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BGH - Entscheidung vom 22.08.2012

VII ZB 68/11

Normen:
ZPO § 836 Abs. 3

BGH, Beschluss vom 22.08.2012 - Aktenzeichen VII ZB 68/11

DRsp Nr. 2012/21287

Aufnahme der Pflicht zur Herausgabe sämtlicher Kontoauszüge in dem Pfändungs- und Überweisungsbeschluss auf Antrag des Gläubigers

Hat der Gläubiger Ansprüche des Schuldners gegen ein Kreditinstitut gepfändet, die sowohl auf Auszahlung der positiven Salden gerichtet sind als auch auf Auszahlung des dem Schuldner eingeräumten Kredits, muss auf Antrag des Gläubigers die Pflicht zur Herausgabe sämtlicher Kontoauszüge in dem Pfändungs- und Überweisungsbeschluss aufgenommen werden.

Tenor

Auf die Rechtsmittel des Gläubigers wird der Beschluss der 2. Zivilkammer des Landgerichts Bremen vom 15. September 2011 ( 2 T 487/11) im Kostenpunkt und, ebenso wie der Beschluss des Amtsgerichts Bremen vom 19. Juli 2011 ( 248 M 480520/11), insoweit aufgehoben, als die Anordnung an die Schuldnerin zur Herausgabe der jeweiligen aktuellen Kontoauszüge abgelehnt worden ist.

Der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss des Amtsgerichts Bremen vom 19. Juli 2011 ( 248 M 480520/11) wird um die Anordnung ergänzt, dass die Schuldnerin an den Gläubiger die Kontoauszüge seit Zustellung der Pfändung herauszugeben hat.

Die Schuldnerin trägt die Kosten der Rechtsmittelverfahren.

Normenkette:

ZPO § 836 Abs. 3 ;

Gründe

I.

Das Amtsgericht hat wegen einer titulierten Forderung des Gläubigers über 1.314,53 € einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss erlassen. Gepfändet und zur Einziehung überwiesen worden sind u.a. alle angeblichen Forderungen der Schuldnerin gegen die Drittschuldnerin, eine Sparkasse, auf Einziehung und Überweisung des gegenwärtigen und gesamten künftigen Guthabens, das der Schuldnerin bei Saldoziehung aus dem Kontokorrentverhältnis zukommt, und alle angeblichen Ansprüche und Forderungen der Schuldnerin an die Drittschuldnerin aus Giroverträgen und allen weiteren Konten, auf Gutschrift aller künftigen Eingänge und auf fortlaufende Auszahlung der Guthaben, sowie das Recht der Schuldnerin zur Vornahme von Überweisungen zugunsten Dritter und der Anspruch auf Auszahlung des zugesagten, aber noch nicht ausbezahlten Darlehens/Kredites, soweit die Schuldnerin diesen abruft.

Unter anderem den Antrag des Gläubigers, die Schuldnerin zur Herausgabe der Kontoauszüge zu verpflichten, hat das Amtsgericht zurückgewiesen. Die dagegen eingelegte sofortige Beschwerde des Gläubigers hat das Landgericht zurückgewiesen und die Rechtsbeschwerde zugelassen. Mit der hiergegen gerichteten Rechtsbeschwerde verfolgt der Gläubiger sein Begehren weiter.

II.

Die Rechtsbeschwerde ist begründet.

1. Das Beschwerdegericht ist der Auffassung, der Gläubiger könne nicht ohne weiteres gemäß § 836 Abs. 3 ZPO die Herausgabe der Kontoauszüge verlangen. Der Gläubiger müsse zunächst gegenüber dem Schuldner und dem Drittschuldner seinen Anspruch auf Auskunft geltend machen. Erst wenn dies nicht ausreiche, komme unter Umständen die Pflicht zur Herausgabe bestimmter Kontoauszüge in Betracht.

2. Das hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

Der Senat hat nach Erlass der angefochtenen Entscheidung mit Beschlüssen vom 9. Februar 2012 ( VII ZB 49/10, NJW 2012, 1081 , zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt) und vom 23. Februar 2012 ( VII ZB 59/09, NJW 2012, 1223 ) entschieden, dass auf Antrag des Gläubigers die Pflicht zur Herausgabe sämtlicher Kontoauszüge in dem Pfändungs- und Überweisungsbeschluss aufgenommen werden muss, wenn der Gläubiger Ansprüche des Schuldners gegen ein Kreditinstitut gepfändet hat, die sowohl auf Auszahlung der positiven Salden gerichtet sind als auch auf Auszahlung des dem Schuldner eingeräumten Kredits. So liegt es hier.

Nach den Beschlüssen vom 9. Februar 2012 und 23. Februar 2012, auf die hinsichtlich der Begründung Bezug genommen wird, sind die Urkunden zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses, also seiner Zustellung an den Drittschuldner, erfasst. Eine etwaige Verletzung des Rechts des Schuldners auf Geheimhaltung oder informationelle Selbstbestimmung durch Preisgabe der in den Kontoauszügen enthaltenen Information muss der Schuldner im Wege der Erinnerung geltend machen. Da die Schuldnerin keinen Vortrag gehalten hat, aus dem sich Hinweise auf ein Geheimhaltungsinteresse oder eine Einschränkung der Herausgabepflicht wegen ihres Rechts auf informationelle Selbstbestimmung ergeben, war - wie beantragt - die Herausgabe der Kontoauszüge ab dem Zeitpunkt der Pfändung anzuordnen.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 ZPO .

Vorinstanz: AG Bremen, vom 19.07.2011 - Vorinstanzaktenzeichen 248 M 480520/11
Vorinstanz: LG Bremen, vom 15.09.2011 - Vorinstanzaktenzeichen 2 T 487/11