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BGH - Entscheidung vom 25.04.2012

1 StR 566/11

Normen:
StGB § 2 Abs. 5
StPO § 111i Abs. 2

Fundstellen:
NStZ-RR 2012, 254

BGH, Beschluss vom 25.04.2012 - Aktenzeichen 1 StR 566/11

DRsp Nr. 2012/10025

Ausspruch der Nichterkennung auf Verfall nach § 111i Abs. 2 StPO bei vor dem 01.01.2007 beendete Taten

Einer Anwendung der am 1. Januar 2007 in Kraft getretenen Regelung des § 111i Abs. 2 StPO auf bereits zuvor beendete Taten steht § 2 Abs. 5 i.V.m. Abs. 3 StGB entgegen.

Tenor

1.

Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Görlitz vom 20. Mai 2011 aufgehoben, soweit festgestellt ist, dass lediglich deshalb nicht auf Verfall des von der Angeklagten K. erlangten Vermögensvorteils in Höhe von 589.601,42 € und des von der Angeklagten Ka. erlangten Vermögensvorteils in Höhe von 1.292.668,75 € erkannt wird, weil Ansprüche Verletzter im Sinne des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB entgegenstehen. Diese Feststellungen entfallen.

2.

Die weitergehenden Revisionen der Angeklagten werden verworfen.

3.

Jede Beschwerdeführerin hat die Kosten ihres Rechtsmittels zu tragen.

Normenkette:

StGB § 2 Abs. 5 ; StPO § 111i Abs. 2 ;

Gründe

Das Landgericht hat die Angeklagte Ka. , eine Apothekerin, wegen Betruges in zwölf Fällen zu vier Jahren Gesamtfreiheitsstrafe, die Angeklagte K. , Ehefrau eines Arztes, wegen Betruges in 15 Fällen und Steuerhinterziehung in zwei Fällen zu fünf Jahren und sechs Monaten Gesamtfreiheitsstrafe verurteilt. Darüber hinaus hat es festgestellt, dass die Angeklagten Vermögensvorteile in Höhe von 589.601,42 € bzw. 1.292.668,75 € erlangt haben und nur deswegen nicht auf Verfall erkannt werde, weil Ansprüche Verletzter im Sinne von § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB entgegenstehen.

Hiergegen wenden sich die Angeklagten mit ihren auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützten Revisionen. Diese haben in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO ), im Übrigen sind sie unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO ).

1. Der Ausspruch nach § 111i Abs. 2 StPO , der sich darauf bezieht, dass die Angeklagten aus den im Zeitraum zwischen Februar 2004 und April 2005 mittäterschaftlich und unter Verwendung gefälschter Rezepte zum Nachteil der gesetzlichen Krankenkassen begangenen Betrugstaten Vermögensvorteile erlangt haben, kann keinen Bestand haben. Für vor dem 1. Januar 2007 beendete Taten hat ein Ausspruch nach § 111i Abs. 2 StPO zu unterbleiben. Einer Anwendung der am 1. Januar 2007 in Kraft getretenen Regelung des § 111i Abs. 2 StPO auf bereits zuvor beendete Taten steht § 2 Abs. 5 i.V.m. Abs. 3 StGB entgegen (BGH, Beschluss vom 25. Januar 2012 - 1 StR 45/11 Rn. 115; BGH, Beschluss vom 12. August 2010 - 4 StR 293/10; BGH, Urteil vom 7. Februar 2008 - 4 StR 502/07, NStZ 2008, 295 mwN).

2. Darüber hinaus hat die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigungen keinen Rechtsfehler -auch nicht bei der Strafzumessung -zum Nachteil der Angeklagten ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO ). Ergänzend bemerkt der Senat zu der in der Revision der Angeklagten Ka. erhobenen Rüge eines Verstoßes gegen die Aufklärungspflicht (§ 244 Abs. 2 StPO ):

Mit dieser Rüge wird geltend gemacht, das Landgericht habe gegen § 244 Abs. 2 StPO verstoßen, weil es eine die Einlassung der Angeklagten Ka. bestätigende Warenabgabeliste nicht verlesen habe und eine dahingehende "Sachaufklärung ... auch nicht in anderer Weise stattgefunden" habe.

Diese Rüge hat keinen Erfolg. Es bestehen bereits Bedenken gegen die Zulässigkeit der Verfahrensrüge, weil die Revision ihre Behauptung, der Inhalt der Liste sei nicht zum Inbegriff der Hauptverhandlung gemacht worden, selbst wieder in Frage gestellt hat (RB S. 22). Die Rüge ist jedenfalls unbegründet. Ausweislich der Urteilsgründe haben die auf Antrag der Angeklagten Ka. vom Landgericht in der Hauptverhandlung vernommenen Zeugen Kr. und P. unter Vorhalt der für sie ausgestellten Rezepte angegeben, die ihnen zu den daraus ersichtlichen Patientennummern verschriebenen Medikamente nicht erhalten zu haben (UA S. 108). Da das Landgericht von der Richtigkeit dieser Angaben überzeugt war, durfte es von der Unrichtigkeit der Warenausgabeliste aus dem Datenbanksystem der Apotheke der Angeklagten Ka. ausgehen und musste sich deshalb nicht zu einer förmlichen Verlesung der, wie die Revision selbst vorträgt (RB S. 5), in der Hauptverhandlung "erörterten" Warenausgabeliste gedrängt sehen. Aus dem von der Revision ins Feld geführten Vermerk des Kammervorsitzenden über ein im Zusammenhang mit der Zeugenladung geführtes Telefonat mit den Zeugen (RB S. 18 f.) ergeben sich keine Anhaltspunkte für Bedenken gegen die Glaubhaftigkeit der in den Urteilsgründen dokumentierten Zeugenaussagen in der Hauptverhandlung.

3. Der nur geringe Teilerfolg der Revisionen rechtfertigt es nicht, die Angeklagten nach § 473 Abs. 4 StPO teilweise von den durch ihre Rechtsmittel entstandenen Kosten und Auslagen freizustellen.

an der Unterschrift gehindert.

Vorinstanz: LG Görlitz, vom 20.05.2011
Fundstellen
NStZ-RR 2012, 254