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BGH - Entscheidung vom 11.04.2013

2 StR 406/12

Normen:
StGB § 257 Abs. 3 S. 2

Fundstellen:
NStZ 2013, 6
wistra 2013, 345

BGH, Beschluss vom 11.04.2013 - Aktenzeichen 2 StR 406/12

DRsp Nr. 2013/15547

Zahlung einer "Vorausgebühr" für die Überprüfung von Auskünften und Unterlagen vor dem Abschluss eines Darlehensvertrages für die Baufinanzierung eines Interessenten i.R.d. Abgrenzung eines Betruges von der Begünstigung

Tenor

1.

Auf die Revision der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Köln vom 8. Februar 2012 mit den Feststellungen aufgehoben.

2.

Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Normenkette:

StGB § 257 Abs. 3 S. 2;

Gründe

Das Landgericht hat die Angeklagte wegen Begünstigung in neun Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Die Revision der Angeklagten hat mit der Sachrüge Erfolg.

1. Das Landgericht hat, soweit hier von Belang, folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:

Die im Februar 2006 u.a. von dem früheren Mitangeklagten J. gegründete Gesellschaft H. und ihre Nachfolgeunternehmen boten vorgeblich eine "solide Immobilien-Finanzierung für Wohn- und Gewerbeobjekte als Ankauf-Umfinanzierung oder Baufinanzierung, unter Umständen auch bei Bonitätsschwierigkeiten" an.

Von etwaigen Interessenten wurde vor Abschluss eines Darlehens- oder Leasingvertrages eine "Sonderzahlung" bzw. ein "Anfangsfee" verlangt. Sobald der Kunde diese Vorausgebühr bezahlt hatte, überprüfte die sogenannte "Revisionsabteilung" erstmalig dessen Auskünfte bzw. Unterlagen. In der Folge wurde dem Kunden regelmäßig, z.T. wahrheitsgemäß, vorgeworfen, dass seine bisherigen Angaben oder Belege unrichtig oder unvollständig seien. Ihm wurde die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen angedroht, wenn er nicht eine Aufhebungsvereinbarung abschloss, die einen wechselseitigen Anspruchsverzicht vorsah. Dem früheren Mitangeklagten J. , der als faktischer Geschäftsführer agierte, kam es allein darauf an, die gezahlten Vorausgebühren für sich zu vereinnahmen. Die "H. " und ihre Folgefirmen verfügten zu keinem Zeitpunkt über ausreichende Mittel, um die angebotenen Finanzierungen durchzuführen.

Die Angeklagte war seit Mitte 2007 Leiterin der Revisionsabteilung der H. , später auch der Folgefirmen. Spätestens seit Ende Januar/ Anfang Februar 2008 war ihr bewusst, dass die H. und ihre Folgefirmen weder in der Lage waren noch ernsthaft die Absicht hatten, die in Aussicht gestellten Finanzierungen durchzuführen. Im Rahmen ihrer Funktion forderte die Angeklagte in neun festgestellten Fällen (insoweit betreffend Vertragsverhandlungen im Zeitraum von Juli 2007 bis März 2009) nach Zahlung der jeweiligen Vorausgebühren schriftlich bzw. telefonisch weitere, z.T. schon eingereichte Unterlagen nach; teilweise führte sie auch Gespräche mit den Kunden, in denen sie ihnen Vorhaltungen machte, und bot diesen entsprechende Aufhebungsverträge an. Der Angeklagten war bei ihrem Vorgehen bewusst, dass sie damit die jeweils vereinnahmten Vorausgebühren (es handelte sich um Beträge zwischen 17.850 Euro und 250.000 Euro) für die Unternehmen des früheren Mitangeklagten J. sicherte.

2. Der Schuldspruch wegen Begünstigung in neun Fällen hält sachlichrechtlicher Prüfung nicht stand. Das Landgericht hat nicht bedacht, dass die Angeklagte nach den Feststellungen schon an den Betrugstaten des früheren Mitangeklagten J. beteiligt gewesen sein könnte. Einem Schuldspruch wegen Begünstigung würde in diesem Fall die Subsidiaritätsklausel des § 257 Abs. 3 Satz 1 StGB entgegenstehen.

Nach den Feststellungen fuhr die Angeklagte nach Kenntnis von dem betrügerischen Geschäftsmodell des früheren Mitangeklagten J. Ende Januar/Anfang Februar 2008 mit ihrer Tätigkeit im Rahmen der Revisionsabteilung fort, leistete damit einen nicht unwesentlichen Beitrag im Rahmen seines Gesamtkonzepts und sicherte so die vereinnahmten Vorausgebühren. Soweit sie dem früheren Mitangeklagten J. dabei, was auch konkludent erfolgt sein kann, die spätere Vorteilssicherung bereits vor der Ausführung der einzelnen Betrugstaten zugesagt hat, könnte sich ihre Hilfeleistung aber schon auf die Begehung dieser Taten ausgewirkt haben; mit Blick auf diese mögliche Förderung der Betrugstaten käme deshalb schon eine strafbare Beteiligung an diesen in Betracht (vgl. schon Senat, Urteil vom 16. April 1958 - 2 StR 104/58, BGHSt 11, 316, 317; BGH, Beschluss vom 16. November 1993 - 3 StR 458/93, NStZ 1994, 187 , 188).

Die Sache bedarf daher neuer Verhandlung und Entscheidung.

3. Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat auf folgendes hin:

Sollte der Angeklagten eine Beteiligung an der Vortat nicht nachzuweisen sein, wird der neue Tatrichter bei der erneuten Prüfung einer Strafbarkeit wegen Begünstigung folgendes zu berücksichtigen haben:

Die Begünstigung ist nach ständiger Rechtsprechung nur strafbar, soweit dem Vortäter dadurch die unmittelbaren Vorteile der Tat gesichert werden sollen, die er zur Zeit der Begünstigungshandlung noch innehaben muss. Denn um "die" Vorteile der Tat handelt es sich nicht mehr, wenn dem Vortäter sich erst aus der Verwertung der Tatvorteile ergebende wirtschaftliche Werte zugewendet oder gesichert werden sollen (vgl. nur BGH, Beschluss vom 29. April 2008 - 4 StR 148/08, NStZ 2008, 516 mwN). Dabei beeinträchtigen (jedenfalls bei einem Betrug als Vortat) rein finanztechnische Vorgänge die Unmittelbarkeit des erlangten geldwerten Vermögensvorteils (nur) dann nicht, soweit dieser im Zeitpunkt der Begünstigungshandlung wirtschaftlich noch im Vermögen des Vortäters nachvollziehbar vorhanden ist und einem Zugriff zugunsten der Geschädigten offensteht (vgl. BGH, Urteil vom 24. Oktober 1989 - 1 StR 504/89, BGHSt 36, 277 , 281 f.). Diese Voraussetzungen werden durch die bisherige pauschale Feststellung des Landgerichts, dem früheren Mitangeklagten J. habe zum Zeitpunkt der Begünstigungshandlung jeweils ein Kontoguthaben (mindestens) in der der Vorausgebühr entsprechenden Höhe zur Verfügung gestanden, nicht hinreichend belegt. Angesichts der festgestellten erheblichen Zu- und Abflüsse auf den Konten sagt die Höhe des Guthabens zu einem bestimmten Zeitpunkt nichts darüber aus, ob ein zuvor (durch Zahlung der Vorausgebühr) erlangter Guthabenbetrag überhaupt oder jedenfalls - etwa auf Grund eines zurück verfolgbaren Kapitalstroms (vgl. Walter in LK, 12. Aufl., § 257 Rn. 32 ff.) - noch nachvollziehbar im wirtschaftlich zu betrachtenden Gesamtvermögen vorhanden ist. Dies gilt insbesondere deshalb, weil zwischen dem Eingang der Vorausgebühren auf dem Konto und den möglichen Begünstigungshandlungen der Angeklagten mitunter mehrere Wochen liegen und es im Übrigen auch nicht ausgeschlossen ist, dass jedenfalls zwischenzeitlich der Guthabenstand -unter endgültiger Ausgabe des abgeflossenen Geldbetrages -unter die Höhe der jeweiligen Vorausgebühr gefallen sein könnte. Zudem ist insoweit zu berücksichtigen, dass das Konto bei einem nacheinander erfolgenden Zufluss mehrerer Vorausgebühren zum Zeitpunkt der (ersten) Begünstigungshandlung ein Guthaben in der bei den Zahlungen entsprechenden Höhe aufweisen muss.

Der neue Tatrichter wird auch den unterlassenen Ausspruch über die Anrechnung der in den Niederlanden erlittenen Untersuchungshaft nachzuholen haben.

Vorinstanz: LG Köln, vom 08.02.2012
Fundstellen
NStZ 2013, 6
wistra 2013, 345