Kontakt : 0221 / 93 70 18 - 0
Wir durchsuchen unsere Datenbank

BVerwG - Entscheidung vom 04.07.2013

2 WD 21.12

Normen:
StGB § 223
StGB § 224 Abs. 1 Nr. 2
WDO § 38 Abs. 1

BVerwG, Urteil vom 04.07.2013 - Aktenzeichen 2 WD 21.12

DRsp Nr. 2013/21387

Diziplinarmaßnahme gegen einen Soldaten bei außerdienstlicher Körperverletzung durch Treten ins Gesicht

Eine von einem Soldaten in Vorgesetztenstellung im außerdienstlichen Bereich begangene vorsätzliche Körperverletzung zulasten eines erkennbar wehrlosen Opfers ist ein schwerwiegendes Dienstvergehen nach § 23 Abs. 1 SG , das eine Dienstgradherabsetzung rechtfertigt.

Tenor

Auf die Berufung der Wehrdisziplinaranwaltschaft wird das Urteil der 5. Kammer des Truppendienstgerichts Süd vom 15. Februar 2012 im Ausspruch über die Disziplinarmaßnahme geändert.

Der Soldat wird wegen eines Dienstvergehens in den Dienstgrad eines Unteroffiziers herabgesetzt.

Die Frist für die Wiederbeförderung wird auf zwei Jahre herabgesetzt.

Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Soldaten auferlegt. Die dem Soldaten darin erwachsenen notwendigen Auslagen trägt er selbst.

Normenkette:

StGB § 223 ; StGB § 224 Abs. 1 Nr. 2 ; WDO § 38 Abs. 1 ;

Gründe

I

Der im Oktober 1983 geborene Soldat verfügt über die mittlere Reife und wurde zum Dezember 2004 einberufen. Nach einem zusätzlichen freiwilligen Wehrdienst schied er Ende März 2007 zunächst aus der Bundeswehr aus und trat am 1. April 2008 bei der ... erneut in deren Dienst ein. Er wurde zeitgleich zum Soldaten auf Zeit ernannt und am 1. April 2009 zum Stabsunteroffizier befördert. Seine Dienstzeit wurde zuletzt im Oktober 2012 auf acht Jahre und vier Monate festgesetzt, sodass er voraussichtlich am 31. März 2014 aus dem Dienst ausscheidet.

In der Sonderbeurteilung vom September/Oktober 2011 wird dem Soldaten vom nächsthöheren Disziplinarvorgesetzten in der Aufgabenerfüllung auf dem Dienstposten durchschnittlich die Wertung "6,4" zuerkannt. In ihr heißt es, der Soldat habe sich sehr schnell in sein Aufgabenfeld als Gruppenführer in der allgemeinen Grundausbildung eingearbeitet und erziele durchgehend hochwertige Ergebnisse. Sein Leistungsschwerpunkt liege im Bereich der infanteristischen Führung und Ausbildung. Im Eignungs- und Leistungsvergleich innerhalb der Einheit sei er an der Leistungsspitze anzusiedeln. Seine Dienstauffassung sowie seine Fachkompetenz seien hervorragend. Er besteche durch weit überdurchschnittliches Engagement sowie unbedingte Leistungsbereitschaft. Seine Arbeitsweise sei von dem Willen geprägt, beste Ergebnisse zu erzielen und die ihm anvertrauten Soldaten optimal zu fördern. Aufgrund seiner enormen Fachkompetenz im infanteristischen Bereich sowie seines hervorragenden Führungsstils sei er ein Vorbild für unterstellte Soldaten und zugleich auch für Vorgesetzte ein vertrauensvoller Ansprechpartner. In Aufgabenerfüllung und Arbeitsweise zeige er sich fast ausnahmslos sorgfältig und zuverlässig, sein selbstbewusstes und zugleich sachliches und ruhiges Auftreten seien Ausdruck seiner enormen Leistungsfähigkeit. Er sei ohne Zweifel auch oberhalb der Gruppenebene erfolgreich einsetzbar. Er kommuniziere stets auf sehr hohem Niveau, ohne sich dabei in den Vordergrund zu drängen.

Der nächste Disziplinarvorgesetzte schloss sich dem nur teilweise an. Leider gelinge es dem Soldaten nicht immer, seinen sachlich fundierten Führungsanspruch in angemessener Form umzusetzen, obwohl Verbesserungen im letzten halben Jahr deutlich erkennbar geworden seien. Eine weitere Verbesserung seines Führungsstils und Orientierung an den Grundsätzen der inneren Führung voraussetzend, schließe er sich jedoch dem Verwendungsvorschlag des Disziplinarvorgesetzten an, den Soldaten auf einem Feldwebeldienstposten A 7 Z als Gruppenführer der Luftwaffensicherungstruppe einzusetzen.

In der vom 31. Mai/16. Juni 2012 datierenden und von Hauptmann S. erstellten Beurteilung erhält der Soldat bei Höchstnote "9" einmal die Bewertung "9", dreimal die Bewertung "8", dreimal die Bewertung "7" und dreimal die Bewertung "5", woraus sich ein Durchschnittswert der Aufgabenerfüllung von "6,90" ergibt. In der Beurteilung heißt es u.a., der Soldat erledige die ihm anvertrauten Aufträge mit einem hohen Maß an Zuverlässigkeit und Eigenständigkeit. Er analysiere Anweisungen und denke mit. Dabei beweise er stets ein sehr hohes Maß an Fachwissen und Fachkönnen, wobei dieses Niveau auch in Zeiten höchster Belastung wegen seines natürlichen Organisationstalentes gewahrt bleibe. Der Soldat sei aufgrund des laufenden Verfahrens bereits seit langem nicht mehr befördert worden. Gleichwohl erziele er ein sehr hohes Maß an Qualität als Gruppenführer. Lediglich sein Kommunikationsverhalten bedürfe noch einer Verbesserung. Sein Verhalten Rekruten gegenüber habe sich gebessert. Zwar sei er noch immer einer der härtesten Ausbilder seiner Einheit; er kenne aber die ihm auferlegten Grenzen und handle im Umgang mit Untergebenen im Sinne der inneren Führung. Seine fachliche Qualifikation und sein professionelles Auftreten machten ihn zu einem wichtigen Teil und einem zuverlässigen Kameraden der Einheit. Er habe eine deutliche Leistungssteigerung seit seiner letzten Sonderbeurteilung vollzogen. Der Soldat sei hochmotiviert und leistungswillig. Er suche sich immer neue Herausforderungen. Auch wiederkehrende Pflichten erfülle er zügig, eigenständig und anstandslos. Er sei überaus zuverlässig. Er könne sich sehr gut gegen andere Gruppenführer durchsetzen und verstehe es auch, seine Ansichten zu verfolgen. Dabei falle es ihm manchmal etwas schwer, im Team mit Gleichgestellten zusammen zu arbeiten. Vorgesetzten gegenüber sei er hingegen sehr loyal und kritikfähig. Er sei eine gefestigte Persönlichkeit und ein angesehenes Mitglied im Kameradenkreis.

Der nächsthöhere Vorgesetzte - Oberstleutnant St. - schloss sich der "wohlwollenden Beurteilung des nächsten Disziplinarvorgesetzten" an und ergänzte, die Qualifikation und der Schwerpunkt des Soldaten lägen in der praktischen Gefechtsausbildung, bei der er seine Kenntnisse und Erfahrungen immer wieder unter Beweis stelle. Er motiviere Auszubildende auch höherer Dienstgrade und erreiche durchweg solide Ergebnisse. Seine sportlichen Leistungen lägen im oberen Drittel, seine körperliche Fitness sei sehr gut. Er gehöre in seiner Einheit sowohl fachlich wie auch von seinen Ausbildungsergebnissen her zu den Leistungsträgern. Der Soldat habe sein Potenzial noch nicht ausgeschöpft und er arbeite an seiner Weiterentwicklung. Dem Vorschlag des Disziplinarvorgesetzten, ihn als A 7 Z Kompanie/Staffel/Boot etc.-Gruppenführer Luftwaffe Sicherungstrupp einzusetzen, schließe er sich an.

In der Verhandlung vor dem Truppendienstgericht (im Februar 2012) hat der Disziplinarvorgesetzte S. die guten Leistungen des Soldaten unterstrichen. Der Soldat sei derzeit oberhalb des Ranges eines Unteroffiziers in der Funktion eines Schießlehrers erfolgreich eingesetzt. Er habe auch schon einmal die Planung einer Abschlussübung sehr erfolgreich absolviert. Von dem Leistungsbild des Soldaten sei er insgesamt positiv überrascht. 2008 habe der Soldat den Feldwebellehrgang Luftwaffensicherungstruppe erfolgreich mit der Abschlussnote "befriedigend" bestanden. Nur einmal habe der Soldat ihn dadurch enttäuscht, dass er für eine Versicherungsgesellschaft einen Rekrutenflyer verteilt habe. Der Soldat habe damit jedoch keinen Gewinn erzielen, sondern für die Kameraden etwas Gutes erreichen wollen.

Der Leumundszeuge Oberleutnant E., dessen Aussage durch Verlesen auch in die Berufungshauptverhandlung eingeführt wurde, hat vor dem Truppendienstgericht ausgeführt, der Soldat sei ihm nie negativ aufgefallen, eher im Gegenteil. Er liege mit seinen Leistungen im Vergleich zu seinen Kameraden im oberen Drittel. Er befürworte, den Soldaten weiter zu verpflichten.

Der als Leumundszeuge vernommene Stabsfeldwebel G., dessen Aussage ebenfalls durch Verlesen in die Berufungshauptverhandlung eingeführt wurde, hat vor dem Truppendienstgericht erklärt, in seinen sechsundzwanzig Dienstjahren habe er es zum ersten Mal erlebt, dass sich ein Soldat trotz eines laufenden Verfahrens nicht zurückgelehnt, sondern immer positiv nach vorne geschaut und weiter alles gegeben habe. Er habe in den letzten sechs bis sieben Wochen auch von keinem Rekruten etwas Negatives über den Soldaten gehört.

In der Berufungshauptverhandlung hat der als Leumundszeuge vernommene frühere Disziplinarvorgesetzte, Hauptmann N., im Wesentlichen ausgesagt, es handele sich um einen motivierten Soldaten, dem es darauf angekommen sei, gute Ergebnisse zu erzielen. Der Soldat lege an sich und die Rekruten hohe Maßstäbe an. Dabei habe ihm allerdings gelegentlich das Verständnis dafür gefehlt, dass erst wenige Wochen im Dienst der Bundeswehr stehende Soldaten noch nicht die für die Ausübung des Dienstes erforderliche Ernsthaftigkeit aufbringen könnten. Der Soldat habe einen autoritären Führungsstil und sei zwar oft ungeduldig, erziele aber gute Ergebnisse. Hinsichtlich der verhängten Disziplinarbuße habe er das Geschehen nicht mehr konkret in Erinnerung; der Soldat neige aber dazu, laut zu werden. Nach Verhängung der Disziplinarbuße habe er an seinem Verhalten gearbeitet. Auch nachdem er - der Disziplinarvorgesetzte - von der unter Anschuldigungspunkt 1 beschriebenen Pflichtverletzung Kenntnis erlangt habe, habe er keinen Anlass gesehen, dem Soldaten eine andere Tätigkeit zu übertragen.

Der ebenfalls in der Berufungshauptverhandlung als Leumundszeuge vernommene gegenwärtige Disziplinarvorgesetzte, Hauptmann S., hat ausgeführt, der Soldat habe zum Zeitpunkt der Pflichtverletzungen zu den Leistungsträgern der Einheit gehört. Vor ein bis zwei Monaten habe der Soldat eine Leistungsprämie erhalten, jedoch anschließend in seinen Leistungen nachgelassen. Gegenwärtig fehle dem Soldaten der Leistungswille, wenn es um Routinegeschäfte gehe. Bei der Erfüllung von Sonderaufgaben erziele er hingegen "Superergebnisse".

Der aktuelle Auszug aus dem Disziplinarbuch enthält neben dem Eintrag eines Urteils des Amtsgerichts ..., mit dem der Soldat wegen vorsätzlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von elf Monaten auf Bewährung verurteilt worden ist, den Hinweis auf eine gegen ihn am 5. März 2010 verhängte Disziplinarbuße (in Höhe von 300 Euro) wegen Beleidigung und Bedrohung Untergebener. In diesem Jahr hat der Soldat eine Leistungsprämie in Höhe von 700 € erhalten.

Der ledige Soldat erhält Bezüge der Besoldungsgruppe A 6 in Höhe von ca. 2 079 € brutto und etwa 1 800 € netto. Seine Darlehnsschulden belaufen sich noch auf etwa 19 000 bis 20 000 €. Als Grund dafür hat er angegeben, seine frühere Freundin habe die ihr von ihm seinerzeit erteilte Kontovollmacht missbraucht. Sein Girokonto ist mit ca. 1 800 € überzogen. Das im Zusammenhang mit der strafgerichtlichen Verurteilung stehende Schmerzensgeld von ca. 2 000 € hat er bezahlt, ebenso die Bewährungsauflage durch Zahlung von 1 500 € erfüllt. An Verfahrenskosten stehen noch zwei Raten á 100 € aus. Mit seiner neuen berufstätigen Lebensgefährtin, welche etwa 1 500 € verdient, unterhält er eine Mietwohnung. Die Lebensgefährtin trägt die Mietkosten.

Dem vom Soldaten am 10. Februar 2010 gestellten Antrag auf Genehmigung zur Ausübung einer Nebentätigkeit als Security in der in der Anschuldigungsschrift bezeichneten Diskothek wurde mit Bescheid vom 17. Februar 2010 entsprochen. Diese Nebentätigkeit übt er inzwischen nicht mehr aus.

II

1. Der Soldat wurde am 17. März 2010 im Rahmen disziplinarer Vorermittlungen zum Anschuldigungspunkt 1 vernommen. Er hat sich umfassend zur Sache eingelassen und der Anhörung der Vertrauensperson nicht widersprochen. Die am 28. Februar 2011 dazu eingeholte Stellungnahme der Vertrauensperson wurde ihm am 10. März 2011 eröffnet. In der Anhörung zur beabsichtigten Einleitung eines gerichtlichen Disziplinarverfahrens am 10. März 2011 hat der Soldat erklärt, er habe seiner Aussage vom 17. März 2010 nichts hinzuzufügen.

Nachdem am 22. März 2011 die Einleitung des gerichtlichen Disziplinarverfahrens durch den Kommandeur Luftwaffenausbildungskommando verfügt und die Verfügung dem Soldaten am 28. März 2011 ausgehändigt worden war, kam es am 12. Juli 2011 zur Schlussanhörung. Gegenstand der Anhörung war auch Anschuldigungspunkt 2. Der Soldat hat in dieser Anhörung sowohl zu den Umständen, die für die strafgerichtliche Verurteilung gemäß Anschuldigungspunkt 1 maßgeblich gewesen sein sollen, als auch zu dem Vorwurf, ohne Genehmigung eine Nebentätigkeit ausgeübt zu haben, ausgesagt.

Nachdem dem Soldaten der Entwurf der Anschuldigungsschrift übersandt und ihm nach erneuter Belehrung Gelegenheit gegeben worden war, sich zu den Anschuldigungspunkten abschließend zu äußern, hat er unter dem 22. August 2011 erklärt, sich zur Sache nicht mehr äußern zu wollen.

2. Auf der Grundlage der am 1. September 2011 zugestellten Anschuldigungsschrift der Wehrdisziplinaranwaltschaft für die Bereiche Luftwaffenführungskommando, Luftwaffenamt, Luftwaffenausbildungskommando, Waffensystemkommando der Luftwaffe vom 23. August 2011 hat die 5. Kammer des Truppendienstgerichts Süd gegen den Soldaten mit Urteil vom 15. Februar 2012 wegen eines Dienstvergehens ein Beförderungsverbot für die Dauer von drei Jahren verhängt.

a) In tatsächlicher Hinsicht hat das Truppendienstgericht ausgeführt, das Amtsgericht ... habe den Soldaten mit rechtskräftigem Urteil vom 26. April 2011 wegen vorsätzlicher Körperverletzung gem. § 223 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 11 Monaten verurteilt und festgestellt:

"Seit Mitte des Jahres 2009 war der Angeklagte nebenberuflich als Sicherheitskraft in der Diskothek ... in der ... in ... tätig. Auch in der Nacht vom 18. auf den 19.12.2009 arbeitete er als Sicherheitskraft im .... Nachdem ihm gegen 3.45 Uhr mitgeteilt worden war, dass der Gast der Diskothek einen anderen Gast verletzt habe, wollte er gemeinsam mit seinem Kollegen C. den M. - der ihm als der Verletzer benannt worden war - aus der Diskothek geleiten, um den Vorwurf zu klären. Als dies der spätere Geschädigte F., ein Bekannter von M., mitbekam, sprach er den Angeklagten und seinen Kollegen C. an, warum sie den M. mitnehmen würden. Möglicherweise aus Verärgerung über eine zweite Nachfrage von F. ging der Angeklagte dann ohne rechtfertigenden Grund auf diesen los. Zunächst versetzte der Angeklagte ihm einen heftigen Schups, so dass F. zu Boden stürzte. Der Angeklagte stellte sich sodann über den auf dem Boden wehrlos liegenden F. und schlug wiederholt mit der Faust auf diesen ein. Außerdem trat er mehrfach mit seinem - mit einem leichten Mokassinschuh bekleideten - Fuß gegen den Körper und den Kopfbereich von F. F. versuchte sich gegen die zahlreichen, mit erheblicher Wucht durchgeführten Angriffe des Angeklagten dadurch zu schützen, dass er beide Arme vor sein Gesicht hielt und den Angeklagten wiederholt anflehte, von ihm abzulassen, was dieser aber erst nach einiger Zeit tat. Durch die Tätlichkeiten des Angeklagten erlitt F. zahlreiche Prellungen im Bereich des Oberkörpers und des Kopfes. Dagegen ließ sich nicht sicher feststellen, ob der von F. durch einen Tritt erlittene Nasenbeinbruch, der in der Folgezeit operiert werden musste, durch den Angeklagten verursacht wurde. Die körperlichen Verletzungen von F. verheilten in der Folgezeit, er hat jedoch unter den psychischen Folgen des Vorfalls - während der Tätlichkeiten des Angeklagten hatte er Todesangst - bis zum heutigen Tag zu leiden."

Auch unter Würdigung des Vortrags des Soldaten bestehe für das Gericht kein Anlass, an der Richtigkeit der strafgerichtlichen Tatsachenfeststellungen zum Anschuldigungspunkt 1 zu zweifeln. Es folge der ausführlichen Beweiswürdigung des Strafurteils und bewerte die Angaben des Soldaten, die seine Tatbeteiligung in geminderter Form darstellten, als Schutzbehauptung.

Die Kammer gehe auch davon aus, dass dem Soldaten bekannt gewesen sei, eine Nebentätigkeit erst nach schriftlicher Genehmigung durch seinen nächsten Disziplinarvorgesetzten ausüben zu dürfen. Er habe sich nicht darauf verlassen dürfen, bereits mit der Ankündigung einer Nebentätigkeit gegenüber dem Kompaniechef und dem Personalfeldwebel über eine solche Genehmigung zu verfügen.

b) Das strafrechtlich als Körperverletzung gewürdigte Verhalten stelle sich als vorsätzlicher Verstoß gegen die Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten auch außerhalb des Dienstes dar (§ 17 Abs. 2 Satz 2 SG ). Die Nichteinhaltung der Vorschriften hinsichtlich der Ausübung von Nebentätigkeiten (§ 20 SG ) begründe zudem einen fahrlässigen Verstoß gegen die Pflicht zum treuen Dienen (§ 7 SG ) sowie einen Verstoß gegen die Pflicht, der Achtung und dem Vertrauen gerecht zu werden, die sein Dienst als Soldat erfordere (§ 17 Abs. 2 Satz 1 SG ). Als Vorgesetzter unterliege der Soldat zudem verschärfter Haftung (§ 10 Abs. 1 SG ).

c) Das Fehlverhalten des Soldaten wiege nicht leicht. Der Soldat disqualifiziere sich durch die Art und Weise der seinem Opfer zugefügten Verletzungen grundsätzlich als Vorgesetzter; dass er es im außerdienstlichen Bereich gezeigt habe, ändere daran nichts. Dies manifestiere sich auch an der strafrechtlichen Verurteilung zu elf Monaten Freiheitsstrafe. Allerdings offenbare die Tat keine gezielt brutale Vorgehensweise. Der Soldat sei nur leicht beschuht gewesen, als er seinem Gegner ins Gesicht getreten habe. Die Ausübung einer Nebentätigkeit ohne schriftliche Genehmigung ziehe schließlich die Vorschriftentreue des Soldaten in Zweifel.

Insgesamt habe der Soldat ein Dienstvergehen begangen, das ihn für eine längere Zeit ungeeignet erscheinen lasse, den Dienstgrad eines Portepeeunteroffiziers einzunehmen. Im Hinblick auf seine desolate finanzielle Situation erscheine eine zusätzliche Kürzung der Dienstbezüge jedoch nicht angebracht. Zu Gunsten des Soldaten seien dessen Nachbewährung und sein sehr gutes Leistungsbild zu berücksichtigen. Die Auswirkungen des Dienstvergehens seien auch gering gewesen.

3. Gegen das der Wehrdisziplinaranwaltschaft am 28. März 2012 zugestellte Urteil hat sie am 20. April 2012 zu Ungunsten des Soldaten Berufung eingelegt und sie in der Berufungshauptverhandlung durch den Bundeswehrdisziplinaranwalt mit Zustimmung des Soldaten darauf beschränkt, die Bemessung der Disziplinarmaßnahme anzufechten. Zur Begründung trägt sie im Wesentlichen vor, die Kammer habe von einer Dienstgradherabsetzung zu Unrecht abgesehen. Es seien dafür weder Milderungsgründe in der Tat noch in der Person des Soldaten gegeben; insbesondere könne eine brutale Vorgehensweise nicht in Abrede gestellt werden.

III

Die gemäß § 115 Abs. 1 Satz 1, § 116 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 WDO form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Wehrdisziplinaranwaltschaft ist zulässig und begründet.

Nachdem der Bundeswehrdisziplinaranwalt das Rechtsmittel rechtswirksam auf die Anfechtung der Bemessung der Disziplinarmaßnahme beschränkt hat, hat der Senat gemäß § 91 Abs. 1 Satz 1 WDO in Verbindung mit § 327 StPO die Tat- und Schuldfeststellungen sowie die disziplinarrechtliche Würdigung des Truppendienstgerichts seiner Entscheidung zugrunde zu legen, ohne an das Verschlechterungsverbot (§ 91 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 331 StPO ) gebunden zu sein.

1. Das Truppendienstgericht ist zu der (Schuld-)Feststellung gelangt, dass der Soldat durch die unter II. 2a) im Einzelnen beschriebene vorsätzliche Körperverletzung ebenfalls vorsätzlich gegen die Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten auch außer Dienst (§ 17 Abs. 2 Satz 2 SG ) sowie durch die ungenehmigt ausgeübte Nebentätigkeit fahrlässig gegen die Pflicht zum treuen Dienen (§ 7 SG ) sowie zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten (§ 17 Abs. 2 Satz 1 SG ) verstoßen und damit ein Dienstvergehen nach § 23 Abs. 1 SG begangen hat. Diese Schuldfeststellungen sind eindeutig und widerspruchsfrei und für den Senat damit bindend. Ob sie vom Truppendienstgericht rechtsfehlerfrei getroffen wurden, darf vom Senat nicht überprüft werden. Denn bei einer auf die Bemessung der Disziplinarmaßnahme beschränkten Berufung wird der Prozessstoff nicht mehr von der Anschuldigungsschrift, sondern nur von den bindenden Tat- und Schuldfeststellungen des angefochtenen Urteils bestimmt. Aufklärungs- und Verfahrensmängel, die die Grundlage der vom Senat somit allein zu treffenden Entscheidung über die Maßnahmebemessung erschüttern könnten, liegen nicht vor (Urteil vom 29. November 2012 - BVerwG 2 WD 10.12 - [...] Rn. 31 m.w.N.).

2. Bei der Bemessung der Disziplinarmaßnahme ist von der von Verfassungs wegen allein zulässigen Zwecksetzung des Wehrdisziplinarrechts auszugehen. Diese besteht ausschließlich darin, dazu beizutragen, einen ordnungsgemäßen Dienstbetrieb wiederherzustellen und/oder aufrechtzuerhalten. Bei Art und Maß der Disziplinarmaßnahme sind nach § 58 Abs. 7 i.V.m. § 38 Abs. 1 WDO Eigenart und Schwere des Dienstvergehens und seine Auswirkungen, das Maß der Schuld, die Persönlichkeit, die bisherige Führung und die Beweggründe des Soldaten zu berücksichtigen.

a) Eigenart und Schwere des Dienstvergehens bestimmen sich nach dem Unrechtsgehalt der Verfehlungen, d.h. nach der Bedeutung der verletzten Dienstpflichten. Danach wiegt das Dienstvergehen schwer.

aa) Die vom Soldaten begangene körperliche Misshandlung ist mit dem Menschenbild des Grundgesetzes und dem Verfassungsprinzip der Wahrung der Menschenrechte unvereinbar. Dadurch hat der Soldat nachhaltig die Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten auch außerhalb des Dienstes verletzt (§ 17 Abs. 2 Satz 2 SG ). Die Pflicht zur Wahrung von Achtung und Vertrauen ist kein Selbstzweck, sondern hat funktionalen Bezug zur Erfüllung des grundgesetzmäßigen Auftrages der Streitkräfte und zur Gewährleistung des militärischen Dienstbetriebs. Ein Soldat bedarf der Achtung seiner Kameraden und Untergebenen sowie des Vertrauens seiner Vorgesetzten, um seine Aufgaben so zu erfüllen, dass der gesamte Ablauf des militärischen Dienstes gewährleistet ist. Dabei kommt es nicht darauf an, ob eine Beeinträchtigung der Achtungs- und Vertrauenswürdigkeit tatsächlich eingetreten ist, sondern nur darauf, ob das festgestellte Verhalten dazu geeignet war (vgl. Urteil vom 13. Januar 2011 - BVerwG 2 WD 20.09 - [...] Rn. 27 m.w.N.). Dies ist hier der Fall, zumal das Verhalten des Soldaten vom Strafgericht als strafrechtlich relevant festgestellt und mit 11 Monaten Freiheitsstrafe (auf Bewährung) massiv sanktioniert worden ist.

Nach Art. 1 Abs. 1 GG ist die Würde des Menschen unantastbar; sie zu achten und zu schützen, ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt. Dieses Gebot kann innerhalb wie außerhalb der Streitkräfte nicht unterschiedlich gelten. Wie der Senat ferner in ständiger Rechtsprechung hervorhebt, ist auch die körperliche Unversehrtheit eines jeden Menschen durch Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG gewährleistet. Diese Grundrechte bedürfen nicht nur im militärischen Bereich besonderer Beachtung, da ihre Verletzung als Wehrstraftat mit Freiheitsstrafe bedroht ist (§§ 30 , 31 WStG ), sondern derartige Verstöße sind auch generell durch das Kriminalstrafrecht, das dem allgemeinen Rechtsfrieden dient, sanktioniert. Diesen Verpflichtungen hat der Soldat auch außer Dienst sowie außerhalb dienstlicher Unterkünfte und Anlagen jederzeit zu entsprechen (vgl. Urteil vom 7. März 2013 - BVerwG 2 WD 28.12 - Rn. 28 m.w.N.). Unvereinbar ist damit, einen bereits hilflos auf dem Boden liegenden Menschen, der mehrfach darum bittet, davon abzulassen, fortgesetzt mit Schlägen und Fußtritten auch in den besonders sensiblen Gesichtsbereich zu traktieren.

bb) Hinzu tritt die ungenehmigte Nebentätigkeit des Soldaten, die unter Verstoß gegen § 20 Abs. 1 SG erfolgte. Sinn und Zweck dieser Regelung liegt darin, in einem Genehmigungsverfahren vorab zu prüfen, ob die Inanspruchnahme durch die Nebentätigkeit nach ihrer Art und ihrem Umfang mit der ordnungsgemäßen Erfüllung der dienstlichen Pflichten in Einklang steht oder ob eine Interessenkollision mit den dienstlichen Pflichten des Soldaten auszuschließen ist. Das Genehmigungserfordernis dient mithin der Gewährleistung der zentralen Pflicht zum treuen Dienen, durch die der Soldat gehalten ist, dem Dienstherrn seine volle Arbeitskraft zur Verfügung zu stellen (Urteil vom 28. April 2004 - BVerwG 2 WD 20.03 - [...] Rn. 3).

cc) Eigenart und Schwere des Dienstvergehens werden des Weiteren dadurch bestimmt, dass der Soldat aufgrund seines Dienstgrades als Stabsunteroffizier in einem Vorgesetztenverhältnis stand (§ 1 Abs. 3 Satz 1 und 2 SG i.V.m. § 4 Abs. 1 Nr. 2 , Abs. 3 VorgV ). Soldaten in Vorgesetztenstellung obliegt eine höhere Verantwortung für die Wahrung dienstlicher Interessen. Wegen seiner herausgehobenen Stellung ist ein Vorgesetzter in besonderem Maße für die ordnungsgemäße Erfüllung seiner Dienstpflichten verantwortlich und unterliegt damit im Falle einer Pflichtverletzung einer verschärften Haftung, da Vorgesetzte in ihrer Haltung und Pflichterfüllung ein Beispiel geben sollen (§ 10 Abs. 1 SG ). Dabei ist nicht erforderlich, dass es der Soldat bei seinem Fehlverhalten innerhalb eines konkreten Vorgesetztenverhältnisses an Beispielhaftigkeit hat fehlen lassen. Es reicht das Innehaben einer Vorgesetztenstellung aufgrund des Dienstgrades aus (vgl. Urteil vom 7. März 2013 a.a.O. Rn. 30).

b) Das Dienstvergehen hatte nachteilige Auswirkungen für den Geschädigten, der Schmerzen erlitten hat, ärztlich behandelt werden musste und jedenfalls bis zum Zeitpunkt der strafgerichtlichen Verurteilung des Soldaten im April 2011 noch unter der Tat psychisch litt.

Das Bekanntwerden des Dienstvergehens bei den Strafverfolgungsorganen und dem Wehrbeauftragten wirkt sich demgegenüber nicht erschwerend aus. Dieser Umstand allein begründet noch keine nachteiligen Auswirkungen für das Ansehen der Bundeswehr in der Öffentlichkeit, weil diese Institutionen ohne Weiteres in der Lage sind, die Bedeutung von Straftaten einzelner Soldaten für die Funktionsfähigkeit der Streitkräfte realitätsgerecht einzuordnen (Urteil vom 7. Februar 2013 - BVerwG 2 WD 36.12 - Rn. 43). Dass sich die ungenehmigt ausgeübte Nebentätigkeit zulasten des Dienstherrn ausgewirkt oder zu einer Interessenkollision geführt hätte, ist nicht erkennbar. Dagegen spricht auch, dass dem Soldaten für die Ausübung derselben Nebentätigkeit auf seinen Antrag vom 10. Februar 2010 bereits nur eine Woche später die Genehmigung erteilt wurde.

c) Die Beweggründe des Soldaten sprechen gegen ihn. Das Motiv, Konflikte unter Einsatz von Gewalt zu lösen, ist in hohem Maße sozialschädlich, gefährdet das Zusammenleben in der Gesellschaft, das auf eine friedliche Konfliktlösung angewiesen ist, und untergräbt das staatliche Gewaltmonopol. Aus den Augen zu verlieren, dass eine Nebentätigkeit nur - wie dem Wortlaut des § 20 Abs. 1 Satz 1 SG eindeutig zu entnehmen - nach vorheriger Genehmigung ausgeübt werden darf, spricht für Nachlässigkeit in dienstlichen Verwaltungsangelegenheiten.

d) Das Maß der Schuld des Soldaten wird dadurch bestimmt, dass er hinsichtlich der den Schwerpunkt des Dienstvergehens begründenden Körperverletzung vorsätzlich gehandelt hat. Dass ihm wegen der weiteren Pflichtverletzung auch noch Fahrlässigkeit vorzuwerfen ist, mindert die Schuld bei einer Gesamtbetrachtung des Dienstvergehens nicht. Weder in den Umständen der Person noch in den Umständen der Tat liegen Faktoren vor, die die Schuld des Soldaten mildern würden.

e) Im Hinblick auf die Zumessungskriterien "Persönlichkeit" und "bisherige Führung" sprechen zugunsten des Soldaten seine von allen Disziplinarvorgesetzten bestätigten überdurchschnittlichen Leistungen. Zwar hat er sie nach der Tat noch steigern können, dies jedoch nicht bis in die Gegenwart hinein. Der aktuelle Disziplinarvorgesetzte Hauptmann S. hat insoweit ausgesagt, der Soldat habe vor ein bis zwei Monaten eine Leistungsprämie erhalten, anschließend jedoch in seinen Leistungen spürbar nachgelassen. Dieser Umstand sowie vor allem die am 5. März 2010 gegen den Soldaten verhängte Disziplinarbuße verbieten die Annahme einer Nachbewährung. Diese verlangt nicht nur eine dauerhafte Leistungssteigerung, sondern ebenso, dass der Soldat disziplinarisch nicht (erneut) in Erscheinung tritt. Beide Faktoren tragen dem Rechnung, dass die persönliche Integrität eines Soldaten als Eignungsmerkmal gleichberechtigt neben der der fachlichen Qualifikation steht (Urteil vom 16. März 2011 - BVerwG 2 WD 40.09 - [...] Rn. 70).

Dass der Soldat sein Verhalten aufrichtig bereut, war nicht feststellbar. Der Soldat hat sich in der Berufungshauptverhandlung vielmehr darauf beschränkt, die Richtigkeit der strafgerichtlichen Feststellungen zu bestreiten, obwohl sie auf einer umfassenden Beweiserhebung sowie eines Teilgeständnisses des Soldaten beruhen und als Folge eines auch vom - seinerzeit anwaltlich vertretenen - Soldaten erklärten Rechtsmittelverzichts rechtskräftig wurden. In Verbindung mit der gegen den Soldaten wegen Beleidigung und Bedrohung Untergebener verhängten Disziplinarbuße hat der Senat zudem nicht die Überzeugung gewinnen können, dass die unter Anschuldigungspunkt 1 beschriebene Pflichtverletzung mit der Persönlichkeitsstruktur des Soldaten in Widerspruch steht.

f) Bei der Gesamtwürdigung aller vorgenannten be- und entlastenden Umstände ist im Hinblick auf die Bemessungskriterien des § 38 Abs. 1 WDO und die Zwecksetzung des Wehrdisziplinarrechts der Ausspruch einer - gemäß § 58 Abs. 1 Nr. 4 i.V.m. § 62 Abs. 1 Satz 4 WDO zulässigen - Dienstgradherabsetzung erforderlich und angemessen. Weder § 16 Abs. 1 WDO noch § 17 Abs. 2 bis 4 WDO stehen dem entgegen.

Bei der konkreten Bemessung der Disziplinarmaßnahme geht der Senat in seiner gefestigten Rechtsprechung von einem zweistufigen Prüfungsschema aus (vgl. Urteil vom 10. Februar 2010 - BVerwG 2 WD 9.09 - [...] Rn. 35 ff.):

aa) Auf der ersten Stufe bestimmt er im Hinblick auf das Gebot der Gleichbehandlung vergleichbarer Fälle sowie im Interesse der rechtsstaatlich gebotenen Rechtssicherheit und Voraussehbarkeit der Disziplinarmaßnahme eine Regelmaßnahme für die in Rede stehende Fallgruppe als "Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen".

aaa) In der Rechtsprechung des Senats ist bei brutalen körperlichen Misshandlungen durch Soldaten in Vorgesetztenstellung im außerdienstlichen Bereich in aller Regel eine Dienstgradherabsetzung als angemessene Maßnahme betrachtet worden. Eine brutale körperliche Misshandlung liegt nicht nur dann vor, wenn die qualifizierenden Tatbestandsmerkmale nach den §§ 224 bis 227 StGB erfüllt sind, sondern ebenso, wenn in der Verletzungshandlung in der Intensität der Schutzgutverletzung eine kriminelle Energie zum Ausdruck kommt, die mit derjenigen einer gefährlichen Körperverletzung vergleichbar ist und die wegen des Maßes an Disziplinlosigkeit in vergleichbarer Weise Zweifel an der Eignung und Integrität eines Soldaten weckt (Urteil vom 7. März 2013 a.a.O. Rn. 52).

Anders als vom Truppendienstgericht angenommen, liegt ein solcher vergleichbarer Fall vor. Der Soldat hat nach den bindenden truppendienstgerichtlichen Feststellungen, welche wiederum auf den strafgerichtlichen Tatsachenfeststellungen beruhen, auf den am Boden liegenden F. wiederholt eingeschlagen, außerdem mehrfach mit dem Fuß auch gegen dessen Kopfbereich getreten und erst nach wiederholtem Flehen des Todesängste ausstehenden Geschädigten von weiteren Tätlichkeiten abgesehen. Neben massiven Prellungen war Folge dessen auch eine vom Zeitpunkt der körperlichen Misshandlung (im Dezember 2009) bis zumindest zur strafgerichtlichen Verhandlung (im April 2011) lang andauernde psychische Belastung. Dem entspricht, dass das Strafgericht zwar angesichts der vom Soldaten seinerzeit getragenen Mokassins das Vorliegen eines gefährlichen Werkzeugs im Sinne von § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB verneint, jedoch eine Freiheitsstrafe von 11 Monaten verhängt und dabei betont hat, die vom Soldaten ausgeführten Tritte gegen den Oberkörper bzw. Kopfbereich seien zweifellos geeignet gewesen, erhebliche Verletzungen herbeizuführen. Der Soldat habe "auf ein erkennbar wehrloses Opfer mit großer Brutalität eingeschlagen und eingetreten" (S. 5 f. des Urteils des Amtsgerichts ... vom 26. April 2011).

bbb) Soweit es die ungenehmigte Ausübung der Nebentätigkeit betrifft, hat der Senat in einem Fall, in dem ein nach der Pflichtverletzung aus dem aktiven Dienst ausgeschiedener Offizier vorsätzlich und erneut ungenehmigt eine Nebentätigkeit ausgeübt hatte, die Übergangsbeihilfe um die Hälfte gekürzt und damit die für einen Soldaten im Ruhestand niedrigste gerichtliche Disziplinarmaßnahme verhängt (Urteil vom 28. April 2004 - BVerwG 2 WD 20.03 - [...] Rn. 2, 19); dies entspräche bei einem aktiven Soldaten einer Kürzung der Dienstbezüge (§ 58 Abs. 1 Nr. 1 WDO ). In einem anderen Fall hat er bei der ungenehmigten Ausübung einer Nebentätigkeit die für einen unberechtigten Zugriff auf Vermögen des Dienstherrn entwickelten Grundsätze für entsprechend anwendbar gehalten und zum Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen deshalb eine Dienstgradherabsetzung gewählt (Urteil vom 18. Juni 2003 - BVerwG 2 WD 50.02 - Buchholz 235.01 § 38 WDO 2002 Nr. 6 = [...] Rn. 6). Der Fall war dadurch charakterisiert, dass ein Bundeswehrarzt in herausgehobener Stellung zur Ausübung einer ungenehmigten Nebentätigkeit an einer Vielzahl von Werktagen unerlaubt und mehrfach unter wahrheitswidrigen Angaben seine Dienststellen für mehrere Stunden verlassen und dem Dienstherrn dadurch einen Vermögensschaden zugefügt hatte. Die vorliegend begangene Pflichtverletzung ist jedoch nicht dadurch gekennzeichnet, dass der Soldat während seiner Dienstzeit einer Nebentätigkeit nachgegangen wäre. Da sie zudem nicht vorsätzlich, sondern lediglich fahrlässig und auch nicht mehrfach begangen wurde, steht für sie nicht ansatzweise eine Disziplinarmaßnahmeart im Raum, die noch über die bereits durch die Verwirklichung der Körperverletzung indizierte Herabsetzung im Dienstgrad hinausginge.

bb) Auf der zweiten Stufe ist zu prüfen, ob im konkreten Einzelfall im Hinblick auf die in § 38 Abs. 1 WDO normierten Bemessungskriterien und die Zwecksetzung des Wehrdisziplinarrechts Umstände vorliegen, die die Möglichkeit einer Milderung oder die Notwendigkeit einer Verschärfung gegenüber der vorliegend auf der ersten Stufe in Ansatz gebrachten Herabsetzung im Dienstgrad eröffnen. Dabei ist vor allem angesichts der Eigenart und Schwere des Dienstvergehens sowie dessen Auswirkungen zu klären, ob es sich im Hinblick auf die be- und entlastenden Umstände um einen schweren, mittleren oder leichten Fall der schuldhaften Pflichtverletzung handelt. Liegt kein mittlerer, sondern ein höherer bzw. niedrigerer Schweregrad vor, ist gegenüber dem Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen die zu verhängende Disziplinarmaßnahme nach "oben" bzw. nach "unten" zu modifizieren. Für die "Eigenart und Schwere des Dienstvergehens" kann z.B. von Bedeutung sein, ob der Soldat eine herausgehobene Dienststellung hatte, einmalig oder wiederholt oder in einem besonders wichtigen Pflichtbereich versagt hat. Bei den Auswirkungen des Fehlverhaltens sind die konkreten Folgen für den Dienstbetrieb sowie schädliche Weiterungen für das Außenbild der Bundeswehr in der Öffentlichkeit zu berücksichtigen. Hinsichtlich des Zumessungskriteriums "Maß der Schuld" hat der Senat neben der Schuldform und der Schuldfähigkeit das Vorliegen von Erschwerungs- und Milderungsgründen in den Tatumständen in Betracht zu ziehen.

aaa) Hiernach liegt zwar auch unter Einbeziehung der durch die ungenehmigte Nebentätigkeit begangenen Pflichtverletzung kein besonders schwerer Fall vor, der die Grundlage des Vertrauens in die Zuverlässigkeit und Integrität des Soldaten zerstören würde und deshalb zur Verhängung der Höchstmaßnahme führen müsste. Anders als vom Truppendienstgericht angenommen, liegen jedoch ebensowenig Umstände vor, die einen leichteren Fall begründen und zu einer milderen Maßnahmeart führen müssten. Dies käme etwa dann in Betracht, wenn kumulativ eine Nachbewährung des Soldaten, dessen Unrechtseinsicht, die Persönlichkeitsfremdheit der Tat und eine konkret entgangene Beförderung festzustellen wären (Urteil vom 7. März 2003 a.a.O. Rn. 55). Davon kann bei dem Soldaten, der nach den angeschuldigten Pflichtverletzungen durch unangemessenes Verhalten Untergebenen gegenüber erneut disziplinarisch in Erscheinung getreten ist und keine Unrechtseinsicht gezeigt hat, nicht ausgegangen werden. Dies gilt umso mehr, als auch keine konkret entgangene Beförderung festzustellen war, da der Soldat zuvor noch einen Lehrgang absolvieren müsste, dessen Erfolg nicht ohne Weiteres feststünde.

bbb) Der Soldat hat allerdings bis nahezu in die Gegenwart hinein kontinuierlich überdurchschnittlich gute Leistungen erbracht. Namentlich Stabsfeldwebel G. hat betont, er habe es zum ersten Mal erlebt, dass sich ein Soldat trotz eines laufenden Disziplinarverfahrens nicht zurückgelehnt, sondern immer positiv nach vorne geschaut und weiter alles gegeben habe. Die bis vor wenigen Monaten gesteigerten fachlichen Leistungen sind auch nachweisbar mit einer aktuellen Leistungsprämie anerkannt worden. Der Senat trägt diesem für den Soldaten sprechenden Umstand dadurch Rechnung, dass er das Maß der Dienstgradherabsetzung auf einen Grad begrenzt und zugleich die Wiederbeförderungsfrist nach § 62 Abs. 3 Satz 3 WDO verkürzt (vgl. dazu Urteil vom 7. Februar 2013 a.a.O. Rn. 60).

ccc) Die Annahme eines besonderen, die Verkürzung der Wiederbeförderungsfrist rechtfertigenden Grundes im Sinne des § 62 Abs. 3 Satz 3 WDO verbietet sich auch nicht deshalb, weil nach Aussage des Hauptmanns S. bei dem Soldaten aktuell ein Leistungseinbruch vorliegt. Der Soldat hat ihn für den Senat nachvollziehbar damit erklärt, nach seinen mehrjährigen und letztlich auch erfolgreichen Bemühungen, ein konstant hohes Leistungsniveau zu halten, nunmehr frustriert zu sein. Im Lichte des Erziehungszwecks des Disziplinarrechts ist dem - bereits die Nachbewährung ausschließenden - Leistungseinbruch nicht noch zusätzlich durch den Verzicht auf die Verkürzung der Wiederbeförderungsfrist Rechnung zu tragen. Die Frustration des Soldaten ist nicht zuletzt der vom Soldaten nicht zu vertretenden Dauer des Verfahrens geschuldet. Daher erscheint es dem Senat geboten, durch die Verkürzung der Wiederbeförderungsfrist einen Anreiz für die dauerhafte Erhaltung des hohen Leistungsniveaus des Soldaten zu schaffen, damit die pflichtenmahnende Wirkung der Sanktion nicht in ihr Gegenteil umschlägt. Durch die Verkürzung der Wiederbeförderungsfrist soll sich zudem die über die Verlängerung der Verpflichtungszeit des Soldaten entscheidende Dienststelle nicht von vornherein an einer positiven Entscheidung gehindert sehen.

4. Da die Berufung der Wehrdisziplinaranwaltschaft erfolgreich gewesen ist, sind die Kosten des Berufungsverfahrens gemäß § 139 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 1 WDO dem Soldaten aufzuerlegen. Den Soldaten wegen der von dem Bundeswehrdisziplinaranwalt erst in der Berufungshauptverhandlung erklärten Rechtsmittelbeschränkung von diesen Kosten oder von den ihm in dem Berufungsverfahren erwachsenen notwendigen Auslagen zu entlasten (§ 139 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 WDO , § 140 Abs. 3 Satz 3 WDO ), besteht kein Anlass. Kosten, die durch die zunächst uneingeschränkt eingelegte Berufung entstanden und somit - zu Gunsten des Soldaten - ausscheidbar wären, sind nicht entstanden. Die Zeugen Hauptmann N. und Hauptmann S. wären auch im Falle eines bereits bei der Einlegung beschränkten Rechtsmittels zu vernehmen gewesen.

Vorinstanz: TDiG Süd, vom 15.02.2012 - Vorinstanzaktenzeichen TDiG S 5 VL 23/11