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BGH - Entscheidung vom 23.07.2012

NotZ(Brfg) 4/12

Normen:
BNotO § 4 Satz
BNotO § 6 Abs. 3 Satz 1 und 2
BNotO § 6 Abs. 3 S. 1, 2
BNotO § 6 Abs. 1 S. 1

BGH, Urteil vom 23.07.2012 - Aktenzeichen NotZ(Brfg) 4/12

DRsp Nr. 2012/16981

Gewichtung von persönlicher und fachlicher Qualifikation im Verhältnis zueinander i.R.e. Entscheidung über die Besetzung eines Notaramtes

Im Hinblick auf die nach § 4 Satz 2 BNotO gebotene Wahrung einer geordneten Altersstruktur des Notarberufs darf die Justizverwaltung im Auswahlverfahren nach § 6 Abs. 3 Satz 1 BNotO bei annähernd gleich geeigneten Bewerbern um das Amt des Notars die Dauer des Anwärterdienstes als weiteren Gesichtspunkt für eine Differenzierung heranziehen.

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Senats für Notarsachen des Oberlandesgerichts Köln vom 20. Dezember 2011 abgeändert und neu gefasst.

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. Die Beigeladenen tragen ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

Normenkette:

BNotO § 6 Abs. 3 S. 1, 2; BNotO § 6 Abs. 1 S. 1;

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen die Entscheidung des Beklagten, eine von ihm angestrebte Notarstelle mit dem Beigeladenen zu 1 zu besetzen.

Der am 14. Januar 1975 geborene Kläger legte am 18. Dezember 1999 die erste juristische Staatsprüfung mit der Note "gut" (13 Punkte) und am 6. November 2003 die zweite juristische Staatsprüfung gleichfalls mit der Note "gut" (12,26 Punkte) ab. Mit Verfügung vom 27. April 2006 wurde er in den Anwärterdienst für das Amt des Notars übernommen. Der am 18. Mai 1970 geborene Beigeladene zu 1 erreichte in der ersten juristischen Staatsprüfung am 24. Januar 1998 die Note "vollbefriedigend" (9,36 Punkte) und in der am 23. August 2000 abgelegten zweiten juristischen Staatsprüfung ebenfalls die Note "vollbefriedigend" (11,19 Punkte). Er wurde mit Verfügung vom 7. September 2004 in den Anwärterdienst für das Amt des Notars übernommen. Auf eine im Justizministerialblatt für Nordrhein-Westfalen vom 15. März 2011 ausgeschriebene Notarstelle in Rh. bewarben sich der Kläger und der Beigeladene zu 1. Der Präsident der Beigeladenen zu 2 bewertete in seiner dienstlichen Beurteilung vom 11. Mai 2011, der die Präsidentin des Oberlandesgerichts D. in ihrer Überbeurteilung vom 27. Mai 2011 nicht entgegentrat, die Fähigkeiten und fachlichen Leistungen des Klägers mit der Note "sehr gut" (16 Punkte). Der Kläger sei für das Amt des Notars besonders geeignet.

Die Fähigkeiten und fachlichen Leistungen des Beigeladenen zu 1 benotete der Präsident der Beigeladenen zu 2 in der dienstlichen Beurteilung vom 11. Mai 2011 mit "sehr gut" (17 Punkte). Der Beigeladene zu 1 sei für das Amt des Notars hervorragend geeignet. Auch dieser Beurteilung ist die Präsidentin des OLG D. in ihrer Überbeurteilung nicht entgegengetreten.

Der Beklagte bewertete aufgrund des einerseits um 1,07 Punkte besseren Ergebnisses des Klägers im zweiten juristischen Staatsexamen und andererseits der besseren dienstlichen Beurteilung des Beigeladenen zu 1 beide Bewerber als fachlich annähernd gleich geeignet. Wegen der um insgesamt ca. 10 Monate längeren Dienstzeit zog er nach § 6 Abs. 3 Satz 2 BNotO den Beigeladenen zu 1 dem Kläger, der den zweiten Platz hinter dem Beigeladenen zu 1 belegt, vor.

Mit Bescheid vom 27. Juni 2011 hat der Beklagte dem Kläger mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, die ausgeschriebene Stelle einem Mitbewerber zu übertragen. Hiergegen und gegen die Überbeurteilung der Präsidentin des Oberlandesgerichts D. (Parallelverfahren Aktenzeichen NotZ(Brfg) 3/12) hat der Kläger geklagt. Er begehrt im vorliegenden Verfahren, den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 27. Juni 2011 zu verpflichten, seine Bewerbung vom 3. April 2011 neu zu bescheiden und meint, ihm hätten in der dienstlichen Beurteilung ebenfalls "17 Punkte" zugebilligt werden müssen. Die Auswahlentscheidung orientiere sich nicht an Eignung und Leistung, sondern am Dienstalter. Es liege ein Fall der sogenannten Handsteuerung vor. Bei vorgerücktem Dienstalter würde durch Anhebung auf über 16 Punkte das (wiederholte) Überholen eines dienstälteren Notarassessors durch Dienstjüngere und damit der "ewige Notarassessor" verhindert. Erhebliche Zweifel an der Auswahlentscheidung bestünden selbst bei Zugrundelegung der Benotung des Beigeladenen zu 1 mit 17 Punkten. Das Beurteilungssystem sei generell unbrauchbar und werde rechtswidrig schematisch gehandhabt.

Der Beklagte verteidigt die von ihm getroffene Auswahlentscheidung. Die Überbeurteilung der Präsidentin des Oberlandesgerichts D. sei nicht zu beanstanden. Die Auswahlentscheidung wäre nicht anders ausgefallen, wenn die Examensergebnisse - der Rechtsauffassung des Oberlandesgerichts entsprechend - bereits im Rahmen der Beurteilungen berücksichtigt worden wären, da die Ergebnisse der zweiten juristischen Staatsprüfung jedenfalls in die vergleichenden Eignungsbewertungen nach § 6 Abs. 3 Satz 1 BNotO einbezogen worden seien. Auch sei unerheblich, ob bei Einbeziehung der Examensergebnisse in die dienstlichen Beurteilungen beide Bewerber 17 Punkte erhalten hätten. Der Gleichstand hätte jedenfalls dazu geführt, dass dem Beigeladenen zu 1 der Vorrang gemäß § 6 Abs. 3 Satz 2 BNotO eingeräumt worden wäre.

Das Oberlandesgericht hat den Beklagten verurteilt, den Kläger auf seine Bewerbung vom 3. April 2011 erneut zu bescheiden. Mit der vom Oberlandesgericht zugelassenen Berufung verfolgt der Beklagte die Abänderung des Urteils und die Klageabweisung.

Entscheidungsgründe

I.

Das Oberlandesgericht hat ausgeführt, im Parallelverfahren (Az.: 2 VA (Not) 14/11) sei die Überbeurteilung der Präsidentin des Oberlandesgerichts D., die Grundlage der Besetzungsentscheidung sei, als rechtswidrig aufgehoben worden, weil die Präsidentin des Oberlandesgerichts D., der Beurteilung der Beigeladenen zu 2 folgend, von einem anderen Eignungsbegriff als dem nach § 6 Abs. 1 und 3 BNotO ausgegangen sei und rechtswidrig das Ergebnis des zweiten Staatsexamens nicht berücksichtigt habe. Weder nach dem Wortlaut noch nach dem Sinn und Zweck von § 6 Abs. 3 BNotO und § 3 NotAssAusbV NW könne angenommen werden, dass das zweite Staatsexamen als objektives und jederzeit greifbares Kriterium erst bei der Auswahlentscheidung eine Rolle spiele und den Vorschriften verschiedene Eignungsbegriffe zugrunde lägen. Das spätere Besetzungsverfahren wäre für die Bewerber nicht nur berechenbarer, sondern auch akzeptabler, weil die Konkurrenten dann ihre eigene Stellung im Bewerberfeld vorab sicherer einschätzen könnten, wenn in der Eignungsbeurteilung der Beigeladenen zu 2 alle tragenden Kriterien angeführt und abschließend bewertet würden. Gebe die Beigeladene zu 2 ihre Eignungsbeurteilungen generell und nicht jeweils bezogen auf ein konkretes Besetzungsverfahren ab, bleibe sie bei anderen Besetzungsverfahren an ihre eigenen Bewertungen gebunden und entfalle der Verdacht der unzulässigen "Handsteuerung". Eine fiktive Beurteilung des Klägers mit "sehr gut" (17 Punkten) könne nicht ohne weiteres zu der Beurteilung des Beigeladenen zu 1 in Bezug gesetzt werden, weil auch dessen dienstliche Beurteilung nicht den rechtlichen Vorgaben entspreche.

II.

Die zulässige Berufung (§ 111d Satz 1 BNotO ) des Beklagten hat Erfolg.

1. Entgegen der Auffassung des Oberlandesgerichts entspricht die dienstliche Beurteilung der Beigeladenen zu 2, die in Gestalt der Überbeurteilung der Präsidentin des Oberlandesgerichts D. zur Grundlage der angegriffenen Besetzungsentscheidung geworden ist, den rechtlichen Vorgaben.

a) Zutreffend ist allerdings der Ausgangspunkt des Oberlandesgerichts, dass die Eignung eines Bewerbers für das Amt des Notars einheitlich zu beurteilen ist. § 6 Abs. 1 Satz 1 BNotO legt fest, dass für die Eignung neben der Persönlichkeit die Leistungen des Bewerbers bestimmend sind. Die fachliche Eignung nach § 6 Abs. 1 Satz 1 BNotO ist Voraussetzung für die Einbeziehung in die Auswahl mehrerer grundsätzlich geeigneter Bewerber (vgl. BGH, Senat für Notarsachen, Beschluss vom 13. Dezember 1993 - NotZ 56/92, BGHZ 124, 327 , 331 f.). Die Eignungsprognose nach § 6 Abs. 3 Satz 1 BNotO betrifft hingegen die Auswahl nach der besseren Eignung aus einem Kreis von im Sinne

des § 6 Abs. 1 Satz 1 BNotO geeigneten Bewerbern (vgl. BGH, Senat für Notarsachen, Beschluss vom 13. Dezember 1993 - NotZ 56/92, BGHZ 124, 327 , 330).

b) § 6 Abs. 3 Satz 1 BNotO greift den Eignungsbegriff in § 6 Abs. 1 Satz 1 BNotO auf und macht das Maß, in dem seine Merkmale bei dem einzelnen Bewerber ausgeprägt sind, mithin auch dessen Leistungen, zum umfassenden Auswahlkriterium. Nach § 6 Abs. 3 Satz 1 BNotO richtet sich die für das Auswahlverfahren entscheidende fachliche Eignung ausdrücklich nach den bei der Vorbereitung auf den Notarberuf gezeigten Leistungen und den Ergebnissen der zweiten juristischen Staatsprüfung. Für das Auswahlverfahren hat der Gesetzgeber die Ausbildungsleistungen des Bewerbers für den juristischen Beruf als solchen, die sich im Ergebnis der zweiten juristischen Staatsprüfung widerspiegeln, ausdrücklich abgesetzt gegenüber den Vorbereitungsleistungen des Bewerbers auf den Notarberuf (vgl. BGH, Senat für Notarsachen, Beschluss vom 13. Dezember 1993 - NotZ 56/92, BGHZ 124, 327 [...] Rn. 23; BVerfGE 110, 304 , [...] Rn. 71 a.E.). Die Vorbereitungsleistungen auf den Notarberuf sind Gegenstand der dienstlichen Beurteilung, die gemäß der Regelung in § 3 Abs. 3 NotAssAusbV NW über den aufgrund der Vorbereitung auf das Amt des Notars aktuellen Leistungsstand Aufschluss zu geben hat. In ihr ist die Tätigkeit des Notarassessors während des Anwärterdienstes in den Blick zu nehmen. Die Bewertung der Leistungen der Notarassessoren während des Anwärterdienstes nach § 3 Abs. 3 Satz 1 NotAssAusbV NW stellt ausschließlich eine Äußerung über die Eignung des Notarassessors für das Amt des Notars auf der Grundlage von Erkenntnissen aus dem Verhalten des Notarassessors während des Anwärterdienstes ohne Berücksichtigung der Ergebnisse der zweiten juristischen Staatsprüfung dar. Auch wenn die Ergebnisse der zweiten juristischen Staatsprüfung nicht selten in der weiteren dienstlichen Eignung

fortwirken, weil sie regelmäßig eine gute allgemeine juristische Befähigung widerspiegeln, die für die erfolgreiche Wahrnehmung der Aufgaben eines Notars zentrale Bedeutung hat, lässt mit zunehmender beruflicher Tätigkeit und fortschreitendem zeitlichen Abstand die Aussagekraft der Staatsexamensergebnisse für den für die Stellenbesetzung maßgeblichen aktuellen Leistungsstand im Allgemeinen nach (vgl. Senatsbeschluss vom 18. Juli 2011 - NotZ(Brfg) 1/11, NJW-RR 2012, 53, Rn. 28; vom 11. August 2009 - NotZ 4/09, DNotZ 2010, 467 [...] Rn. 23 und vom 9. Dezember 2008 - NotZ 25/07, [...] Rn. 24; BVerfGE 110, 304 , 333 ff.). Ihre Einbeziehung schon in die dienstliche Beurteilung würde den Blick auf den zwischenzeitlich erreichten berufsspezifischen Leistungsstand verunklaren. Die Beurteilung allein der dienstlichen Leistungen im Anwärterdienst ist deshalb unverzichtbare Grundlage für die differenzierende vergleichende Bewertung des aktuellen Leistungsstandes der einzelnen Bewerber. Die Gewichtung des Examensergebnisses im Verhältnis zur dienstlichen Beurteilung obliegt danach ausschließlich der die Auswahlentscheidung nach § 6 Abs. 3 Satz 1 BNotO treffenden Justizverwaltung.

c) Folgte man der Auffassung des Oberlandesgerichts, käme den Notarkammern und Präsidenten der Oberlandesgerichte über die dienstlichen Beurteilungen ein Gewicht im Rahmen des Auswahlverfahrens zu, das der Verteilung der Zuständigkeiten im Besetzungsverfahren nicht entspricht. Die Auswahlentscheidung nach § 6 Abs. 3 Satz 1 BNotO steht allein der für die Besetzung der Notarstellen zuständigen Justizverwaltung und nicht der Notarkammer zu.

Zutreffend weist der Beklagte darauf hin, dass die Gefahr bestünde, die Auswahlentscheidung der Justizverwaltung in unzulässiger Weise mit der dienstlichen Beurteilung zu präjudizieren, würden die Eignungsprognose nach § 6 Abs. 3 BNotO und die dienstliche Beurteilung der Beigeladenen zu 2 und der Präsidentin des Oberlandesgerichts D. auf denselben Anknüpfungstatsachen beruhen und im Aussagegehalt gleich sein. Der Beurteilungsspielraum der Besetzungsbehörde würde eingeengt werden auf die Besetzung gemäß der Vorgabe der dienstlichen Beurteilung. Dies ist nicht damit vereinbar, dass die Auswahlentscheidung von der Justizverwaltung im Hinblick auf eine bestimmte Stelle zu treffen ist. Die dienstliche Beurteilung der Beigeladenen zu 2 und die ihr folgende Überbeurteilung der Präsidentin des Oberlandesgerichts D. sollen den aktuellen Leistungsstand des Bewerbers aufzeigen. Sie vermögen keine Bindung oder auch nur eine künftige Erfolgsaussicht für weitere Bewerbungsverfahren zu begründen. Schon der unterschiedliche Bewerberkreis für die jeweilige Notarstelle fordert die Möglichkeit einer freien Besetzungsentscheidung der Justizverwaltung, der - im Rahmen der Auswahl nach § 6 Abs. 3 Satz 1 BNotO - die Eignungsprognose aufgrund der dienstlichen Beurteilung zugrunde liegt.

d) Mit Recht macht der Beklagte hierzu geltend, dass das Oberlandesgericht nicht hinreichend zwischen den verschiedenen Aufgaben der Beigeladenen zu 2 differenziert. Die Aufgabe der Notarkammern, die Notarassessoren zu beurteilen, ist zu unterscheiden von der Aufgabe, Besetzungsvorschläge zu unterbreiten und sich in Entlassungsverfahren zu äußern. Weichen Besetzungsvorschläge von dienstlichen Beurteilungen ab, wird dadurch nicht die Vermutung der Berücksichtigung sachwidriger Gesichtspunkte begründet. Auswahlentscheidungen haben den aktuellen Leistungsstand des einzelnen Bewerbers zu berücksichtigen, aber auch dem Bewerberkreis für die jeweilige Notarstelle Rechnung zu tragen.

Der Einwand der mangelnden Transparenz, auf den das Oberlandesgericht seine Auffassung stützt, dass dienstliche Beurteilungen sich in den Besetzungsentscheidungen für freie Notarstellen nicht kontinuierlich widerspiegeln, greift dagegen nicht. Dies erweist sich auch bei Betrachtung des vom Oberlandesgericht beispielhaft herangezogenen Besetzungsverfahrens betreffend eine Notarstelle in D., in dem der gegenüber dem Kläger nunmehr vorgezogene Bewerber Dr. L. gegenüber einem anderen ebenso wie der Kläger beurteilten Bewerber H. hätte zurücktreten müssen. Darin läge nicht zwingend ein Widerspruch zu der hier getroffenen Auswahlentscheidung. Im Bezirk des Beklagten und der Präsidentin des Oberlandesgerichts D. stehen offenbar mehrere - sowohl nach dem Ergebnis des zweiten juristischen Staatsexamens wie nach den im Anwärterdienst gezeigten Leistungen - besonders hoch qualifizierte Notarassessoren für die Ernennung zum Notar an. Wenn die Justizverwaltung in dem nach § 6 Abs. 3 Satz 1 BNotO gebotenen Auswahlverfahren zu dem Ergebnis kommt, Bewerber seien annähernd gleich geeignet und dann anhand des Kriteriums "Dauer des Anwärterdienstes" (§ 6 Abs. 3 Satz 2 BNotO ) weiter differenziert, kann dies grundsätzlich nicht als rechtlich bedenklich angesehen werden (vgl. Senat, Beschluss vom 22. März 2004 - NotZ 20/03, DNotZ 2004, 883 , 885). Die angemessene Berücksichtigung der Dauer des Anwärterdienstes trägt auch der nach § 4 Satz 2 BNotO gebotenen Wahrung einer geordneten Altersstruktur des Notarberufs Rechnung (vgl. Schmitz-Valckenberg in Eylmann/Vaasen, BNotO BeurkG , 3. Aufl. 2011, § 6 BNotO Rn. 46 b, siehe auch Rn. 46 f.). Der Beklagte weist zudem darauf hin, dass sich weder die Notarkammer in ihrem Besetzungsvorschlag noch die für die Auswahlentscheidung zuständige Präsidentin des Oberlandesgerichts D. mit der Frage befasst haben, ob dem Kläger gegenüber dem bei der Notarstelle in D. zum Zuge gekommenen Bewerber der Vorrang hätte eingeräumt werden müssen, weil sich der Kläger auf diese Stelle nicht beworben habe. Zu einer Entscheidung gegen den im Streitfall erfolgreichen Beigeladenen zu 1 sei es nicht gekommen, weil er seine Bewerbung zurückgenommen habe.

e) Entgegen der Auffassung des Klägers leidet die Beurteilung der Beigeladenen zu 2 in Gestalt der Überbeurteilung der Präsidentin des Oberlandesgerichts D. auch im Übrigen nicht unter einem durchgreifenden formellen oder materiellen Rechtsmangel. Dazu ist - soweit veranlasst - noch zu bemerken:

aa) Der Senat teilt die grundsätzlichen Bedenken des Klägers gegen die verfassungsrechtlich gebotene Bestimmtheit der Regelungen in § 3 der Verordnung über die Ausbildung der Notarassessorinnen und Notarassessoren nicht. Auch erweist sich der Vorwurf des Klägers, die Beigeladene zu 2 habe rechtswidrig ein eigenes Beurteilungsrecht dadurch geschaffen, dass die Art und Weise der Durchführung der Beurteilung aufgrund von Vorgaben der Beigeladenen zu 2 an die Ausbildungsnotare nach kammereigenen Regelungen durchgeführt werde, als haltlos. Den für die Beurteilung zuständigen Stellen steht es frei, im Interesse der Gleichbehandlung der Bewerber Hinweise zur Beurteilung (vgl. "Vermerk Beurteilung von Notarassessorinnen und Notarassessoren" vom 9. Juli 2009) zu geben. Bei diesem Vermerk handelt es sich auch nicht um eine Rechtsnorm, die einer gesetzlichen Ermächtigungsnorm bedürfte. Er soll lediglich den Ausbildungsnotaren als Orientierungshilfe dienen.

Die Beurteilung durch die Beigeladene zu 2 wird entgegen der Auffassung des Klägers auch nicht von drei ausgewählten Mitgliedern der Notarkammer gefertigt. Diese haben im Interesse der Gleichbehandlung lediglich bei der Vorbereitung der Beurteilung beratende Funktion. Darauf hat der Präsident der Beigeladenen zu 2 in den Stellungnahmen vom 14. Juni 2011 und vom 19. August 2011 hingewiesen.

bb) Mit Recht weist der Beklagte darauf hin, dass die sich aus den Beurteilungen ergebende ähnliche Leistungsentwicklung der Notarassessorinnen und Notarassessoren, die der Kläger unter dem Vorwurf einer fehlenden Differenzierung in den Blick nimmt, auf einem sorgfältigen Auswahlverfahren und der hohen Qualifikation der Bewerber beruht. Das Differenzierungserfordernis ergibt sich aus § 3 Abs. 3 NotAssAusbV NW und dem Wesen einer Beurteilung. Es bedarf keiner weiteren gesetzlichen Regelung.

cc) Auch die Angriffe des Klägers gegen die konkrete Beurteilung gehen ins Leere.

(1) Mit Recht weist der Beklagte darauf hin, dass abweichende Wertungen in einzelnen Beurteilungsbeiträgen keiner Begründung bedürfen. Die einzelnen Beiträge sind lediglich Hilfsmittel für die Bildung der dem Beurteiler zustehenden abschließenden Wertung. Einer "Abweichungsbegründung" bedurfte es im Streitfall im Übrigen schon mangels einer Abweichung nicht. Der Präsident der Beigeladenen zu 2 hat aufgrund der sehr positiven Beurteilungsbeiträge, so dem Beitrag des Ausbildungsnotars vom 30. Dezember 2010, die fachlichen Fähigkeiten und Leistungen des Klägers mit der Note "sehr gut" (16 Punkte) und "besonders geeignet" bewertet. Er hat wegen fehlender Anhaltspunkte für eine innerhalb der letzten vier Monate außergewöhnlich angestiegene Eignung des Notarassessors im Mai 2011 an der Beurteilung vom 12. Januar 2011 festgehalten und den Kläger punktemäßig und im Eignungsurteil "besonders geeignet" gleich, aber unter Hinweis darauf, dass er sich "bestens" bewährt habe, beurteilt. Eine begründungsbedürftige Abweichung ergibt sich daraus nicht. Sie wird auch nicht deshalb erforderlich, weil nunmehr der mit dem Kläger konkurrierende Beigeladene zu 1 im Hinblick auf seine Leistungssteigerungen mit 17 Punkten beurteilt worden ist.

(2) Soweit der Kläger bemängelt, dass seine Referententätigkeit im Rahmen eines Fortbildungslehrgangs für fachkundige Notarmitarbeiter und im Rahmen von Vorbereitungskursen für die notarielle Fachprüfung sowie seine fachspezifischen Veröffentlichungen nicht hinreichend in die Beurteilung Eingang gefunden hätten, handelt es sich nicht um nach dem Zweck der Beurteilung zwingend zu erwähnende Umstände. Die Beigeladene zu 2 hat zu Recht darauf hingewiesen, dass von allen Notarassessorinnen und Notarassessoren ein Engagement im Rahmen der Aus- und Fortbildung der Mitarbeiter erwartet wird, wie dies § 7 Abs. 4 Satz 2 i.V.m. § 30 BNotO vorsieht. Dass der Kläger dabei in einer Weise hervorgetreten wäre, die auf eine bessere Eignung als die vom Beklagten angenommene besondere Eignung hindeutete, ist nicht erkennbar.

Die Tätigkeit als Referent des Deutschen Anwaltsinstituts erfolgte außerhalb des Anwärterdienstes. Der Kläger nahm dafür Erholungsurlaub und erhielt unmittelbar vom Deutschen Anwaltsinstitut die Vergütung. Nebentätigkeiten können grundsätzlich nur dann Berücksichtigung finden, wenn sie auf Verlangen des Dienstherrn übernommen werden (vgl. Schnellenbach, Die dienstliche Beurteilung der Beamten und der Richter, 32. Aktualisierung Mai 2010, Rn. 349). Zudem ist wiederum ein Anhalt für eine die sehr hohe Qualifikation des Klägers steigernde Leistung nicht gegeben.

Die vom Kläger angeführten Tätigkeiten sind außerdem nicht vollständig unberücksichtigt geblieben, sondern nach dem ihnen zukommenden Gewicht in die Beurteilung eingeflossen. Die Beurteilungen haben allerdings primär den Zweck, Fortschritte in der Ausbildung der Notarassessoren mit Blick auf das Ziel, die Eignung zur Übernahme des Amtes des Notars zu erlangen, zu dokumentieren und zu bewerten. Im Übrigen ist es nach der Rechtsprechung des Senats im Hinblick darauf, dass die Notarassessoren bereits beträchtliches wissenschaftliches Potential einbringen und oft während der Ausbildung mit wissenschaftlichen Aufgaben betraut werden, nicht geboten, Tätigkeiten der Bewerber beim Deutschen Notarinstitut, wissenschaftlichen Veröffentlichungen und steuerrechtlichen Fachkenntnissen ein besonderes, zusätzliches Gewicht beim Leistungsvergleich beizumessen (vgl. Senat, Beschluss vom 22. März 2004 - NotZ 19/03, [...] Rn. 18).

Die Besetzungsentscheidung des Beklagten hat mithin nicht schon deshalb keinen Bestand, weil die ihr zugrunde liegende Überbeurteilung der Präsidentin des Oberlandesgerichts D. rechtswidrig und deshalb aufzuheben wäre.

2. Entgegen der Auffassung des Klägers ist die Besetzungsentscheidung des Beklagten auch nicht aus anderen Gründen rechtlich zu beanstanden.

a) Das Vorgehen der Justizverwaltung bei der Auswahlentscheidung nach § 6 Abs. 3 Satz 1 BNotO unterliegt wegen des ihr zuzubilligenden Beurteilungsspielraums nur einer eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle. Nur bei der Prüfung der Eignung eines Bewerbers nach § 6 Abs. 1 Satz 1 BNotO steht der Justizverwaltung weder ein Ermessensspielraum noch ein Beurteilungsspielraum zu, weil es insoweit auf einen Vergleich mit Mitbewerbern nicht ankommt (vgl. Beschlüsse vom 14. August 1989 - NotZ 2/89, DNotZ 1991, 69 = BGHR BNotO § 6 , Eignung 2; vom 2. August 1993, NotZ 32/92 und 35/92 und Beschluss vom 13. Dezember 1993 - NotZ 56/92, BGHZ 124, 327 , 330 f.). Bei der Auswahlentscheidung im Falle des § 6 Abs. 3 BNotO geht es hingegen darum, das verschiedene Maß der Eignung von Bewerbern, die allesamt dem Mindeststandard des § 6 Abs. 1 Satz 1 BNotO genügen, vergleichend zu ermitteln. Anders als bei der Feststellung der Eignung als solcher reicht es nicht, das Vorliegen der beiden Merkmale, der persönlichen und fachlichen Qualifikation, überhaupt festzustellen. Vielmehr müssen beide Gesichtspunkte in ihrem Verhältnis zueinander gewichtet werden. Die höhere Komplexität der Auswahlentscheidung schließt eine gerichtliche Kontrolldichte, wie sie bei der Prüfung der Eignung als solcher möglich ist, aus (vgl. Beschluss vom 13. Dezember 1993 - NotZ 56/92, BGHZ 124, 327 , 332). Die mithin nur eingeschränkt überprüfbaren Erwägungen des Beklagten befassen sich hinreichend mit den maßgeblichen Umständen und wägen sie umfassend ab. Ihnen setzt der Kläger lediglich eine in seinem Sinne günstigere Gewichtung entgegen. In seiner Person gegebene weitere maßgebliche Umstände, die außer Betracht geblieben wären, vermag der Kläger nicht aufzuzeigen.

b) Der Beklagte hat, wie es geboten ist (vgl. Senatsbeschluss vom 11. August 2009 - NotZ 4/09, DNotZ 2010, 467 [...] Rn. 22; vom 9. Dezember 2008 - NotZ 25/07, [...] Rn. 24 und - NotZ 49/07, [...] Rn. 18), den aktuellen Leistungsstand beider Bewerber zu dem nach § 6b Abs. 4 Satz 1 BNotO maßgeblichen Zeitpunkt in den Blick genommen. Insoweit kommt dem Kläger - wie ausgeführt - kein signifikanter Eignungsvorsprung zu Gute. Anhaltspunkte für eine ungerechtfertigte bessere Beurteilung der dienstlichen Leistungen des Beigeladenen zu 1 infolge der Berücksichtigung von Umständen, die nach dem Bewerbungsstichtag eingetreten sind, sind nicht gegeben. Sie vermag auch der Kläger nicht aufzuzeigen. Gegen die Möglichkeit einer erheblichen Verbesserung des Leistungsspektrums des Beigeladenen zu 1 greift der Einwand des Klägers, dass er am 12. Januar 2011 - erstmals - mit dem Beigeladenen zu 1 punktgleich mit 16 Punkten bewertet worden sei, ersichtlich nicht durch. Die Anhebung der Beurteilung des Beigeladenen zu 1 um einen Punkt, hat der Beklagte nachvollziehbar und ausreichend damit begründet, dass dieser sich in seinen fachlichen Leistungen vervollkommnet habe. Er kann sich dazu auf den Beurteilungsbeitrag des Ausbildungsnotars des Beigeladenen zu 1 stützen. Umstände, die Zweifel an der Richtigkeit der Darstellung begründen könnten, sind nicht gegeben.

Danach ist nicht zu bemängeln, dass der Beklagte beide Bewerber trotz der Berücksichtigung des besseren Ergebnisses des Klägers im zweiten Staatsexamen für fachlich annähernd gleich geeignet bewertet und dem Beigeladenen zu 1 im Hinblick auf dessen höheres Dienstalter (vgl. § 6 Abs. 3 Satz 2 BNotO ) den Vorzug gegeben hat.

3. Ist nach alledem die Besetzungsentscheidung des Beklagten rechtlich nicht zu beanstanden, ist das Urteil des Oberlandesgerichts abzuändern und die Klage abzuweisen.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 111d Abs. 1 Satz 1 BNotO , § 154 Abs. 1 , § 162 Abs. 3 VwGO .

Beschluss:

Die Wertfestsetzung ergibt sich aus § 111g Abs. 2 Satz 1 BNotO .

Von Rechts wegen

Verkündet am: 23. Juli 2012

Vorinstanz: OLG Köln, vom 20.12.2011 - Vorinstanzaktenzeichen 2 VA (Not) 13/11