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BGH - Entscheidung vom 07.11.2012

XII ZB 271/12

Normen:
VersAusglG §§ 32, 33
VersAusglG § 32
VersAusglG § 33 Abs. 1

Fundstellen:
FamFR 2013, 37
FamRB 2013, 40
FamRB 2013, 5
FamRZ 2013, 189
MDR 2013, 94
NJW 2013, 226
NZS 2013, 308

BGH, Beschluss vom 07.11.2012 - Aktenzeichen XII ZB 271/12

DRsp Nr. 2012/23268

Vereinbarkeit der Geltung der Anpassung der Rentenkürzung wegen einer fiktiven gesetzlichen Unterhaltspflicht gegenüber dem geschiedenen Ehegatten nur im Regelsicherungssystem und nicht für die ergänzende Altersversorgung mit dem GG

a) Die Regelung des § 32 VersAusglG , wonach die Anpassung der Rentenkürzung wegen einer fiktiven gesetzlichen Unterhaltspflicht gegenüber dem geschiedenen Ehegatten nur für Regelsicherungssysteme und nicht für die ergänzende Altersversorgung vorgesehen ist, ist mit dem Grundgesetz vereinbar (entgegen OLG Schleswig FamRZ 2012, 1388).b) Eine Aussetzung der Rentenkürzung nach § 33 Abs. 1 VersAusglG setzt nicht voraus, dass diese sich auf die Höhe des geschuldeten Unterhalts auswirkt.c) Haben die geschiedenen Ehegatten eine Unterhaltsvereinbarung getroffen, ist die Anpassung der Rentenkürzung sowohl durch die Höhe des fiktiven gesetzlichen Unterhalts als auch durch die Höhe des vereinbarten Unterhalts begrenzt.

Tenor

Auf die Rechtsbeschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des 7. Zivilsenats - 4. Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Koblenz vom 17. April 2012 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.

Wert des Beschwerdegegenstands: 3175 €

Normenkette:

VersAusglG § 32 ; VersAusglG § 33 Abs. 1 ;

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten über die Aussetzung einer durch den Versorgungsausgleich bedingten Kürzung der Rente des Antragstellers.

Auf den am 2. November 2006 zugestellten Antrag hatte das Familiengericht die am 10. April 1987 geschlossene Ehe des Antragstellers (im Folgenden: Ehemann) und der Beteiligten (im Folgenden: Ehefrau) rechtskräftig geschieden. Zugleich hatte es den Versorgungsausgleich nach dem bis zum 31. August 2009 geltenden Recht durchgeführt.

Während der Ehezeit (1. April 1987 bis 31. Oktober 2006; § 1587 Abs. 2 BGB aF) hatten beide Ehegatten Anrechte in der gesetzlichen Rentenversicherung bei der Antragsgegnerin (Deutschen Rentenversicherung Bund; im Folgenden: DRV Bund) erworben, der Ehemann außerdem Anwartschaften auf eine betriebliche Altersversorgung. Der Versorgungsausgleich wurde dahin geregelt, dass vom Versicherungskonto des Ehemanns bei der DRV Bund Rentenanwartschaften in Höhe von monatlich 350,20 € im Wege des Splittings nach § 1587 b Abs. 1 BGB und weitere 49 € im Wege des erweiterten Splittings nach § 3 b Abs. 1 Nr. 1 VAHRG auf das Versicherungskonto der Ehefrau übertragen wurden, jeweils bezogen auf den 31. Oktober 2006 als Ehezeitende.

Nach Vollendung seines 60. Lebensjahres bezieht der Ehemann seit dem 1. November 2011 eine Altersrente in Höhe von 806,37 €. Ohne Berücksichtigung des Versorgungsausgleichs, also ohne Splitting und ohne erweitertes Splitting, hätte die Rente des Ehemanns in der gesetzlichen Rentenversicherung 1.175,62 € betragen.

Daneben bezieht der Ehemann weitere Einkünfte aus seiner betrieblichen Altersversorgung sowie aus Vermietung in Höhe von insgesamt monatlich 2.427,50 € und wohnt in einem unbelasteten Eigenheim mit einem Wohnwert von mindestens monatlich 600 €. Die Ehefrau bezieht ein monatliches Erwerbseinkommen von insgesamt 1.688 €.

Durch gerichtlichen Unterhaltsvergleich vom 19. August 2008 hatte sich der Ehemann verpflichtet, bis zur Vollendung seines 60. Lebensjahres an die Ehefrau einen monatlichen Unterhalt von 300 €, danach einen monatlichen Unterhalt von 150 € zu zahlen, befristet bis zum erstmaligen Rentenbezug der Ehefrau.

Den am 1. Juni 2011 gestellten Antrag, die Kürzung seiner laufenden Versorgung gemäß § 33 VersAusglG auszusetzen, hat das Familiengericht zurückgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die Beschwerde des Ehemanns zurückgewiesen; hiergegen richtet sich seine zugelassene Rechtsbeschwerde.

II.

Die gemäß § 70 Abs. 1 FamFG statthafte und auch sonst zulässige Rechtsbeschwerde hat Erfolg und führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und Zurückverweisung der Sache an das Oberlandesgericht.

1. Das Oberlandesgericht hat die Voraussetzungen einer Rentenkürzung nach § 33 VersAusglG verneint. Für eine Aussetzung der Kürzung sei erforderlich, dass sich diese auf die Höhe des gesetzlich geschuldeten Unterhalts auswirke. Mit oder ohne die Kürzung durch den Versorgungsausgleich habe die Ehefrau jedoch einen Unterhaltsanspruch in gleicher Höhe, nämlich in Höhe der durch gerichtlichen Vergleich vereinbarten 150 €. Eine Abänderungsmöglichkeit des Unterhaltstitels für den Fall der Einkommensänderung hätten die Beteiligten ausdrücklich ausgeschlossen.

2. Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

a) Gemäß § 33 Abs. 1 VersAusglG wird die Kürzung der laufenden Versorgung der ausgleichspflichtigen Person auf Antrag ausgesetzt, solange die ausgleichsberechtigte Person aus einem im Versorgungsausgleich erworbenen Anrecht keine laufende Versorgung erhalten kann und sie gegen die ausgleichspflichtige Person ohne die Kürzung durch den Versorgungsausgleich einen gesetzlichen Unterhaltsanspruch hätte.

aa) Nach § 32 VersAusglG ist die Anpassung der Rentenkürzung wegen einer fiktiven gesetzlichen Unterhaltspflicht gegenüber dem geschiedenen Ehegatten allerdings - wie im früheren Recht - nur für Regelsicherungssysteme vorgesehen. Im Bereich der ergänzenden Altersvorsorge kommen die Anpassungsvorschriften hingegen nicht zur Anwendung (BT-Drucks. 16/10144 S. 71 f.).

Wurde der Versorgungsausgleich auf der Grundlage des bis zum 31. August 2009 geltenden Rechts durchgeführt, ist die durch § 33 Abs. 1 VersAusglG ermöglichte Aussetzung der Kürzung der Versorgung auf den Betrag beschränkt, der im Wege des Splittings nach § 1587 b Abs. 1 BGB ausgeglichen wurde. Denn auf diese Weise wurde die Hälfte der Differenz der Ehezeitanteile beider Ehegatten in der gesetzlichen Rentenversicherung auf das Versicherungskonto des ausgleichsberechtigten Ehegatten übertragen, was dem Vollzug der Entscheidung zum Versorgungsausgleich nach neuem Recht gemäß § 10 Abs. 2 VersAusglG entspricht. Die weitergehende Kürzung der gesetzlichen Rente des Ehemanns infolge des erweiterten Splittings nach § 3 b Abs. 1 Nr. 1 VAHRG bleibt hingegen unberücksichtigt, weil diese Kürzung auf den Ehezeitanteil des Ehemanns in der Zusatzversorgung des Baugewerbes zurückgeht, die kein Regelsicherungssystem im Sinne von § 32 VersAusglG ist (Senatsbeschluss vom 21. März 2012 - XII ZB 234/11 - FamRZ 2012, 853 Rn. 16 ff.).

bb) Die damit vorgenommene Differenzierung zwischen Regelsicherungssystemen und Systemen der ergänzenden Altersvorsorge ist mit dem Grundgesetz vereinbar (aA Vorlagebeschluss OLG Schleswig FamRZ 2012, 1388).

Denn bei den in §§ 32 ff. VersAusglG normierten "Privilegien", welche eine Leistungspflicht des Versicherers über die schlichte Teilung der ehezeitlich erworbenen Anrechte hinaus begründen, handelt es sich um versicherungsmathematische Besserstellungen geschiedener Ehegatten gegenüber anderen Angehörigen der Versichertengemeinschaft, die - wovon auch das Bundesverfassungsgericht ausgegangen ist (BVerfGE 53, 257 , 303 = FamRZ 1980, 326 , 335) - nicht kostenneutral bewirkt werden kann. Denn während der ausgleichsberechtigte Ehegatte den hälftigen versicherungsmathematischen Wertanteil des ehezeitlich erworbenen Anrechts bereits mit der Durchführung des Versorgungsausgleichs als eine eigenständige, vom Versicherungsschicksal des ausgleichspflichtigen Ehegatten losgelöste Versorgung erwirbt, welche anders als das zu Ehezeiten bestehende Recht auch eine eigene Invaliditätsversorgung umfasst, einer Wiederverheiratung standhält und sogar spätere Ansprüche auf Witwer- oder Witwenrente eines neuen Ehegatten begründen kann, nimmt der ausgleichspflichtige Ehegatte über das Unterhaltsprivileg an zusätzlichen Rentenleistungen teil, die ihm aufgrund eines bei ihm eingetretenen Versicherungsfalls so gewährt werden, als verfüge er noch über sein ungeteiltes Anrecht. Hierin liegt eine Vermehrung der Leitungspflichten des Versicherers, die nicht durch rentenrechtliche Zeiten (§ 54 SGB VI ) erdient ist und deshalb der Sache nach eine versicherungsfremde Sozialleistung des Trägers der Rentenversicherung an geschiedene Ehegatten darstellt.

Obwohl in der hiermit einhergehenden Vermehrung der möglichen Versicherungsfälle und Leistungsansprüche geschiedener Ehegatten zugleich eine Benachteiligung der in fortbestehender Ehe lebenden Versicherten gesehen werden könnte, hat das Bundesverfassungsgericht den Eigentumsschutz nach Art. 14 Abs. 1 GG dahin verstanden, dass es zu einem verfassungswidrigen Zustand kommen könne, wenn beim Ausgleichspflichtigen vor dem Ausgleichsberechtigten ein Versicherungsfall eintritt und der ausgleichsberechtigte Teil, dem die übertragenen Werteinheiten mangels Vorliegens eines Versicherungsfalles noch nicht zugutekommen, auf Unterhaltsleistungen des Ausgleichsverpflichteten angewiesen ist (BVerfGE 53, 257 , 303 f. = FamRZ 1980, 326 , 335).

Die nach dieser Verfassungsrechtsprechung notwendigen, für den Versicherer aufwandserhöhenden Privilegierungen geschiedener Ehegatten hat der Gesetzgeber den Trägern der staatlichen Regelsicherungssysteme auferlegt, nicht jedoch den privaten Rentenversicherungsträgern und beitragsfinanzierten Zusatzversorgungskassen. Zu dieser Differenzierung war der Gesetzgeber berechtigt, da zwischen den Regelsicherungssystemen und den Systemen der ergänzenden Altersvorsorge Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie eine ungleiche Behandlung rechtfertigen. Denn anders als bei den Regelsicherungssystemen muss sich die Rentenleistungspflicht der Träger der ergänzenden Altersvorsorge in ein versicherungsmathematisches Äquivalenzverhältnis zur vorherigen Beitragsleistung fügen, im Falle der Zusatzversorgungskassen durch ein Umlagesystem. Dies hindert es, Trägern der ergänzenden Altersvorsorge über die durch den Versorgungsausgleich angeordnete, wertneutrale Halbteilung bestehender Anrechte hinaus zusätzliche Leistungspflichten und Risiken durch die in den §§ 32 ff. VersAusglG normierten Privilegien aufzubürden, welche das versicherungsmathematische Gleichgewicht von Beitragszahlung und Leistungsanspruch einseitig zu Lasten des Versicherers oder der Versichertengemeinschaft verschöben. Aus diesem Grund teilt der Senat nicht die in Teilen der Literatur (Bergner ZRP 2008, 211, 213; Rehme FamRZ 2008, 738, 741; MünchKommBGB/Gräper 5. Aufl. § 32 VersAusglG Rn. 6; Palandt/Brudermüller BGB 71. Aufl. § 32 VersAusglG Rn. 1; Weinreich/Klein/Wick Fachanwaltskommentar Familienrecht 4. Aufl. § 32 VersAusglG Rn. 3; Ruland FamFR 2012, 313; Borth Versorgungsausgleich 6. Aufl. Rn. 955) und mit dem Vorlagebeschluss des OLG Schleswig (FamRZ 2012, 1388) vorgebrachten verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die vom Gesetz vorgenommene Differenzierung zwischen Regelsicherungssystemen und anderen Versorgungssystemen. Der Senat hält vielmehr an der eindeutigen Gesetzeslage fest, wonach eine Kürzung der Aussetzung der Versorgung außerhalb der Regelsicherungssysteme nicht in Betracht kommt (ebenso BVerwG FamRZ 2012, 1565 ; OLG Köln FamRZ 2012, 1569 ; OLG Hamm Beschluss vom 17. Mai 2011 - 1 UF 192/10 - [...]; OLG Stuttgart Beschluss vom 20. Juni 2011 - 18 UF 107/11 - [...]; Johannsen/Henrich/Hahne Familienrecht 5. Aufl. § 32 VersAusglG Rn. 3; Gerhardt/v.Heintschel-Heinegg/Klein/Gutdeutsch/Wagner Handbuch des Fachanwalts Familienrecht 8. Aufl. Kap. 7 Rn. 224; Schwab/ Hahne/Holzwarth Handbuch des Scheidungsrechts 6. Aufl. Kap. VI Rn. 502). Das gilt auch für die in der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes erworbenen Anrechte, die vor Eintritt des Versicherungsfalls bereits grundsätzlich keine durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützte Anwartschaft begründen (vgl. BGHZ 174, 127 Rn. 51 f. mwN), und deren rechtliche Ausgestaltung im Einzelnen grundsätzlich der Tarifautonomie unterliegt (BVerfG FamRZ 2010, 797 Rn. 29).

b) Zu Unrecht hat das Oberlandesgericht dem Antragsteller die Aussetzung der auf das Splitting nach § 1587 b Abs. 1 BGB zurückgehenden Rentenkürzung versagt. Die vom Oberlandesgericht vorgenommene Auslegung des § 33 Abs. 1 VersAusglG , wonach die Aussetzung der Rentenkürzung voraussetze, dass diese sich auf die Höhe eines gesetzlich geschuldeten Unterhalts auswirke, wird der Bedeutung der Vorschrift nicht gerecht.

aa) Wie der Senat bereits entschieden hat, beschränkt § 33 Abs. 3 VersAusglG die Aussetzung der Rentenkürzung auf die Höhe des gesetzlichen Unterhaltsanspruchs, den der geschiedene Ehegatte nach § 33 Abs. 1 VersAusglG bei ungekürzter Versorgung hätte. Damit hat der Gesetzgeber die Aussetzung einer durch den Versorgungsausgleich bedingten Kürzung ausdrücklich auf die Höhe dieses fiktiven gesetzlichen Unterhaltsanspruchs begrenzt. Hierdurch begegnet die gesetzliche Neuregelung auch der Gefahr von Manipulationen durch kollusives Zusammenwirken der Eheleute (Senatsbeschluss vom 21. März 2012 - XII ZB 234/11 - FamRZ 2012, 853 Rn. 23 mwN).

bb) Eine weitere Einschränkung dahin, dass die Aussetzung der Rentenkürzung außer Betracht bleibe, soweit der Ausgleichspflichtige auch ohne diese zur Unterhaltsleistung verpflichtet ist, lässt sich der Vorschrift hingegen nicht entnehmen (OLG Frankfurt FamRZ 2011, 1595; OLG Karlsruhe FamRZ 2012, 452 ; Bergner NJW 2010, 3545; Gutdeutsch FamRB 2010, 149, 150; aA: Ruland Versorgungsausgleich 3. Aufl. Rn. 951; Borth Versorgungsausgleich 6. Aufl. Rn. 964; Johannsen/Henrich/Hahne 5. Aufl. § 33 VersAusglG Rn. 5; MünchKommBGB/Gräper 5. Aufl. § 33 VersAusglG Rn. 13). Eine dahin gehende Einschränkung ginge auch nicht mit der Verfassungsrechtslage konform. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE 53, 257 , 303 f. = FamRZ 1980, 326 , 335) träte ein verfassungswidriger Zustand ein, wenn der Ausgleichspflichtige neben der grundsätzlich hinzunehmenden Rentenkürzung zusätzlich durch Unterhaltszahlungen belastet wird, durch die er in der Freiheit seiner Lebensführung weiter eingeschränkt würde. Verfassungsrechtlicher Anknüpfungspunkt für die Aussetzung der Rentenkürzung ist daher nicht die Unterhaltsverkürzung in der Person des Ausgleichsberechtigten, sondern eine neben die Kürzung der Rente aus einem Regelsicherungssystem tretende Unterhaltsbelastung des Ausgleichspflichtigen. Dies zu vermeiden entspricht auch einer in der Gesetzesbegründung hervorgehobenen Zielsetzung (BT-Drs. 16/10144 S. 72). Bis zum Höchstbetrag der fiktiven gesetzlichen Unterhaltspflicht führen daher auch solche Unterhaltslasten zu einer Aussetzung der Rentenkürzung, die auf unabänderbaren Unterhaltsvergleichen beruhen.

3. Wegen des aufgezeigten Rechtsfehlers kann die angefochtene Entscheidung keinen Bestand haben. Der Senat kann in der Sache nicht abschließend entscheiden, weil noch keine Feststellungen dazu getroffen sind, ob und in welcher Höhe ein fiktiver gesetzlicher Unterhaltsanspruch der Ehefrau bestünde.

Sind die hierzu notwendigen Feststellungen getroffen, wird das Oberlandesgericht zu beachten haben, dass die Aussetzung der Rentenkürzung nicht nur durch den von der fiktiven gesetzlichen Unterhaltspflicht gesetzten Rahmen begrenzt, sondern weiterhin auf das Maß des - vereinbarungsgemäß - tatsächlich geschuldeten Unterhaltsbetrags beschränkt ist (§ 33 Abs. 3 VersAusglG ). Denn über den tatsächlich gezahlten Betrag hinaus tritt eine Doppelbelastung des Ausgleichspflichtigen, durch die er in der Freiheit seiner Lebensführung mehr als zulässig eingeschränkt würde und vor der er deshalb von Verfassungs wegen geschützt werden müsste, nicht ein.

Diesbezüglich hat das Oberlandesgericht bereits in tatrichterlicher Auslegung des Unterhaltsvergleichs vom 19. August 2008 festgestellt, dass der tatsächliche Unterhaltsanspruch der Ehefrau mit oder ohne die Kürzung durch den Versorgungsausgleich vereinbarungsgemäß in Höhe von 150 € besteht und dass die Beteiligten eine Abänderungsmöglichkeit des Unterhaltstitels für den Fall der Einkommensänderung des Ehemanns ausgeschlossen haben. Deshalb ist von einem feststehenden Unterhaltsanspruch der Ehefrau in Höhe von monatlich 150 € auszugehen, befristet bis zum erstmaligen Rentenbezug der Ehefrau. Maximal bis zur Höhe dieser tatsächlich bestehenden Unterhaltspflicht kann die noch zu ermittelnde fiktive gesetzliche Unterhaltspflicht des Ehemanns zu einer Aussetzung der Rentenkürzung führen.

Vorinstanz: AG Bad Kreuznach, vom 19.01.2012 - Vorinstanzaktenzeichen 90 F 187/11
Vorinstanz: OLG Koblenz, vom 17.04.2012 - Vorinstanzaktenzeichen 7 UF 154/12
Fundstellen
FamFR 2013, 37
FamRB 2013, 40
FamRB 2013, 5
FamRZ 2013, 189
MDR 2013, 94
NJW 2013, 226
NZS 2013, 308