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BVerwG - Entscheidung vom 08.10.2013

8 B 53.13

Normen:
VwGO § 132 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 3
VwGO § 133 Abs. 3 S. 3

BVerwG, Beschluss vom 08.10.2013 - Aktenzeichen 8 B 53.13

DRsp Nr. 2013/22973

Verhinderung des Eintritts der Rechtskraft und der Vollstreckbarkeit eines Gerichtsurteils durch Erheben einer Anhörungsrüge

1. Eine Beschwerde genügt nicht den Anforderungen des § 67 Abs. 4 S. 1 und 3, Abs. 2 S. 1 VwGO , wenn sie zwar von einem Rechtsanwalt unterschrieben wurde, sie jedoch inhaltlich nur die Wiedergabe der Eingaben des Klägers enthält, die sich der Prozessbevollmächtigte nicht als Rechtsauffassung aufgrund eigener Beurteilung des Streitstoffs zu eigen macht. Andernfalls würde der Zweck des Vertretungszwangs, den Rechtsstreit durch die Mitwirkung des Prozessbevollmächtigten zu strukturieren und die rechtlich erheblichen Gesichtspunkte aufzubereiten, umgangen.2. Die bloße Einlegung einer Anhörungsrüge lässt die Wirkungen der ergangenen Gerichtsentscheidung unberührt; deren Rechtskraft wird erst beseitigt, wenn der Anhörungsrüge stattgegeben und das Verfahren fortgeführt wird.

Tenor

Die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Gera vom 13. Juni 2013 wird zurückgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 3 971,94 € festgesetzt.

Normenkette:

VwGO § 132 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 3 ; VwGO § 133 Abs. 3 S. 3;

Gründe

1. Es bestehen schon Zweifel, ob die Beschwerde zulässig ist, namentlich ob sie den Anforderungen des § 67 Abs. 4 Satz 1 und 3 , Abs. 2 Satz 1 VwGO genügt. Nach diesen Vorschriften müssen sich die Beteiligten vor dem Bundesverwaltungsgericht durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Daran dürfte es fehlen. Zwar wurde die Beschwerdebegründung von einem Rechtsanwalt unterschrieben. Ihre Abfassung lässt jedoch keinerlei eigene anwaltliche Prüfung, Sichtung und rechtliche Durchdringung des Vorbringens der Kläger erkennen. Stattdessen übernimmt sie in breiten Passagen wörtlich Teile früherer Schreiben ("Gegenvorstellungen" u.a.), die die Kläger persönlich verfasst hatten. Auch im Übrigen gleicht sie nicht nur äußerlich nach Diktion und Schriftbild, sondern auch nach der Art und Weise ihrer Argumentation den vielfältigen Eingaben der Kläger. Es bestehen deshalb Zweifel, ob der Prozessbevollmächtigte der Kläger sich deren Ansichten als Rechtsauffassung aufgrund eigener Beurteilung des Streitstoffs zu eigen gemacht hat. Andernfalls würde der Zweck des Vertretungszwangs, den Rechtsstreit durch die Mitwirkung des Prozessbevollmächtigten zu strukturieren und die rechtlich erheblichen Gesichtspunkte aufzubereiten, umgangen (Beschluss vom 11. Dezember 2012 - BVerwG 8 B 58.12 - Buchholz 310 § 54 VwGO Nr. 74 = NVwZ-RR 2013, 341 ).

2. Die Beschwerde ist jedenfalls unbegründet. Die von den Klägern geltend gemachten Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.

a) Dass der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung zukäme (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ), legen die Kläger nicht schlüssig dar, obwohl dies geboten gewesen wäre (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO ). Die Kläger werfen sinngemäß die Frage auf, ob eine Anhörungsrüge den Eintritt der Rechtskraft und damit der Vollstreckbarkeit eines Gerichtsurteils hindern kann. Diese Frage hat sich das Verwaltungsgericht in dem hier angefochtenen Urteil nicht gestellt. Sie wäre im Übrigen ohne Weiteres zu verneinen. Die bloße Einlegung einer Anhörungsrüge lässt die Wirkungen der ergangenen Gerichtsentscheidung unberührt; deren Rechtskraft wird erst beseitigt, wenn der Anhörungsrüge stattgegeben und das Verfahren fortgeführt wird. Im Übrigen hat der Senat die Anhörungsrüge der Kläger gegen seinen Beschluss vom 15. Februar 2013 - BVerwG 8 B 58.12 -zwischenzeitlich als unzulässig verworfen (Beschluss vom 17. September 2013 - BVerwG 8 B 13.13 -).

b) Das angefochtene Urteil beruht auch nicht auf Verfahrensmängeln (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO ).

Dass die Mitglieder der entscheidenden Kammer "amtsunfähig" gewesen seien, weil gegen sie noch unbeschiedene Ablehnungsgesuche vorgelegen hätten, führt nicht auf einen Verfahrensmangel. Zum einen ist ein Schriftsatz vom 10. Juni 2013 mit einem Ablehnungsgesuch gegen Mitglieder der entscheidenden Kammer nicht in der Akte. Der Schriftsatz vom 12. Juni 2013 enthält kein Ablehnungsgesuch. Ob in den ebenfalls am 13. Juni 2013 verhandelten weiteren Sachen Ablehnungsanträge gestellt waren, mag dahinstehen; die Niederschrift verzeichnet, dass die Kammer solche Anträge mit Beschluss vom 12. Juni 2013 abgelehnt habe. Im Übrigen lässt sich auch der Nichtzulassungsbeschwerde kein Ablehnungsgrund entnehmen. Die Kläger haben keinen Sachverhalt geltend gemacht, der Anlass zur Besorgnis der Befangenheit eines der beteiligten Richter hätte geben können. Sie legen weder individuelle, auf die Person des einzelnen abgelehnten Richters bezogene Gründe für die Besorgnis einer Befangenheit dar, noch lässt sich ihrer Beschwerdebegründung entnehmen, dass sich aus der Kollegialentscheidung selbst Anhaltspunkte für eine Befangenheit der gesamten abgelehnten Richterbank in diesem Sinne ergäben. Vielmehr erheben die Kläger ausschließlich Einwände gegen die nach ihrer Ansicht fehlerhafte Verfahrens- und Sachbehandlung. Daraus kann keinesfalls auf eine Voreingenommenheit eines Richters geschlossen werden.

Dass das Verwaltungsgericht den Klagegegenstand des Verfahrens unrichtig bestimmt (§ 88 VwGO ) oder dieses zu Unrecht gesondert oder zur Unzeit zur Entscheidung gebracht hätte, ist nicht erkennbar. Ebenso wenig ist ersichtlich, dass das angefochtene Urteil darauf beruhen würde, dass das Verwaltungsgericht die Sache am 13. Juni 2013 aufgerufen und angesichts des Nichterscheinens der Kläger oder ihres Prozessbevollmächtigten nicht vertagt hat. Dabei mag offenbleiben, ob die von den Klägern gerügte Verfahrensweise des Gerichts zu beanstanden wäre. Sie legen jedenfalls nicht dar, dass die angefochtene Entscheidung darauf beruhen könnte. Das Verwaltungsgericht hat die Vollstreckungsabwehrklage abgewiesen, weil die Kläger mit ihr keine Einwendungen gegen den Kostenerstattungsanspruch erhoben hätten; auf die allein erhobenen Einwendungen gegen die Richtigkeit der dem Kostenausspruch zugrunde liegenden Sachentscheidung könne die Vollstreckungsabwehrklage nicht gestützt werden. Angesichts dessen hätten die Kläger dartun müssen, dass sie durch die Verfahrensweise des Gerichts daran gehindert gewesen wären, Einwendungen gegen den Kostenerstattungsanspruch als solchen zu erheben, und welche Einwendungen dies gewesen wären. Daran fehlt es.

Schließlich wiederholen die Kläger ihre Rechtsansicht, dass die Beklagten dieses Verfahrens - die Beigeladenen des Hauptsacheverfahrens - fristgerecht keinen wirksamen Restitutionsantrag gestellt hätten. Dies betrifft indes keinen Mangel des vorliegenden Verfahrens, sondern einen Einwand gegen die Richtigkeit des dem Kostenausspruch zugrunde liegenden Sachurteils.

Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO , die Festsetzung des Streitwerts auf § 47 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 , § 52 Abs. 1 und 4 GKG .

Vorinstanz: VG Gera, vom 13.06.2013 - Vorinstanzaktenzeichen 5 K 442/13