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BFH - Entscheidung vom 08.10.2013

X B 110/13

Normen:
§ 10 Abs 1 Nr 3 Buchst a EStG 2009
EStG VZ 2010
§ 38 AO
EStG § 10 Abs. 1 Nr. 3 lit a

Fundstellen:
BFH/NV 2014, 154

BFH, Beschluss vom 08.10.2013 - Aktenzeichen X B 110/13

DRsp Nr. 2013/24875

Steuerliche Abzugsfähigkeit eines vereinbarten Selbstbehalts im Rahmen der privaten Krankenversicherung

NV: Zahlungen für Krankheitskosten, die ein Steuerpflichtiger wegen eines im Krankenversicherungsvertrag vereinbarten Selbstbehalts zu tragen hat, sind keine Beiträge zu Krankenversicherungen.

Beiträge zu einer Krankenversicherung im Sinne von § 10 Abs. 1 Nr. 3 lit a EStG sind nur Aufwendungen für Versicherungsbeiträge gehören, die im Zusammenhang mit der Erlangung von Versicherungsschutz stehen. Zahlungen aufgrund von Selbst- und Eigenbeteiligungen an entstehenden Krankheitskosten gehören nicht hierzu.

Normenkette:

EStG § 10 Abs. 1 Nr. 3 lit a;

Gründe

Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Der angerufene Senat kann offenlassen, ob die Beschwerdebegründung des Klägers und Beschwerdeführers (Kläger) den Darlegungsanforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung ( FGO ) entspricht. Die geltend gemachten Gründe für die Zulassung der Revision liegen jedenfalls nicht vor.

Die vom Kläger aufgeworfene Rechtsfrage bedarf nicht der grundsätzlichen Klärung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO ). Auch erfordert die Fortbildung des Rechts keine Entscheidung des Bundesfinanzhofs.

a) Der Kläger hält die Rechtsfrage für klärungsbedürftig, ob Aufwendungen, die ein Steuerpflichtiger wegen eines im Rahmen eines privatrechtlichen Krankenversicherungsvertrags vereinbarten Selbstbehalts zu tragen hat, Krankenversicherungsbeiträge i.S. von § 10 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a des Einkommensteuergesetzes in der im Streitjahr 2010 geltenden Fassung ( EStG ) sind.

b) Es kann dahinstehen, ob der Selbstbehalt im Falle des Klägers überhaupt wirksam geworden ist, der Kläger also den entsprechenden Aufwand getragen hat. Da --wohl für das Vorjahr-- Beiträge erstattet worden sind, hätte es der Darstellung bedurft, dass oder inwieweit Krankenversicherungsleistungen tatsächlich um den Selbstbehalt gekürzt wurden und der Kläger insoweit wirtschaftlich belastet war.

Aber jedenfalls ist die aufgeworfene Rechtsfrage aufgrund des Urteils des angerufenen Senats vom 18. Juli 2012 X R 41/11 (BFHE 238, 103 , BStBl II 2012, 821 ) geklärt und so zu entscheiden, wie dies das Finanzgericht (FG) getan hat.

Das zu § 10 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a EStG 2002 ergangene Senatsurteil enthält nicht nur Ausführungen zur Behandlung der Zuzahlungen nach § 28 Abs. 4 des Sozialgesetzbuchs Fünftes Buch (sog. "Praxisgebühren"), sondern allgemeine Ausführungen dazu, bei Vorliegen welcher Voraussetzungen "Beiträge zu einer Krankenversicherung" gegeben sind. In diesem Zusammenhang hat der Senat ausgeführt, dass hierzu nur Aufwendungen für Versicherungsbeiträge gehören, die im Zusammenhang mit der Erlangung von Versicherungsschutz stehen, wozu Zahlungen aufgrund von Selbst- und Eigenbeteiligungen an entstehenden Krankheitskosten nicht gehören.

aa) Dass sich diese Ausführungen des Senats auch auf einen Selbstbehalt beziehen, der im Rahmen eines privatrechtlichen Krankenversicherungsvertrags vereinbart worden ist, wird daraus deutlich, dass der Senat in seinem Urteil ausdrücklich auf die Ausführungen im Urteil des Hessischen FG vom 12. Dezember 1974 VIII 61/74, Entscheidungen der Finanzgerichte 1975, 200 Bezug nimmt. Diese Entscheidung befasst sich mit Aufwendungen, die wegen einer im Versicherungsvertrag vereinbarten Selbstbeteiligung selbst zu tragen sind. Diese Selbstbeteiligung ist keine Gegenleistung für die Erlangung von Versicherungsschutz, sondern gerade das Gegenteil. Denn in Höhe des Selbstbehalts übernimmt die Krankenversicherung nicht das Risiko, für künftige Schadensfälle eintreten zu müssen. Vielmehr verbleibt das Risiko in diesem Umfang beim Versicherungsnehmer.

Aus diesem Grund können Aufwendungen in Höhe des Selbstbehalts nicht als Beitragserstattung mit umgekehrtem Vorzeichen angesehen werden. Beitragserstattungen sind Anreize, die bewirken sollen, dass die Versicherung vertraglich vereinbarte Leistungen nicht erbringen muss, weil der Versicherungsnehmer keine versicherten Schäden erlitten hat oder er solche Schäden nicht geltend macht. Demgegenüber fallen die Aufwendungen im Rahmen des Selbstbehalts außerhalb des vertraglich vereinbarten Versicherungsschutzes an. Hierauf hat der Senat in seinem Urteil in BFHE 238, 103 , BStBl II 2012, 821 (unter II.b ee (1) hingewiesen.

Dass selbst getragene Aufwendungen wegen vertraglich vereinbarter Selbstbehalte keine Versicherungsbeiträge darstellen, entspricht --soweit ersichtlich-- auch der einhelligen Auffassung in der Literatur (Felten, Der Ertrag-Steuer-Berater 2012, 324; Förster, BFH/PR 2012, 339; Kulosa in Herrmann/Heuer/ Raupach, § 10 EStG Rz 152; Söhn: in Kirchhof/Söhn/ Mellinghoff, EStG , § 10 Rz E 128 f.).

bb) Etwas anderes gilt auch dann nicht, wenn, wie hier --und wohl regelmäßig--, der Selbstbehalt zu bezifferbar geringen Versicherungsprämien geführt hat. Soweit der Versicherte ohne Selbstbehalt Prämien und damit Sonderausgaben erspart hätte, ist dies ein fiktiver Sachverhalt, während der Besteuerung der tatsächlich verwirklichte Sachverhalt zugrunde zu legen ist.

Vorinstanz: FG Niedersachsen, vom 06.05.2013 - Vorinstanzaktenzeichen 9 K 265/12
Fundstellen
BFH/NV 2014, 154