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BGH - Entscheidung vom 23.05.2012

XII ZB 417/11

Normen:
FamFG §§ 35, 58, 70
FamFG § 35 Abs. 2
FamFG § 70 Abs. 2 S. 2

Fundstellen:
FGPrax 2012, 183
FamRZ 2012, 1204
FuR 2012, 475
MDR 2012, 931
NJW-RR 2012, 1156

BGH, Beschluss vom 23.05.2012 - Aktenzeichen XII ZB 417/11

DRsp Nr. 2012/13713

Statthaftigkeit eines Rechtsbeschwerde gegen den nach § 35 Abs. 2 FamFG vorgeschriebenen Hinweis auf Zwangsmittel und gegen die Androhung eines Zwangsmittels

a) Auch im Fall der Zulassung durch das Beschwerdegericht ist die Rechtsbeschwerde nicht statthaft, wenn bereits die erstinstanzliche Entscheidung von Gesetzes wegen nicht anfechtbar war.b) Sowohl gegen den nach § 35 Abs. 2 FamFG vorgeschriebenen Hinweis auf Zwangsmittel als auch gegen deren - vom Gesetz nicht mehr vorgesehene - Androhung ist ein Rechtsmittel nicht statthaft.

Tenor

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 5. Zivilkammer des Landgerichts Bremen vom 13. Juli 2011 wird auf Kosten des Beteiligten verworfen.

Wert: 800 €

Normenkette:

FamFG § 35 Abs. 2 ; FamFG § 70 Abs. 2 S. 2;

Gründe

I.

Der Beteiligte war als Sohn der inzwischen verstorbenen Betroffenen als deren Betreuer u.a. für den Aufgabenkreis Vermögenssorge bestellt. Der Rechtspfleger des Amtsgerichts forderte den Beteiligten nach dem Tod der Betroffenen auf, eine Schlussrechnung vorzulegen. Dieser verzichtete als Erbe wie sein Bruder auf die Schlussrechnung, legte aber keinen entsprechenden Erbschein vor. Der Rechtspfleger teilte dem Beteiligten in einem Schreiben mit, dass der Schlussrechnung oder dem Nachweis der "Erbscheinbeantragung" innerhalb einer bestimmten Frist entgegen gesehen werde und anderenfalls ein Zwangsverfahren eingeleitet werden müsse. An die Erledigung des Schreibens erinnerte der Rechtspfleger mit einem weiteren Schreiben und drohte ein Zwangsgeld von 800 € an, falls nicht binnen drei Wochen die Schlussrechnung oder die Entlastungserklärungen der Erben nebst Erbschein zum Nachweis der Erbenstellung vorgelegt würden.

Der Beteiligte hat gegen die beiden zuletzt genannten Schreiben Beschwerde eingelegt. Das Landgericht hat die Beschwerden als unzulässig verworfen. Dagegen richtet sich die zugelassene Rechtsbeschwerde des Beteiligten.

II.

Die Rechtsbeschwerde ist nicht statthaft.

1.

Nach § 70 Abs. 1 FamFG ist die Rechtsbeschwerde eines Beteiligten statthaft, wenn das Beschwerdegericht sie zugelassen hat. Nach § 70 Abs. 2 Satz 2 FamFG ist das Rechtsbeschwerdegericht an die Zulassung gebunden. Etwas anderes gilt indessen für Entscheidungen, die von Gesetzes wegen nicht anfechtbar sind. Entsprechend der Regelung in §§ 574 ff. ZPO , an welcher das Rechtsbeschwerderecht des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit orientiert worden ist (vgl. BT-Drucks. 16/6308 S. 209), eröffnet die Zulassung keine Rechtsbeschwerde gegen eine unanfechtbare Entscheidung des Beschwerdegerichts. Das gilt erst recht, wenn schon das Rechtsmittel zum Beschwerdegericht nicht statthaft war (vgl. Senatsbeschlüsse BGHZ 159, 14 , 15 = FamRZ 2004, 1191 , 1192 und vom 14. Juli 2004 - XII ZB 268/03 - NJW-RR 2005, 214 jeweils mwN).

2.

Das Landgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die vom Beteiligten eingelegten Rechtsmittel nicht statthaft sind.

Nach § 58 Abs. 1 FamFG findet die Beschwerde, sofern durch Gesetz nichts anderes bestimmt ist, nur gegen die im ersten Rechtszug ergangenen Endentscheidungen statt. Demnach sind Neben- und Zwischenentscheidungen von der Anfechtung regelmäßig ausgenommen. Deren Anfechtbarkeit bedarf vielmehr der besonderen gesetzlichen Anordnung (vgl. BT-Drucks. 16/6308 S. 203; Musielak/Borth FamFG 3. Aufl. § 58 Rn. 2), an der es im vorliegenden Fall fehlt.

a)

Der im ersten angefochtenen Schreiben des Rechtspflegers enthaltene Hinweis, dass bei Nichterfüllung der Auflagen ein Zwangsverfahren eingeleitet werden müsse, stellt bereits keine Entscheidung dar, sondern ist - unabhängig von den inhaltlichen Anforderungen - als Hinweis auf die mit der Nichterfüllung verbundenen Folgen anzusehen, welcher gemäß § 35 Abs. 2 FamFG gesetzlich vorgeschrieben ist (vgl. MünchKommZPO/Ulrici 3. Aufl. § 35 FamFG Rn. 10).

b)

Auch die im weiteren Schreiben ausgesprochene Androhung kann ungeachtet des Umstands, dass eine solche vom Gesetz nicht mehr vorgesehen ist, jedenfalls keine über eine Zwischenentscheidung hinausgehende Wirkung entfalten. Eine Anfechtung durch den Adressaten der gerichtlichen Anordnung eröffnet das Gesetz in § 35 Abs. 5 FamFG nur gegen die Anordnung des Zwangsmittels. Die von der Rechtsbeschwerde für ihre gegenteilige Ansicht angeführte Entscheidung des Oberlandesgerichts München (NJW-RR 2010, 1603 ) betrifft mit § 71 GBO das Beschwerdeverfahren nach der Grundbuchordnung , welches im Gegensatz zum Beschwerderecht nach §§ 19 ff. FGG (jetzt §§ 58 ff. FamFG ) durch das FGG-Reformgesetz nicht geändert worden ist.

c)

Eine über die ausdrückliche gesetzliche Regelung hinausgehende Anfechtbarkeit zur Gewährung eines effektiven Rechtsschutzes aus verfassungsrechtlichen Gründen ist nicht geboten und wird auch von der Rechtsbeschwerde nicht geltend gemacht.

Vorinstanz: AG Bremen-Blumenthal, vom 28.03.2011 - Vorinstanzaktenzeichen XVII R 264/04
Vorinstanz: LG Bremen, vom 13.07.2011 - Vorinstanzaktenzeichen 5 T 299/11
Fundstellen
FGPrax 2012, 183
FamRZ 2012, 1204
FuR 2012, 475
MDR 2012, 931
NJW-RR 2012, 1156