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BGH - Entscheidung vom 20.06.2013

IX ZB 10/13

Normen:
ZPO § 568 S. 2
ZPO § 574 Abs. 1 S. 1 Nr. 2

Fundstellen:
ZInsO 2013, 1409
ZVI 2013, 388

BGH, Beschluss vom 20.06.2013 - Aktenzeichen IX ZB 10/13

DRsp Nr. 2013/16693

Notwendigkeit einer Übertragung des Verfahrens an das Kollegium durch den Einzelrichter im Falle einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache des Verfahrens

Tenor

Auf die Rechtsbeschwerde der Schuldnerin wird der Beschluss der 3. Zivilkammer des Landgerichts Verden vom 15. Januar 2013 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Beschwerdegericht zurückverwiesen.

Der Wert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf (bis zu) 65.000 € festgesetzt.

Normenkette:

ZPO § 568 S. 2; ZPO § 574 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 ;

Gründe

I.

Das Insolvenzgericht hat nach Aufhebung des Verbraucherinsolvenzverfahrens über das Vermögen der Schuldnerin gemäß § 203 Abs. 1 Nr. 3 InsO die Nachtragsverteilung hinsichtlich mehrerer Schmuckstücke im Wert von rund 23.200 € und einer Kapitallebensversicherung in Höhe von 35.721,20 € angeordnet. Hiergegen hat die Schuldnerin sofortige Beschwerde erhoben mit der Behauptung, Eigentümerin des Schmucks beziehungsweise Inhaberin der Rechte an der Versicherungsleistung sei ihre Tochter. Der Einzelrichter des Beschwerdegerichts hat die Beschwerde zurückgewiesen und wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache die Rechtsbeschwerde zugelassen.

II.

Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO statthaft und auch im Übrigen zulässig. Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Beschwerdegericht.

Entscheidet der originäre Einzelrichter - wie hier - in einer Sache, der er rechtsgrundsätzliche Bedeutung beimisst, über die Beschwerde und lässt er die Rechtsbeschwerde zu, so ist die Zulassung wirksam. Auf die Rechtsbeschwerde unterliegt die Entscheidung jedoch wegen fehlerhafter Besetzung des Beschwerdegerichts der Aufhebung von Amts wegen, weil der Einzelrichter in Rechtssachen, denen er grundsätzliche Bedeutung beimisst, zwingend das Verfahren an das Kollegium zu übertragen hat. Bejaht er mit der Zulassungsentscheidung zugleich die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache, ist seine Entscheidung objektiv willkürlich und verstößt gegen das Verfassungsgebot des gesetzlichen Richters nach Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG (BGH, Beschluss vom 13. März 2003 - IX ZB 134/02, BGHZ 154, 200 , 201 ff; vom 28. Juni 2012 - IX ZB 298/11, ZInsO 2012, 1439 Rn. 3 mwN).

III.

Die angefochtene Entscheidung ist daher aufzuheben und die Sache zur erneuten Entscheidung an den Einzelrichter zurückzuverweisen (§ 577 Abs. 4 Satz 1 ZPO ), damit er die gegebenenfalls nach § 568 Satz 2 ZPO erforderliche Übertragungsentscheidung treffen kann.

Für das weitere Verfahren weist der Senat darauf hin, dass die Zugehörigkeit eines nachträglich ermittelten Gegenstands zur Masse des noch laufenden (§ 203 Abs. 1 InsO ) oder bereits aufgehobenen (§ 203 Abs. 2 InsO ) Insolvenzverfahrens tatbestandliche Voraussetzung der Anordnung einer Nachtragsverteilung nach § 203 Abs. 1 Nr. 3 InsO ist. Sie kann deshalb nicht vom Insolvenzgericht offen gelassen und entsprechend § 47 Satz 2 InsO der Klärung im ordentlichen Verfahren überlassen werden. Vielmehr hat das Insolvenzgericht von Amts wegen die erforderlichen Ermittlungen anzustellen und kann dazu auch Beweise erheben (§ 5 Abs. 1 InsO ). Das Recht eines Dritten, seine Berechtigung an dem Gegenstand vor den ordentlichen Gerichten zu verfolgen, bleibt davon unberührt.

Vorinstanz: AG Walsrode, vom 31.05.2012 - Vorinstanzaktenzeichen 11 IK 192/10
Vorinstanz: LG Verden, vom 15.01.2013 - Vorinstanzaktenzeichen 3 T 80/12
Fundstellen
ZInsO 2013, 1409
ZVI 2013, 388