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BGH - Entscheidung vom 15.08.2012

VIII ZR 256/11

Normen:
GG Art. 103 Abs. 1

BGH, Beschluss vom 15.08.2012 - Aktenzeichen VIII ZR 256/11

DRsp Nr. 2012/18694

Umfang des rechtlichen Gehörs im Zivilverfahren; Zurückweisung von Vorbringen durch das Berufungsgericht

Aus der Prozessförderungspflicht folgt grundsätzlich keine Verpflichtung der Partei, tatsächliche Umstände, die ihr nicht bekannt sind und für die sie auch sonst keine konkreten Anhaltspunkte hat, erst zu ermitteln (BGH, Beschluss vom 10. Juni 2010 - Xa ZR 110/09, aaO; Urteil vom 6. November 2008 - III ZR 231/07, WM 2008, 2355 Rn. 16; jeweils mwN). Ebenso trifft sie regelmäßig keine Pflicht, die Richtigkeit bisher bekannter Umstände in Zweifel zu ziehen und zu deren Verlässlichkeit Ermittlungen anzustellen oder Erkundigungen einzuziehen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 30. Juni 2010 - IV ZR 229/07, VersR 2011, 414 Rn. 11; vom 29. September 2009 - VI ZR 149/08, VersR 2009, 1683 Rn. 3).

Tenor

Auf die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers wird das Urteil des 2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 4. Juli 2011 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Nichtzulassungsbeschwerde, an einen anderen Senat des Berufungsgerichts zurückverwiesen.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf die Wertstufe bis 65.000 € festgesetzt.

Normenkette:

GG Art. 103 Abs. 1 ;

Gründe

I.

Der Kläger betreibt ein Transportunternehmen. Er hatte in der Vergangenheit unter Vermittlung der B. Niederlassung der Beklagten mehrfach gebrauchte Lkw über die Leasinggesellschaft der Beklagten geleast und diese nach Ablauf der vereinbarten Leasingzeit von der Beklagten, welche die Lkw ihrerseits von der Leasinggesellschaft zurückgekauft hatte, zu den in den Leasingverträgen ausgewiesenen Restwerten zuzüglich eines Aufschlags von acht Prozent angekauft. Im Zeitraum von März 2006 bis Januar 2007 leaste er über die genannte Niederlassung wiederum drei gebrauchte Lkw, die er nach Ablauf der jeweiligen Leasingzeiten zu den bisherigen Bedingungen ankaufen wollte. Dies wurde ihm von der nunmehr für die Verwertung solcher Fahrzeuge zuständigen D. Niederlassung der Beklagten verweigert.

Mit der Behauptung, ihm sei ein festes Ankaufsrecht zu den bisherigen Bedingungen eingeräumt worden, hat der Kläger, nachdem er zuvor die Leasinggesellschaft der Beklagten erfolglos vor dem Landgericht Stuttgart in Anspruch genommen hatte, von der Beklagten die Übereignung der drei zuvor geleasten Lkw sowie den Ersatz des ihm durch die Weigerung der Beklagten entstandenen Schadens begehrt. Seine Klage hat in den Vorinstanzen keinen Erfolg gehabt. Hiergegen richtet sich seine Nichtzulassungsbeschwerde.

II.

Die Nichtzulassungsbeschwerde ist statthaft und auch sonst zulässig (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 , § 544 ZPO , § 26 Nr. 8 EGZPO ). Sie hat auch in der Sache Erfolg.

1. Das Berufungsgericht hat ausgeführt:

Der Kläger habe die Vereinbarung des von ihm beanspruchten Ankaufsrechts nicht bewiesen.

Insoweit entfalte das Urteil des Landgerichts Stuttgart, wonach der für die Beklagte tätig gewesene Fahrzeugverkäufer Ba. zwar, wie von ihm bekundet, die behauptete Abrede mit dem Kläger getroffen, dabei aber nicht für die Leasinggesellschaft, sondern für die Beklagte gehandelt habe, aufgrund der gegenüber der Beklagten erfolgten Streitverkündung keine Bindungswirkung. Denn auf die Feststellung der Ankaufsabrede sei es für die vom Landgericht Stuttgart als fallentscheidend angesehene Verneinung einer Passivlegitimation der Leasinggesellschaft nicht angekommen.

Die erneute Vernehmung des Zeugen Ba. habe, auch wenn sich eine Reihe von Widersprüchen gegenüber seinen Bekundungen vor dem Landgericht Stuttgart ergeben hätten und einige Anhaltspunkte für die Einräumung eines festen Ankaufsrechts vorlägen, nicht die erforderliche Überzeugung begründen können, dass dahingehend über das bloße Inaussichtstellen eines Ankaufs hinaus bereits eine feste Zusage erfolgt sei.

Soweit der Kläger im Berufungsrechtszug durch Benennung seines Prozessbevollmächtigten S. Zeugenbeweis dafür angetreten habe, der Zeuge Ba. habe im Anschluss an seine Vernehmung vor dem Landgericht geäußert, er habe mit seiner Aussage, der Kläger habe im Fall eines Verkaufs der Leasingfahrzeuge "erster Ansprechpartner" sein sollen, zum Ausdruck bringen wollen, dass eine verbindliche Erwerbszusage getroffen worden sei, sei diese Äußerung, selbst wenn sie so gefallen sein sollte, nicht geeignet, die erforderliche Überzeugung vom Bestehen der behaupteten Zusage zu vermitteln. Denn sie lasse nicht den sicheren Schluss auf den tatsächlichen Inhalt der seinerzeitigen Vertragsverhandlungen zu, zumal der Zeuge bei seiner Vernehmung vor dem Berufungsgericht deutlich zu erkennen gegeben habe, dass er den Unterschied zwischen einer bereits bindenden Vereinbarung und dem schlichten Hinweis auf die tatsächliche Möglichkeit eines künftigen Vertragsschlusses kenne, und dass er dementsprechend das Zustandekommen einer verbindlichen Erwerbszusage eindeutig verneint habe.

Der Zeuge Sa. , den der Kläger erstmals im Berufungsrechtszug zu der Behauptung benannt habe, dass der Zeuge Ba. bei anderer Gelegenheit gegenüber dem Kläger geäußert habe, dieser habe wirklich günstige Leasingverträge abgeschlossen, da er die Fahrzeuge nach Vertragsablauf zu sehr günstigen Konditionen übernehmen könne und gerade im Hinblick darauf die Leasingraten vergleichsweise hoch angesetzt worden seien, sei gemäß § 531 Abs. 2 ZPO nicht mehr zu vernehmen gewesen. Es habe sich um neuen Vortrag gehandelt. Gründe, die dessen Zulassung rechtfertigen könnten, seien weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Dass der Kläger sich erst nach Verkündung des erstinstanzlichen Urteils an die durch Vernehmung des Zeugen unter Beweis gestellte Tatsache erinnert habe, rechtfertige eine Zulassung nicht.

2. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist begründet.

a) Die Zulassung der Revision ist entgegen der Auffassung der Nichtzulassungsbeschwerde allerdings nicht deshalb zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO ) geboten, weil das Berufungsgericht bei Beurteilung der sich aus §§ 68 , 74 Abs. 2 , 3 ZPO ergebenden Bindungswirkungen des Urteils des Landgerichts Stuttgart verkannt habe, dass Voraussetzung für die dort getroffene Entscheidung, in wessen Namen der Zeuge Ba. bei Vereinbarung des Ankaufsrechts gehandelt habe, die Feststellung eines solchen Ankaufsrechts gewesen sei. Das trifft nicht zu.

Das Landgericht Stuttgart hat ausgeführt, dass nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme der Zeuge Ba. mit dem Kläger zwar die Abrede getroffen habe, dass der Kläger den streitgegenständlichen Lkw nach dem Ablauf der Leasingzeit gegen Zahlung des Restwerts zuzüglich eines Aufschlags von acht Prozent übernehmen dürfe. Der Zeuge habe dabei aber nicht im Namen der Leasinggesellschaft, sondern im Namen der Beklagten des hiesigen Prozesses gehandelt, so dass der Kläger aus der Vereinbarung mit dem Zeugen keine Ansprüche gegenüber der Leasinggesellschaft herleiten könne. Wie das Berufungsgericht richtig gesehen hat, kam es nach dem vom Landgericht Stuttgart gewählten Begründungsansatz für die Klageabweisung nicht entscheidend auf das Bestehen des Ankaufsrechts, sondern allein darauf an, dass für alle dort geltend gemachten Ansprüche im Verhältnis zur beklagten Leasinggesellschaft die vertragliche Grundlage fehle. Hinsichtlich der Feststellungen zum Bestehen des Ankaufsrechts hat es sich mithin nur um eine "überschießende", für das Ergebnis nicht entscheidungserhebliche Beweiswürdigung gehandelt, die an der Bindungswirkung nicht teilnimmt (vgl. BGH, Urteile vom 18. Februar 2004 - IV ZR 126/02, NJW-RR 2004, 676 unter III 1; vom 18. März 2004 - IX ZR 255/00, WM 2004, 2217 unter II 3 b aa [1]). Insoweit ist das Berufungsgericht bei seiner Beurteilung - anders als die Nichtzulassungsbeschwerde meint - nicht von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs abgewichen, wonach es für die Frage, aus wessen Sicht sich beurteilt, ob eine Feststellung das Urteil trägt und damit Bindungswirkung erzeugt, darauf ankommt, worauf die Entscheidung des Erstprozesses - ausgehend von dem dort gewählten Begründungsansatz - objektiv nach zutreffender Rechtsauffassung beruht (vgl. BGH, Beschluss vom 27. November 2003 - V ZB 43/03, BGHZ 157, 97 , 99 f.).

b) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist jedoch deshalb begründet, weil das Berufungsgericht den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG ) dadurch in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat, dass es den vom Kläger durch Benennung des Zeugen Sa. angetretenen Zeugenbeweis nicht erhoben und darüber hinaus die Angaben des Klägers bei dessen Parteianhörung (§ 141 Abs. 1 Satz 1 ZPO ) übergangen hat. Wegen der verfassungsrechtlichen Relevanz dieser Verfahrensfehler ist eine Entscheidung des Revisionsgerichts zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 , § 544 ZPO ).

aa) Die Nichtberücksichtigung eines erheblichen Beweisangebots verstößt gegen Art. 103 Abs. 1 GG , wenn sie im Prozessrecht keine Stütze mehr findet (BVerfG, WM 2009, 671 , 672; Senatsbeschluss vom 11. Mai 2010 - VIII ZR 212/07, NJW-RR 2010, 1217 Rn. 10 mwN). Diese Grenze ist bei Anwendung einer Präklusionsvorschrift wie des § 531 ZPO bereits dann erreicht, wenn diese - wie hier jedenfalls hinsichtlich des Zeugen Sa. geschehen - in offenkundig unrichtiger Weise angewandt wird (BVerfG, NJW 2001, 1565 ; Senatsbeschluss vom 21. Februar 2006 - VIII ZR 61/04, WM 2006, 1115 Rn. 5 mwN).

(1) Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel wie der in Rede stehende Antritt von Zeugenbeweis sind gemäß § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO zuzulassen, wenn sie im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht worden sind, ohne dass dies auf einer Nachlässigkeit der Partei beruht. Das Berufungsgericht ist zwar ersichtlich von einer solchen Nachlässigkeit ausgegangen, wenn es ausführt, ein Zulassungsgrund sei insbesondere nicht dadurch begründet, dass sich der Kläger erst nach Verkündung des erstinstanzlichen Urteils an die durch Vernehmung des Zeugen unter Beweis gestellte Tatsache erinnert habe. Mit den dazu vom Kläger im Einzelnen vorgetragenen Umständen hat es sich jedoch nicht befasst und deshalb die gebotene Würdigung unterlassen, woraus sich der Fahrlässigkeitsvorwurf ergeben soll. Denn dass der Kläger den Beweis auch schon im ersten Rechtszug hätte antreten können, kann - was das Berufungsgericht grundlegend verkannt hat - einen Fahrlässigkeitsvorwurf für sich allein nicht begründen. Die vom Senat selbst vorzunehmende Prüfung dieser vom Berufungsgericht nicht aufgeklärten und deshalb revisionsrechtlich zu unterstellenden Umstände (vgl. BGH, Urteil vom 18. Oktober 2005 - VI ZR 270/04, BGHZ 164, 330 , 333 mwN) ergibt, dass dem Kläger ein Fahrlässigkeitsvorwurf, der eine Zurückweisung des Beweisantritts hätte rechtfertigen können, nicht gemacht werden kann.

(2) Jede Partei ist zwar mit Rücksicht auf ihre Prozessförderungspflicht grundsätzlich gehalten, schon im ersten Rechtszug die Angriffs- und Verteidigungsmittel vorzubringen, deren Relevanz für den Rechtsstreit ihr bekannt ist oder bei Aufwendung der gebotenen Sorgfalt hätte bekannt sein müssen und zu deren Geltendmachung sie dort imstande ist (BGH, Urteile vom 8. Juni 2004 - VI ZR 199/03, BGHZ 159, 245 , 253 mwN; vom 23. April 2010 - LwZR 20/09, NJW-RR 2010, 1500 Rn. 18). Angesichts dieser Pflicht zu konzentrierter Verfahrensführung ist es deshalb den Parteien verwehrt, etwa aus prozesstaktischen Erwägungen ein aus ihrer Sicht entscheidungserhebliches Vorbringen zurückzuhalten, das bereits im ersten Rechtszug in den Rechtsstreit hätte eingeführt werden können (BGH, Beschlüsse vom 10. Juni 2010 - Xa ZR 110/09, WM 2010, 2004 Rn. 28; vom 24. November 2009 - VII ZR 31/09, NJW 2010, 176 Rn. 9; jeweils mwN). Jedoch folgt aus der Prozessförderungspflicht grundsätzlich keine Verpflichtung der Partei, tatsächliche Umstände, die ihr nicht bekannt sind und für die sie auch sonst keine konkreten Anhaltspunkte hat, erst zu ermitteln (BGH, Beschluss vom 10. Juni 2010 - Xa ZR 110/09, aaO; Urteil vom 6. November 2008 - III ZR 231/07, WM 2008, 2355 Rn. 16; jeweils mwN). Ebenso trifft sie regelmäßig keine Pflicht, die Richtigkeit bisher bekannter Umstände in Zweifel zu ziehen und zu deren Verlässlichkeit Ermittlungen anzustellen oder Erkundigungen einzuziehen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 30. Juni 2010 - IV ZR 229/07, VersR 2011, 414 Rn. 11; vom 29. September 2009 - VI ZR 149/08, VersR 2009, 1683 Rn. 3).

Auch hier hatte der Kläger nach dem Beweisergebnis im Vorprozess vor dem Landgericht Stuttgart keinen Anlass, daran zu zweifeln, dass ihm der Beweis für eine verbindliche Ankaufszusage allein schon durch die Bekundungen des Zeugen Ba. gelingen würde, zumal der Zeuge selbst bei seiner späteren Vernehmung vor dem Berufungsgericht keine Erklärung dafür geben konnte, warum er von entscheidenden Passagen, die das Landgericht Stuttgart überzeugt hatten, wieder abgerückt war. Vor diesem Hintergrund hatte der Kläger keine Veranlassung, vorsorglich noch nach zusätzlichen Beweismitteln zu forschen.

Vorliegend kommt hinzu, dass es sich bei den Begebenheiten, die in das Wissen des Zeugen Sa. gestellt sind, nicht um Geschehnisse handelt, die in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Vertragsschluss stehen, sondern um ein eher zufälliges privates Gespräch aus anderem Anlass, das nicht notwendig in der Erinnerung des Klägers geblieben sein musste. Es begründet deshalb nach dem revisionsrechtlich zu unterstellenden Sachverhalt keinen Verstoß gegen die Prozessförderungspflicht, wenn der Kläger den auf diese Begebenheit gestützten Beweisantritt erst in den Prozess eingeführt hat, nachdem er nach Beendigung des ersten Rechtszuges von dem Zeugen Sa. auf die ihm nicht mehr erinnerliche Begebenheit hingewiesen worden war.

(3) Das Berufungsurteil beruht auf dieser Gehörsverletzung. Denn es ist nicht auszuschließen, dass das Berufungsgericht zu einer anderen Beurteilung gelangt wäre, wenn es den Zeugen Sa. in der gebotenen Weise zu den in sein Wissen gestellten Tatsachen vernommen hätte.

bb) Das Berufungsgericht hat den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG ) auch dadurch in entscheidungserheblicher Weise verletzt, dass es die Angaben, die der Kläger bei seiner Parteianhörung (§ 141 Abs. 1 Satz 1 ZPO ) gemacht hat, nicht zur Kenntnis genommen und in die gebotene Würdigung einbezogen hat.

(1) Der Grundsatz der prozessualen Waffengleichheit, der Anspruch auf rechtliches Gehör sowie das Recht auf Gewährleistung eines fairen Prozesses und eines wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 103 Abs. 1 GG , Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG und Art. 6 Abs. 1 EMRK ) erfordern es, dass einer Partei, wenn sie - wie hier - für ein mit der Gegenseite geführtes Vier-Augen-Gespräch keinen Zeugen hat und das Gericht sich für die Beurteilung des unter Beweis gestellten Gesprächsinhalts nicht noch zusätzlich auf sonstige Beweismittel oder Indizien stützen kann, Gelegenheit gegeben wird, ihre Darstellung des Gesprächs in den Prozess persönlich einzubringen; zu diesem Zweck ist die Partei gemäß § 448 ZPO zu vernehmen oder gemäß § 141 ZPO persönlich anzuhören (BGH, Urteile vom 8. Juli 2010 - III ZR 249/09, BGHZ 186, 152 Rn. 16; vom 27. September 2005 - XI ZR 216/04, WM 2006, 548 unter II 3 b; jeweils mwN). Spricht in einem solchen Fall eine gewisse Wahrscheinlichkeit für die Richtigkeit des Vortrags der in Beweisnot stehenden beweisbelasteten Partei, muss das Gericht in nachprüfbarer Weise darlegen, weshalb es von einer Parteivernehmung abgesehen hat. Andernfalls kann nicht davon ausgegangen werden, dass es von dem ihm nach § 448 ZPO eingeräumten Ermessen Gebrauch gemacht hat (BGH, Urteil vom 9. März 1990 - V ZR 244/88, BGHZ 110, 363 , 366). Zwar rechtfertigt eine derartige Beweisnot für sich allein keine Verminderung des Wahrscheinlichkeitsmaßstabs. Sie erhöht jedoch die Anforderungen an eine Begründung, mit der der Tatrichter die Wahrscheinlichkeit verneint; die Gründe seiner Entscheidung müssen deshalb erkennen lassen, dass er die Beweisnot der Partei in Erwägung gezogen hat, und sich mit dem Prozessstoff und bereits vorhandenen Beweisergebnissen umfassend und widerspruchsfrei auseinander setzen (BGH, Beschluss vom 8. März 2006 - IV ZR 151/05, [...] Rn. 8 mwN). Dem ist das Berufungsgericht offenkundig nicht gerecht geworden.

(2) Das Berufungsgericht hat sich bei seiner Würdigung lediglich auf die Bekundungen des von ihm vernommenen Zeugen Ba. , die bei Vertragsschluss erstellten Antragsunterlagen sowie die Verwertungspraxis im Verhältnis zwischen der Beklagten und ihrer Leasinggesellschaft gestützt. Danach hat es eine verbindliche Erwerbszusage der Beklagten für möglich, aber nicht für überwiegend wahrscheinlich erachtet, weil es sich nicht in der Lage gesehen hat, die Überzeugung zu gewinnen, dass die Bekundungen des Zeugen Ba. in seiner Vernehmung vor dem Landgericht Stuttgart zutreffend und in seiner Vernehmung vor dem Berufungsgericht falsch gewesen seien. Die von ihm vorgenommene Parteianhörung des Klägers und deren protokolliertes Ergebnis hat es im Berufungsurteil nicht erwähnt.

Die fehlende Erwähnung zeigt, dass das Berufungsgericht sich mit dem Ergebnis der Parteianhörung des Klägers bei seiner Beweiswürdigung nicht ansatzweise auseinander gesetzt oder es sonst in seine Würdigung einbezogen hat. Auch hierauf beruht das Berufungsurteil.

III.

Nach alldem hat das Berufungsgericht den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör verletzt. Dies führt gemäß § 544 Abs. 7 ZPO zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht. Hierbei macht der Senat von der Möglichkeit des § 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO Gebrauch.

Vorinstanz: LG Bielefeld, vom 03.12.2010 - Vorinstanzaktenzeichen 15 O 116/10
Vorinstanz: OLG Hamm, vom 04.07.2011 - Vorinstanzaktenzeichen I-2 U 21/11