilsgründe sowie im Gesamtstrafenausspruch Erfolg; im Übrigen ist sie aus den vom Generalbundesanwalt dargelegten Gründen offensichtlich unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO ).

I. Das Landgericht hat im Fall II.6 der Urteilsgründe folgende Feststellun

gen getroffen:

Der Angeklagte verschaffte sich zu einem Zeitpunkt nach dem 30. September 2011 einen von der Fa. B. GmbH in M. geleasten Porsche Panamera, der - wie ihm bekannt war - im Rahmen eines Einbruchsdiebstahls zuvor entwendet worden war. Er fuhr in die Türkei bis kurz vor die Grenze zu Syrien, wo er das Fahrzeug gewinnbringend weiterverkaufte. Im Rahmen einer Wohnungsdurchsuchung wurden zwei Vollmachten der Fa. B. GmbH gefunden, die den Angeklagten zur Nutzung des Fahrzeugs berechtigten. Das Landgericht ist davon ausgegangen, dass die Unterschriften unter den Vollmachten, die den Namen des Geschäftsführers W. der Fa. B. GmbH ausweisen, gefälscht seien. Sie ist insoweit der Aussage des in der Hauptverhandlung vernommenen Zeugen W. gefolgt, der angegeben hat, die Unterschrift auf der Vollmacht stamme nicht von ihm.

II. Der Verfahrensrüge des Angeklagten liegt folgendes Prozessgeschehen zugrunde:

1. Der Angeklagte beantragte am neunten Hauptverhandlungstag die Einholung eines Schriftvergleichsgutachtens zum Beweis der Tatsache, dass die Unterschriften auf den aufgefundenen Vollmachten und die von dem Zeugen W. unterschriebene Vernehmungsniederschrift von demselben Urheber stammen. Daraus ergebe sich, dass der Zeuge, der geleugnet habe, die Vollmachten unterschrieben zu haben, gelogen habe. Daraus folge, dass der Angeklagte entsprechend seiner Einlassung beauftragt worden sei, den Wagen in die Türkei zu überführen. Bei der Anzeige des Zeugen W. handele es sich um einen (Versicherungs-)Betrug.

2. Das Landgericht wies den Beweisantrag am folgenden Hauptverhandlungstag zurück. Die behaupteten Tatsachen seien aus tatsächlichen Gründen bedeutungslos. Hätte der Zeuge W. die Vollmachten selbst unterschrieben und das Fahrzeug selbst verwertet, um sodann dessen Abhandenkommen bei der Polizei anzuzeigen, hätte er nicht einen Versicherungsbetrug, wohl aber eine Unterschlagung sowie eine Untreue gegenüber der Eigentümerin des Fahrzeugs, der Porsche Services GmbH & Co. KG, sowie der Leasingnehmerin, der Fa. B. GmbH, begangen. Die Kammer könne ausschließen, dass diese Straftaten erst durch die Übergabe des Fahrzeugs an den Angeklagten, der das Fahrzeug nach seinen eigenen Angaben von einem jordanischen Autohändler erhalten habe, begangen worden seien.

3. Die Ablehnung des Beweisantrages hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand, weil die unter Beweis gestellten Tatsachen nicht ohne Bedeutung für die Entscheidung gewesen sind.

Hätte die Einholung des Sachverständigengutachtens - wie beantragt den Nachweis erbracht, dass die Unterschriften auf den Vollmachten von dem Zeugen W. stammen, wäre von einer ihm durch die Fa. B. GmbH erteilten Berechtigung des Angeklagten zur Nutzung des Porsche auszugehen gewesen. In diesem Fall gäbe es nicht - wie in der angefochtenen Entscheidung angenommen - einen Diebstahl des Kraftfahrzeugs (als Vortat einer Hehlerei), dafür aber zumindest eine Unterschlagung und eine Untreue gegenüber der Porsche Services GmbH & Co. KG, von der das Fahrzeug durch die Fa. B. GmbH geleast worden war. Dies aber wäre für die Entscheidung nur dann ohne Bedeutung, wenn dem Angeklagten auch hinsichtlich der in diesem Fall gegebenen Vortat vorsätzliches Handeln nachzuweisen wäre. Dies setzte im vorliegenden Fall voraus, dass dem Angeklagten bewusst gewesen sein müsste, dass das Fahrzeug nicht dem Zeugen W. oder der Fa. B. GmbH, sondern einer dritten Person gehörte, der gegenüber der Zeuge W. das Fahrzeug pflichtwidrig verwertet und dadurch Unterschlagung oder Untreue begangen haben könnte. Anhaltspunkte dafür aber lassen sich den Urteilsgründen nicht entnehmen. Auch soweit der Angeklagte behauptet hat, der Zeuge W. habe durch die Verwertung des Fahrzeugs und die anschließende Anzeige bei der Polizei einen Versicherungsbetrug begangen, belegt dies gerade nicht die Kenntnis des Angeklagten, das Fahrzeug habe einer dritten Person gehört, der gegenüber die genannten Straftaten begangen worden seien. Im Übrigen reichte die Vorstellung, der Vortäter habe als Eigentümer die Versicherung durch einen vorgetäuschten Diebstahl betrügen wollen, für ein vorsätzliches Handeln im Sinne von § 259 StGB nicht aus. Denn in diesem Fall stellte sich das zeitlich vor der betrügerischen Handlung gegenüber der Versicherung liegende Beiseiteschaffen als Tat nach § 265 StGB dar, die als Vortat nicht ausreicht (vgl. Fischer, StGB , 61. Aufl., § 259 , Rn. 3a).

Die fehlerhafte Ablehnung des Beweisantrags hat sich auch - wie schon dargelegt - auf das Urteil ausgewirkt. Es ist letztlich nicht auszuschließen, dass das Landgericht bei Einholung des Sachverständigengutachtens nicht wegen Hehlerei, sondern womöglich wegen Beihilfe zu einer Betrugstraftat verurteilt hätte.

4. Die Aufhebung des Schuldspruchs im Fall II.6 der Urteilsgründe zieht ohne Weiteres die Aufhebung des Gesamtstrafenausspruchs nach sich.

Fundstellen
NStZ-RR 2014, 373