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BGH - Entscheidung vom 04.06.2013

XI ZR 188/11

Normen:
ZPO § 286 Abs. 1 S. 1
ZPO § 563 Abs. 1 S. 1

BGH, Urteil vom 04.06.2013 - Aktenzeichen XI ZR 188/11

DRsp Nr. 2013/16239

Schadensersatz gegen eine Bank wegen Aufklärungspflichtverletzung im Zusammenhang mit einem Anlageberatungsvertrag bei einer unterlassenen Aufklärung über die Provisionen

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 4. Zivilsenats des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 9. März 2011 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Beklagten erkannt worden ist.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Normenkette:

ZPO § 286 Abs. 1 S. 1; ZPO § 563 Abs. 1 S. 1;

Tatbestand

Die Kläger nehmen die beklagte Bank auf Rückabwicklung ihrer Beteiligungen an der V. 3 GmbH & Co. KG (im Folgenden: V 3) in Anspruch.

Die Kläger erwarben jeweils nach vorheriger Beratung durch den Mitarbeiter S. der Beklagten Beteiligungen an V 3. Am 17. Juli 2003 zeichneten die Klägerin zu 1 eine Beteiligung an V 3 im Nennwert von 25.000 € zuzüglich Agio in Höhe von 1.250 € sowie der Kläger zu 2 im Nennwert von 35.000 € zuzüglich Agio in Höhe von 1.750 €. Der Kläger zu 2 zeichnete darüber hinaus am 25. November 2003 eine weitere Beteiligung an V 3 im Nennwert von 70.000 € zuzüglich Agio in Höhe von 3.500 €. Der Kläger zu 2 finanzierte die Beteiligungen in Höhe von 10.500 € bzw. 21.000 € durch Darlehen der Beklagten.

Nach dem Inhalt des Verkaufsprospekts sollten 8,9% der Zeichnungssumme und außerdem das Agio in Höhe von 5% zur Eigenkapitalvermittlung durch die V. AG (im Folgenden: V. AG) verwendet werden. Die V. AG durfte laut Prospekt ihre Rechte und Pflichten aus der Vertriebsvereinbarung auf Dritte übertragen. Die Beklagte erhielt für den Vertrieb der Anteile Provisionen in Höhe von 8,25% der Zeichnungssumme. Dies wurde dem Kläger zu 2 nicht offengelegt. Der Klägerin zu 1 wurde vom Berater S. jedenfalls nicht die zutreffende Höhe der für die Beklagte bestimmten Provision mitgeteilt.

Bereits zuvor hatte der Kläger zu 2 durch Vermittlung der Beklagten den Filmfonds " Zweite A. GmbH & Co. KG" (nachfolgend: A II) gezeichnet. Auf Seite 28 des Prospekts zu diesem Fonds war mitgeteilt worden, dass die Beklagte für die Eigenkapitalvermittlung eine Vergütung von 8,5% des Zeichnungskapitals erhielt. Die Zeichnung durch den Kläger zu 2 wurde von der Fondsgesellschaft allerdings nicht mehr angenommen.

Die Kläger verlangen mit ihrer Klage unter Berufung auf mehrere Aufklärungs- und Beratungsfehler, Zug um Zug gegen die Abgabe von Angeboten zur Übertragung der Beteiligungen, Rückzahlung des investierten Kapitals in Höhe von 26.250 € (Klägerin zu 1) bzw. 78.750 € zuzüglich Darlehensbearbeitungsentgelte in Höhe von 500 € (Kläger zu 2), jeweils nebst entgangenen Gewinns in Höhe von 4% ab Zeichnung der Anlagen bis zur Rechtshängigkeit der Klage sowie Prozesszinsen. Darüber hinaus verlangen die Kläger Ersatz vorgerichtlich aufgewandter Kosten eines Güteverfahrens in Höhe von 228,14 € (Klägerin zu 1) bzw. 453,14 € (Kläger zu 2). Des Weiteren begehren die Kläger die Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet ist, sie von allen steuerlichen und wirtschaftlichen Nachteilen aus den Beteiligungen freizustellen, sowie die Feststellung des Annahmeverzugs der Beklagten. Der Kläger zu 2 begehrt schließlich den Ersatz von Zins- und Tilgungszahlungen auf die Darlehen zuzüglich der einbehaltenen Bearbeitungsentgelte in Höhe von insgesamt 24.911,90 € sowie die Feststellung, dass der Beklagten aus den Finanzierungsdarlehen keinerlei Forderungen mehr zustehen.

Das Landgericht hat der Klage im Wesentlichen stattgegeben. Es hat lediglich den vom Kläger zu 2 begehrten Ersatz der Zins- und Tilgungsleistungen um die Bearbeitungsentgelte in Höhe von 500 € gekürzt. Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht, unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen, das landgerichtliche Urteil hinsichtlich des entgangenen Gewinns von der Zeichnung der Anlagen bis zur Rechtshängigkeit abgeändert und die Klage insoweit abgewiesen. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision begehrt die Beklagte weiterhin die vollständige Abweisung der Klage.

Entscheidungsgründe

Die Revision der Beklagten ist begründet und führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht, soweit zum Nachteil der Beklagten entschieden worden ist.

I.

Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit im Revisionsverfahren noch von Interesse, im Wesentlichen ausgeführt:

Die Beklagte habe ihre Pflichten aus dem zwischen den Klägern und der Beklagten zustande gekommenen Anlageberatungsvertrag dadurch verletzt, dass sie die Kläger nicht über die ihr zufließende Provision in Höhe von 8,25% des Anlagebetrags aufgeklärt habe. Insoweit lägen aufklärungspflichtige Rückvergütungen vor, unabhängig davon, ob die Provision aus Ausgabeaufschlägen oder Verwaltungsgebühren stamme. Davon unabhängig müsse die Information des Anlageberaters richtig und vollständig sein. Der Klägerin zu 1 sei im Beratungsgespräch jedoch der falsche Eindruck vermittelt worden, der Beklagten flösse nur das Agio in Höhe von 5% zu. Der Kläger zu 2 sei in den Beratungsgesprächen überhaupt nicht über die Vertriebsprovisionen informiert worden. Auch durch die Übergabe des Emissionsprospekts habe die Beklagte die Kläger nicht hinreichend über die an sie zurückfließenden Entgelte aufgeklärt. Aus dem Prospekt werde nicht deutlich, ob und in welchem Umfang die Beklagte selbst an den dort ausgewiesenen Provisionen mitverdiene. Im Übrigen habe die Beklagte nicht dargetan, dass sie den Prospekt den Klägern so rechtzeitig vor der Zeichnung am 17. Juli 2003 übergeben habe, dass eine umfassende Lektüre möglich gewesen wäre. Die Pflichtverletzung scheitere auch nicht daran, dass die Kläger ausweislich ihrer Anhörung vor dem Landgericht davon ausgegangen seien, die Beklagte werde an den Geschäften "auch verdienen". Das Verschulden der Beklagten werde vermutet. Die Beklagte habe sich nicht entlasten können.

Die unterbliebene Aufklärung sei schließlich kausal für den Erwerb der Beteiligungen durch die Kläger gewesen. Zugunsten der Kläger greife die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens ein. Den der Beklagten obliegenden Beweis, dass die Kläger die Beteiligungen auch bei ordnungsgemäßer Aufklärung über die Rückvergütungen gezeichnet hätten, habe die erstinstanzlich durchgeführte Parteivernehmung nicht erbracht. Zweifel an der Vollständigkeit und Richtigkeit der Feststellungen des Landgerichts bestünden nicht. Nach den vom Landgericht für glaubhaft erachteten Aussagen der Kläger hätten diese allenfalls eine Vergütung der beratenden Bank in Höhe von 5%, nicht jedoch in Höhe von 8,25% akzeptiert. Unerheblich sei, dass der Kläger zu 2 nicht habe angeben können, wie er sich bei der gebotenen Aufklärung verhalten hätte.

Die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens werde auch nicht dadurch erschüttert, dass der Kläger zu 2 wenige Monate vor dem Erwerb der Beteiligungen an V 3 bereits den A II in Höhe von 170.000 € gezeichnet habe, obwohl dort im Anlageprospekt eine Vermittlungsvergütung in Höhe von 8,5% für die Beklagte ausgewiesen worden sei. Es gebe keinen Erfahrungssatz, dass sich ein Anleger zu dem Empfang von Provisionen durch die Hausbank stets und in jedem Fall gleich positioniere. Wie das Landgericht zu Recht ausführe, sei zudem nicht erkennbar, dass der Kläger zu 2 die entsprechende Passage im Prospekt überhaupt zur Kenntnis genommen habe. Es komme hinzu, dass der Kläger zu 2 die Beteiligung an V 3 darlehensfinanziert habe. Seine Angaben in der Parteivernehmung, er hätte die insoweit an die Beklagte zu leistenden Zinsen zusätzlich zur Provision in seine Überlegungen mit einbezogen, seien nachvollziehbar.

II.

Diese Beurteilung hält revisionsrechtlicher Überprüfung nicht in allen Punkten stand.

1. Das Berufungsgericht ist allerdings zu Recht davon ausgegangen, dass die Beklagte ihre aus den nicht mehr im Streit stehenden Beratungsverträgen nach den Grundsätzen des Bond-Urteils (Senatsurteil vom 6. Juli 1993 XI ZR 12/93, BGHZ 123, 126 , 128) folgende Pflicht, die Kläger über die ihr zufließende Provision in Höhe von 8,25% des Zeichnungskapitals aufzuklären, schuldhaft verletzt hat.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats ist eine Bank aus dem Anlageberatungsvertrag verpflichtet, über die von ihr vereinnahmte Rückvergütung aus offen ausgewiesenen Vertriebsprovisionen ungefragt aufzuklären. Aufklärungspflichtige Rückvergütungen in diesem Sinne sind - regelmäßig umsatzabhängige - Provisionen, die im Gegensatz zu versteckten Innenprovisionen nicht aus dem Anlagevermögen, sondern aus offen ausgewiesenen Provisionen wie zum Beispiel Ausgabeaufschlägen und Verwaltungsvergütungen gezahlt werden, deren Rückfluss an die beratende Bank aber nicht offenbart wird, sondern hinter dem Rücken des Anlegers erfolgt. Hierdurch kann beim Anleger zwar keine Fehlvorstellung über die Werthaltigkeit der Anlage entstehen, er kann jedoch das besondere Interesse der beratenden Bank an der Empfehlung gerade dieser Anlage nicht erkennen (vgl. nur Senatsbeschluss vom 9. März 2011 - XI ZR 191/10, WM 2011, 925 Rn. 25 und Senatsurteil vom 8. Mai 2012 - XI ZR 262/10, BGHZ 193, 159 Rn. 17).

Bei den von der Beklagten empfangenen Provisionen handelte es sich, wie der Senat für die Parallelfonds V 3 und V 4 bereits mehrfach entschieden hat, um aufklärungspflichtige Rückvergütungen im Sinne der Senatsrechtsprechung (vgl. nur Senatsbeschluss vom 9. März 2011 XI ZR 191/10, WM 2011, 925 Rn. 26 und Senatsurteil vom 8. Mai 2012 - XI ZR 262/10, BGHZ 193, 159 Rn. 18). Wie der Senat in diesem Zusammenhang ebenfalls schon mehrfach entschieden hat, konnte eine ordnungsgemäße Aufklärung der Kläger über diese Rückvergütungen durch die Übergabe des streitgegenständlichen Fondsprospekts nicht erfolgen, weil die Beklagte nicht als Empfängerin der dort jeweils ausgewiesenen Provisionen genannt ist (Senatsbeschluss vom 9. März 2011 XI ZR 191/10, WM 2011, 925 Rn. 27 und Senatsurteil vom 8. Mai 2012 XI ZR 262/10, BGHZ 193, 159 Rn. 22 mwN).

Schließlich hat das Berufungsgericht rechts- und verfahrensfehlerfrei ein Verschulden der Beklagten angenommen (vgl. nur Senatsbeschlüsse vom 29. Juni 2010 - XI ZR 308/09, WM 2010, 1694 Rn. 5 ff. und vom 19. Juli 2011 XI ZR 191/10, WM 2011, 1506 Rn. 10 ff. sowie Senatsurteil vom 8. Mai 2012 XI ZR 262/10, BGHZ 193, 159 Rn. 24 f., jeweils mwN).

2. Das Berufungsurteil hält revisionsrechtlicher Nachprüfung jedoch nicht stand, soweit das Berufungsgericht die Kausalität der Aufklärungspflichtverletzungen für den Erwerb der Fondsbeteiligungen durch die Kläger bejaht hat.

a) Zutreffend hat das Berufungsgericht allerdings angenommen, dass die Beklagte die Darlegungs- und Beweislast für ihre Behauptung trägt, die Kläger hätten die Beteiligungen auch bei gehöriger Aufklärung über die Rückvergütungen erworben.

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist derjenige, der vertragliche oder vorvertragliche Aufklärungspflichten verletzt hat, beweispflichtig dafür, dass der Schaden auch eingetreten wäre, wenn er sich pflichtgemäß verhalten hätte, der Geschädigte den Rat oder Hinweis also unbeachtet gelassen hätte. Diese sogenannte "Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens" gilt für alle Aufklärungs- und Beratungsfehler eines Anlageberaters, insbesondere auch dann, wenn Rückvergütungen pflichtwidrig nicht offengelegt wurden. Es handelt sich hierbei nicht lediglich um eine Beweiserleichterung im Sinne eines Anscheinsbeweises, sondern um eine zur Beweislastumkehr führende widerlegliche Vermutung (Senatsurteil vom 8. Mai 2012 - XI ZR 262/10, BGHZ 193, 159 Rn. 29 ff. mwN).

Von dieser Beweislastumkehr ist nicht nur dann auszugehen, wenn der Anleger bei gehöriger Aufklärung vernünftigerweise nur eine Handlungsalternative gehabt hätte. Wie der Senat nach Erlass des Berufungsurteils in Abkehr von seiner bisherigen Rechtsprechung entschieden hat (Senatsurteil vom 8. Mai 2012 - XI ZR 262/10, BGHZ 193, 159 Rn. 30 ff. mwN), ist das Abstellen auf das Fehlen eines solchen Entscheidungskonflikts mit dem Schutzzweck der Beweislastumkehr nicht vereinbar. Die Beweislastumkehr greift vielmehr bereits bei feststehender Aufklärungspflichtverletzung ein.

b) Zu Recht hat das Berufungsgericht auch die Kläger als Partei für die Behauptung der Beklagten vernommen, dass der Anteil, den sie aus den im Prospekt ausgewiesenen Vertriebsprovisionen erhalten haben, für die Anlageentscheidungen ohne Bedeutung gewesen sei (vgl. dazu Senatsurteil vom 8. Mai 2012 - XI ZR 262/10, BGHZ 193, 159 Rn. 38 ff. mwN).

Soweit das Berufungsgericht sich durch die Aussage der Kläger als Partei nicht davon überzeugen konnte, dass sie sich an V 3 auch dann beteiligt hätten, wenn sie im Beratungsgespräch über die Provisionszahlung an die Beklagte aufgeklärt worden wären, ist dies rechtlich nicht zu beanstanden. Die Auffassung des Berufungsgerichts, die Kausalitätsvermutung sei durch die Parteivernehmung nicht widerlegt, unterliegt als Ergebnis tatrichterlicher Würdigung gemäß § 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO nur eingeschränkter Überprüfung durch das Revisionsgericht. Dieses kann lediglich prüfen, ob der Streitstoff umfassend, widerspruchsfrei und ohne Verstoß gegen Denk- und Erfahrungssätze gewürdigt worden ist (Senatsbeschluss vom 19. Juli 2011 - XI ZR 191/10, WM 2011, 1506 Rn. 9 mwN). Solche Rechtsfehler liegen hier nicht vor. Das Berufungsgericht hat die Aussagen der Kläger umfassend und widerspruchfrei gewürdigt. Seine Würdigung ist auch zumindest vertretbar.

Etwas anderes ergibt sich, entgegen der Auffassung der Revision, auch nicht aus dem Umstand, dass die Kläger ausweislich ihrer eigenen Angaben von einem Provisionsfluss an die Beklagte dem Grunde nach ausgegangen sind. Zutreffend legt das Berufungsgericht seinen Erwägungen zugrunde, dass die beratende Bank ungefragt nicht nur über das Ob, sondern auch über die Höhe der Rückvergütung aufklären muss, weil der Anleger nur bei Kenntnis auch der Höhe der Rückvergütungen das eigene Interesse der Bank an der Empfehlung der Kapitalanlage richtig einschätzen kann (Senatsurteil vom 19. Dezember 2006 - XI ZR 56/05, BGHZ 170, 226 Rn. 24; Senatsbeschlüsse vom 19 Juli 2011 - XI ZR 191/10, WM 2011, 1506 Rn. 9 und vom 9. März 2011 XI ZR 191/10, WM 2011, 925 Rn. 27 aE). Die tatrichterliche Würdigung des Berufungsgerichts, dass die Offenlegung der Höhe der Provision geeignet gewesen wäre, die Kläger von der Zeichnung abzuhalten, hält der eingeschränkten revisionsrechtlichen Überprüfung stand.

c) Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht allerdings den von der Beklagten vorgetragenen Hilfstatsachen (Indizien) keine Bedeutung beigemessen (vgl. hierzu Senatsurteil vom 8. Mai 2012 - XI ZR 262/10, BGHZ 193, 159 Rn. 42 ff. mwN).

aa) Zu Unrecht hat das Berufungsgericht den unter Zeugenbeweis gestellten Vortrag der Beklagten zum Motiv der Kläger, sich an V 3 zu beteiligen (Steuerersparnis bzw. allenfalls noch Renditechancen und das Sicherungskonzept), nicht berücksichtigt.

Zwar steht der Umstand, dass ein Anleger eine steueroptimierte Anlage wünscht, für sich gesehen der Kausalitätsvermutung nicht entgegen. Ist die vom Anleger gewünschte Steuerersparnis aber nur mit dem empfohlenen Produkt oder anderen Kapitalanlagen mit vergleichbaren Rückvergütungen zu erzielen, kann das den Schluss darauf zulassen, dass an die Bank geflossene Rückvergütungen für die Anlageentscheidung unmaßgeblich waren (Senatsurteil vom 8. Mai 2012 - XI ZR 262/10, BGHZ 193, 159 Rn. 53 mwN).

Dem Vortrag der Beklagten kann entnommen werden, dass sie behauptet, den Klägern sei es vordringlich um die mit V 3 zu erzielende Steuerersparnis gegangen, die alternativ nur mit Produkten zu erzielen gewesen sei, bei denen vergleichbare Rückvergütungen gezahlt worden seien. Das Berufungsgericht hat diesen Vortrag zu Unrecht nicht gewürdigt und, soweit nicht ohnehin unstreitig, den insoweit angetretenen Beweis durch Vernehmung des Beraters S. als Zeugen unbeachtet gelassen.

bb) Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht des Weiteren der Tatsache, dass der Kläger zu 2 bereits zuvor den Filmfonds A II gezeichnet hatte, für dessen Vermittlung die Beklagte Provisionen in Höhe von jeweils 8,5% des Zeichnungskapitals erhalten sollte, keine Bedeutung beigemessen.

Relevante Indizien für die fehlende Kausalität können sich sowohl aus dem vorangegangenen als auch aus dem nachfolgenden Anlageverhalten des Anlegers ergeben. Insbesondere die Kenntnis des Anlegers von Provisionen oder Rückvergütungen, die die beratende Bank bei vergleichbaren früheren Anlagegeschäften erhalten hat, kann ein Indiz dafür sein, dass der Anleger die empfohlene Kapitalanlage auch in Kenntnis der Rückvergütung erworben hätte (Senatsurteil vom 8. Mai 2012 - XI ZR 262/10, BGHZ 193, 159 Rn. 50). Dass die Zeichnung von A II durch den Kläger zu 2 im vorliegenden Fall von der Fondsgesellschaft nicht mehr angenommen wurde, ist unerheblich.

Nach dem revisionsrechtlich zugunsten der Beklagten zu unterstellenden Vortrag der Beklagten ist der Kläger zu 2 bei A II über die dort an die Beklagte geflossenen Vergütungen durch rechtzeitige Prospektübergabe aufgeklärt worden. Die - vom Berufungsgericht unterstellte - unterlassene Kenntnisnahme des Klägers zu 2 von den Prospektangaben steht der Indizwirkung nicht entgegen. Einen rechtzeitig übergebenen Prospekt muss der Anleger im eigenen Interesse sorgfältig und eingehend durchlesen (vgl. Senatsurteile vom 31. März 1992 XI ZR 70/91, WM 1992, 901 , 904 und vom 26. Februar 2013 XI ZR 345/10, [...] Rn. 33; BGH, Urteil vom 6. März 2008 III ZR 298/05, WM 2008, 725 Rn. 9 aE). Wurde der Anleger von der Bank ordnungsgemäß mittels Übergabe eines fehlerfreien Prospektes aufgeklärt, nimmt er die Informationen jedoch nicht zur Kenntnis, geht das grundsätzlich zu seinen Lasten. Das gilt zwar nur in Bezug auf die konkrete Anlageentscheidung, die die Prospektübergabe vorbereiten soll. Jedoch kann dieses Verhalten hinsichtlich nachfolgender Anlageentscheidungen ein Indiz dafür sein, dass der Anleger auch bei diesen die Information über die Höhe und den Empfänger von Vertriebsprovisionen ignoriert hätte (Senatsurteil vom 26. Februar 2013 XI ZR 345/10, [...] Rn. 33).

III.

Das Berufungsurteil ist deshalb aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO ). Da die Sache nicht zur Endentscheidung reif ist, ist sie zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO ).

1. Das Berufungsgericht wird den Zeugen S. zu den Anlagemotiven, soweit diese nicht ohnehin unstreitig oder gegebenenfalls bereits durch die Parteivernehmung erwiesen sind, zu vernehmen haben. Soweit der Kläger zu 2 die ordnungsgemäße und rechtzeitige Aufklärung über Rückvergütungen bei der Zeichnung des Filmfonds A II bestreitet, wird das Berufungsgericht gegebenenfalls auch die insoweit angebotenen Beweise zu erheben haben. Die danach zu berücksichtigenden, gegen die Kausalität sprechenden Indizien wird das Berufungsgericht schließlich in einer Gesamtschau mit den Aussagen der Kläger als Partei zu würdigen haben. Insoweit wird es im Rahmen der Gesamtschau auch zu berücksichtigen haben, dass die Kläger dem Grunde nach ohnehin mit einem - nicht unerheblichen - Provisionsfluss an die Beklagte rechneten.

Im Übrigen wird das Berufungsgericht, soweit es nach erneuter Verhandlung Schadensersatzansprüche in Bezug auf verschwiegene Rückvergütungen verneinen sollte, den sonstigen geltend gemachten Pflichtverletzungen, insbesondere einer Haftung der Beklagten wegen falscher Darstellung der Kapitalgarantie (vgl. Senatsbeschluss vom 19. Juli 2011 XI ZR 191/10, WM 2011, 1506 Rn. 13 ff.; vgl. auch Henning, WM 2012, 153 ff. mwN), nachzugehen haben. Sollte das Berufungsgericht insoweit eine Aufklärungspflichtverletzung bejahen, dürfte die Widerlegung der dann eingreifenden Kausalitätsvermutung bereits nach dem Vortrag der Beklagten, den Klägern sei es auch auf das Sicherungskonzept der Schuldübernahme angekommen, ausscheiden.

2. Bezüglich der Feststellungsanträge hinsichtlich der wirtschaftlichen und steuerlichen Nachteile aus den Beteiligungen weist der Senat vorsorglich darauf hin, dass die Anträge dahingehend ausgelegt werden können und auszulegen sind, dass die Ersatzpflicht der Beklagten nicht jene steuerlichen Nachteile umfasst, die aus der Einkommensbesteuerung der Ersatzleistungen resultieren. Diese Nachteile wurden bereits abschließend (und zutreffend) bei Bemessung der Ersatzleistungen aufgrund pauschalisierender Betrachtungsweise der steuerlichen Vor- und Nachteile im Rahmen der Vorteilsausgleichung berücksichtigt (vgl. BGH, Urteile vom 1. März 2011 - XI ZR 96/09, WM 2011, 740 Rn. 8 f. und vom 23. April 2012 - II ZR 75/10, WM 2012, 1293 Rn. 40).

3. Schließlich weist der Senat darauf hin, dass nicht ersichtlich ist, weshalb die Beklagte zur Rückzahlung von investiertem Eigenkapital an den Kläger zu 2 in Höhe von 26.500 € und 52.750 € verurteilt worden ist. Tatsächlich aus Eigenmitteln aufgewandt hat der Kläger zu 2, wie ausdrücklich auch in den Entscheidungsgründen des Berufungsurteils (S. 28) dargestellt, lediglich 26.250 € und 52.500 €. Soweit der Kläger zu 2 höhere Beträge geltend gemacht hat, sind darin die Bearbeitungsentgelte von jeweils 250 € enthalten. Diese wurden vom Kläger zu 2 jedoch tatsächlich (noch) nicht aufgewandt, sondern lediglich von der Beklagten von den Darlehensbruttobeträgen einbehalten. Sie erhöhen daher weder, wie vom Landgericht bereits zutreffend berücksichtigt, die vom Kläger zu 2 geltend gemachten Zins- und Tilgungsleistungen (Landgerichtsurteil S. 26) noch den Anspruch auf Ersatz des aus eigenen Mitteln aufgewandten Zeichnungskapitals.

Von Rechts wegen

Verkündet am: 4. Juni 2013

Vorinstanz: LG Neuruppin, vom 25.05.2010 - Vorinstanzaktenzeichen 5 O 54/09
Vorinstanz: OLG Brandenburg, vom 09.03.2011 - Vorinstanzaktenzeichen 4 U 95/10