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BFH - Entscheidung vom 01.10.2014

IX R 7/14

Normen:
§ 9 Abs 1 S 1 EStG 2009
§ 21 Abs 1 S 1 Nr 1 EStG 2009
§ 33 EStG 2009
VerkFlBerG
RVG
EStG VZ 2009
EStG § 9 Abs. 1 S. 1
EStG § 21 Abs. 1 S. 1 Nr. 1

BFH, Urteil vom 01.10.2014 - Aktenzeichen IX R 7/14

DRsp Nr. 2015/1292

Berücksichtigung von Prozesskosten zur Abwehr von Übertragungsansprüchen nach dem Verkehrsflächenbereinigungsgesetz als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung bzw. als außergewöhnliche Belastung

NV: Aufwendungen zur Abwehr von Übertragungsansprüchen nach dem Verkehrsflächenbereinigungsgesetz sind nicht als Werbungskosten abziehbar, wenn sie darauf gerichtet sind, die Zugehörigkeit eines der Einkünfteerzielung dienenden Wirtschaftsguts zum Vermögen des Steuerpflichtigen zu bewahren.

1. Prozesskosten zur Abwehr von Ansprüchen aus dem Verkehrsflächenbereinigungsgesetz kommen nicht als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung in Betracht, denn sie dienen zur Abwehr einer Gefahr für das künftig zur Einkünfteerzielung vorgesehene Vermögen und sind nicht durch die Verwendung der Grundstücke zur Einkünfteerzielung veranlasst. 2. Auch eine Berücksichtigung der Aufwendungen als außergewöhnliche Belastung kommt nicht in Betracht, soweit sie sich einem konkreten Gerichtsverfahren nicht zuordnen lassen.

Normenkette:

EStG § 9 Abs. 1 S. 1; EStG § 21 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ;

Gründe

I. Die Beteiligten streiten um die Berücksichtigung von Prozesskosten als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung sowie als außergewöhnliche Belastung.

Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind Eheleute. Der Kläger war Eigentümer zweier unbebauter Grundstücke im Beitrittsgebiet. Der Kläger beabsichtigte, die Grundstücke zu bebauen und zu Vermietungszwecken zu nutzen. Das Land X erhob im Jahr 2007 Klage gegen den Kläger, um den Erwerb des Grundstücks nach dem Verkehrsflächenbereinigungsgesetz durchzusetzen. Der Kläger ließ sich in dem Verfahren durch eine Rechtsanwaltskanzlei vertreten und schloss mit dieser eine Honorarvereinbarung ab. Mit Urteil vom ... Dezember 2007 wurde der Klage größtenteils stattgegeben. Die Berufung des Klägers hatte keinen Erfolg. Für das Gerichtsverfahren entstanden dem Kläger insgesamt Aufwendungen in Höhe von 48.099 €.

Die Kläger machten in ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 2009 die Aufwendungen als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geltend. Diese wurden vom Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt --FA--) im Einkommensteuerbescheid 2009 vom 16. Mai 2011 nicht als Werbungskosten berücksichtigt. Zur Begründung wurde angeführt, dass der Rechtsstreit nicht mit der Erzielung von Mieteinnahmen in Zusammenhang stehe. Das nachfolgende Einspruchsverfahren blieb insoweit erfolglos.

Das Finanzgericht (FG) wies die dagegen erhobene Klage teilweise ab. Eine Berücksichtigung der Prozesskosten als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung sei nicht möglich. Aufwendungen zur Abwehr von Übertragungsansprüchen nach dem Verkehrsflächenbereinigungsgesetz fehle der erforderliche Veranlassungszusammenhang mit der Einkünfteerzielung. Die Kosten gegen die seitens des Landes X erhobene Klage seien jedoch teilweise in Höhe von 14.854 € als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen. Insoweit lägen notwendige und angemessene Kosten für die Rechtsverteidigung des Klägers vor. Der übersteigende Teil der Aufwendungen könne nicht dem Zivilprozess vor dem Landgericht und dem Berufungsgericht zugeordnet werden. Zudem fehle insoweit für eine Berücksichtigung eines über den Gebührensätzen des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes liegenden Honorars die erforderliche Zwangsläufigkeit.

Mit ihrer Revision bringen die Kläger vor, die Aufwendungen zur Abwehr des Übertragungsanspruchs zugunsten des Landes X hätten in Veranlassungszusammenhang mit der Einkünfteerzielung gestanden und seien daher als Werbungskosten abziehbar. Denn der Kläger habe zwingend Eigentümer des Grundstücks bleiben müssen, um mit der Immobilie zukünftig Vermietungseinkünfte erzielen zu können. Eine diesen Veranlassungszusammenhang überlagernde andere Motivation sei nicht erkennbar. Die vom FG zur Begründung herangezogene Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 6. Oktober 2009 IX R 50/08 (BFH/NV 2010, 622 ) sei nicht einschlägig. Denn die Abwehr von Rückübertragungsansprüchen nach dem Vermögensgesetz und die Abwehr von Übertragungsansprüchen nach dem Verkehrsflächenbereinigungsgesetz seien nicht vergleichbar. Zudem sei auf der Grundlage des BFH-Urteils vom 20. Juni 2012 IX R 67/10 (BFHE 237, 368 , BStBl II 2013, 275 ) zu unterstellen, dass die Aufwendungen in Zusammenhang mit den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung gestanden hätten, zumal der Kläger unstreitig Vermietungsabsicht gehabt habe. Hinsichtlich der Berücksichtigung der Prozesskosten als außergewöhnliche Belastung sei anzuführen, dass nicht nur Kosten nach dem Vergütungsverzeichnis des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes , sondern auch Zeithonorare nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz abzugsfähig seien. Der erforderliche Rechtsrat sei zwangsläufig nur nach Abschluss einer Honorarvereinbarung zu erhalten gewesen.

Die Kläger beantragen,

das angefochtene Urteil des FG Bremen vom 12. Februar 2014 aufzuheben und den Einkommensteuerbescheid 2009 vom 16. Mai 2011 dahingehend zu ändern, dass die Einkommensteuer unter Berücksichtigung von Prozesskosten als Werbungskosten in Höhe von 48.099,99 € festgesetzt wird,

hilfsweise das angefochtene Urteil des FG Bremen vom 12. Februar 2014 aufzuheben und den Einkommensteuerbescheid 2009 vom 16. Mai 2011 dahingehend zu ändern, dass die Einkommensteuer unter Berücksichtigung von weiteren Prozesskosten als außergewöhnliche Belastung in Höhe von 33.245,78 € festgesetzt wird.

Das FA beantragt,

die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

II. Die Revision ist unbegründet und daher nach § 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung ( FGO ) zurückzuweisen.

Zu Recht hat das FG die streitigen Aufwendungen zur Abwehr von Übertragungsansprüchen nach dem Verkehrsflächenbereinigungsgesetz nicht als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zum Abzug zugelassen (1.). Auch eine weitergehende Berücksichtigung der Aufwendungen als außergewöhnliche Belastung über den bereits vom FG anerkannten Betrag kommt nicht in Betracht (2.).

1. Das FG hat zu Recht die streitigen Prozesskosten nicht als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zum Abzug zugelassen.

a) Werbungskosten sind nach § 9 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes ( EStG ) Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen. Dies gilt auch für sog. Abwehrkosten, soweit diese mit einer Einkunftsart, vorliegend den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung (§ 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG ), im wirtschaftlichen Zusammenhang stehen. Derartige Aufwendungen sind indes mangels eines Veranlassungszusammenhangs mit der Einkunftserzielung nicht als Werbungskosten i.S. von § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG abziehbar, wenn die Zugehörigkeit eines der Einkunftserzielung dienenden Wirtschaftsgutes zum Vermögen des Steuerpflichtigen bedroht ist. Denn in einem solchen Fall steht nicht die Absicht der Einkunftserzielung, sondern die Verhinderung der Beeinträchtigung des Vermögens des Steuerpflichtigen im Vordergrund (vgl. u.a. BFH-Urteile in BFH/NV 2010, 622 , m.w.N.; vom 19. Dezember 2000 IX R 13/97, BFHE 194, 172 , BStBl II 2001, 342 , unter II.2., und vom 11. Mai 1993 IX R 25/89, BFHE 171, 445 , BStBl II 1993, 751 , unter 2.c; von Beckerath in Kirchhof, EStG , 13. Aufl., § 9 Rz 27; a.A. FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 22. November 1977 IV 122/76, Entscheidungen der Finanzgerichte 1978, 164 ).

b) Danach stellen die streitigen Aufwendungen zur Abwehr des geltend gemachten Anspruchs aus dem Verkehrsflächenbereinigungsgesetz keine Werbungskosten des Klägers bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung dar. Denn nach den Feststellungen des FG wurden die Aufwendungen getätigt, um das Eigentum an dem Objekt zu bewahren. Sie dienten zur Abwehr einer Gefahr für das künftig zur Einkünfteerzielung vorgesehene Vermögen. Die Aufwendungen sind daher durch den geltend gemachten Anspruch und nicht durch die Verwendung der Grundstücke zur Einkünfteerzielung veranlasst. Auch wenn die Aufwendungen zugleich bewirkten, die Grundstücke künftig durch Vermietung und Verpachtung nutzen zu können, ist dies Folge und Ausprägung der Eigentümerstellung (§ 903 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ). Ein hinreichender wirtschaftlicher Zusammenhang der Zahlungen mit der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung lässt sich allein damit nicht begründen.

2. Eine weitergehende Berücksichtigung der Aufwendungen als außergewöhnliche Belastung kommt nicht in Betracht.

a) Der Senat kann dabei offen lassen, ob er der Auffassung des VI. Senats des BFH zur grundsätzlichen Abzugsfähigkeit von Zivilprozesskosten als außergewöhnliche Belastung (vgl. dazu BFH-Urteil vom 12. Mai 2011 VI R 42/10, BFHE 234, 30 , BStBl II 2011, 1015 ) folgt. Ebenso kann der Senat offen lassen, ob Zivilprozesskosten mangels Zwangsläufigkeit nicht als außergewöhnliche Belastung abziehbar sind, soweit der Steuerpflichtige mit seinem Prozessvertreter ein Honorar vereinbart, das über den nach der Zivilprozessordnung erstattungsfähigen Gebührensätzen des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes liegt (vgl. für Strafverteidigerkosten BFH-Urteil vom 18. Oktober 2007 VI R 42/04, BFHE 219, 197 , BStBl II 2008, 223 , unter B.I.3.b; Blümich/Heger, § 33 EStG Rz 236; Mellinghoff in Kirchhof, EStG , 13. Aufl., § 33 Rz 47c; Schmidt/Loschelder, EStG , 33. Aufl., § 33 Rz 35 "Prozesskosten"; krit. Danninger/Leidel/ Wobst, Kölner Schrift zum Wirtschaftsrecht 2013, 378, 385 f.).

b) Denn eine Berücksichtigung der Aufwendungen über den bereits anerkannten Betrag in Höhe von 14.854 € hinaus scheitert bereits daran, dass die Aufwendungen insoweit nicht den Zivilprozessen, an denen der Kläger beteiligt war, zugeordnet werden können. Denn nach den nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen und daher den BFH bindenden Feststellungen des FG (vgl. § 118 Abs. 2 FGO ) entfallen die Aufwendungen insoweit auf "anwaltliche Beratungsleistungen für den Zeitraum vom 1. Januar 2008 bis 13. Mai 2009" und lassen sich nicht einem konkreten Gerichtsverfahren zuordnen.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO .

Vorinstanz: FG Bremen, vom 12.02.2014 - Vorinstanzaktenzeichen 1 K 80/12