Kontakt : 0221 / 93 70 18 - 0
Wir durchsuchen unsere Datenbank

BGH - Entscheidung vom 05.06.2012

XI ZR 179/11

Normen:
BGB § 242
BGB § 249 Abs. 1

BGH, Urteil vom 05.06.2012 - Aktenzeichen XI ZR 179/11

DRsp Nr. 2012/16408

Umfang der Risikoaufklärung einer lediglich kreditgebenden Bank über ein finanziertes Anlagegeschäft bei steuersparenden Bauherrenmodellen, Bauträgermodellen und Erwerbermodellen

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 8. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Oldenburg vom 10. März 2011 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Normenkette:

BGB § 242 ; BGB § 249 Abs. 1 ;

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen die Zwangsvollstreckung aus notariellen Urkunden, die im Zusammenhang mit dem von der Rechtsvorgängerin der beklagten Bank (im Folgenden: Beklagte) finanzierten Erwerb einer Eigentumswohnung errichtet wurden. Die Beklagte verlangt widerklagend vom Kläger und der Drittwiderbeklagten Rückzahlung der Darlehen.

Der Kläger wurde 1992 von einem Anlagenvermittler geworben, zwecks Steuerersparnis eine noch zu errichtende Eigentumswohnung in der Wohnanlage M. in O. zu erwerben. Das Auftragsformular des Vermittlers und das von ihm verwandte Berechnungsbeispiel weisen eine an den Vermittler zu zahlende Bearbeitungsgebühr in Höhe von 3% zzgl. Umsatzsteuer aus. Im Vermittlungsauftrag heißt es außerdem:

"Die Vertriebsbeauftragte hat ihrerseits verschiedene Vermittler beauftragt, die als Nachweismakler für diese und als Vermittlungsmakler für den/die Erwerber tätig werden. Der jeweilige Vermittler ist berechtigt, vom Auftraggeber eine Bearbeitungsgebühr von 3% des kalkulierten Aufwandes zzgl. Umsatzsteuer in jeweiliger Höhe auf eigene Rechnung zu vereinnahmen."

In den auf der Rückseite des Vermittlungsauftrags abgedruckten Allgemeinen Geschäftsbedingungen wird unter "IV. Vergütung, Provision" unter anderem ausgeführt:

"Der Vermittler hat in der Regel einen Vergütungsanspruch gegenüber den vorgenannten Prospektanbietern, Beteiligungs- oder Betriebsgesellschaften auf der Grundlage der mit diesen geschlossenen Verträgen."

Des Weiteren verwandte der Vermittler einen Verkaufsprospekt, der hinsichtlich des kalkulierten Gesamtaufwandes folgende Angaben enthält:

VIII. Aufteilung (in%) des kalkulierten Gesamtaufwandes, der sich aufgrund der vorgesehenen Konzeption ergibt:

a)  Grundstück, Gebäude incl. Vertrieb und Marketing  76,70 
b)  Technische Baubetreuung  0,25 
c)  Konzeption, Aufbereitung, Prospektgestaltung  1,50 
d)  Finanzierungsvermittlung  4,00 
davon für: 
- Zwischenfinanzierung  1,80 
- Endfinanzierung  2,00 
- EK-Vorfinanzierung  0,20 
e)  Nebenkostengarantie  0,50 
f)  Zinsgarantie  2,00 
davon für Leistungen: 
- gem. Ziff. II. des 
Zinsgarantievertrages  1,50 
- gemäß Ziff. III. des 
Zinsgarantievertrages  0,50 
g)  Mietvermittlung  0,20 
h)  Mietgarantie  0,50 
i)  Steuerberatung  2,30 
davon für Leistungen: 
- gem. Ziff. II.2., 5., des Stb.-Vertrages  0,58 
- gem. Ziff. II. 1., 3., 4., 6. des Stb.-Vertrages  1,72 
j)  Abwicklungsauftrag  2,30 
k)  Bauzeitzinsen  5,50 
l)  Notar, Gewerbesteuer und sonstiges  4,25 
100,00 

In der Position a) "Grundstück, Gebäude incl. Vertrieb und Marketing" waren Provisionen an Dritte in Höhe von 18,24% brutto des Gesamtaufwands enthalten.

Die vom Kläger bevollmächtigte C. Steuerberatungsgesellschaft mbH (im Folgenden: Treuhänderin) schloss namens des Klägers mit der Bauträgerin am 30. Dezember 1992 einen notariellen "Kauf- und Werklieferungsvertrag mit Auflassung" über die Eigentumswohnung Nr. .. zum Preis von 105.498 DM. Darin übernahm er einen Anteil der auf dem Gesamtgrundstück lastenden Grundschuld, die der Beklagten zuvor von der Bauträgerin durch notarielle Urkunde vom 9. Dezember 1992 bewilligt worden und gegen den jeweiligen Eigentümer sofort vollstreckbar war. Zugleich übernahm der Kläger in Höhe des anteiligen Grundschuldbetrages von 137.546 DM die persönliche Haftung und unterwarf sich der persönlichen Zwangsvollstreckung in sein gesamtes Vermögen.

Darüber hinaus schloss die Treuhänderin namens des Klägers in den Jahren 1992 und 1993 mit der Beklagten mehrere Darlehensverträge, deren Valuta in Höhe von insgesamt 149.268 DM zur Finanzierung des Gesamtaufwands zuzüglich Disagio und Bearbeitungsgebühr (Agio) verwandt wurde. Die Darlehensverträge wurden auch von der Drittwiderbeklagten als Darlehensnehmerin unterzeichnet. Nachdem der Kläger und die Drittwiderbeklagte die Bedienung der Finanzierungsdarlehen eingestellt hatten, kündigte die Beklagte die Darlehen mit Schreiben vom 11. Dezember 2002 und betrieb die Zwangsvollstreckung.

Mit der Klage wendet sich der Kläger gestützt unter anderem auf Schadensersatzansprüche wegen vorvertraglicher Aufklärungspflichtverletzung gegen die Zwangsvollstreckung in das persönliche Vermögen aus dem notariellen Kauf- und Werklieferungsvertrag sowie aus der Grundschuldbestellungsurkunde. Die Beklagte verlangt widerklagend vom Kläger und der Drittwiderbeklagten den offenen Darlehenssaldo.

Das Landgericht hat die Vollstreckung aus den Urkunden für unzulässig erklärt und die Widerklage abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren und den Widerklageantrag weiter.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet und führt zur Aufhebung des Berufungsurteils sowie zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.

Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung soweit für das Revisionsverfahren von Belang im Wesentlichen ausgeführt:

Die Zwangsvollstreckung durch die Beklagte sei wegen entgegenstehender Schadensersatzansprüche unzulässig. Die Haftung der Beklagten gründe sich darauf, dass sie den Kläger nicht über eine von ihr erkannte arglistige Täuschung über die Höhe der Provision aufgeklärt habe. Beim Kläger sei gezielt der unrichtige Eindruck erweckt worden, für die Vermittlung des Erwerbs der Eigentumswohnung werde lediglich die im Berechnungsbeispiel ausdrücklich genannte Bearbeitungsgebühr von 3% zzgl. Umsatzsteuer anfallen, obwohl tatsächlich im Einvernehmen aller am Bauträgermodell Beteiligter einschließlich der beklagten Bank wesentlich höhere Vertriebsprovisionen an den Vertrieb geflossen seien. Der als Zeuge vernommene Vermittler habe angegeben, gegenüber den Kunden stets nur die Bearbeitungsgebühr von 3,42% brutto offengelegt zu haben. Es sei nicht darüber gesprochen worden, ob über die offene Außenprovision hinaus weitere Provisionen anfallen würden. Die Beratungsgespräche seien stets nach einem vom Vertrieb vorgegebenen Muster abgelaufen, das den Eindruck vermittelt habe, dass keine weiteren Provisionen zu zahlen seien. Aus dem Beratungsgespräch und dem dabei erstellten Berechnungsbeispiel habe der Kläger entnehmen müssen, dass er im Falle des Erwerbs der Immobilie nur die Außenprovision von 3,42% brutto zusätzlich zum Gesamtaufwand zu zahlen habe.

Der Vermittlungsauftrag sei ebenfalls Mittel zur Täuschung der Kunden gewesen, denn der dort enthaltene Hinweis auf die Bearbeitungsgebühr von 3,42% brutto des kalkulierten Gesamtaufwands beziehe sich lediglich auf die im Berechnungsbeispiel genannte Außenprovision. Der Kunde könne diesen Ausführungen nicht entnehmen, dass im Gesamtaufwand eine weitere Provision in erheblicher Höhe enthalten sei. Ähnliches gelte für die auf der Rückseite des Vermittlungsauftrags abgedruckten Allgemeinen Geschäftsbedingungen, in denen gleichfalls Anfall und Höhe der Provision verschleiert würden.

Schließlich sei der Kläger durch den verwendeten Vertriebsprospekt getäuscht worden. Dem Kunden werde durch die Aufteilung in eine große Aufwandsposition für Grundstück/Gebäude und in elf weitere Positionen, die teilweise weniger als 1% des Gesamtaufwands ausmachten, vorgespiegelt, im Gesamtaufwand seien weitere an Dritte zu zahlende Provisionen nicht enthalten, jedenfalls nicht in der erheblichen Höhe von 18,24% des Gesamtaufwands. Daran ändere auch der Zusatz "incl. Vertrieb und Marketing" nichts. Die Auflistung erwecke den Eindruck, dass es sich dabei allenfalls um Marginalien, nicht aber um die zweitgrößte Aufwandsposition handele.

Für das Vorliegen der Arglist sei nicht auf den vor Ort tätigen Vermittler, sondern auf das arglistige Verhalten der Vertriebsgesellschaften abzustellen. Ein vorsatzausschließender Rechtsirrtum des Vertriebs scheide aus. Die Täuschung sei zumindest mitursächlich für die vom Kläger abgegebene Willenserklärung gewesen. Die Kenntnis der Beklagten von der evidenten arglistigen Täuschung durch den Vertrieb werde nach den Grundsätzen des institutionalisierten Zusammenwirkens vermutet. Die Beklagte habe auch schuldhaft gehandelt.

Wegen seines Schadensersatzanspruchs müsse die Beklagte den Kläger so stellen, als habe dieser das Anlagegeschäft nicht abgeschlossen. Ein Anspruch der Beklagten auf Rückzahlung der Darlehen bestehe deshalb nicht. Es sei unschädlich, dass der Kläger den Schadensersatzanspruch nicht im Einzelnen beziffert und die Übertragung der Eigentumswohnung nicht angeboten habe. Da die Vollstreckungsgegenklage Erfolg habe, sei die von der Beklagten erhobene Widerklage unbegründet.

II.

Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Prüfung in mehreren Punkten nicht stand.

1. Zutreffend ist das Berufungsgericht allerdings davon ausgegangen, dass der Kläger den geltend gemachten Schadensersatzanspruch aus Aufklärungspflichtverletzung gemäß § 242 BGB seiner Inanspruchnahme aus der Vollstreckungsunterwerfung entgegenhalten kann.

Der vermeintliche Schadensersatzanspruch des Klägers ist nach den Grundsätzen der Naturalrestitution (§ 249 Abs. 1 BGB ) darauf gerichtet, den Kläger so zu stellen, wie er ohne die schuldhafte Aufklärungspflichtverletzung stünde (vgl. Senatsurteile vom 29. Juni 2010 XI ZR 104/08, BGHZ 186, 96 Rn. 46, vom 23. Oktober 2007 XI ZR 167/05, WM 2008, 154 Rn. 26 und vom 16. Mai 2006 XI ZR 6/04, BGHZ 168, 1 Rn. 61). Diesen Schadensersatzanspruch kann der Kläger gemäß § 242 BGB seiner Inanspruchnahme aus der persönlichen Vollstreckungsunterwerfung entgegenhalten (vgl. Senatsurteile vom 23. Oktober 2007 XI ZR 167/05, WM 2008, 154 Rn. 26 und vom 16. Mai 2006 XI ZR 6/04, BGHZ 168, 1 Rn. 61 aE).

Der hiergegen gerichtete Revisionsangriff, der Kläger könne den Schadensersatzanspruch schon deswegen nicht mit Erfolg einwenden, weil er ihn, insbesondere unter Berücksichtigung anzurechnender Mieteinnahmen und Steuervorteile, nicht beziffert habe, greift nicht durch. Ein Erfolg des geltend gemachten Anspruches auf Naturalrestitution hätte die vollständige Rückabwicklung des Anlagegeschäfts zur Folge (vgl. Senatsurteile vom 29. Juni 2010 XI ZR 104/08, BGHZ 186, 96 Rn. 46, vom 23. Oktober 2007 XI ZR 167/05, WM 2008, 154 Rn. 26 und vom 16. Mai 2006 XI ZR 6/04, BGHZ 168, 1 Rn. 61). Unabhängig von einer in Betracht kommenden Vorteilsausgleichung (vgl. BGH, Urteil vom 15. Juli 2010 III ZR 336/08, WM 2010, 1641 Rn. 35 m.w.N.) könnte die Beklagte bei Bestehen des Anspruchs jedenfalls nicht Rückzahlung der noch offenen Darlehensvaluta verlangen, derentwegen sie die Vollstreckung betreibt. Die Revision übersieht des Weiteren, dass der Rückabwicklungsanspruch auch darauf gerichtet ist, den Kläger von dem vollstreckbaren Schuldanerkenntnis zu befreien (Senatsurteil vom 16. Mai 2006 XI ZR 6/04, BGHZ 168, 1 Rn. 61). Ob die Beklagte, wie die Revision meint, im Falle der Rückabwicklung Anspruch auf Herausgabe von Vorteilen hat, die die bereits erbrachten Zins- und Tilgungsleistungen übersteigen, und ob dieser Anspruch durch das Schuldanerkenntnis gesichert ist, kann deshalb dahinstehen.

2. Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht jedoch angenommen, die Beklagte sei dem Kläger zum Schadensersatz verpflichtet, weil sie den Kläger nicht über eine von ihr erkannte arglistige Täuschung über die Höhe der Vertriebsprovisionen aufgeklärt habe.

a) Wie auch das Berufungsgericht nicht verkannt hat, ist eine nicht beratende, sondern lediglich kreditgebende Bank nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes bei steuersparenden Bauherren-, Bauträger- und Erwerbermodellen zur Risikoaufklärung über das finanzierte Anlagegeschäft nur unter ganz besonderen Voraussetzungen verpflichtet. Das ist etwa der Fall, wenn die Bank in Bezug auf spezielle Risiken des Vorhabens einen konkreten Wissensvorsprung vor dem Darlehensnehmer hat und dies auch erkennen kann (st. Rspr., Senatsurteile vom 29. Juni 2010 XI ZR 104/08, BGHZ 186, 96 Rn. 16 und vom 16. Mai 2006 XI ZR 6/04, BGHZ 168, 1 Rn. 41).

Auf eine im Kaufpreis enthaltene und an den Vertrieb gezahlte "versteckte Innenprovision" muss das den Immobilienerwerb finanzierende Kreditinstitut, mit dem kein Anlageberatungsvertrag geschlossen wurde, den Darlehensnehmer von sich aus grundsätzlich nicht hinweisen (st. Rspr., Senatsurteile vom 29. Juni 2010 XI ZR 104/08, BGHZ 186, 96 Rn. 17, vom 16. Mai 2006 XI ZR 6/04, BGHZ 168, 1 Rn. 46 und vom 2. Dezember 2003 XI ZR 53/02, WM 2004, 417, 418 f.). Dies gilt schon deshalb, weil die Veräußerung einer Immobilie zu einem überteuerten Kaufpreis nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs selbst für den Verkäufer nicht ohne weiteres einen zur Aufklärung verpflichtenden Umstand darstellt. Der Käufer hat nämlich grundsätzlich keinen Anspruch auf einen Erwerb des Objekts zu dessen Verkehrswert. Es bleibt vielmehr den Vertragsparteien bis an die Grenzen der Sittenwidrigkeit und des Wuchers überlassen, welchen Kaufpreis sie vereinbaren. Das gilt umso mehr, als jeder Verkaufspreis über dem reinen Verkehrswert liegende Gewinnanteile und Vertriebskosten enthalten kann und grundsätzlich keine Verpflichtung des Verkäufers, und schon gar nicht der finanzierenden Bank, besteht, dem Käufer ungefragt eine nähere Aufschlüsselung des Kaufpreises der Immobilie zu geben und den darin enthaltenen Provisionsanteil offen zu legen. Etwas anderes gilt erst dann, wenn es zu einer so wesentlichen Verschiebung der Relation zwischen Kaufpreis und Verkehrswert kommt, dass die Bank von einer sittenwidrigen Übervorteilung des Käufers durch den Verkäufer ausgehen muss (st. Rspr., Senatsurteile vom 29. Juni 2010 XI ZR 104/08, BGHZ 186, 96 Rn. 17 und vom 23. März 2004 XI ZR 194/02, WM 2004, 1221 , 1225 jeweils m.w.N.). Letzteres hat das Berufungsgericht hier nicht festgestellt.

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs liegt dagegen ein aufklärungspflichtiger Wissensvorsprung aber dann vor, wenn die Bank positive Kenntnis davon hat, dass der Kreditnehmer von seinem Geschäftspartner oder durch den Fondsprospekt über das finanzierte Geschäft gemäß § 123 BGB arglistig getäuscht wurde (vgl. nur Senatsurteile vom 29. Juni 2010 XI ZR 104/08, BGHZ 186, 96 Rn. 20 und vom 10. Juli 2007 XI ZR 243/05, WM 2007, 1831 Rn. 14 jeweils m.w.N.).

b) Zu Unrecht hat das Berufungsgericht hier eine arglistige Täuschung des Klägers durch den Vertrieb mit der Begründung bejaht, beim Kläger sei gezielt der unrichtige Eindruck erweckt worden, für die Vermittlung des Erwerbs der Eigentumswohnungen falle lediglich die im Berechnungsbeispiel und im Vermittlungsauftrag genannte Provision von 3% zzgl. Umsatzsteuer an, während tatsächlich eine weitere Vertriebsprovision von 18,24% angefallen sei, die in der Position a) des im Verkaufsprospekt aufgeführten Gesamtaufwandes enthalten gewesen sei. Richtig ist vielmehr, dass der Kläger auf den Anfall einer weiteren Vertriebsprovision deutlich hingewiesen wurde und ihm lediglich deren Höhe nicht offenbart worden ist. Darin liegt jedoch unabhängig vom Bestehen etwaiger, hier nicht streitgegenständlicher Ansprüche gegen Prospektverantwortliche keine arglistige Täuschung des Klägers gemäß § 123 BGB .

aa) In dem Verkaufsprospekt, den der Senat selbst auslegen kann (BGH, Urteile vom 22. März 2007 III ZR 218/06, WM 2007, 873 Rn. 6 und vom 19. Juli 2011 II ZR 300/08, WM 2011, 1658 Rn. 46), heißt es bei der Aufschlüsselung des Gesamtaufwandes unter "a) Grundstück, Gebäude incl. Vertrieb und Marketing". Daraus war für den Kläger ohne weiteres ersichtlich, dass in dem auf diese Position entfallenden Anteil von 76,70% des Gesamtaufwandes ein nicht weiter aufgeschlüsselter Teil für "Vertrieb und Marketing" enthalten war. Dies verkennt auch das Berufungsgericht nicht. Seine Auffassung, der Anleger werde dadurch, dass der Gesamtaufwand im Verkaufsprospekt einerseits in eine große Position von 76,70% und andererseits in elf weitere Positionen von teilweise weniger als 1% aufgeteilt sei, darüber getäuscht, dass der Anteil für "Vertrieb und Marketing" in der großen Position 18,24% betrage, hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand.

Aus der bezifferten Höhe der Positionen b) bis l) der Kalkulation des Gesamtaufwandes im Prospekt kann nicht auf die Höhe der in der Position a) enthaltenen Vertriebsprovision geschlossen werden. Es existiert kein Erfahrungssatz des Inhalts, dass aus der Höhe einzelner Positionen einer Preiskalkulation auf die Zusammensetzung eines anderen Preisbestandteils bzw. auf die Höhe darin enthaltener, nicht bezifferter Unterpositionen geschlossen werden könnte. Das gilt unabhängig von der Höhe der bezifferten Preisbestandteile. Es kann deshalb nicht angenommen werden, eine unbezifferte Unterposition übersteige die bezifferten Preisbestandteile nicht oder nur geringfügig.

Die gegenteilige Annahme des Berufungsgerichts berücksichtigt zudem ebenso wie auch die gesamte Argumentation der Revisionserwiderung nicht den Unterschied zwischen einer vom Anleger direkt an Dritte zu zahlenden Vergütung einerseits und den vom Verkäufer aus dem Kaufpreis finanzierten (Vertriebs-)Kosten andererseits (üblicherweise als Außen- und Innenprovisionen voneinander abgegrenzt, vgl. Wagner in Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts, 3. Aufl., § 15 Rn. 165). Bei den der Höhe nach im Prospekt ausgewiesenen Provisionen der Positionen b) bis l) handelt es um Außenprovisionen, die die Treuhänderin konzeptionsgemäß und aufgrund ausdrücklicher Vollmacht im Namen und auf Rechnung des Anlegers direkt an Dritte für zusätzliche Dienstleistungen (z.B. Nebenkostengarantie, Mietgarantie, Steuerberatung) zahlen sollte. Hierauf wird im Prospekt auch hingewiesen. Die Position a) "Grundstück, Gebäude incl. Vertrieb und Marketing" gibt demgegenüber den an die Bauträgerin zu zahlenden Kaufpreis an. Der hierauf entfallende Anteil von 76,70% des Gesamtaufwandes ist nicht näher aufgeschlüsselt. Nicht nachvollziehbar ist daher die Auffassung des Berufungsgerichts, dass aus der Höhe der an Dritte zu zahlenden Außenprovisionen auf die Höhe der von der Bauträgerin selbst zu tragenden und aus dem Kaufpreis zu entrichtenden Vertriebsprovisionen geschlossen werden könnte. Der Kalkulation des Gesamtaufwandes im Prospekt kann vielmehr lediglich entnommen werden, welche sonstigen Entgelte (Außenprovisionen) vom Anleger neben dem Kaufpreis zu zahlen sind.

bb) Eine arglistige Täuschung lässt sich auch nicht dem formularmäßigen Vermittlungsauftrag und den vorformulierten Passagen im Berechnungsbeispiel entnehmen, die als Allgemeine Geschäftsbedingungen wegen ihrer offensichtlichen Verwendung über den Einzelfall hinaus vom Senat selbst ausgelegt werden können (st. Rspr., vgl. nur BGH, Urteil vom 5. Juli 2005 X ZR 60/04, NJW 2005, 2919 , 2921 m.w.N.).

(1) Der Vermittlungsauftrag weist lediglich die vom Anleger direkt an den Vermittler zu zahlende Vergütung aus, enthält jedoch keine unzutreffenden und abschließenden Erklärungen über Anfall und Höhe sonstiger Vertriebsprovisionen des Vermittlers oder anderer Beteiligter. Im Gegenteil wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass "die Vertriebsbeauftragte ... verschiedene Vermittler beauftragt [hat], die als Nachweismakler für diese und als Vermittlungsmakler für den/die Erwerber tätig werden". Dadurch wird nicht nur offengelegt, dass verschiedene Vermittler mit dem Vertrieb der Kapitalanlage betraut sind, sondern auch, dass diese zusätzlich als Nachweismakler für eine zwischengeschaltete Vertriebsbeauftragte tätig werden. Schon daraus wird deutlich, dass anlässlich der Vermittlung des Anlegers neben der "Bearbeitungsgebühr" von 3% zzgl. Umsatzsteuer weitere Vertriebsprovisionen anfallen.

Darüber hinaus wird in den auf der Rückseite des Vermittlungsauftrages abgedruckten "Allgemeinen Geschäftsbedingungen" unter "IV. Vergütung, Provision" ausdrücklich klargestellt, dass der Vermittler "in der Regel" noch weitere Vergütungsansprüche gegen sonstige Beteiligte hat. Dieser Hinweis ist eindeutig, so dass, entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts, die Unklarheitenregel des § 5 AGBG a.F. (jetzt § 305c Abs. 2 BGB ) nicht anzuwenden ist.

(2) Das Berufungsgericht geht außerdem fehl, soweit es dem vom Vermittler verwandten Berechnungsbeispiel eine arglistige Täuschung entnimmt. Woraus sich eine arglistige Täuschung ergeben soll, wenn es dort heißt, "Marketing- und Bearbeitungsgebühr 3,42% incl. MwSt., nicht im Gesamtaufwand enthalten", ist nicht ersichtlich. Ausweislich der Feststellungen des Berufungsgerichts war dies tatsächlich die einzige Provision, die zusätzlich zum Gesamtaufwand anfiel. Dass neben dieser Außenprovision keine Innenprovision anfällt, ist damit jedenfalls nicht gesagt. Aus der Aufschlüsselung des Gesamtaufwandes im Verkaufsprospekt ergibt sich vielmehr, wie dargelegt, gemäß der Position a) das Gegenteil.

Im Übrigen weist die Revision zu Recht darauf hin, dass das Berechnungsbeispiel ersichtlich nur bezweckte, die Gesamteinnahmen den Gesamtausgaben des Klägers gegenüberzustellen. Das Berechnungsbeispiel diente folglich nicht der Information über die Zusammensetzung des Gesamtaufwands. Lediglich die "Bearbeitungsgebühr" fand Erwähnung, weil sie zusätzlich zum Gesamtaufwand anfiel.

cc) Schließlich kann auch die Feststellung des Berufungsgerichts, der Kläger sei durch mündliche Angaben des Vermittlers arglistig getäuscht worden, keinen Bestand haben.

(1) Ob der Kläger durch unrichtige Angaben des Vermittlers arglistig getäuscht worden ist, ist allerdings eine Frage der Würdigung des konkreten Einzelfalls durch den Tatrichter, die in der Revisionsinstanz grundsätzlich nur beschränkter Nachprüfung unterliegt (Senatsurteil vom 21. September 2010 XI ZR 232/09, WM 2010, 2069 Rn. 18 aE m.w.N.). Zu prüfen ist insoweit, ob die tatrichterliche Würdigung vertretbar ist, nicht auf verfahrenswidriger Tatsachenfeststellung beruht und ob der Streitstoff umfassend, widerspruchsfrei und ohne Verstoß gegen Denk- oder Erfahrungssätze gewürdigt worden ist (vgl. Senatsurteile vom 26. Oktober 2004 XI ZR 211/03, WM 2005, 27 und vom 29. Juni 2010 XI ZR 104/08, BGHZ 186, 96 Rn. 25, jeweils m.w.N.). Dieser Überprüfung halten die Feststellungen des Berufungsgerichts nicht stand.

(2) Der Vermittler hat danach in den Beratungsgesprächen zwar nicht auf den Anfall von Innenprovisionen hingewiesen. Dies ergab sich jedoch bereits dem Grunde nach aus dem Prospekt und dem Vermittlungsauftrag. Zudem hat das Berufungsgericht keine falschen Angaben des Vermittlers hinsichtlich des Anfalls und der Höhe von Innenprovisionen festgestellt. Das wiedergegebene Ergebnis der Beweisaufnahme trägt, wie die Revision zu Recht rügt, auch nicht die Schlussfolgerung, der Kläger sei davon abgehalten worden, Fragen zu stellen und ihm sei der Eindruck vermittelt worden, keine weiteren Provisionen zahlen zu müssen. Anhaltspunkte hierfür sind nicht ersichtlich.

dd) Der vorliegende Sachverhalt unterscheidet sich damit von jenen vom Senat entschiedenen Fällen, in denen die Prospekte oder andere Urkunden anders als hier der falsche Eindruck einer abschließenden Darstellung der Vertriebskosten vermittelt und dadurch einen Irrtum des Anlegers über die Höhe der Vertriebskosten erregt worden war (Senatsurteile vom 29. Juni 2010 XI ZR 104/08, BGHZ 186, 96 Rn. 21 ff., vom 24. März 2009 XI ZR 456/07, WM 2009, 1028 Rn. 31 f. und vom 10. Juli 2007 XI ZR 243/05, WM 2007, 1831 Rn. 15 aE). Im Senatsurteil vom 29. Juni 2010 XI ZR 104/08 (a.a.O. Rn. 31 f.) ging es insbesondere um Angaben über Provisionen zugunsten zweier Vermittlungsgesellschaften, durch die der falsche Anschein erweckt worden war, die Provisionen würden damit abschließend beziffert. Davon kann beim vorliegenden Vermittlungsauftrag angesichts des ausdrücklichen Hinweises auf weitere Vergütungsansprüche des Vermittlers keine Rede sein.

Zutreffend haben deshalb andere Oberlandesgerichte für die hier vorliegenden oder vergleichbare Formulierungen in Verkaufsprospekten, Vermittlungsaufträgen und Berechnungsbeispielen eine arglistige Täuschung der Anleger über die Höhe der im Kaufpreis enthaltenen Vertriebsprovisionen verneint (vgl. z.B. OLG Braunschweig, Urteil vom 12. November 2009 8 U 121/08; OLG Frankfurt/M., Urteile vom 2. Juni 2009 23 U 207/07, 23 U 37/08 und 23 U 139/08, jeweils unveröffentlicht; vgl. auch Senatsbeschluss vom 15. Februar 2010 XI ZR 20/10, [...]).

3. Da eine arglistige Täuschung über Vertriebsprovisionen aus den genannten Gründen ausscheidet, bedarf es keiner Entscheidung darüber, ob das Berufungsgericht wie die Revision geltend macht Kausalität, Arglist und Kenntnis der Beklagten von einer arglistigen Täuschung zu Unrecht bejaht hat.

III.

Das Berufungsurteil ist deshalb aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO ). Die Sache, die mangels ausreichender tatsächlicher Feststellungen nicht zur abschließenden Entscheidung reif ist, ist zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO ).

1. Der Kläger hat ausweislich der vom Berufungsgericht in Bezug genommenen Feststellungen des Landgerichts nicht lediglich materiell-rechtliche Einwendungen gegen die titulierten Ansprüche im Sinne des § 767 Abs. 1 BGB erhoben, sondern auch die Unwirksamkeit des Vollstreckungstitels geltend gemacht. Das ist Gegenstand einer prozessualen Gestaltungsklage analog § 767 Abs. 1 ZPO , die mit der Vollstreckungsabwehrklage verbunden werden kann (st. Rspr., vgl. nur Senatsurteil vom 30. März 2010 XI ZR 200/09, BGHZ 185, 133 Rn. 15 und 18 m.w.N.). Das Berufungsgericht hat eine Entscheidung hierüber nicht getroffen. Das wird gegebenenfalls nachzuholen sein.

Der Senat weist insoweit allerdings darauf hin, dass entgegen den Ausführungen des Landgerichts nicht ersichtlich ist, weshalb die Grundschuldbestellungsurkunde vom 9. Dezember 1992 nichtig sein soll. Dort hat nicht die Treuhänderin, sondern die Bauträgerin zugunsten der Beklagten eine Grundschuld bestellt, die gemäß § 800 Abs. 1 Satz 1 ZPO gegen den jeweiligen Eigentümer sofort vollstreckbar ist. Die Ausführungen des Landgerichts zur unwirksamen Vertretung des Klägers durch die Treuhänderin gehen insoweit

offensichtlich ins Leere.

2. Das Berufungsgericht hat außerdem, aus seiner Sicht folgerichtig, keine Feststellungen zu der mit der Widerklage geltend gemachten Darlehensforderung getroffen, insbesondere nicht zur Höhe. Auch das wird es gegebenenfalls nachzuholen haben.

Von Rechts wegen

Verkündet am: 5. Juni 2012

Vorinstanz: OLG Oldenburg, vom 10.03.2011 - Vorinstanzaktenzeichen 8 U 55/10
Vorinstanz: LG Oldenburg, vom 08.03.2010 - Vorinstanzaktenzeichen 9 O 71/05