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BGH - Entscheidung vom 10.05.2012

V ZB 56/11

Normen:
ZVG § 45 Abs. 1, § 51 Abs. 2
BGB § 883 Abs. 1
ZVG § 45 Abs. 1
ZVG § 51 Abs. 2

BGH, Beschluss vom 10.05.2012 - Aktenzeichen V ZB 56/11

DRsp Nr. 2012/18553

Aufladbarkeit einer Vormerkung zur Sicherung des Rückübereignungsanspruchs aus einem Rückkaufsrecht des Verkäufers eines Grundstücks nach Erlöschen dieses Anspruchs mit einem anderen Rückübereignungsanspruch

a) Eine Vormerkung zur Sicherung des Rückübereignungsanspruchs aus einem Rückkaufsrecht des Verkäufers eines Grundstücks kann nach Erlöschen dieses Anspruchs mangels Anspruchskongruenz nicht mit einem Rückübereignungsanspruch des Verkäufers aus einem weiteren Kaufvertrag mit einem Dritten "aufgeladen" werden.b) Ergibt sich das klar und eindeutig aus den zu den Grundakten gereichten öffentlichen Urkunden, ist die Vormerkung im geringsten Gebot nicht zu berücksichtigen, auch wenn sie im Grundbuch noch nicht gelöscht ist.c) Ist eine Auflassungsvormerkung als vorrangiges Recht bei der Feststellung des geringsten Gebots zu berücksichtigen, ist der Zuzahlungsbetrag nach dem Wert des Grundstücks zu bemessen, auch wenn die Wahrscheinlichkeit, dass der Anspruch besteht und durchgesetzt werden kann, gering ist. Bei der Bestimmung des Zuzahlungsbetrags hat der Tatrichter ein Ermessen, das im Rechtsbeschwerdeverfahren nur eingeschränkt überprüfbar ist.d) Die Pfändung des Anspruchs auf Rückübereignung des Grundstücks, der durch eine Vormerkung gesichert ist, die nach dem geringsten Gebot bestehen bleibt, erlischt nicht durch den Zuschlag, auch wenn sie nach der Eintragung des Rechts erfolgt, aus dem die Zwangsversteigerung betrieben wird.

Tenor

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 7. Zivilkammer des Landgerichts Gießen vom 9. Juni 2011 wird zurückgewiesen.

Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt für die Gerichtskosten 130.000 €,

für die Vertretung des Rechtsbeschwerdeführers 19.588,43 €,

für die Vertretung des Schuldners 185.000 €,

für die Vertretung der Gläubigerin 255.000 €,

und für die Vertretung der Ersteherin 185.000 €.

Normenkette:

ZVG § 45 Abs. 1 ; ZVG § 51 Abs. 2 ;

Gründe

I.

Der Schuldner verkaufte 2003 das eingangs bezeichnete Grundstück und vereinbarte mit der Käuferin ein befristetes Rückkaufsrecht. Der Rückübertragungsanspruch aus diesem Rückkaufsrecht wurde vereinbarungsgemäß durch eine Vormerkung gesichert, die an Rangstelle 7 der zweiten Abteilung in das Grundbuch eingetragen wurde (fortan erste Vormerkung). Die Käuferin wurde am 13. Oktober 2003 als Eigentümerin in das Grundbuch eingetragen. Mit einem notariellen Vertrag vom 2. Dezember 2004 vereinbarte der Schuldner mit der Käuferin die Rückabwicklung des Vertrags. Dabei sollten die erste Vormerkung übernommen und der Rückübertragungsanspruch des Schuldners durch eine weitere Vormerkung gesichert werden, deren Eintragung der Notar "nur falls erforderlich" beantragen sollte. Am gleichen Tage verkaufte der Schuldner das Grundstück an A. R. , der die erste Vormerkung übernahm und dessen Erwerbsanspruch durch eine weitere Vormerkung gesichert werden sollte. Dieser Kaufvertrag ist bislang nicht vollzogen. Der Schuldner wurde am 8. April 2005 wieder als Eigentümer eingetragen und bestellte der Gläubigerin eine vollstreckbare Grundschuld zur Finanzierung des zweiten Kaufvertrags, die am 28. Juli 2005 in das Grundbuch eingetragen wurde. Am 11. September 2006 erwirkte der Beteiligte zu 1 (fortan Pfändungsgläubiger) die Pfändung des durch die erste Vormerkung gesicherten Anspruchs des Schuldners. Die Gläubigerin beantragte die Zwangsversteigerung, die das Vollstreckungsgericht am 17. August 2007 anordnete. In dem zweiten Termin zur Versteigerung am 19. Januar 2011 blieb die Beteiligte zu 4 Meistbietende.

Das Vollstreckungsgericht hat die erste Vormerkung in das geringste Gebot aufgenommen, einen Zuzahlungsbetrag von 0 € festgesetzt und als weitere Versteigerungsbedingung das Erlöschen "der bei der Vormerkung eingetragenen Pfändung" bestimmt. Unter diesen Bedingungen hat es der Beteiligten zu 4 den Zuschlag erteilt. Die sofortigen Beschwerden des Schuldners und des Pfändungsgläubigers hat das Landgericht zurückgewiesen. Dagegen wendet sich der letztere mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde. Er strebt die Aufhebung des Zuschlagsbeschlusses an.

II.

Das Beschwerdegericht meint, die erste Vormerkung sei in das geringste Gebot mit einem Zuzahlungsbetrag aufzunehmen gewesen. Sie habe zwar keine Sicherungswirkung mehr, es liege aber keine Löschungsbewilligung vor. Der Zuzahlungsbetrag sei mit 0 € anzusetzen, weil die der Vormerkung zugrunde liegende Forderung erloschen sei. Der ursprünglich gesicherte Anspruch aus dem Rückkaufsrecht sei durch Aufhebung des ersten Kaufvertrags erloschen. Der Anspruch aus dem Rückabwicklungsvertrag sei jedenfalls durch die Eintragung des Schuldners als Eigentümer erfüllt. Zweifel an der Wirksamkeit dieser Eintragung seien nicht ersichtlich. Eine vertragliche Vereinbarung darüber, dass die erste Vormerkung dem Schuldner erlauben sollte, jederzeit, auch nach der Eintragung des zweiten Käufers, die Auflassung durchzusetzen, bestehe nicht. Diese sei auch nicht wirksam "aufgeladen" worden, weil der Anspruch aus dem zweiten Kaufvertrag mit dem gesicherten Anspruch nicht deckungsgleich sei.

III.

Diese Erwägungen halten einer rechtlichen Prüfung im Ergebnis stand. Die Rechtsbeschwerde ist nach §§ 96 , 97 und § 100 ZVG , § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO zulässig. Dem Pfändungsgläubiger fehlt auch nicht das Rechtsschutzinteresse, weil das Vollstreckungsgericht der Beteiligten zu 4 den Zuschlag unter Erlöschen der "bei der Vormerkung eingetragenen Pfändung" erteilt hat. Das Rechtsmittel ist aber unbegründet.

1. Dem Vollstreckungsgericht sind entgegen der Ansicht des Beschwerdegerichts bei der Feststellung des geringsten Gebots und der Versteigerungsbedingungen drei Fehler unterlaufen.

a) Der erste Fehler bestand, was der Pfändungsgläubiger zu Recht geltend macht, darin, dass es den Zuzahlungsbetrag mit 0 € festgesetzt hat.

aa) Richtig ist, dass eine Auflassungsvormerkung, die - wie hier - dem Recht, aus dem die Zwangsversteigerung betrieben wird, im Rang vorgeht, in das geringste Gebot als bestehen bleibendes Recht aufzunehmen und dass dafür entsprechend § 51 Abs. 2 ZVG ein Zuzahlungsbetrag festzusetzen ist. Das gilt auch dann, wenn die Vormerkung einen bedingten Auflassungsanspruch sichert (Senat, Urteil vom 28. Oktober 1966 - V ZR 11/64, BGHZ 46, 124, 127 f.). Bei der Bestimmung des Zuzahlungsbetrags hat der Tatrichter ein Ermessen, das im Rechtsbeschwerdeverfahren nur eingeschränkt überprüfbar ist.

bb) In diesem Rahmen ist die Festsetzung des Zuzahlungsbetrags indes zu beanstanden. Das Vollstreckungsgericht hat die Grundlagen der Bemessung verkannt. Anzusetzen ist, wie sich im Umkehrschluss aus § 51 Abs. 1 Satz 2 ZVG ergibt, der Betrag, um den der Wert des zu versteigernden Grundstücks gemindert ist, wenn das Recht besteht (Böttcher, ZVG , 5. Aufl., § 51 Rn. 25; Stöber, ZVG , 19. Aufl., § 51 Anm. 3.1). Das war nach dem wie noch zu zeigen sein wird: unzutreffenden Ausgangspunkt des Vollstreckungsgerichts der Wert des Grundstücks. Das Vollstreckungsgericht meinte die Vormerkung bei der Feststellung des geringsten Gebots nicht unberücksichtigt lassen zu können, weil die Löschungsunterlagen nicht vorgelegen hätten. Das bedeutete aber, dass ein (bedingter) Auflassungsanspruch, der durch die in das geringste Gebot aufgenommene Vormerkung gesichert war, noch be- oder entstehen und die Ersteherin trotz erfolgtem Zuschlag nach § 888 Abs. 1 BGB verpflichtet sein konnte, der Wiedereintragung des Schuldners als Eigentümer zuzustimmen (zum Letzteren: Senat, Urteil vom 28. Oktober 1966 V ZR 11/64, BGHZ 46, 124, 127). Konnte die Ersteherin aber das Eigentum an dem zugeschlagenen Grundstück wieder verlieren, bestimmt der Wert des Grundstücks die Höhe des Zuzahlungsbetrags. Diesen Betrag durfte das Vollstreckungsgericht nicht mit Rücksicht auf das sehr wahrscheinliche Erlöschen des gesicherten Anspruchs auf null reduzieren. Es musste, wenn auch in eingeschränktem Umfang (dazu unten c), prüfen, ob der gesicherte Anspruch und die Vormerkung noch bestanden. Konnte es das Erlöschen nicht feststellen, musste es nicht nur bei der Feststellung des geringsten Gebots, sondern auch bei der Festsetzung des Zuzahlungsbetrags von dem möglichen Be- oder Entstehen des Anspruchs und dem Fortbestand der Vormerkung ausgehen. Das schloss die Festsetzung des Zuzahlungsbetrags mit Null aus.

b) Fehlerhaft war es weiter, das Erlöschen der Pfändung bei der Vormerkung als Bedingung der Versteigerung anzuordnen.

aa) Das Vollstreckungsgericht meint, anders als die Pfändung eines Grundpfandrechts nehme die Pfändung des durch eine Vormerkung gesicherten Anspruchs nicht am Rang des gepfändeten Rechts teil. Es entstehe vielmehr nach § 848 Abs. 2 ZPO ein eigenständiges Recht. Dessen Erlöschen bestimme sich danach, ob es vor oder nach dem Recht entstanden sei, aus dem die Zwangsversteigerung erfolge. Die Pfändung sei hier nach der Eintragung des Grundpfandrechts der Gläubigerin erfolgt und falle deshalb mit dem Zuschlag weg.

bb) Das trifft nicht zu. Der Gläubiger, der einen Anspruch auf Übertragung des Eigentums an einem Grundstück pfändet, erwirbt nicht schon mit der Pfändung ein eigenständiges Recht an dem Grundstück. Ein solches Recht erlangt er nach § 848 Abs. 2 Satz 2 ZPO erst, wenn der Schuldner auf Grund des gepfändeten Anspruchs das Eigentum an dem Grundstück erwirbt. Dann nämlich erwirbt er kraft Gesetzes eine Sicherungshypothek an dem Grundstück. Dazu ist es bislang nicht gekommen. Der Beteiligte zu 2 ist zwar als Eigentümer des Grundstücks eingetragen. Die Sicherungshypothek zugunsten des Beteiligten zu 1 entsteht aber erst, wenn der Beteiligte zu 2 das Eigentum zunächst an den Erwerber R. verliert und es danach auf Grund eines Auflassungsanspruchs gegen diesen wieder erlangt. Der Sicherungshypothek nach § 848 Abs. 2 Satz 2 ZPO gehen eingetragene Grundpfandrechte zudem nur vor, wenn sie nach dem Kaufvertrag übernommen oder bestellt werden sollen. Denn dann könnte der Schuldner das Eigentum an dem Grundstück auch nur mit diesen Belastungen erlangen (BayObLG, BayObLGZ 1972, 46, 49; Musielak/Becker, ZPO , 9. Aufl., § 848 Rn. 6; Zöller/Stöber, ZPO , 29. Aufl., § 848 Rn. 8). So lag es hier nicht. Die Hypothek der Gläubigerin ist zwar eine Kaufgeldhypothek. Sie sollte aber der übernommenen Vormerkung für den Schuldner im Rang nicht vorgehen, sondern nur der Vormerkung zugunsten des Erwerbers.

c) Fehlerhaft war es schließlich, dass das Vollstreckungsgericht die Vormerkung im geringsten Gebot berücksichtigt hat.

aa) Bei der Feststellung der in das geringste Gebot aufzunehmenden Rechte ist, soweit hier von Interesse, von dem Stand des Grundbuchs auszugehen. Darin ist die erste Vormerkung nach wie vor eingetragen. Ein aus dem Grundbuch ersichtliches Recht ist bei der Feststellung des geringsten Gebots aber nicht nur dann nicht (mehr) zu berücksichtigen, wenn die für die Löschung des Rechts erforderlichen Urkunden spätestens im Versteigerungstermin vorgelegt werden (Hintzen in Dassler/Schiffhauer/Hintzen/Engels/Rellermeyer, ZVG , 13. Aufl., § 45 Rn. 3; Stöber, ZVG , 19. Aufl., § 45 Anm. 6.6), sondern auch, wenn die Voraussetzungen für die Löschung "liquid vorliegen" (RG, RGZ 57, 209, 211; ähnlich OLG Hamm, OLGZ 1967, 57, 59: "einwandfrei erloschene Rechte"; Steiner/Eickmann, ZVG , 9. Aufl., § 44 Rn. 32).

bb) So liegt es hier. Die Unterlagen für die Löschung der Vormerkung sind zwar nicht vorgelegt worden. Die Voraussetzungen für ihre Löschung lagen aber "liquid" vor.

(1) Die Voraussetzungen für die Löschung eines im Grundbuch eingetragenen Rechts liegen liquid das heißt beweissicher vor, wenn sich das Erlöschen aus öffentlichen oder öffentlich beglaubigten Urkunden ergibt und diese Urkunden dem Zwangsversteigerungsrechtspfleger die einfache und sichere Feststellung erlauben, dass das eingetragene Recht nicht mehr besteht. Denn nur solche Erkenntnisse können mit den in dem formalisierten Zwangsversteigerungsverfahren zur Verfügung stehenden Aufklärungsmitteln gewonnen und berücksichtigt werden. Andere Erlöschensgründe müssen dagegen durch Vorlage der Löschungsunterlagen oder durch Urteil des Prozessgerichts nachgewiesen werden. Die Feststellung, dass ein im Grundbuch eingetragenes Recht nicht mehr besteht, kann sich auch aus den zu den Grundakten gereichten öffentlichen oder öffentlich beglaubigten Urkunden ergeben (OLG Hamm, OLGZ 1967, 57, 59). Das ist hier der Fall.

(2) Aus den Grundakten ergab sich eindeutig, dass die Vormerkung ursprünglich den Anspruch des Schuldners aus der Rückkaufvereinbarung aus dem ersten Kaufvertrag vom 5. Juni 2003 sichern sollte. Das Erlöschen dieses Anspruchs ergab sich ebenso eindeutig aus dem Rückabwicklungsvertrag vom 2. Dezember 2004, in welchem der erste Kaufvertrag insgesamt und damit auch das Rückkaufsrecht des Schuldners aufgehoben werden. Ob sich aus dieser Vereinbarung mit der gleichen Eindeutigkeit ergibt, dass die Vormerkung erloschen ist, ist allerdings zweifelhaft. Denn die Parteien haben in dieser Vereinbarung die Vormerkung ausdrücklich bestehen lassen und eine Eintragung der in der Rückabwicklungsvereinbarung vereinbarten zusätzlichen Vormerkung nur "falls erforderlich" vorgesehen. Sie könnten die Eintragung der Vormerkung damit durch eine nachfolgende Bewilligung und einen neuen Anspruch, nämlich einen Rückübereignungsanspruch des Schuldners aus der Rückabwicklungsvereinbarung, wieder werthaltig gemacht haben (zu dieser Möglichkeit: Senat, Urteile vom 26. November 1999 V ZR 432/98, BGHZ 143, 175, 181 f. und vom 7. Dezember 2007 V ZR 21/07, NJW 2008, 578 , 579 Rn. 13; Krüger, Festschrift für Achim Krämer [2009] S. 475, 477). Auf diese Frage kommt es aber, wie das Beschwerdegericht insofern zutreffend erkannt hat, nicht an. Dieser Anspruch ist jedenfalls erfüllt. Der Schuldner ist auf Grund der Rückabwicklungsvereinbarung wieder als Eigentümer eingetragen worden. Das ergibt sich aus dem Grundbuch und der zu den Grundakten gereichten öffentlichen Urkunde, auf deren Grundlage die Wiedereintragung erfolgte. Zweifel an dem Inhalt oder an dem Bestand der Eintragung sind nicht ersichtlich. Der der Vormerkung etwa unterlegte Anspruch aus der Rückabwicklungsvereinbarung ist damit jedenfalls nach § 362 Abs. 1 BGB durch Erfüllung vollständig erloschen. Damit ist auch die Vormerkung erloschen.

(3) Mit den Mitteln des Vollstreckungsrechts nicht aufzuklärende Zweifel an dem Erlöschen der Vormerkung ergeben sich auch nicht daraus, dass die Vormerkung in dem Kaufvertrag des Schuldners mit R. "wieder aufgeladen" worden sein könnte. Denn auch das ist ersichtlich nicht der Fall.

(a) Eine irreführenderweise so genannte Wiederaufladung kommt nämlich nach der Rechtsprechung des Senats nur in Betracht, wenn der zu sichernde Anspruch, die Eintragung und die Bewilligung im Zeitpunkt ihres Zusammentreffens kongruent sind (Urteil vom 26. November 1999 V ZR 432/98, BGHZ 143, 175, 181 und Beschluss vom 3. Mai 2012 V ZB 258/11, [...] Rn. 19 f.; Krüger aaO S. 479). Diese Kongruenz setzt voraus, dass der Anspruch, der der Vormerkung unterlegt werden soll, vom Inhalt her die gleiche herbeizuführende bzw. zu sichernde Rechtsänderung wie die vorangegangene Eintragung betrifft (Senat, Urteil vom 26. November 1999 V ZR 432/98, BGHZ 143, 175, 180 f.). Daran fehlt es hier. Und das ist auch offensichtlich.

(b) Zweifelhaft ist schon, welchen Rückübertragungsanspruch die Vormerkung nach dem zweiten Kaufvertrag überhaupt sichern könnte. Dieser sieht nämlich ein Rückkaufsrecht des Schuldners nicht vor und begründet auch sonst keinen Anspruch des Schuldners auf Rückübereignung des verkauften Grundstücks. Der konstruierbare Anspruch des Schuldners aus § 346 Abs. 1 BGB nach erklärtem Rücktritt von dem zweiten Kaufvertrag setzt voraus, dass der Notar unter Verstoß gegen die Anweisungen im Kaufvertrag die Eintragung der (erklärten) Auflassung veranlasst. Anhaltspunkte dafür, dass dies möglich ist, sind weder behauptet worden noch sonst ersichtlich. Durchgreifenden Bedenken begegnet auch die Annahme des Pfändungsgläubigers, mit der Übernahme der Vormerkung ("ohne Anrechnung auf den Kaufpreis") sei der Schuldner ermächtigt worden, jederzeit die Rückübereignung des Grundstücks zu verlangen. Denn ein solches Recht gälte selbst nach vollständiger Erfüllung des Kaufvertrags und ohne dass die Einzelheiten der Rückabwicklung geregelt wären. Ob eine solche Regelung gewollt war und ob sie wirksam wäre, muss hier nicht entschieden werden.

(c) Der zweite Kaufvertrag enthält jedenfalls schon deswegen keinen inhaltlich kongruenten Rückübereignungsanspruch des Schuldners, weil es nicht um die Sicherung des Eigentumserwerbs der ersten Käuferin oder Rückabwicklung des ersten Kaufvertrags und die Sicherung von deren Erfüllung, sondern um eine ganz andere neue Rechtsänderung geht. In dem Kaufvertrag des Schuldners mit R. werden die Ansprüche des Schuldners gegen die erste Käuferin nicht verändert. Der Vertrag bezweckt auch nicht, solchen Ansprüchen oder der auf ihrer Grundlage bewirkten Rechtsänderung, nämlich der Eintragung des Schuldners als Eigentümer, nachträglich zur Wirksamkeit zu verhelfen. Gegenstand des Kaufvertrags ist vielmehr die Übereignung des Grundstücks an einen Dritten und deren etwaige Rückabwicklung. Mit solchen Ansprüchen kann die Vormerkung nicht verknüpft werden. Grundlage der Möglichkeit der Wiederverwendung einer Vormerkung ist der Gedanke des § 879 Abs. 2 BGB , wonach die für die Begründung eines Rechts an einem Grundstück erforderliche Einigung der vorherigen Eintragung in das Grundbuch nachfolgen kann (Urteil vom 26. November 1999 V ZR 432/98, BGHZ 143, 175, 179 f.). Dieser Gedanke kann nur bei Veränderungen des ursprünglichen Anspruchs durch die an der Eintragung der Vormerkung Beteiligten herangezogen werden oder wenn die ursprünglich gesicherte Rechtsänderung durch Vereinbarungen mit dem wahren Berechtigten nachträglich herbeigeführt werden soll. Beide Fallkonstellationen scheiden hier aus. Das ergibt sich schon aus dem Rubrum des zweiten Kaufvertrags und ist deshalb für das Vollstreckungsgericht klar und eindeutig feststellbar. Das Vollstreckungsgericht hat das im Ergebnis nicht anders gesehen, indem es den Zuzahlungswert mit der Begründung auf null festgesetzt hat, der gesicherte Anspruch bestehe nicht. Diese Begründung hätte richtigerweise zu der Nichtberücksichtigung der Vormerkung im geringsten Gebot führen müssen und nicht zu der Festsetzung eines Zuzahlungsbetrags führen dürfen, der mit der Feststellung des geringsten Gebots nicht zu vereinbaren war.

2. Die Fehler bei der Feststellung des geringsten Gebots und der übrigen Versteigerungsbedingungen führen aber nach § 84 Abs. 1 ZVG abweichend von § 83 Nr. 1 ZVG nicht zur Versagung des Zuschlags, weil das Recht des Pfändungsgläubigers durch diese Fehler nicht beeinträchtigt ist.

a) Das Erlöschen der Pfändung "bei der eingetragenen Vormerkung" durfte zwar nicht als Versteigerungsbedingung vorgesehen werden. Es wäre deshalb bei richtigem Vorgehen auch nicht durch den Zuschlag eingetreten. Dadurch sind die Rechte des Pfändungsgläubigers aber nicht beeinträchtigt worden. Die Pfändung ist durch die Versteigerungsbedingung nur erloschen, soweit es um die Pfändung eines durch die Vormerkung gesicherten Rückübertragungsanspruchs des Schuldners geht. Insoweit ist die Pfändung indessen ins Leere gegangen. Daran hätte es nichts geändert, wenn das Vollstreckungsgericht das Erlöschen der Pfändung nicht als Versteigerungsbedingung bestimmt hätte.

b) Die Vormerkung ist als Folge ihrer fehlerhaften Berücksichtigung im geringsten Gebot nicht durch den Zuschlag erloschen, sondern schon vorher, weil der gesicherte Anspruch spätestens durch die Erfüllung des Rückabwicklungsvertrags erloschen ist. Das Grundbuch bleibt deshalb auch nach dem Zuschlag unrichtig. Die Ersteherin könnte nach § 894 BGB von dem Schuldner die Berichtigung des Grundbuchs verlangen.

IV.

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst, da sich die Beteiligten bei einer Zuschlagsbeschwerde in der Regel nicht als Parteien im Sinne des §§ 91 ff. ZPO gegenüberstehen (Senat, Beschluss vom 25. Januar 2007 V ZB 125/05, BGHZ 170, 378 , 381 Rn. 7). Die Festsetzung der Gegenstandswerte beruht auf §§ 47 , 54 GKG und § 26 Nr. 1 und 2 RVG .

Vorinstanz: AG Gießen, vom 17.03.2011 - Vorinstanzaktenzeichen 42 K 150/07
Vorinstanz: LG Gießen, vom 09.06.2011 - Vorinstanzaktenzeichen 7 T 138/11