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BFH - Entscheidung vom 29.05.2013

X B 254/12

Normen:
§ 15 Abs 2 EStG 2002
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1
EStG § 15 Abs. 1

BFH, Beschluss vom 29.05.2013 - Aktenzeichen X B 254/12

DRsp Nr. 2013/16934

Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde betreffend die rechtliche Einordnung der Veräußerung von bebauten Grundstücken als gewerblicher Grundstückshandel mangels grundsätzlicher Bedeutung

NV: Anders als bei der Frage, ob dem Grunde nach ein gewerblicher Grundstückshandel gegeben ist, kann hinsichtlich der Zuordnung weiterer Objekte zum Betriebsvermögen eines bereits bestehenden Grundstückshandels auch den vom Steuerpflichtigen abgegebenen Erklärungen Bedeutung zukommen (Abgrenzung zum Senatsurteil vom 18. August 2009 X R 25/06, BFHE 226, 77 , BStBl II 2009, 965 ).

Normenkette:

FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1 ; EStG § 15 Abs. 1 ;

Gründe

I. Die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) sind Eheleute, die im Streitjahr 2002 zur Einkommensteuer zusammenveranlagt wurden und jeweils u.a. Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielten.

Der Kläger erwarb im Jahr 1999 ein unbebautes Grundstück, auf dem er anschließend zwei Gebäude mit je sieben Wohnungen errichtete. Am 13. April 2000 --noch während der Bauzeit-- teilte er die Gebäude in Wohneigentumseinheiten auf. Die Wohnungen im Haus I wurden am 1. Oktober 2000 bezugsfertig, die Wohnungen im Haus II am 1. Januar 2001. Noch im Jahr 2000 veräußerte der Kläger fünf Wohnungen des Hauses I an verschiedene Erwerber; eine weitere Wohnung im Haus I veräußerte er im Januar 2002.

In den Einkommensteuererklärungen für die Jahre 2000 bis 2004 erklärte der Kläger Einkünfte aus einem gewerblichen Grundstückshandel, der die Häuser I und II umfasse. In seine Gewinnermittlungen bezog er neben den Veräußerungserlösen auch Mieteinnahmen ein.

Mit Schreiben vom 1. Juli 2008 teilte der Kläger dem Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt --FA--) mit, dass er in den Jahren 2001 und 2002 insgesamt sechs Eigentumswohnungen (die nicht verkaufte Wohnung des Hauses I sowie fünf Einheiten im Haus II) an seine Kinder und Enkelkinder im Wege der vorweggenommenen Erbfolge unter Vorbehalt des Nießbrauchs übertragen hatte. Er führte wörtlich aus: "Mit Beginn der Übertragungen an die leiblichen Nachkommen ist eine Veräußerungsabsicht entfallen. Die Wohnungen sind nicht mehr dem Umlaufvermögen, sondern dem Anlagevermögen zuzuordnen."

Das FA erhöhte die gewerblichen Einkünfte für das Streitjahr 2002 daraufhin um Gewinne aus der Entnahme der vier in diesem Jahr unentgeltlich übertragenen Eigentumswohnungen.

Die einzelnen Wohnungen sind im Streitjahr 2002 wie folgt genutzt worden:

Haus I 
Wohnung 1:  verkauft im Jahr 2000 
Wohnung 2:  verkauft im Jahr 2000 
Wohnung 3:  verkauft im Jahr 2002 
Wohnung 4:  verkauft im Jahr 2000 
Wohnung 5:  verkauft im Jahr 2000 
Wohnung 6:  verkauft im Jahr 2000 
Wohnung 7:  seit 1. September 2002 auf unbestimmte Zeit vermietet; unentgeltlich übertragen im Dezember 2002 
Haus II 
Wohnung 8:  seit 15. März 2001 auf zwei Jahre befristet vermietet; unentgeltlich übertragen im Dezember 2002 
Wohnung 9:  seit 1. November 2000 auf fünf Jahre befristet vermietet; unentgeltlich übertragen im Dezember 2002 
Wohnung 10:  nicht genutzt (Vermietung erst ab Februar 2006); unentgeltlich übertragen im Dezember 2001 
Wohnung 11:  nicht genutzt (Vermietung erst ab Juli 2003); weiterhin Eigentum des Klägers 
Wohnung 12:  seit Januar 2001 aufgrund einer mündlichen Abrede vermietet; unentgeltlich übertragen im Februar 2001 
Wohnung 13:  seit 1. November 2000 auf fünf Jahre befristet vermietet; unentgeltlich übertragen im Dezember 2002 
Wohnung 14:  nicht genutzt (gelegentliche Nutzung durch die Kläger und ihre Familie als Ferienwohnung); weiterhin Eigentum des Klägers 

Erstmals mit Schreiben vom 30. Juli 2009 erklärten die Kläger, die unentgeltlich übertragenen Wohnungen hätten niemals zum Betriebsvermögen gehört. Im anschließenden Klageverfahren ergänzten sie dieses Vorbringen dahingehend, die Einbeziehung auch dieser Wohnungen in den gewerblichen Grundstückshandel beruhe auf einem Fehler ihrer früheren Steuerberaterin. Nur hinsichtlich des Hauses I habe der Kläger mit unbedingter Veräußerungsabsicht gehandelt; das Haus II habe von Anfang an der Vermietung und der Übertragung an die Kinder und Enkel dienen sollen.

Das FG wies die Klage ab. Hinsichtlich der Einbeziehung auch des Hauses II in das Betriebsvermögen nahm es zunächst auf ein zu den Jahren 2003 und 2004 ergangenes Urteil eines anderen Senats des FG Bezug. Darin heißt es, aus der noch während der Bauzeit vorgenommenen Aufteilung beider Häuser in Wohneigentumseinheiten und der kurzfristigen Veräußerung von sechs Objekten folge, dass der Kläger einen gewerblichen Grundstückshandel unterhalten habe. In dessen Betriebsvermögen seien grundsätzlich sämtliche zeitnah erworbenen bzw. errichteten Objekte einzubeziehen. Zwar könne auch ein gewerblicher Grundstückshändler einzelne Grundstücke in seinem Privatvermögen halten. Voraussetzung sei aber eine klare und eindeutige Zuordnung. Daran fehle es hier, weil der Kläger in seinen Gewinnermittlungen und Einkommensteuererklärungen eine eindeutige Zuordnung sämtlicher Objekte zu seinem Betriebsvermögen vorgenommen habe.

In seinem Urteil zum Streitjahr 2002 führte das FG ergänzend aus, aufgrund der Angaben in allen Einkommensteuererklärungen bis einschließlich 2004 sowie angesichts der Formulierungen im Schreiben vom 1. Juli 2008 sei ausgeschlossen, dass die Zuordnung zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb auf einem Versehen beruht habe. Auch der Umstand, dass jedenfalls im Streitjahr überwiegend nur auf zwei bis fünf Jahre befristete Mietverträge bestanden hätten, spreche "eher für" eine von Anfang an bestehende Veräußerungsabsicht.

Mit ihrer Beschwerde begehren die Kläger die Zulassung der Revision wegen Divergenz.

Das FA hält die Beschwerde für unzulässig.

II. Die Beschwerde ist --bei Zweifeln daran, ob die gesetzlichen Darlegungsanforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung ( FGO ) überhaupt erfüllt sind-- jedenfalls unbegründet.

1. Anders als die Kläger meinen, ist das FG nicht von den Grundsätzen des Senatsurteils vom 18. August 2009 X R 25/06 (BFHE 226, 77 , BStBl II 2009, 965 ) abgewichen.

a) Die Kläger entnehmen dieser Entscheidung zutreffend den Rechtssatz, maßgeblich für die steuerrechtliche Qualifizierung einer Tätigkeit sei nicht die vom Steuerpflichtigen subjektiv vorgenommene Beurteilung, sondern die Wertung nach objektiven Kriterien. Ein gewerblicher Grundstückshandel sei nicht allein deshalb zu bejahen, weil der Steuerpflichtige beim FA und der Gemeinde einen Gewerbebetrieb anmelde und gegenüber Dritten erkläre, er sei gewerblicher Grundstückshändler.

Dem stellen sie die Äußerung aus dem --vom FG zur Begründung seiner eigenen Entscheidung in Bezug genommenen-- Urteil zu den Jahren 2003 und 2004 gegenüber, wonach die Angaben in den Einkommensteuererklärungen und Gewinnermittlungen der Kläger als klare Zuordnung aller Objekte zu dem bestehenden gewerblichen Grundstückshandel anzusehen seien.

b) Daraus ergibt sich indes keine Divergenz i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO . Im Streitfall war über einen Sachverhalt zu entscheiden, in dem unstreitig bereits ein gewerblicher Grundstückshandel --jedenfalls mit den sechs tatsächlich kurz nach dem Erwerb veräußerten Objekten-- bestand und allein die Frage des Umfangs des gewerblichen Betriebsvermögens streitig war. Insoweit hat sich das FG zutreffend auf die ständige höchstrichterliche Rechtsprechung bezogen, wonach auch bei einem Grundstückshändler die Aussonderung geschäftstypischer Vorgänge in den privaten Vermögensbereich nicht ausgeschlossen ist, sofern eine entsprechende Veranlassung gegeben und eine abweichende Zuordnung klar und eindeutig vorgenommen worden ist (vgl. das vom FG zitierte BFH-Urteil vom 11. Juni 1997 XI R 71/96, BFH/NV 1997, 839 , unter II.1.a, m.w.N.). Eine solche klare und eindeutige Zuordnung zum Privatbereich hat das FG in Würdigung der besonderen Umstände des Streitfalls verneint, was angesichts der vom Kläger bis in das Jahr 2008 hinein abgegebenen Erklärungen über den Umfang seines Betriebsvermögens und der besonderen Nutzung der Wohnungen im Haus II (während des Streitjahrs 2002 waren sechs der sieben Wohnungen entweder leerstehend oder nur befristet vermietet) ausgesprochen naheliegend war und nicht zu beanstanden ist.

Demgegenüber hat der Senat im Urteil in BFHE 226, 77 , BStBl II 2009, 965 über einen Sachverhalt entschieden, in dem der Steuerpflichtige bereits dem Grunde nach keinen gewerblichen Grundstückshandel betrieben hatte. Er hatte bis zum Zeitpunkt der Entscheidung des FG lediglich ein einziges Objekt veräußert und hätte daher nur dann als gewerblicher Grundstückshändler angesehen werden können, wenn er insoweit bereits mit unbedingter Veräußerungsabsicht gehandelt hätte. Dies war aber aufgrund der gegebenen Umstände zu verneinen. In dieser Entscheidung ging es damit nicht --wie im vorliegenden Verfahren-- um den Umfang des Betriebsvermögens eines unstreitig bestehenden Grundstückshandels, sondern um die Frage, ob ein Grundstückshandel auch ohne Veräußerungsabsicht allein durch eine Erklärung des Steuerpflichtigen begründet werden kann.

2. Inwieweit das FG von Rechtssätzen aus dem darüber hinaus von den Klägern angeführten BFH-Beschluss vom 10. Dezember 2001 GrS 1/98 (BFHE 197, 240 , BStBl II 2002, 291 ) abgewichen sein soll, wird aus der Beschwerdebegründung nicht deutlich.

3. Mit ihrem weiteren Vorbringen in der Beschwerdebegründung machen die Kläger lediglich geltend, das FG habe den Sachverhalt und die von ihnen vorgetragenen objektiven Umstände fehlerhaft gewürdigt. Damit kann die Zulassung der Revision indes grundsätzlich nicht erreicht werden (BFH-Beschluss vom 10. November 2010 VIII B 159/09, BFH/NV 2011, 300 , unter b).

Vorinstanz: FG Rheinland-Pfalz, vom 20.08.2012 - Vorinstanzaktenzeichen 5 K 2441/10