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BFH - Entscheidung vom 28.01.2014

VII R 10/12

Normen:
AO § 46 Abs. 3
AO § 46 Abs. 3

BFH, Urteil vom 28.01.2014 - Aktenzeichen VII R 10/12

DRsp Nr. 2014/7038

Anforderungen an die Form der Angaben zum Abtretungsgrund in der Abtretungsanzeige

Die vom Gesetz verlangten Angaben zum Abtretungsgrund können jedenfalls dann nicht durch Beifügung einer Anlage zu der vorgeschriebenen Abtretungsanzeige gemacht werden, wenn es auf dem amtlichen Vordruck an jeder Bezugnahme auf eine solche Unterlage fehlt.

Normenkette:

AO § 46 Abs. 3 ;

Gründe

I.

Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) berühmen sich gegenüber dem Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt --FA--) aus abgetretenem Recht eines Anspruchs auf einen Teil der vom FA zu Gunsten der durch den Beigeladenen am Verfahren beteiligten X-GmbH (GmbH) festgesetzten Investitionszulagen 1999 und 2000 nebst Zinsansprüchen. Diese hat ihre damals noch rechtshängigen Ansprüche gegen das FA angeblich im Januar 2004 den Klägern abgetreten. Eine entsprechende Abtretungsanzeige nach amtlichem Vordruck ist am 1. Juni 2004 beim FA eingegangen. Der Grund der Abtretung war auf dem Vordruck nicht angegeben. Jedoch behaupten die Kläger, der Anzeige sei die Abtretungsvereinbarung beigefügt gewesen.

Das FA hielt die Abtretung für unwirksam und hat hierüber 2008 den angefochtenen Abrechnungsbescheid erlassen. Es hat den strittigen Betrag unter Verzicht auf das Recht der Rücknahme beim Amtsgericht hinterlegt.

Das nach erfolglosem Einspruchsverfahren angerufene Finanzgericht (FG) hat die Klage abgewiesen. Es urteilte, es sei nicht zu erkennen, dass der Abtretungsanzeige die Abtretungsvereinbarung beigeheftet gewesen sei. Die Aussage des dazu als Zeugen vernommenen seinerzeitigen Geschäftsführers der GmbH (im Folgenden: K) habe den Senat davon nicht überzeugt; der Zeuge habe insgesamt keinen glaubwürdigen Eindruck gemacht. Es habe auch keine Verpflichtung des FA bestanden, auf den Mangel der Abtretungsanzeige hinzuweisen, zumal der abgetretene Anspruch damals noch nicht festgesetzt gewesen sei.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der Kläger, mit der diese die Verletzung materiellen Rechts rügen:

Das FA hätte, wenn die Abtretungsanzeige ohne die Abtretungsvereinbarung vorgelegt worden wäre, hierauf gemäß § 89 Abs. 1 der Abgabenordnung ( AO ) hinweisen müssen. Sein Ermessen sei insoweit auf null reduziert gewesen. Es hätte ihm auffallen müssen, dass Angaben zum Abtretungsgrund fehlten, weil sie offensichtlich versehentlich oder aus Unkenntnis des Gesetzes unterblieben seien. Das habe auch die zwingende besondere Verfahrensfürsorgepflicht des § 89 Abs. 1 Satz 2 AO verlangt.

Es bestehe ein Folgenbeseitigungsanspruch. Im Übrigen sei die GmbH nicht schützenswert, da sie kein Vertrauen in die Unwirksamkeit der Abtretung habe setzen können. Die Zwecke des § 46 Abs. 3 Satz 1 AO seien im Streitfall nicht berührt.

Die Revision macht ferner geltend, dass die Überzeugungsbildung des FG hinsichtlich der angeblich unterbliebenen Vorlage der Abtretungsvereinbarung nicht nachvollziehbar begründet worden sei. So hätte als naheliegendste Erklärung für das Unterbleiben eines Hinweises auf das Fehlen einer Angabe zum Abtretungsgrund erörtert werden müssen, dass für den Sachbearbeiter der Abtretungsgrund aufgrund einer beigefügten Abtretungsvereinbarung hinreichend erläutert war. Auch spreche die vom FA monierte selektive Erinnerung des Zeugen nach allgemeinen Grundsätzen nicht gegen, sondern für seine Glaubwürdigkeit. Der Zeuge habe die gleiche Aussage bereits 2009 in Form einer eidesstattlichen Versicherung gemacht.

Das FA trägt vor, § 89 AO sei schon deshalb nicht verletzt, weil eine Prüfung der Abtretungsanzeige nicht Aufgabe der Investitionszulagenstelle sei, die den Eingang bestätigt habe, sondern Aufgabe der Kasse, sobald der festgesetzte Anspruch zur Auszahlung anstehe. Im Übrigen setze die Vorschrift das tatsächliche Erkennen eines Fehlers voraus.

Ferner tritt das FA den Angriffen der Kläger gegen die Beweiswürdigung des FG entgegen und meint, die Klage sei aufgrund der Hinterlegung des strittigen Investitionszulagebetrags mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig. Es stünden im Verhältnis zu den Klägern vorrangige Abtretungen im Raum. Selbst wenn daher der von den Klägern begehrte Abrechnungsbescheid erlassen würde, sei dadurch über deren Ansprüche nicht entschieden. Sei die Abtretung an die vorrangigen Zessionare wirksam, bliebe für die Kläger kein Auszahlungsbetrag übrig. Die Kläger müssten deshalb ihre Empfangsberechtigung im Wege des Prätendentenstreits vor dem ordentlichen Gericht geltend machen. Eine Entscheidung im finanzgerichtlichen Verfahren betreffe kein insoweit vorgreifliches Rechtsverhältnis.

Der Beigeladene unterstützt das FA und meint, es habe sich bei der Abtretung um eine Sicherungsabtretung gehandelt, so dass sie nicht nur wegen der unstreitig fehlenden Angabe des Abtretungsgrundes unmittelbar auf dem amtlichen Vordruck der Abtretungsanzeige, sondern auch deshalb unwirksam sei, weil die Anfechtungsvoraussetzungen des § 133 der Insolvenzordnung vorlägen.

II.

Die Revision ist unbegründet und deshalb zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --). Das Urteil des FG entspricht dem Bundesrecht (§ 118 Abs. 1 FGO ).

1. Es kann dahinstehen, ob das FA von seiner Verbindlichkeit auf Auszahlung der Investitionszulage 1999 bzw. 2000 an die Berechtigten, u.a. möglicherweise die Kläger, durch Hinterlegung frei geworden und der angefochtene Bescheid folglich insofern rechtmäßig ist, als er feststellt, dass die Kläger gegenüber dem FA keinen Anspruch auf Auszahlung des abgetretenen Investitionszulagebetrags haben. Denn die Revision erweist sich aus anderen, davon unabhängigen Gründen als unbegründet.

2. Nach § 46 Abs. 3 AO ist die Abtretung von Ansprüchen auf Steuervergütungen der zuständigen Finanzbehörde unter Angabe u.a. des Abtretungsgrundes anzuzeigen; die Anzeige ist auf einem amtlichen Vordruck abzugeben. Das ist im Streitfall nicht geschehen, so dass die Abtretung unwirksam ist.

Es bedarf in diesem Zusammenhang keiner Erörterung, ob und unter welchen näheren Voraussetzungen es der vorgenannten Vorschrift genügen kann, wenn sich der Grund für die Abtretung zwar nicht unmittelbar aus den Angaben auf dem amtlichen Vordruck, sondern anderweitig, z.B. aus beigefügten Unterlagen oder der Finanzbehörde bekannten Umständen der Abtretung ergibt oder er sich zumindest ohne Weiteres ermitteln lässt. Denn die Möglichkeit einer "Auslegung", auf die sich die Kläger in diesem Zusammenhang berufen haben, ist selbstredend dann nicht gegeben, wenn es an jeglichen Angaben in dem amtlichen Vordruck fehlt. Es widerspräche offenkundig dem Sinn der gesetzlichen Vorschrift, dass die Abtretungsanzeige auf einem amtlichen Vordruck abzugeben ist, zuzulassen, dass dieser Vordruck teilweise unausgefüllt bleibt und die von § 46 Abs. 3 Satz 1 AO geforderten Angaben in anderer Weise, z.B. durch die Beifügung von Anlagen zu dem amtlichen Vordruck gemacht werden. Das gilt jedenfalls dann, wenn es auf dem amtlichen Vordruck an jeder Bezugnahme auf eine solche Unterlage fehlt, eine von den Unterschriften unter der Abtretungsanzeige (§ 46 Abs. 3 Satz 2 AO ) erfasste Verbindung zwischen der Anzeige und solchen Unterlagen also nicht hergestellt wird. Nicht ohne Grund hat im Übrigen der Beigeladene darauf hingewiesen, dass im Streitfall diese Verbindung auch deshalb zweifelhaft erscheinen kann, weil zwischen dem Datum der Abtretungsanzeige und deren Vorlage nebst Anlage (Abtretungsvereinbarung) eine erhebliche zeitliche Lücke klaffe.

Es wäre danach die Abtretung auch dann nicht wirksam, wenn das Vorbringen der Kläger zuträfe, die Abtretungsvereinbarung sei mit der Abtretungsanzeige dem FA übergeben worden, was das FG nicht festgestellt hat. Dass die Beweiswürdigung in diesem Zusammenhang, wie die Revision meint, nicht nachvollziehbar sei oder, wie ebenfalls geltend gemacht wird, gegen die Denkgesetze verstoße, vermag der erkennende Senat allerdings ohnehin nicht festzustellen, ganz abgesehen davon, dass das Vorbringen der Revision darauf hinausläuft, das FG habe --und zwar einzig und allein aufgrund der Zeugenaussage des K, denn andere Beweismittel lagen nicht vor-- die in der Feststellungslast der Kläger liegende Tatsache der Übergabe der Abtretungsvereinbarung feststellen müssen. Davon könnte indes selbst dann keine Rede sein, wenn man --was sich ohnehin dem Urteil des Revisionsgerichts entzieht-- die vom FG genannten Anhaltspunkte für die mangelnde Glaubhaftigkeit der Aussage des K und seine insgesamt fehlende Glaubwürdigkeit für nicht durchschlagend hält. Dass es im Übrigen nicht etwa jenseits der Grenzen freier richterlicher Beweiswürdigung lag, aus dem Umstand, dass die Kläger nach Eingang der Abtretungsanzeige nicht sofort auf das Fehlen der Angaben zum Abtretungsgrund in dem amtlichen Vordruck hingewiesen worden sind, nicht zu schließen, dass diese Angaben anderweitig --nämlich durch die Vorlage der Abtretungsvereinbarung-- gemacht worden sind, begreift sich nahezu von selbst.

3. Die Abtretung ist schließlich auch nicht etwa deshalb als wirksam zu behandeln, weil das FA gegen eine Verpflichtung verstoßen hätte, die Kläger auf die fehlende Angabe zum Abtretungsgrund bzw. die fehlende Vorlage der Abtretungsvereinbarung alsbald hinzuweisen. Abgesehen davon, dass § 89 Abs. 1 AO dem FA nicht die Pflicht auferlegt, eine Abtretungsanzeige bei Eingang sogleich darauf zu überprüfen, ob die Abtretung wirksam ist, und das Bestehen einer Hinweispflicht voraussetzt, dass --was das FG nicht festgestellt hat-- das FA die Unvollständigkeit der Abtretungsanzeige tatsächlich erkannt hat, könnten die aufgrund eines pflichtwidrigen Unterlassens des FA eingetretenen und nicht mehr heilbaren Folgen der Unwirksamkeit der Abtretung nicht mehr beseitigt werden. Wenn die Revision sich insoweit auf einen Folgenbeseitigungsanspruch beruft, verkennt sie dessen Voraussetzungen bzw. das, was aufgrund eines solchen Anspruchs begehrt werden kann. So wenig wie sich nach einem rechtswidrigen hoheitlichen Eingriff der Folgenbeseitigungsanspruch auf bloß mittelbare Fernwirkungen richtet und grundsätzlich auch nicht einen Eingriff in die inzwischen von Dritten erworbenen Rechtspositionen gestattet, könnte als Beseitigung der Folgen des rechtswidrigen Unterlassens eines Hinweises des FA auf die fehlende Angabe des Abtretungsgrundes verlangt werden, dass das FA die aufgrund des unterbliebenen Hinweises und der dadurch mutmaßlich verursachten nicht rechtzeitigen Nachholung der betreffenden Angabe eingetretene Unwirksamkeit der Abtretung und deren zu Gunsten der Zedentin eingetretenen weitere Folge, dass diese Inhaberin der Investitionszulageansprüche geblieben ist, "beseitigt", wofür es in dem Verhältnis zu der Zedentin allemal an einer Rechtsgrundlage fehlte. Die von den Klägern begehrte "Folgenbeseitigung" könnte vielmehr nur in der (nutzlosen) Nachholung des unterlassenen Hinweises bestehen.

Vorinstanz: FG Nürnberg, vom 17.11.2011 - Vorinstanzaktenzeichen 4 K 1315/2009