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BGH - Entscheidung vom 13.09.2012

IV ZB 23/11

Normen:
BGB § 1960 Abs. 1
BGB § 1960 Abs. 2

Fundstellen:
NJW-RR 2013, 72
ZEV 2013, 39

BGH, Beschluss vom 13.09.2012 - Aktenzeichen IV ZB 23/11

DRsp Nr. 2012/19757

Anordnung einer Nachlasspflegschaft als vorläufige Maßnahme der Sicherung und Erhaltung des Nachlasses zugunsten der endgültigen Erben

1. Als vorläufige Maßnahme der Sicherung und Erhaltung des Nachlasses zugunsten der endgültigen Erben ist es für die Anordnung einer Nachlasspflegschaft nach § 1960 Abs. 2 BGB erforderlich aber auch ausreichend, dass es ein Fürsorgebedürfnis und einen Sicherungsanlass i.S. von § 1960 Abs. 1 BGB gibt und begründete Zweifel über die Person des endgültigen Erben bestehen.2. Bei einer bindenden Festlegung eines Erblassers im Erbvertrag auf ein Familienmitglied im Kreis der Testamentsvollstrecker kann der Austausch des Testamentsvollsteckers ohne eine derartige familiäre Nähe eine Beeinträchtigung des Vertragserben bedeuten.

Tenor

Die Rechtsbeschwerden der Beteiligten zu 1 und 2 gegen den Beschluss des 20. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 14. November 2011 werden auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Normenkette:

BGB § 1960 Abs. 1 ; BGB § 1960 Abs. 2 ;

Gründe

1. Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Rechtsbeschwerden liegen nicht vor. Diese haben auch keine Aussicht auf Erfolg. Insoweit verweist der Senat in vollem Umfang auf die Gründe seines Hinweisbeschlusses vom 17. Juli 2012, an denen auch unter Berücksichtigung des ausführlichen weiteren Vorbringens des Beteiligten zu 1 festgehalten wird.

2. Ergänzend wird Folgendes angemerkt:

Als vorläufige Maßnahme der Sicherung und Erhaltung des Nachlasses zugunsten der endgültigen Erben ist es für die Anordnung einer Nachlasspflegschaft nach § 1960 Abs. 2 BGB erforderlich aber auch ausreichend, dass es ein Fürsorgebedürfnis und einen Sicherungsanlass i.S. von § 1960 Abs. 1 BGB gibt und begründete Zweifel über die Person des endgültigen Erben bestehen. Das Beschwerdegericht hat mit aus Rechtsgründen nicht zu beanstandender Begründung diese Voraussetzungen hier angenommen.

a) Entgegen der Ansicht des Beteiligten zu 1 ist der Vorbehalt des Erblassers in der notariellen Anfechtungserklärung vom 28. August 2009, dass "gesondert schriftlich Mitteilung" gemacht werde, wenn die Übermittlung der Ausfertigung der Anfechtungserklärung an das Nachlassgericht erfolgen soll, nicht vergleichbar mit der "Ausfertigungssperre" bis zum Nachweis der Kaufpreiszahlung bei notariellen Grundstückskaufverträgen. Ein Vorbehalt gesonderter schriftlicher Mitteilung ist in diesen regelmäßig nicht enthalten. Es war hier aufgrund der Zusatzerklärung in der notariellen Urkunde rechtlich vertretbar anzunehmen, dass der Erblasser aufgrund der Zusatzerklärung weiterhin die Hoheit über seine Anfechtungserklärung behalten wollte, und nur darauf kam es an.

b) Die Geschäftsfähigkeit des Erblassers war vorliegend streitig. Soweit es im Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 10. November 2011 heißt: "Es wurde festgestellt, dass die Testierfähigkeit des Erblassers im Jahr 2009 nicht streitig ist", wurde sie seitens des Prozessbevollmächtigten der Beteiligten zu 3, Rechtsanwalt V. , wenig später streitig gestellt. W örtlich erklärte er: "Ich bezweifle, ob Herr S. damals (21.12.2009) geschäftsfähig oder testierfähig war. Herr S . hatte lichte Momente, die sich abwechselten mit Phasen, wo er nicht orientiert war". In der Folge erläuterte er, es habe ein Betreuungsverfahren gegeben, zu dem der Hausarzt von Herrn S. , Dr. M. , geraten habe. Im Anschluss an diese Ausführungen im Rahmen der mündlichen Verhandlung ist im Beschluss des Beschwerdegerichts ausgeführt, es sei streitig, ob der Erblasser am 21. Dezember 2009 noch geschäftsfähig war. Soweit es dort heißt, es sei streitig, ob der Be teiligte zu 1 noch geschäftsfähig war, handelt es sich ersichtlich um einen Schreibfehler. Die Geschäftsfähigkeit des Beteiligten zu 1 steht außer Frage.

c) Bei einer bindenden Festlegung eines Erblassers im Erbvertrag auf ein Familienmitglied im Kreis der Testamentsvollstrecker kann der Austausch des Testamentsvollsteckers ohne eine derartige familiäre N ä-he eine Beeinträchtigung des Vertragserben bedeuten ( Senatsurteil vom 6. April 2011 IV ZR 232/09, BGHZ 189, 120 Rn. 32). Die Einsetzung des Beteiligten zu 4 zum Testamentsvollstrecker in der Urkunde vom 3. Dezember 2005 kann eine derartige Bindung des Erblassers nahelegen, die durch Auswechselung des Testamentsvollstreckers zu e iner Beeinträchtigung des Vertragserben führt.

Vorinstanz: AG Frankfurt am Main, vom 11.11.2010 - Vorinstanzaktenzeichen 51 VI 7116/10
Vorinstanz: OLG Frankfurt am Main, vom 14.11.2011 - Vorinstanzaktenzeichen 20 W 25/11
Fundstellen
NJW-RR 2013, 72
ZEV 2013, 39