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BGH - Entscheidung vom 05.03.2013

X ZR 117/09

BGH, Urteil vom 05.03.2013 - Aktenzeichen X ZR 117/09

DRsp Nr. 2013/6851

Verwendung eines textilen Gitters zum Bewehren bitumengebundener Asphaltschichten als Streitpatent

Der Gegenstand vom Patentanspruch des Streitpatents beruht nicht auf erfinderischer Tätigkeit, wenn ein Fachmann bei der Suche nach einer Lösung für dieses Problem auf die gleiche Lösung gekommen wäre.

Tenor

Die Berufung gegen das am 25. Juni 2009 verkündete Urteil des 5. Senats (Nichtigkeitssenats) des Bundespatentgerichts wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

Tatbestand

Die Beklagte ist Inhaberin des mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents 956 392 (Streitpatents), das am 5. Dezember 1997 unter Inanspruchnahme einer Priorität vom 17. Dezember 1996 angemeldet worden ist und die Verwendung eines textilen Gitters zum Bewehren bitumengebundener Asphaltschichten betrifft. Patentanspruch 1, auf den die übrigen zehn Patentansprüche zurückbezogen sind, hat im Einspruchsverfahren in der Verfahrenssprache folgende Fassung erhalten:

"Verwendung eines weitmaschigen, textilen Gitters zum Bewehren bitumengebundener Asphalt-Schichten, insbesondere Straßendecken, das im Wesentlichen aus zwei Sätzen paralleler, lastaufnehmender Fäden (1 und 2) besteht,

- wobei sich ein Satz Fäden (1) in Längsrichtung des Gitters und der andere Satz Fäden (2) quer zur Längsrichtung des Gitters erstreckt und die Fäden (1 und 2) aus Glasfasern oder Chemiefasern wie Polymerisatfasern oder Polykondensatfasern bestehen,

- wobei das Gitter mit einem bitumenaffinen Haftmittel (6) überzogen ist oder die sich kreuzenden Fäden (1, 2) des Gitters aus einem bitumenaffinen, insbesondere an Bitumen haftendem Material bestehen,

- wobei die sich kreuzenden Fäden (1, 2) auf ein dünnes Vlies (3) aufgeraschelt sind, welches vorzugsweise ein Gewicht von 10 bis 100 g/m2 aufweist,

dadurch gekennzeichnet, dass das Vlies (3) mit dem bitumenaffinen Haftmittel (6) behandelt und überzogen ist, wobei das Vlies (3) zur Erzielung einer Luftdurchlässigkeit Öffnungen im Haftmittel-Überzug aufweist und so dünn und deshalb auch so nachgiebig ist, dass es nicht als Trennschicht zwischen der unter dem Gitter und der über dem Gitter befindlichen Asphaltschicht wirkt und trotz des Vlieses eine gute Verzahnung der groben Körner des auf das Gitter aufgebrachten Asphalt-Mischguts mit den groben Körnern des unter dem Gitter befindlichen Mischguts erreicht wird."

Die Klägerin hat das Streitpatent mit der Begründung angegriffen, sein Gegenstand gehe über den Inhalt der ursprünglich eingereichten Unterlagen hinaus und sei nicht patentfähig.

Das Patentgericht hat das Streitpatent antragsgemäß für nichtig erklärt. Dagegen wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung. Die Klägerin und ihre Streithelferin, die dem Rechtsstreit in der Berufungsinstanz beigetreten ist, beantragen die Zurückweisung des Rechtsmittels.

Im Auftrag des Senats hat Prof. Dr. P.

ein schriftliches Gutachten erstellt, das er in der mündlichen Verhandlung erläutert und ergänzt hat.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung bleibt ohne Erfolg.

I. Das Streitpatent betrifft in der Fassung, die es im Einspruchsverfahren erhalten hat, die Verwendung eines textilen Gitters zum Bewehren bitumengebundener Asphaltschichten.

1. In der Streitpatentschrift wird ausgeführt, ein mit einem Vliesstoff verbundenes Gitter für die Bewehrung von Asphaltschichten sei aus der europäischen Patentanmeldung 413 295 (D1) bekannt. Der dort offenbarte Vliesstoff solle eine gute Bitumensaugfähigkeit aufweisen, so dass er beim Verlegen des Geotextils bitumenimprägniert werde und als Wassersperre wirke. Aus der deutschen Offenlegungsschrift 2 000 937 sei ein weitmaschiges textiles Gitter zum Bewehren von Straßendecken bekannt, das mit einem bitumenaffinen Haftmittel beschichtet sei. Dieses Gitter habe wegen der Beschichtung eine halbsteife Konsistenz. Deshalb bestehe die Gefahr, dass es im Zeitraum zwischen seiner Verlegung und der Aufbringung der oberen Asphaltschicht verrutsche oder Falten aufwerfe, insbesondere wenn Fahrzeuge darüber führen.

Das Streitpatent betrifft vor diesem Hintergrund das technische Problem, ein Textil zum Bewehren bitumengebundener Asphaltschichten zur Verfügung zu stellen, das besser als die bekannten Gitter auf einer vorbereiteten Ebene haftet und keine Trennschicht zwischen den beiden Schichten der Straßendecke bildet.

2. Zur Lösung dieses Problems schlägt das Streitpatent in Anspruch 1 eine Verwendung vor, deren Merkmale sich wie folgt gliedern lassen:

1.

Ein weitmaschiges textiles Gitter wird zum Bewehren von bitumen-gebundenen Asphalt-Schichten, insbesondere von Straßendecken, verwendet.

2.

Das Gitter besteht im Wesentlichen aus zwei Sätzen paralleler lastaufnehmender Fäden (1, 2).

3.

Die Fäden (1, 2) bestehen aus Glasfasern oder Chemiefasern wie Polymerisatfasern oder Polykondensatfasern.

4.

Ein Satz Fäden (1) erstreckt sich in Längsrichtung des Gitters.

5.

Der andere Satz Fäden (2) erstreckt sich quer zur Längsrichtung des Gitters.

6.

Das Gitter ist in der nachfolgend aufgeführten Weise mit einem bitumenaffinen Haftmittel versehen:

6.1

Entweder ist das Gitter mit dem Haftmittel überzogen

6.2

oder die sich kreuzenden Fäden des Gitters bestehen aus einem bitumenaffinen, insbesondere an Bitumen haftenden Material.

7.

Die sich kreuzenden Fäden sind auf ein dünnes Vlies aufgeraschelt.

8.

Das Vlies weist vorzugsweise ein Gewicht von 10 bis 100 g/m2 auf.

9.

Das Vlies ist mit dem bitumenaffinen Haftmittel behandelt und überzogen.

10.

Das Vlies weist zur Erzielung einer Luftdurchlässigkeit Öffnungen im Haftmittel-Überzug auf.

11.

Das Vlies ist so dünn und deshalb auch so nachgiebig, dass

11.1

es nicht als Trennschicht zwischen der unter dem Gitter und der über dem Gitter befindlichen Asphaltschicht wirkt und

11.2

trotz des Vlieses eine gute Verzahnung der groben Körner des auf das Gitter aufgebrachten Asphalt-Mischguts mit den groben Körnern des unter dem Gitter befindlichen Mischguts erreicht wird.

3. Einige Merkmale bedürfen näherer Erörterung.

a) In der Streitpatentschrift wird nicht ausdrücklich ausgeführt, unter welchen Voraussetzungen ein Gitter als weitmaschig im Sinne von Merkmal 1 anzusehen ist. Der Funktion, die dem Gitter nach dem Streitpatent zukommt, und den in der Streitpatentschrift enthaltenen Ausführungen zum Stand der Technik ist jedoch zu entnehmen, dass die Maschenweite deutlich größer sein muss als der größte Korndurchmesser des zur Anwendung gelangenden Mischguts.

Aus Merkmal 11 ergibt sich, dass das textile Gitter zur Bewehrung zwischen zwei aufeinanderliegenden Asphaltschichten verwendet werden soll. Einem in dieser Weise verwendeten textilen Gitter kommt, wie der gerichtliche Sachverständige näher erläutert hat, die Funktion zu, im Asphalt auftretende Zugkräfte aufzunehmen und so der Bildung oder Ausdehnung von Rissen entgegenzuwirken. Hierzu muss die Bewehrung möglichst geradlinig in einer Ebene wirken können. Andererseits sollten die beiden aneinandergrenzenden Asphaltschichten möglichst gut miteinander verbunden sein. Dies kann erreicht werden, indem die Maschenweite des Gitters so ausgewählt wird, dass sie deutlich über dem größten Korndurchmesser jedenfalls der oberen Asphaltschicht liegt.

Diese Überlegungen liegen auch dem Streitpatent zugrunde. In der Streitpatentschrift wird ausgeführt, die Maschenweite sollte vorzugsweise zwei- bis zweieinhalbmal größer sein als der größte Korndurchmesser des zur Anwendung gelangenden Mischguts (Sp. 1 Z. 45 bis 49). Diese Ausführungen setzen sich zwar mit dem Stand der Technik auseinander. Als Nachteil von bekannten Gittern mit diesen Merkmalen wird in der Streitpatentschrift jedoch nur deren halbsteife Konsistenz angegeben, die zu Schwierigkeiten beim Verlegen führe. Diese Schwierigkeiten werden nach dem Streitpatent dadurch überwunden, dass ein zur Bewehrung geeignetes, weitmaschiges Gitter auf ein Vlies aufgebracht wird. Eine besondere, vom Stand der Technik abweichende Geometrie dieses Gitters ist in der Streitpatentschrift nicht beschrieben. Daraus ergibt sich, dass die Maschenweite des Gitters deutlich, vorzugsweise zwei- bis zweieinhalbmal, größer sein muss als der größte Korndurchmesser des zur Anwendung gelangenden Mischguts.

b) Die Eigenschaften des in den Merkmalen 8 bis 11 näher definierten Vlieses, auf das die sich kreuzenden Fäden des Gitters aufgeraschelt sind, müssen ebenfalls auf die Beschaffenheit des zur Anwendung gelangenden Mischguts abgestimmt sein.

Dem Vlies kommt nach den Ausführungen in der Streitpatentschrift die Funktion zu, die Haftung des verlegten Gitters auf der unteren Asphaltschicht -die in diesen Zusammenhang in Abweichung von dem nach den Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen üblichen Sprachgebrauch als Planum bezeichnet wird - erheblich zu verstärken und dennoch eine gute Verzahnung der beiden Asphaltschichten zu erreichen (Sp. 2 Z. 16 bis 26). Hierzu ist das verwendete Vlies gemäß Merkmal 11 so dünn und nachgiebig ausgebildet, dass es nicht als Trennschicht zwischen den beiden Asphaltschichten wirkt, sondern eine gute Verzahnung zwischen diesen beiden Schichten ermöglicht.

Damit trotz Verwendung eines Vlieses eine gute Verzahnung der Asphaltschichten erreicht werden kann, muss nach den Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen das Vlies so ausgestaltet werden, dass es sich der Rauigkeit der Unterlage gut anpassen kann, aber beim Ineinandergreifen der beiden Schichten nicht abgeschert wird. Welche Materialstärke und Nachgiebigkeit das Vlies nach dem Streitpatent aufweisen muss, hängt mithin von der Beschaffenheit der beiden Asphaltschichten ab, deren Verzahnung es ermöglichen soll. Je größer die Unebenheiten der unteren Schicht sind, umso größer muss die Nachgiebigkeit des Vlieses sein.

II. Das Patentgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:

Der Gegenstand des Streitpatents gehe nicht über den Inhalt der ursprünglichen Anmeldung hinaus. Dass die in der Anmeldung formulierten Ansprüche im Vergleich zu Patentanspruch 1 ein zusätzliches Merkmal vorgesehen hätten, sei unschädlich. Auch im Übrigen sei Patentanspruch 1 sowohl in der erteilten als auch in der geltenden Fassung zulässig, da er im Wesentlichen auf einer einschränkenden Zusammenfassung der ursprünglichen Ansprüche mit Stellen aus der Beschreibung sowie einer zulässigen Kategorieänderung beruhe.

Der Gegenstand des Streitpatents beruhe aber nicht auf erfinderischer Tätigkeit. Der Fachmann, ein Bauingenieur der Fachrichtung Tiefbau/Straßenbau mit besonderen Kenntnissen im Bereich geotextiler Bahnmaterialien, habe der europäischen Patentanmeldung 413 295 (D1) entnehmen können, dass die konzeptbedingten Vorteile eines Vliesstoffs und eines Gittergewebes durch einen Verbund beider Materialien kombiniert werden könnten. Dabei trete das Problem auf, dass sich die zur Steigerung der Haftfähigkeit mit einem Haftmittel überzogene Materialbahn nur mit großem Aufwand exakt verlegen lasse, weil sich häufig Lufteinschlüsse bildeten, die aufgrund der dichten Struktur nicht entweichen könnten. Bei der Suche nach einer Lösung für dieses Problem habe der Fachmann Anlass gehabt, sich auf dem einschlägigen Gebiet solcher Textilien umzusehen. Dies habe ihm das Produkt Macrit GTV/31 nahegelegt, das vor dem Prioritätstag bereits bei geotechnischen Befestigungsmaßnahmen im Straßen-, Eisenbahn- und Wasserbau eingesetzt worden sei.

III. Diese Beurteilung hält der Überprüfung im Berufungsverfahren im Ergebnis stand.

1. Zu Recht hat das Patentgericht den Gegenstand von Patentanspruch 1 als neu angesehen.

a) Die auch in der Streitpatentschrift angeführte europäische Patentanmeldung 413 295 (D1) offenbart ein Geotextil für die Bewehrung von Asphaltschichten im Straßenbau, das viele der im Streitpatent aufgeführten Merkmale aufweist, jedenfalls aber nicht die Merkmale 10 und 11.

Wie bereits das Patentgericht zutreffend ausgeführt hat, werden in D1 die grundsätzlichen Vor- und Nachteile einer Gitter- und einer Vliesstruktur angeführt und der Vorschlag unterbreitet, die Vorteile durch einen Verbund beider Strukturen zu kombinieren. Anders als bei der vom Streitpatent geschützten Verwendung ist die in D1 offenbarte Vlieskomponente jedoch so ausgebildet, dass sie ein Durchdringen von Wasser verhindert. Sie wirkt damit, wie der gerichtliche Sachverständige bestätigt hat, als Trennschicht und als Hindernis gegen mechanische Verzahnung. Damit fehlt es an Merkmal 11.

Eine andere Beurteilung ergibt sich nicht daraus, dass sich die in D1 offenbarten Bereiche für das Flächengewicht des Vliesstoffs (Sp. 3 Z. 21 bis 24: 50 g/m2 bis 300 g/m2, vorzugweise 100 g/m2 bis 180 g/m2) teilweise mit den in der Streitpatentschrift offenbarten Bereichen (Merkmal 8: 10 g/m2 bis 100 g/m2, Sp. 3 Z. 46 bis 49: 10 g/m2 bis 50 g/m2) überschneiden. Zwar mag ein Vlies bei bestimmten Einsatzbedingungen auch mit den in D1 offenbarten Werten so dünn und nachgiebig sein, dass es nicht mehr als Trennschicht wirkt. In D1 wird eine solche Verwendung jedoch weder offenbart noch nahegelegt. Vielmehr wird es dort gerade als vorteilhaft dargestellt, wenn das Vlies ein Durchdringen von Wasser verhindert (Sp. 4 Z. 14 bis 16).

Entgegen der Auffassung der Klägerin ergibt sich Merkmal 11 auch nicht als zwangsläufige Folge aus der Verwirklichung der in D1 offenbarten Merkmale. Ob ein Vlies wasserdurchlässig ist oder als Trennschicht gegen Wasser wirkt, hängt, wie die Klägerin in anderem Zusammenhang dargelegt hat, nicht allein vom Flächengewicht des Vliesstoffs ab, sondern in erster Linie davon, wie stark das Vlies mit Bitumen getränkt oder imprägniert ist. Der Einsatz eines Vliesstoffs mit den in D1 offenbarten Eigenschaften führt mithin nicht ohne weiteres zur Verwirklichung von Merkmal 11. Entscheidend ist vielmehr, ob und in welcher Weise das Vlies mit Imprägniermitteln versehen wird. Den Ausführungen in D1, in denen die Wasserundurchlässigkeit ausdrücklich hervorgehoben wird, lässt sich auch vor diesem Hintergrund nicht unmittelbar und eindeutig entnehmen, das Vlies so auszugestalten, dass es nicht als Trennschicht wirkt.

Darüber hinaus ist auch Merkmal 10 nicht offenbart. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob ein luftdurchlässiges Vlies als Trennschicht gegen das Durchdringen von Wasser geeignet sein kann. Jedenfalls ist D1 nicht unmittelbar und eindeutig zu entnehmen, dass das Vlies zwar wasserundurchlässig, aber dennoch luftdurchlässig sein soll und dass zu diesem Zweck Öffnungen im Haftmittel-Überzug vorzusehen sind. Solche Öffnungen werden in D1 nicht erwähnt.

b) In der französischen Gebrauchsmusteranmeldung 2 713 253 (D40) ist ein Komplexmaterial zur Verstärkung von Asphalt offenbart, das im Wesentlichen demselben Zweck dient wie die vom Streitpatent geschützte Verwendung, aber nicht das Merkmal 11 aufweist.

Auch in D40 werden als Nachteile einer Gitterstruktur die Schwierigkeiten beim Verlegen und beim Befahren mit Fahrzeugen vor der Aufbringung der oberen Asphaltschicht geschildert. Zur Vermeidung dieser Nachteile wird ein Komplexmaterial offenbart, das aus einem Gitter und einem Vlies besteht. Das Vlies wird mit Hilfe einer auf den Untergrund angebrachten Haftschicht befestigt. Es besteht aus einem Material, das beim Aufbringen der oberen Asphaltschicht zerstört wird, wenn dessen Temperatur 150°C oder mehr beträgt. Dadurch erhält das Material eine Gitterstruktur, wodurch eine optimale Verbindung zwischen dem Untergrund und der Deckschicht erreicht wird.

Wie bei der vom Streitpatent geschützten Verwendung können folglich auch mit dem in D40 offenbarten Material die Vorteile, die eine Vliesstruktur beim Verlegen und vor dem Aufbringen der oberen Asphaltschicht bietet, genutzt werden, ohne die Verbindung zwischen den beiden Asphaltschichten zu beeinträchtigen. Weil die in D40 offenbarte Vliesstruktur beim Aufbringen der oberen Asphaltschicht zerstört wird, fehlt es jedoch an Merkmal 11. Zwar ist in der Streitpatentschrift nicht explizit ausgeschlossen, dass das verwendete Vlies aus wärmeempfindlichem Material besteht, das jedenfalls bei bestimmten Arten von Asphalt zerstört wird. Nach Merkmal 11 werden die mit dem Streitpatent angestrebten Wirkungen - Durchlässigkeit und gute Verzahnung zwischen den beiden Asphaltschichten - jedoch durch geringe Stärke und durch Nachgiebigkeit des Vlieses erreicht. Dies setzt implizit voraus, dass das Vlies auch nach dem Aufbringen der Oberschicht noch vorhanden ist.

c) Die sonstigen Entgegenhaltungen liegen weiter ab und bedürfen keiner eingehenderen Befassung. Auch in diesen Entgegenhaltungen sind jedenfalls die Merkmale 1, 10 und 11 nicht offenbart.

2. Zu Recht ist das Patentgericht zu dem Ergebnis gelangt, dass der Gegenstand von Patentanspruch 1 des Streitpatents nicht auf erfinderischer Tätigkeit beruht.

a) Im Stand der Technik war aus verschiedenen Entgegenhaltungen bekannt, dass der Bildung von Rissen in Straßenbelägen aus Asphalt durch Einbau von Geotextilien entgegengewirkt werden kann. Zu den als geeignet angesehenen Maßnahmen gehörten die Bewehrung einer Asphaltschicht mit einer gitterförmigen Textilstruktur, um schon die Bildung von Rissen zu verhindern, sowie der Einbau einer Zwischenlage aus Vliesstoff, um eine Abdichtung gegen Wasser zu erreichen und die Fortpflanzung von Rissen von einer Asphaltschicht in die andere zu verhindern. Bekannt waren auch Kombinationen aus Vlies und Gitter, die im Vergleich zu einer bloßen Gitterstruktur zusätzliche Vorteile beim Verlegen bieten. Bei dem in D1 offenbarten Geotextil dient die Kombination beider Strukturen zusätzlich auch der Verwirklichung aller anderen Funktionen, die mit einem Vlies erreicht werden können. Bei der in D40 offenbarten Kombination hat das Vlies hingegen lediglich die Funktion, in der Verlegephase bis zum Aufbringen der oberen Asphaltschicht eine leichtere Bearbeitung zu ermöglichen; eine gegen Wasser abdichtende oder die beiden Schichten trennende Wirkung wird dagegen zugunsten einer guten Verzahnung der beiden Asphaltschichten vermieden.

Aus diesen unterschiedlichen Ausgestaltungen ergab sich für den Fachmann, dass eine Kombination aus Vlies und Gitter nicht nur dann eingesetzt werden kann, wenn eine Dicht- oder Trennwirkung angestrebt wird, sondern dass die Verwendung eines Vlieses als Verlegehilfe auch dann sinnvoll ist, wenn eine gute Verzahnung der beiden Asphaltschichten erreicht werden soll.

Aus D40 ergab sich für den Fachmann zusätzlich der Hinweis, dass der dort offenbarte Weg, die Vliesschicht so auszugestalten, dass sie sich beim Aufbringen der oberen Asphaltschicht durch Wärmeeinwirkung auflöst und damit eine optimale Verzahnung der beiden Asphaltschichten ermöglicht, nur gangbar ist, wenn die für die Auflösung erforderliche Mindesttemperatur erreicht wird, die in D40 mit 150°C angegeben ist.

Dies gab dem Fachmann Anlass, nach Abwandlungen zu suchen, bei denen die in D40 beschriebenen Funktionen des Vlieses auch dann verwirklicht werden können, wenn die genannte Temperaturgrenze nicht erreicht wird. Ausgehend davon hatte der Fachmann Veranlassung, nach anderen Verbundmaterialien zu suchen, bei denen dem Vlies zwar die in D1 und D40 beschriebene Funktion als Verlegehilfe zukommt, nicht aber die in D1 zusätzlich angestrebte Dichtungs- und Trennfunktion.

Eine solche Suche führte den Fachmann jedenfalls zu dem Material Macrit GTV/31, das ausweislich der in LS 6.3 veröffentlichten Anzeigen schon vor dem Prioritätstag auch für Bodenbewehrung und Bitumendecken angeboten worden ist und das ein perforiertes, dünnes und nachgiebiges Vlies aufweist. Zwar war dieses Material aufgrund der geringen Maschenweite des Gitters für die vom Streitpatent geschützte Verwendung allenfalls in Ausnahmefällen geeignet. Für den mit der Herstellung von Verbundmaterialien betrauten Fachmann, der die im Stand der Technik bekannten weitmaschigen Gitter entsprechend der Anregung aus D40 mit einem besser geeigneten Vlies kombinieren wollte, stellte dies aber keinen Grund dar, diese Anregung zu verwerfen. Er konnte die Maschenweite des Gitters ohne weiteres an den angestrebten Verwendungszweck anpassen und hatte aufgrund der Anregung in D40 auch Anlass hierzu.

Entgegen der Auffassung der Beklagten ist den Ausführungen in D40 kein Vorurteil dahin zu entnehmen, dass die Vliesschicht nach dem Aufbringen der oberen Asphaltschicht nicht mehr vorhanden sein darf. In D40 ist der Gedanke, von den vorteilhaften Wirkungen eines Vlieses nur während des Verlegens Gebrauch zu machen, zwar gewissermaßen in Reinform verwirklicht. Dieser Vorschlag führt aber nicht zu der Schlussfolgerung, das Vlies müsse zwingend zerstört werden. Als entscheidende Anregung ergibt sich aus D40 vielmehr, das Vlies so auszugestalten, dass es nach dem Aufbringen der oberen Asphaltschicht nicht als Trennschicht wirkt. Dass dies auch mit einem Vlies möglich ist, das beim Aufbringen der oberen Asphaltschicht nicht zerstört wird, aber so dünn und nachgiebig ist, dass es einer Verzahnung der beiden Asphaltschichten nicht im Wege steht, ergab sich für den Fachmann spätestens bei der Betrachtung am Markt erhältlicher Materialien wie Macrit GTV/31, das ein solches Vlies bereits aufwies.

b) Ob Macrit GTV/31 am Prioritätstag bereits mit einem Haftmittelüberzug mit den in den Merkmalen 6, 9 und 10 definierten Eigenschaften verfügbar war, bedarf keiner Aufklärung. Die Ausgestaltung des Vlieses und des Gitters in dieser Weise war jedenfalls durch D40 und D1 nahegelegt.

Bei dem in D40 geschilderten Ausführungsbeispiel wird eine Haftschicht in Form einer Bitumenemulsion zwar vor dem Verlegen des Verbundmaterials auf die untere Asphaltschicht aufgebracht (S. 5 unten). Als Alternative wird aber in Betracht gezogen, auf diejenige Seite, die mit dem Boden in Kontakt sein soll, -also auf die Unterseite des Vlieses (S. 6 oben) - einen Stoff mit Hafteigenschaften aufzubringen (S. 7). Der Fachmann hatte mithin Anlass, das Vlies mit einem bitumenaffinen Haftmittel zu überziehen.

Die in D40 angestrebte Funktion des Vlieses, das nur als Verlegehilfe, nicht aber als Dicht- oder Trennschicht wirken soll, legte es dabei nahe, den Haftmittelüberzug so auszugestalten, dass das Vlies trotz des Überzugs durchlässig bleibt. Eine solche Ausgestaltung war ohne weiteres möglich. Die Aufbringung eines Haftmittels führt, wie der gerichtliche Sachverständige im Zusammenhang mit D1 erläutert hat, nicht zwingend dazu, dass das Vlies wasserund luftundurchlässig wird. Die Dichtungseigenschaften hängen vielmehr davon ab, wie der Überzug im Einzelnen ausgestaltet wird. Die Vorgabe aus D40, wonach eine Dichtungswirkung zu vermeiden ist, führte den Fachmann mithin dazu, eine Ausgestaltung zu wählen, die dieser Anforderung gerecht wird zum Beispiel dadurch, dass das Haftmittel nicht vollflächig aufgebracht wird.

Die weitere Anregung, das Gitter in der in Merkmal 6 definierten Weise zumindest aus einem bitumenaffinen Material auszugestalten, ergab sich schon aus dessen Zwecksetzung, nämlich der Bewehrung der oberen Asphaltschicht. Unabhängig davon wird auch in D1 ein Vliesstoff mit Bitumensaugfähigkeit als vorzugswürdig bezeichnet (Sp. 3 Z. 19 bis 21). Ferner wird ausgeführt, die Auswahl des Rohstoffs für das Gewebe sei ähnlich wie beim Vliesstoff. Besonders zu bevorzugen sei, beide Komponenten aus dem gleichen Rohstoff herzustellen (Sp. 3 Z. 25 bis 29). Dies gab dem Fachmann auch bei einer Ausgestaltung nach dem Vorbild von D40 Anlass, für das Gitter ebenfalls ein bitumenaffines Material auszuwählen. Den von der Beklagten hervorgehobenen konzeptionellen Unterschieden zwischen D1 und D40 kommt insoweit keine ausschlaggebende Bedeutung zu, weil das Gitter nach beiden Konzepten dieselbe Funktion hat.

IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 121 Abs. 2 PatG und § 97 Abs. 1 ZPO .

Zu den von der Beklagten zu tragenden Kosten des Berufungsverfahrens gehören gemäß § 101 Abs. 2 ZPO auch diejenigen der Streithelferin. Diese gilt entsprechend § 69 ZPO als Streitgenossin der Klägerin (vgl. BGH, Urteil vom 16. Oktober 2007 - X ZR 226/02, GRUR 2008, 60 Rn. 44 - Sammelhefter II).

Von Rechts wegen

Verkündet am: 5. März 2013

Vorinstanz: BPatG, vom 25.06.2009 - Vorinstanzaktenzeichen 5 Ni 82/09 (EU)