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BGH - Entscheidung vom 14.06.2012

IX ZR 204/10

Normen:
EuGVVO Art. 1 Abs. 2

BGH, Beschluss vom 14.06.2012 - Aktenzeichen IX ZR 204/10

DRsp Nr. 2012/14387

Einordung einer Angelegenheit als Konkurssache bei unmittelbar aufgrund des Insolvenzverfahrens ergehenden und mit ihm in engem Zusammenhang stehenden Entscheidungen

1. Eine statthafte und zulässige Nichtzulassungsbeschwerde hat keinen Erfolg, wenn die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat, noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert. 2. Diese Voraussetzungen für den Erfolg einer Nichtzulassungsbeschwerde liegen demnach nicht vor, wenn sie nicht darlegt, inwiefern das Berufungsgericht einen Rechtssatz aufgestellt hat, der sich mit einem der in den Vergleichsentscheidungen aufgestellten und diese tragenden Rechtssätze nicht deckt. 3. Soweit eine Beschwerde die Auffassung vertritt, das Berufungsgericht habe Vorgaben des Europäischen Gerichtshofs nicht richtig umgesetzt, ist dies eine Frage der Subsumtion im Einzelfall. Ein solcher Subsumtionsfehler begründet nicht die Zulassung der Revision. Der Ansatzpunkt des Berufungsgerichts, wonach der Begriff der Konkurssache iSv Art. 1 II lit. b der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen autonom auszulegen ist, stimmt mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs überein.

Tenor

Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 15. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 17. November 2010 wird auf Kosten der Kläger zurückgewiesen.

Der Streitwert des Verfahrens der Nichtzulassungsbeschwerde wird auf 854.967,68 € festgesetzt.

Normenkette:

EuGVVO Art. 1 Abs. 2 ;

Gründe

Die Nichtzulassungsbeschwerde ist statthaft (§ 544 Abs. 1 Satz 2 ZPO ) und zulässig (§ 544 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 ZPO ). Sie hat jedoch keinen Erfolg. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung, noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 543 Abs. 2 ZPO ).

1. Die Beschwerde legt nicht dar, inwiefern das Berufungsgericht einen Rechtssatz aufgestellt hat, der sich mit einem der in den Vergleichsentscheidungen aufgestellten und diese tragenden Rechtssätze nicht deckt (vgl. BGH, Beschluss vom 1. Oktober 2002 - XI ZR 71/02, BGHZ 152, 182 , 186; vom 27. März 2003 - V ZR 291/02, BGHZ 154, 288 , 293; vom 23. März 2011 - IX ZR 212/08, WM 2011, 1196 Rn. 3 ff). Vielmehr führt sie selbst aus, dass der Ansatzpunkt des Berufungsgerichts, wonach der Begriff der Konkurssache im Sinne von Art. 1 Abs. 2 Buchst. b der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (ABl. EG 2001 Nr. L 12 S. 1; EuGVVO ) autonom auszulegen ist, mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes (Urteil vom 22. Februar 1979 - Rs. C-133/78, Gourdain/Nadler, RIW 1979, 273, 274) übereinstimmt. Auf der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes beruht auch der vom Berufungsgericht aufgestellte Rechtssatz, dass Entscheidungen, die unmittelbar aufgrund des Insolvenzverfahrens ergehen und mit ihm in engem Zusammenhang stehen, als Konkurssachen anzusehen sind (Urteil vom 22. Februar 1979, aaO; vom 2. Juli 2009, Rs. C-111/08, Alpenblume AB, NZI 2009, 570 Rn. 25 ff). Soweit die Beschwerde der Auffassung ist, das Berufungsgericht habe diese Vorgaben nicht richtig umgesetzt, ist dies eine Frage der Subsumtion im Einzelfall. Ein solcher Subsumtionsfehler begründet nicht die Zulassung der Revision (BGH, Beschluss vom 27. März 2003 - V ZR 291/02, BGHZ 154, 288 , 293; vom 15. Dezember 2011 - IX ZR 230/09, nv).

Die angegriffene Entscheidung widerspricht auch nicht dem Beschluss des Oberlandesgerichts Köln vom 12. Januar 2004 im Vollstreckbarerklärungsverfahren, wonach die im Jahre 1993 vom Tribunale di Palermo zugesprochene Forderung der Schuldnerin zivilrechtlicher Natur sei (IPRspr 2004, Nr. 155, 340, 342 f). Das Berufungsgericht weist zu Recht darauf hin, dass die Eintreibung einer Forderung der Schuldnerin nicht genauso bewertet werden muss wie die Vergütungsansprüche des später mit ihrer Durchsetzung beauftragten Rechtsanwalts. Letztere können einen engen und unmittelbaren Bezug zum Konkursverfahren aufweisen, wenn die Beauftragung des Rechtsanwalts nach der Verfahrenseröffnung durch den Verwalter erfolgt und durch konkursrechtliche Besonderheiten geprägt ist.

2. Soweit die Beschwerde eine Gehörsverletzung rügt, ist nicht ersichtlich, dass die angegriffene Entscheidung hierauf beruhen kann. Das Berufungsgericht hat das Verfahren aufgrund einer Vielzahl von Aspekten unter den Begriff der Konkurssache im Sinne von Art. 1 Abs. 2 EuGVVO subsumiert. Einer der herangezogenen Gesichtspunkte mag entgegen der Annahme des Berufungsgerichts streitig gewesen sein. Dieser Aspekt war nach der Begründung des Berufungsgerichts aber nur von untergeordneter Bedeutung.

3. Die von der Beschwerde zu Art. 27 Abs. 1 EuGVVO aufgeworfene Rechtsfrage ist danach jedenfalls nicht entscheidungserheblich. Zudem ist auch nicht dargetan, weshalb es sich um eine klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage handeln soll, die sich in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen stellen kann (vgl. BGH, Beschluss vom 4. Juli 2002 - V ZB 16/02, BGHZ 151, 221 , 223; vom 1. Oktober 2002 aaO S. 190 f).

4. Von einer weitergehenden Begründung wird gemäß § 544 Abs. 4 Satz 2 Halbs. 2 ZPO abgesehen, weil diese nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist.

Vorinstanz: LG München I, vom 23.03.2009 - Vorinstanzaktenzeichen 27 O 14553/07
Vorinstanz: OLG München, vom 17.11.2010 - Vorinstanzaktenzeichen 15 U 2887/09