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BFH - Entscheidung vom 25.02.2014

III B 155/12

Normen:
§ 6 Abs 1 Nr 4 S 4 EStG 2002
§ 76 Abs 1 S 1 FGO
§ 96 Abs 1 S 1 Abs 2 FGO
§ 115 Abs 2 Nr 1 FGO
§ 115 Abs 2 Nr 2 Alt 1 FGO
§ 115 Abs 2 S 3 FGO
§ 116 Abs 3 S 3 FGO
EStG VZ 2007
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 3
FGO § 76 Abs. 1 S. 1
FGO § 96 Abs. 1
GG Art.103 Abs. 1
FGO § 96 Abs. 2
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1

Fundstellen:
BFH/NV 2014, 855

BFH, Beschluss vom 25.02.2014 - Aktenzeichen III B 155/12

DRsp Nr. 2014/6124

Anforderungen an die Darlegung von Verfahrensrügen

NV: Die Rechtsfrage, ob aufzeichnungspflichtige Umwegfahrten vorliegen, ist nicht grundsätzlich bedeutsam, weil deren Beantwortung von den besonderen Umständen des Einzelfalls abhängig ist.

1. Die formgerechte Rüge mangelhafter Sachaufklärung durch Nichterhebung angebotener Beweise setzt u.a. voraus, dass der Beschwerdeführer die ermittlungsbedürftigen Tatsachen, die angebotenen Beweismittel, die genauen Fundstellen, in denen die Beweismittel benannt worden sind und das voraussichtliche Ergebnis der Beweisaufnahme darlegt und ausführt, inwieweit das finanzgerichtliche Urteil auf der unterbliebenen Beweisaufnahme beruhen kann. 2. Die schlüssige Rüge eines Verstoßes gegen § 96 Abs. 1 S. 1 FGO wegen Nichtberücksichtigung des Inhalts der Akten erfordert, unter genauer Angabe der jeweiligen Schriftstücke und Seitenzahlen wesentliche Tatumstände zu benennen, die sich aus den Akten ergeben, vom Finanzgericht aber nicht berücksichtigt worden sind, und darzulegen, dass die Entscheidung unter Zugrundelegung der materiell-rechtlichen Auffassung des Finanzgerichts auf der Nichtberücksichtigung der Aktenteile beruhen kann. 3. Macht der Beschwerdeführer eine Verletzung des rechtlichen Gehörs geltend, so muss er substantiiert darlegen, was er bei aus seiner Sicht ausreichender Gewährung rechtlichen Gehörs noch zusätzlich vorgetragen hätte und dass bei Berücksichtigung des übergangenen Vorbringens eine andere Entscheidung in der Sache möglich gewesen wäre.

Normenkette:

FGO § 115 Abs. 2 Nr. 3 ; FGO § 76 Abs. 1 S. 1; FGO § 96 Abs. 1 ; GG Art.103 Abs. 1 ; FGO § 96 Abs. 2 ; FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1 ;

Gründe

Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Sofern die von den Klägern und Beschwerdeführern (Kläger) behaupteten Zulassungsgründe in einer den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung ( FGO ) genügenden Form dargelegt worden sein sollten, liegen sie jedenfalls nicht vor.

1. Die von den Klägern geltend gemachten Verfahrensmängel (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO ) sind nicht ordnungsgemäß bezeichnet.

a) Die Rüge, das Finanzgericht (FG) habe gegen die Sachaufklärungspflicht (§ 76 Abs. 1 Satz 1 FGO ) verstoßen, ist nicht schlüssig vorgetragen.

aa) Die formgerechte Rüge mangelnder Sachaufklärung durch Nichterhebung angebotener Beweise setzt u.a. voraus, dass der Beschwerdeführer die ermittlungsbedürftigen Tatsachen (Beweisthemen), die angebotenen Beweismittel, die genauen Fundstellen (Schriftsatz oder Terminsprotokoll, in denen die Beweismittel benannt worden sind, die das FG nicht erhoben hat) und das voraussichtliche Ergebnis der Beweisaufnahme darlegt sowie ausführt, inwieweit das Urteil des FG aufgrund dessen sachlich-rechtlicher Auffassung auf der unterbliebenen Beweisaufnahme beruhen kann (Lange in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 120 FGO Rz 206, m.w.N.).

bb) Diesen Anforderungen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht. Die Kläger führen zwar aus, das FG habe die mit Schriftsatz vom 26. August 2009 gestellten Anträge, insbesondere denjenigen, wonach "die Ergebnisse der BP/Prüfungsergebnisse durch einen vom FG zu bestellenden Gutachter" zu überprüfen seien, in der mündlichen Verhandlung übergangen. Zur weiteren Darlegung des geltend gemachten Verstoßes bringen sie aber im Kern vor, dass die Eintragungen hinsichtlich der Fahrten zu den "...passagen" zutreffend gewesen seien. So hätte dem FG bei tatsächlicher Durchsicht des Fahrtenbuchs auffallen müssen, dass nicht nur hinsichtlich der vom Kläger in seinem Schriftsatz vom 26. August 2009 genannten Fahrt zu den "...passagen", sondern auch bei den übrigen Fahrten zu diesem Ziel neben der Hin- auch die Rückfahrt eingetragen worden sei. Außerdem hätte das FG diese Eintragungen, in denen der Kläger überflüssigerweise das "Hauptziel", nicht aber die anderen angesteuerten Ziele aufgezeichnet habe, ohnehin nicht wegen unzutreffender Entfernungsangaben beanstanden dürfen, weil es sich um Privatfahrten gehandelt habe und bei solchen Fahrten nach dem Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 21. Januar 2002 (BStBl I 2002, 148 ) nur die Kilometerangaben einzutragen seien. Mit diesen Ausführungen wenden sich die Kläger jedoch gegen die sachliche Richtigkeit des Urteils in Bezug auf die dort getroffene tatsächliche Würdigung, wonach das Fahrtenbuch nicht ordnungsgemäß sei (Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 10. April 2008 VI R 38/06, BFHE 221, 39 , BStBl II 2008, 768 ). Die Sachverhalts- und Beweiswürdigung des FG gehört revisionsrechtlich dem materiellen Recht an. Die Kläger machen daher einen materiellen Fehler geltend, der --so er denn vorliegt-- grundsätzlich nicht die Zulassung der Revision rechtfertigt (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. Senatsbeschluss vom 21. August 2013 III B 122/12, BFH/NV 2013, 1798 ).

b) Soweit die Kläger mit dem Vortrag, dem FG hätte bei tatsächlicher Durchsicht des Fahrtenbuchs auffallen müssen, dass hinsichtlich der Fahrten zu den "...passagen" auch die Rückfahrten eingetragen worden seien und es sich hierbei um Privatfahrten gehandelt habe, zugleich einen Verstoß gegen § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO rügen sollten, ist auch dieser nicht hinreichend dargelegt.

aa) Die schlüssige Rüge eines Verstoßes gegen § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO wegen Nichtberücksichtigung des Inhalts der Akten erfordert, unter genauer Angabe der jeweiligen Schriftstücke und Seitenzahlen wesentliche Tatumstände zu benennen, die sich aus den Akten ergeben, vom FG aber nicht berücksichtigt worden sind, und darzulegen, dass die Entscheidung unter Zugrundelegung der materiell-rechtlichen Auffassung des FG auf der Nichtberücksichtigung dieser Aktenteile beruhen kann (BFH-Beschluss vom 18. Mai 2011 X B 124/10, BFH/NV 2011, 1838 , Rz 17 f.).

bb) Hieran fehlt es. Die Kläger haben schon nicht hinreichend dargelegt, dass das FG die weiteren Fahrten zu den "...passagen" nicht berücksichtigt hat. Vielmehr rügen sie insoweit eine fehlerhafte Sachverhalts- und Beweiswürdigung durch das FG (dazu oben 1.a). Im Übrigen führen sie in der Beschwerdebegründung nicht substantiiert aus, dass das FG-Urteil auf einer Nichtberücksichtigung dieser Aktenteile beruhen kann. Das FG hat in seinen Entscheidungsgründen auf die Einspruchsentscheidungen des Beklagten und Beschwerdegegners (das Finanzamt) Bezug genommen, in denen auf die Feststellungen im Betriebsprüfungsbericht unter Teilziffer 17 verwiesen wird. In dieser Teilziffer werden aber nicht nur Kilometerabweichungen hinsichtlich der aufgezeichneten Fahrten zu den "...passagen", sondern weitere fehlerhafte Entfernungsangaben beanstandet, die bei Fahrten zu zahlreichen (insgesamt 18) anderen Zielen aufgetreten sein sollen.

c) Die von den Klägern geltend gemachten Verletzungen ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes , § 96 Abs. 2 FGO ) sind ebenfalls nicht ordnungsgemäß bezeichnet.

aa) Bei geltend gemachten Gehörsverletzungen, die --wie im Streitfall-- nur einzelne Feststellungen oder rechtliche Gesichtspunkte des angegriffenen Urteils betreffen, muss der Beschwerdeführer in der Beschwerdebegründung substantiiert darlegen, was er bei aus seiner Sicht ausreichender Gewährung rechtlichen Gehörs noch zusätzlich vorgetragen hätte und dass bei Berücksichtigung des übergangenen Vorbringens unter Zugrundelegung der materiell-rechtlichen Auffassung des FG eine andere Entscheidung in der Sache möglich gewesen wäre (BFH-Urteile vom 19. Dezember 2006 VI R 59/02, BFH/NV 2007, 866 ; vom 9. April 2008 I R 43/07, BFH/NV 2008, 1848 ).

bb) Diese Darlegungsanforderungen sind nicht erfüllt. Die Kläger führen aus, das FG habe die fehlende inhaltliche Ordnungsmäßigkeit des Fahrtenbuchs zusätzlich auf vier Fälle gestützt, in denen Fahrten des Klägers zu gleichen Zielen ohne Begründung mit erheblich unterschiedlichen Entfernungsangaben aufgezeichnet worden seien. Wäre der Kläger hierzu befragt worden, hätte die vom FG in Betracht gezogene Möglichkeit, wonach private Umwegfahrten nicht aufgezeichnet worden seien, ausgeschlossen werden können, weil alle Entfernungstoleranzen --wie in der Beschwerdebegründung beispielhaft für die Fahrten zur "...straße" dargelegt-- erklärbar gewesen seien. Ebenso habe das FG hinsichtlich der Eintragung am 27. Januar 2007 (Reiseziel: "...allee"; Reisezweck: "Mittagessen") eine Privatfahrt unterstellt, ohne den Kläger hierzu zu befragen.

Die Kläger legen aber nicht dar, dass bei Berücksichtigung des übergangenen Vorbringens unter Zugrundelegung der materiell-rechtlichen Auffassung des FG eine andere Entscheidung in der Sache möglich gewesen wäre. Abgesehen davon war nach der Rechtsauffassung des FG dieses Vorbringen nicht entscheidungserheblich, weil es unter Berufung auf die Rechtsprechung des BFH eine nachträgliche Erläuterung dieser Angaben für nicht zulässig erachtet hat (vgl. dazu BFH-Urteil vom 1. März 2012 VI R 33/10, BFHE 236, 497 , BStBl II 2012, 505 ).

2. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO .

a) Grundsätzliche Bedeutung kommt einer Rechtssache nach ständiger Rechtsprechung des BFH zu, wenn die für die Beurteilung des Streitfalls maßgebliche Rechtsfrage das (abstrakte) Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt und die Rechtsfrage klärungsbedürftig und in einem künftigen Revisionsverfahren klärungsfähig ist (Senatsbeschluss vom 21. August 2013 III B 122/12, BFH/NV 2013, 1798 ). Die grundsätzliche Bedeutung fehlt u.a., wenn die Beantwortung der aufgeworfenen Rechtsfrage von den besonderen Umständen des Einzelfalls abhängt (Senatsbeschluss in BFH/NV 2013, 1798 ).

b) Die von den Klägern aufgeworfenen Rechtsfragen, unter welchen Voraussetzungen aufzeichnungspflichtige Umwegfahrten gegeben seien und welche Bedeutung hierbei Routenplanern zukomme, sind nicht grundsätzlich bedeutsam.

In der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist hinreichend geklärt, welche Anforderungen an ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch zu stellen sind (BFH-Beschluss vom 14. März 2012 VIII B 120/11, BFH/NV 2012, 949 ; BFH-Urteil vom 21. März 2013 VI R 31/10, BFHE 241, 167 , BStBl II 2013, 700 ). Für den Streitfall gilt nichts anderes. Ob bei Anwendung dieser Grundsätze davon auszugehen ist, dass ein Fahrtenbuch ordnungsgemäß ist, muss das FG in erster Linie unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls im Wege der Tatsachenwürdigung beurteilen (BFH-Urteil in BFHE 221, 39 , BStBl II 2008, 768 ). Es ist daher von den besonderen Umständen des Einzelfalls abhängig, ob aufzeichnungspflichtige Umwegfahrten gegeben sind und ob ggf. Verstöße gegen Aufzeichnungspflichten zur Verwerfung des Fahrtenbuchs führen. Dass sich solche Fragen in einer Vielzahl gleich liegender Fälle ebenfalls stellen, ändert hieran nichts (Senatsbeschluss vom 17. Dezember 2010 III B 141/10, BFH/NV 2011, 576 ).

3. Aus den unter 2. genannten Gründen ergibt sich zugleich, dass die Revision auch nicht zur Rechtsfortbildung gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO zuzulassen ist. Hierbei handelt es sich um einen Unterfall des Zulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung (vgl. Senatsbeschluss vom 24. August 2012 III B 21/12, BFH/NV 2012, 1973 ).

4. Von der Darstellung des Sachverhalts und einer weiteren Begründung sieht der Senat nach § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO ab.

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 143 Abs. 1 i.V.m. § 135 Abs. 2 FGO .

Vorinstanz: FG Berlin-Brandenburg, vom 25.10.2012 - Vorinstanzaktenzeichen 13 K 13165/09
Fundstellen
BFH/NV 2014, 855