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BGH - Entscheidung vom 19.03.2013

X ZR 148/11

BGH, Beschluss vom 19.03.2013 - Aktenzeichen X ZR 148/11

DRsp Nr. 2013/6745

Patentfähigkeit eines Verfahrens zur Diagnose oder Therapiekontrolle der Zöliakie oder Sprue

Gründe

Der Senat ist auf Grund der mündlichen Verhandlung zu folgender vorläufiger Bewertung gelangt:

1. Das Streitpatent betrifft ein Verfahren zur Diagnose oder Therapiekontrolle der Zöliakie oder Sprue.

Nach den Erläuterungen in der Streitpatentschrift war für die Diagnose der Sprue und die Verlaufskontrolle unter glutenfreier Diät im Prioritätszeitpunkt die Dünndarm-Biopsie der "Goldstandard". Zunehmend gewännen aber auch nicht-invasive Methoden der Diagnostik an Bedeutung, die auf immunologischen Markern beruhten. Da in den Seren der Sprue-Patienten Antikörper (Immunglobuline) der Klassen A (IgA) und G (IgG) vorkämen, die zum einen gegen Gliadin und zum anderen gegen ein Autoantigen des Endomysiums, eines speziellen Bindegewebes, gerichtet seien, könnten die Seren im enzymgekoppelten Immunadsorptionstest (ELISA) auf IgG- und IgA-Antikörper gegen Gliadin sowie durch indirekte Immunfluoreszenz auf IgG- und IgA-Antikörper gegen Endomysium getestet werden. Während Antikörper gegen Gliadin nicht spezifisch genug für die Sprue seien, werde für die IgA-Antikörper gegen Endomysium eine hohe Sensitivität und Spezifität berichtet. Für den Immunfluoreszenz-Nachweis würden jedoch Ösophagusschnitte von Primaten benötigt, was als generelle Screeningmethode zu aufwändig sei, einer subjektiven Bewertung unterliege und nicht die Erfassung von Sprue-Patienten mit einer IgA-Defizienz erlaube (Rn. 9 und 13).

Nach den weiteren Ausführungen in der Streitpatentschrift existierte kein nicht-invasiver, spezifischer, quantitativer, schnell, leicht und kostengünstig durchzuführen der Nachweistest für die Sprue/Zöliakie und deren Therapiekontrolle (Rn. 14), womit das der Erfindung zugrunde liegende technische Problem bezeichnet ist.

Um einen solchen Test bereitzustellen, wird in Patentanspruch 1 in der erteilten Fassung ein Verfahren vorgeschlagen, das sich in Anlehnung an das angefochtene Urteil wie folgt gliedern lässt:

1.

Das Verfahren dient der Diagnose oder zur Therapiekontrolle der Zöliakie/Sprue.

2.

Es werden Antikörper gegen Gewebe-Transglutaminase (tTG) aus Körperflüssigkeiten nachgewiesen.

3.

Der Nachweis erfolgt durch eine Immunreaktion mit

3.1

Gewebe-Transglutaminase (tTG),

3.2

immunreaktiven tTG-Sequenzen oder

3.3

Analoga.

4.

Die Immunreaktion wird nicht mit einem Gewebeschnitt eines tierischen oder menschlichen Gewebes durchgeführt.

2. Als Fachmann ist ein promovierter Diplom-Chemiker der Fachrichtung Biochemie, ein promovierter Diplom-Biomechaniker oder ein promovierter Biologe mit jeweils besonderen Kenntnissen und Erfahrungen auf dem Gebiet der Immunologie sowie auf dem Gebiet der Aufarbeitung von Proteinen anzusehen, der mit der Entwicklung von Immuntests oder von Immunreagenzien befasst und vertraut ist (vgl. PGU 17).

3. Ein Analogon im Sinne des Merkmals 3.3 ist eine antigene Struktur (etwa eines Polypeptids oder Proteins), die mit Rezeptoren von Antikörpern gegen Gewebe-Transglutaminase aus Körperflüssigkeiten eine Immunreaktion eingeht und diese dadurch nachweist. Dies erschließt sich dem Fachmann, wenn er sich vor Augen führt, dass in den anderen beiden Varianten des erfindungsgemäßen Verfahrens die Anti-tTG-Antikörper aus Körperflüssigkeit durch eine Immunreaktion mit Gewebe Transglutaminase oder deren immunreaktiven Sequenzen nachgewiesen werden. Entsprechend muss ein Analogon solcher Sequenzen nach der dritten Variante des erfindungsgemäßen Verfahrens gleichfalls über diese Eigenschaft verfügen. Dieses Verständnis von Patentanspruch 1 wird gestützt durch die Beschreibung des Streitpatents, wonach als tTG-Analoga alle antigenen Strukturen verstanden werden, die mit Antikörpern gegen Gewebe-Transglutaminase eine Immunreaktion eingehen wie z.B. synthetische Peptide (Rn. 20).

4. Die Verfahrenslehre aus Patentanspruch 1 in der erteilten Fassung ist neu.

a) Diese wird nicht durch die Veröffentlichung von Mäki, Hällström und Marttinen (The Lancet 338 [1991] 724 f. - K3) und die weitere Veröffentlichung von Marttinen und Mäki (Pediatric Research 34 (1993) 420 bis 423 - K4) vorweggenommen. In der K3 werden zwar sechs gereinigte, aus Fibroblasten fötalen Lungengewebes stammende, nicht kollagene Polypeptide mit einem Molekulargewicht von 18,5 bis 37 kDa beschrieben, die spezifisch mit Autoantikörpern von Zöliakie-Patienten reagieren. Es wird jedoch nicht offenbart, dass es sich bei diesen Polypeptiden um Gewebe-Transglutaminase oder immunreaktive Sequenzen derselben handelt. Infolgedessen ist der Entgegenhaltung auch nicht zu entnehmen, dass die mit ihrem Molekulargewicht identifizierten Polypeptide Epitope aufweisen, die mit Rezeptoren von Anti-tTG-Antikörpern eine Immunreaktion eingehen. Gleiches gilt für die vier in der K4 beschriebenen, aus fötalem Lungengewebe stammenden, nicht kollagenen und gereinigten Polypeptide mit Molekulargewichten von 17 bis 39,5 kDa. Bei diesen konnte ebenfalls eine spezifische Reaktion mit Autoantikörpern von Patienten mit Zöliakie festgestellt werden, ohne dass die Entgegenhaltung jedoch einen Hinweis darauf enthält, dass es sich bei den Polypeptiden gerade um Gewebe-Transglutaminase, immunreaktive Sequenzen derselben oder antigene Strukturen handelt, die mit Anti-tTG-Antikörpern immunologisch reagieren. Zudem wird in keiner der beiden Vorveröffentlichungen ein Verfahren offenbart, das der Diagnose oder der Therapiekontrolle der Zöliakie dient.

b) Die Verfahrenslehre aus Patentanspruch 1 in der erteilten Fassung geht auch nicht aus der deutschen Offenlegungsschrift 195 20 480 (K5) hervor, die nach Art. 54 Abs. 3 EPÜ für die Neuheitsprüfung zu berücksichtigen ist. Darin wird zwar ein Test zur Diagnose von Zöliakie anhand der Bestimmung von Antikörpern in Seren von Patienten mit Zöliakie vorgeschlagen, bei dem als immundiagnostische Reagenzien antigene Polypeptide aus Affendünndarm, aus Rattenleber und/oder aus Schafslunge verwendet werden. Auch die K5 offenbart jedoch nicht, dass es sich bei diesen Polypeptiden um Gewebe-Transglutaminase, immunreaktive Sequenzen derselben oder antigene Strukturen handelt, die mit Anti-tTG-Antikörpern immunologisch reagieren.

c) Das erfindungsgemäße Verfahren ist schließlich auch neu gegenüber der u.a. auf die Erfinder des Streitpatents zurückgehenden Zusammenfassung von Dieterich et al. (Gut, 4th United European Gastroenterology Week, 17-21 September 1995, A 76 f., Abstract 773 K6). In der K6 werden unter Verwendung der mesenchymalen humanen Zelllinie HT 1080 und mittels Immunopräzipitation zwar zwei native Autoantigene der Zöliakie mit einem scheinbaren Molekulargewicht von 90 kDa (zellassoziiert) und einem Molekulargewicht von 300 kDa (ins Medium freigesetzt) identifiziert. Es wird jedoch kein Verfahren aufgezeigt, welches der Diagnose oder Therapiekontrolle der Zöliakie dient. Es bleibt offen, welches der beiden identifizierten Autoantigene zur Herbeiführung einer Immunreaktion im Rahmen eines solchen Diagnose- oder Therapiekontrollverfahren geeignet ist. Zudem wird nicht offenbart, dass das Autoantigen mit einem scheinbaren Molekulargewicht von 90 kDa als den Nachweis von Anti-tTG-Antikörpern aus Körperflüssigkeit erlaubendes Autoantigen in einem Kontrolltestverfahren, wie etwa der indirekten Immunfluoreszenz (vgl. Streitpatent, S. 9 Z. 20 ff.), bestätigt worden ist.

Der Senat vermag auf der Grundlage des bisherigen Sach- und Streitstandes nicht abschließend zu beurteilen, ob der Fachmann Anlass hatte, bei der Lösung des technischen Problems auf den in der K6 offenbarten Lösungsansatz zurückzugreifen und diesen zu einem Verfahren weiter zu entwickeln, das der Diagnose oder der Therapiekontrolle der Zöliakie/Sprue dient, indem Anti-tTG-Antikörper aus Körperflüssigkeiten im Wege einer Immunreaktion mit Gewebe-Transglutaminase oder deren immunreaktiven Sequenzen als Reagenz nachgewiesen werden, ohne dass die Immunreaktion mit einem Gewebeschnitt eines tierischen oder menschlichen Gewebes durchgeführt wird.

Daher soll ein schriftliches Sachverständigengutachten zu folgenden Fragen eingeholt werden.

1. Welche Gesichtspunkte sprechen für und welche sprechen gegen die Annahme, dass der Fachmann die K6 als Ausgangspunkt für Bemühungen um einen verbesserten Nachweistest für Sprue/Zöliakie gewählt hätte?

a) Der Sachverständige soll sich in diesem Zusammenhang insbesondere dazu äußern, was für und gegen die Annahme spricht, dass der Fachmann, der sich um einen verbesserten Nachweis für Sprue/Zöliakie bemühte, eines oder eine Gruppe der ihm in der Fachliteratur als Autoantigene vorgestellten Proteine für weitere Arbeiten zur Entwicklung eines solchen Testverfahrens ausgewählt oder aber keinem der veröffentlichten Ansätze aus damaliger fachlicher Sicht insoweit hinreichende Erfolgsaussichten beigemessen hätte.

Dabei soll der Sachverständige berücksichtigen, dass es zum Prioritätszeitpunkt des Streitpatents (18. Juli 1996) als maßgeblichem Zeitpunkt mehrere Veröffentlichungen gab, in denen zöliakiespezifische Autoantigene diskutiert werden.

(1) Insoweit haben die Beklagten auf Vorveröffentlichungen verwiesen, in denen ein mannosereiches 90-kD-Glykoprotein aus der normalen Haut und der Dünndarmmukosa identifiziert werde, das als Antigen insbesondere für IgG-Antikörper in Seren von Zöliakie-Patienten diskutiert werde (Teppo und Maury, Journal of Immunological Methods, 1984, 327 ff. B19; dies., The Lancet 1984, 892 ff. B20; Maury, Teppo, Vouristo, Turunen, Virtanen, Gut 1986, 147 ff. B21; vgl. auch Streitpatent Rn. 10 ff.).

(2) Mit der K3 und der K4 lagen weiterhin zwei Veröffentlichungen vor, denen der Fachmann wie bereits oben dargelegt - mehrere gereinigte, aus fötalem Lungengewebe stammende, nicht kollagene Polypeptide mit einem Molekulargewicht von 17 bis 39,5 kDA entnehmen konnte, die spezifisch mit Autoantikörpern von Zöliakie-Patienten reagieren.

(3) Zudem gab es die K6, in welcher zwei aus der humanen Zelllinie HT 1080 stammende und durch Immunopräzipitation gewonnene native Autoantigene der Zöliakie mit einem scheinbaren Molekulargewicht von 90 kDA (zellassoziiert) und einem Molekulargewicht von 300 kDa (ins Medium freigesetzt) identifiziert werden.

b) Wenn es im Hinblick auf die vorgenannten Vorveröffentlichungen ein Autoantigen oder eine Gruppe von Autoantigenen gab, mit denen sich aus damaliger fachlicher Sicht besondere Erfolgsaussichten für die Entwicklung eines Nachweisverfahrens verbanden, soll sich der Sachverständige auch dazu äußern, welches Autoantigen oder welche Gruppe von Autoantigenen dies war und welche Gründe es für die besonderen Erfolgsaussichten gab.

Hierbei soll der gerichtliche Sachverständige auch die Erwägung des Patentgerichts mit einbeziehen, der Fachmann habe nicht zuletzt durch die Bezugnahme in dem Abstract auf die Diagnose von Zöliakie anhand des Nachweises von Antikörpern gegen Endomysium bzw. ECM in Gewebeschnitten Anlass gehabt, die K6 als Ausgangspunkt seiner Arbeit zur Entwicklung eines Immuntestes für Zöliakie zu wählen und gerade diese beiden Autoantigene als Reagenzien in einem solchen Immuntest zum Nachweis spezifischer Antikörper in den Körperflüssigkeiten von Patienten mit aktiver Zöliakie in Betracht zu ziehen.

c) Der Sachverständige soll sich ferner dazu äußern, ob bei einzelnen Ansätzen besondere Schwierigkeiten im Hinblick auf die Nacharbeitung der in der Literatur beschriebenen Ergebnisse zu erwarten waren und ob und gegebenenfalls inwiefern diese die Auswahl und die mit ihr verbundene Erfolgserwartung beeinflusst haben.

Hierbei soll der gerichtliche Sachverständige auch die Erwägung des Patentgerichts berücksichtigen, dass es sich bei HT 1080 im Gegensatz zu den in B19 bis B21 verwendeten Zellen um eine schnell wachsende, öffentlich verfügbare und standardisierte Zelllinie handele (PGU 33).

Ferner soll erörtert werden, ob es gegen eine Auswahl der in K6 offenbarten Autoantigene als Ausgangspunkt für die Entwicklung eines verbesserten Tests spricht, dass es sich bei der K6 um eine Vorabveröffentlichung (Abstract) handelt.

d) Weiterhin soll erörtert werden, ob der Umstand, dass die Entgegenhaltungen B19 bis B21 aus den Jahren 1984 bis 1986, die K3 und K4 aus den Jahren 1991 und 1993 und die K6 als jüngste Veröffentlichung aus dem Jahr 1995 stammen, von Bedeutung für die Auswahl des Ausgangspunktes für die Entwicklung eines verbesserten Tests für den Nachweis von Zöliakie/Sprue ist.

2. War der Fachmann - unterstellt, er hatte Anlass, die K6 als Ausgangspunkt für seine Bemühungen um einen verbesserten Nachweistest für Sprue/Zöliakie zu wählen - ohne unzumutbaren Aufwand und ohne hierbei größere Schwierigkeiten überwinden zu müssen in der Lage, die in der K6 beschriebenen Proteine und insbesondere das kleinere von beiden "in die Hand zu bekommen" und als geeignetes Autoantigen zu erkennen?

Bei der Beantwortung dieser Frage sollte der gerichtliche Sachverständige auch die folgenden nachgeordneten Fragen behandeln.

a) Welches der beiden in der K6 identifizierten Proteine bot sich aus fachlicher Sicht als primärer Untersuchungskandidat für ein verbessertes Verfahren zum Nachweis von Zöliakie an?

b) War das Molekulargewicht insoweit ein Auswahlkriterium? Sprach aus fachlicher Sicht für die Auswahl des 90-kDa-Proteins als primären Untersuchungskandidaten, dass dieses als ein kleineres Protein Vorteile bei der Herstellung im Produktionsmaßstab hat, wie dies das Patentgericht angenommen hat (PGU 36)?

c) Wie ist aus damaliger fachlicher Sicht die Angabe in der K6 zu verstehen, dass das Protein mit einem scheinbaren Molekulargewicht von 90 kDa "zellassoziiert" sei, während das Protein mit einem Molekulargewicht von 300 kDa "ins Medium freigesetzt" sei? Lag in diesen Angaben ein Kriterium für die Wahl des primären Untersuchungskandidaten?

d) Sprach aus fachlicher Sicht gegen die Auswahl des 90-kDa-Proteins als primären Untersuchungskandidaten, dass in der K4 ausgeführt wird, das dort extrahierte, epitheliale und extrazelluläre 90-kDa-Glycoprotein scheine nicht das Antigen zu sein, das von Anti-Retikulin-Antikörpern erkannt worden sei (K4, S. 422, r. Sp., letzter Abs. aE; vgl. auch PGU 37)?

e) Standen dem Fachmann aufgrund seiner fachlichen Qualifikation übliche Arbeitsweisen zur Verfügung, um der Anweisung in der K6 zu folgen und die HT-1080-Zellen von menschlichem Fibrosarkom mit S-Methionin für proteinanalytische Zwecke per Autoradiographie zu markieren (vgl. PGU 35 f.)?

f) War der Fachmann aufgrund seiner fachlichen Qualifikation auch in der Lage, die notwendige Immunpräzipitation durchzuführen?

Die Beklagten haben geltend gemacht, dass der Fachmann eine Immunpräzipitation unter Verwendung eines mit Protein A oder einem äquivalenten Aktivator aktivierten Substrats eingesetzt hätte, um eine spezifische Affinitätsbindung zu erzielen, dass er hierbei jedoch auf Schwierigkeiten gestoßen wäre, das Protein in einer zu seiner Charakterisierung ausreichenden Menge und Reinheit zu erhalten. Die Erfindung hätte deshalb einen anderen Weg finden müssen, um das Autoantigen in ausreichender Menge zu erzielen, hierzu die Sepharose mit Bromcyan aktiviert und die Immobilisierung auf diesem aktivierten Substrat von Kaninchen-Antikörpern mittels einer kovalenten Bindung erreicht. Die Klägerin hat demgegenüber zwei Versuchsbeschreibungen (K14 und K15) vorgelegt, um nachzuweisen, dass dem Fachmann unter Einsatz von mit Protein A (oder G) aktivierten Substraten die Identifizierung der Gewebe-Transglutaminase gelingen konnte. Dem ist der gerichtliche Sachverständige aus dem parallelen italienischen Patentverfahren, Dr. Germinario, in seinem ersten Gutachten entgegengetreten (B7/7a Rn. 9, 48 ff.).

Das Patentgericht ist auf die Einwände des Sachverständigen Dr. Germinario nicht eingegangen, hat jedoch angenommen, dass es sich bei der Immobilisierung von Antikörpern durch kovalente Bindung oder durch Affinitätsbindung um gleichermaßen übliche Methoden der Immobilisierung handele und vom Fachmann gegebenenfalls auch erwartet werden könne, dass er sich beider Methoden bediene, wenn die zunächst gewählte nicht zum Ziel führe (PGU 36).

Vor dem Hintergrund dieses Sach- und Streitstandes soll sich der gerichtliche Sachverständige insbesondere dazu äußern,

(1) ob es dem Fachmann aufbauend auf den Informationen, die ihm die K6 vermittelte, und unter Einsatz seines fachlichen Wissens und Könnens ohne größere Schwierigkeiten möglich war, die Immunpräzipitation durchzuführen,

(2) ob es aus fachlicher Sicht Gründe gab, eine der beiden Methoden der Immunpräzipitation (Immobilisierung der Antikörper durch kovalente Bindung oder durch Affinitätsbindung) zu bevorzugen, oder ob diese Methoden gleichermaßen üblich waren,

(3) ob der Fachmann bei Verwendung eines mit Protein A oder einem äquivalenten Aktivator aktivierten Substrats auf die von den Beklagten benannten Schwierigkeiten stieß, und

(4) wenn dies zu bejahen sein sollte, ob dann zu erwarten war, dass der Fachmann der der K6 zu entnehmenden Information nicht weiter nachgegangen wäre, oder anzunehmen ist, dass er in diesem Fall versucht hätte, die Immobilisierung von Antikörpern durch kovalente Bindung zu erreichen?

g) War der Fachmann schließlich aufgrund seines Fachwissens und Fachkönnens in der Lage, das Protein aufzureinigen und dieses in hinreichenden Mengen zu isolieren?

Verkündet am: 19. März 2013

Vorinstanz: BPatG, vom 28.06.2011 - Vorinstanzaktenzeichen 3 Ni 10/10 (EU)