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BVerwG - Entscheidung vom 13.12.2011

1 WB 43.11

Normen:
GG Art. 6 Abs. 1
SG § 10 Abs. 3
SG § 6

BVerwG, Beschluss vom 13.12.2011 - Aktenzeichen 1 WB 43.11

DRsp Nr. 2012/2332

Rechtmäßigkeit des Antrags eines Berufssoldaten auf Versetzung an einen heimatnahen Standort durch Verpflichtung des Bundesministers der Verteidigung

1. Die gerichtliche Kontrolle, ob der Bundesminister der Verteidigung und die Stammdienststelle der Bundeswehr bei der Ablehnung einer beantragten Versetzung rechtmäßig gehandelt haben, ist nur möglich, wenn ein bestimmter Dienstposten konkret bezeichnet wird. Versetzungen erfolgen dienstpostenbezogen und nicht nur standortbezogen. Nur bei einer Konkretisierung des angestrebten Dienstpostens kann das Wehrdienstgericht die Rechtmäßigkeit der Verwendungsentscheidung, insbesondere das jeweils in Betracht kommende dienstliche Bedürfnis oder die in Frage stehenden dienstlichen Belange überprüfen. Bei streitigen Versetzungsanträgen muss ein konkreter Dienstposten bezeichnet werden.2. Soldatinnen und Soldaten haben grundsätzlich keinen Anspruch auf eine bestimmte fachliche oder örtliche Verwendung oder auf Verwendung auf einem bestimmten Dienstposten. Vielmehr entscheidet der zuständige Vorgesetzte beziehungsweise die personalbearbeitende Dienststelle über die Verwendung eines Soldaten nach pflichtgemäßen Ermessen.3. Wird eine Versetzung beantragt, müssen auch die persönlichen und familiären Interessen des Soldaten angemessen berücksichtigt werden. Erst wenn die mit einer konkreten örtlichen Verwendung verbundenen Nachteile für den Soldaten so einschneidend sind, dass sie ihm unter Fürsorgegesichtspunkten nicht zugemutet werden können, muss das grundsätzlich vorrangige Interesse des Dienstherrn, den Soldaten dort zu verwenden, wo er gebraucht wird, im Rahmen des dienstlich Möglichen ausnahmsweise hintangestellt werden.4. Ermessensentscheidungen sind von den Wehrdienstgerichten nur darauf zu überprüfen, ob der zuständige Vorgesetzte oder die zuständige personalbearbeitende Stelle den Soldaten durch Überschreiten oder Missbrauch dienstlicher Befugnisse in seinen Rechten verletzt hat beziehungsweise die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten oder von diesem in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat. In diesem Zusammenhang ist auch zu prüfen, ob die vom Bundesministerium der Verteidigung in Erlassen und Richtlinien im Wege der Selbstbindung festgelegten ermessenslenkenden Vorgaben eingehalten sind.

Tenor

Der Antrag wird als unzulässig verworfen.

Normenkette:

GG Art. 6 Abs. 1 ; SG § 10 Abs. 3 ; SG § 6 ;

Gründe

I

Der Antragsteller begehrt die Verpflichtung des Bundesministers der Verteidigung, ihn an einen heimatnahen Standort zu versetzen.

Der 1968 geborene Antragsteller ist Berufssoldat. Seine Dienstzeit endet voraussichtlich mit Ablauf des 28. Februar 2023. Er wurde am 22. März 2004 zum Hauptfeldwebel befördert. Seit 1. März 2010 ist er im Ausbildungszentrum ..., Bereich Weiterentwicklung Panzertruppe, als Panzergrenadierfeldwebel eingesetzt.

Der Antragsteller ist verheiratet und hat seinen Wohnsitz in P., Kreis P. Neben den Eheleuten leben in dem Haushalt zwei 1993 und 1996 geborene Söhne, die sich in der Schule beziehungsweise Ausbildung befinden.

Mit Schreiben vom 30. November 2010 beantragte der Antragsteller seine heimatnahe Versetzung. Seine Ehefrau sei wegen eines ungünstigen Verlaufs ihrer chronischen Erkrankung auf seine tägliche Hilfe angewiesen. Sie sei in den letzten 14 Monaten neben einer weiteren Operation dreimal an den Bandscheiben operiert worden. Als heimatnahe Standorte seien P., ..., ..., ..., ..., ... und ... möglich. Dort könne er sich den Dienst als Stabsdienstbearbeiter Streitkräfte oder als Unterstützungspersonal beim Standortältesten gut vorstellen.

Der Leiter des Bereichs Weiterentwicklung Panzertruppe befürwortete die Versetzung. Der Kommandeur des Ausbildungszentrums schloss sich dieser Stellungnahme an. Der Sozialdienst des Bundeswehr-Dienstleistungszentrums P. äußerte sich mit Schreiben vom 8. Dezember 2010 gegenüber der Stammdienststelle der Bundeswehr und teilte mit, aufgrund von Bandscheibenproblemen habe die Ehefrau des Antragstellers ihre Arbeit als Reinigungskraft aufgeben müssen und im Februar 2010 eine Umschulung zur Bürofachangestellten begonnen. Auch diese Maßnahme habe sie wegen eines erneuten Bandscheibenvorfalls abbrechen müssen. Zuletzt sei sie im Oktober 2010 an den Bandscheiben operiert worden. Sie leide noch immer unter Schmerzen, nehme regelmäßig Schmerzmittel und müsse sich nach kurzer Zeit hinlegen. Derzeit könne sie im Haushalt nur kleine Tätigkeiten verrichten. Die Eheleute seien im Besitz eines Einfamilienhauses mit Garten. Die Schwiegereltern des Antragstellers würden zwar in der Nähe wohnen, seien allerdings ebenfalls gesundheitlich eingeschränkt. Daher bleibe der größte Teil der Haushalts- und Gartenarbeit bis zum Wochenende liegen und werde dann vom Antragsteller verrichtet. Die Situation sei für die ganze Familie stark belastend. Eine heimatnahe Versetzung mit der Möglichkeit, täglich nach Hause zu fahren, erleichtere die Situation zumindest für den Antragsteller gravierend und sei daher dringend erforderlich.

Der Beratende Arzt der Stammdienststelle nahm am 10. Januar 2011 Stellung und führte aus, schwerwiegende persönliche Gründe im Sinne der "Richtlinien zur Versetzung, zum Dienstpostenwechsel und zur Kommandierung von Soldaten" (Versetzungsrichtlinien) könnten leider nicht anerkannt werden. Eine heimatnahe Einplanung sei wünschenswert, wenn sie mit dienstlichen Interessen vereinbar sei.

Die Stammdienststelle der Bundeswehr lehnte den Versetzungsantrag mit Bescheid vom 11. Januar 2011 ab. Zur Begründung wurde auf die Stellungnahme des Beratenden Arztes verwiesen. Im Übrigen werde der Antragsteller bei Auswahlentscheidungen von Ausbildungs- und Verwendungsreihen übergreifenden Dienstposten der Verwendungsebene "C" in dem von ihm gewünschten Bereich weiter mit eingebracht.

Mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 31. Januar 2011 legte der Antragsteller gegen diesen Bescheid Beschwerde ein. Zur Begründung führte er aus, es lägen schwerwiegende persönliche Gründe für eine Versetzung vor. Seine Frau dürfe nach ihren Operationen keine tragende Tätigkeit ausüben und sei in ihrer Bewegungsfähigkeit so eingeschränkt, dass sie den Haushalt nicht führen könne. Die minderjährigen Kinder seien nicht in der Lage, wesentliche Aufgaben zu übernehmen. Der Schwiegermutter, die in der Nähe wohne, sei es altersbedingt nicht möglich, die erforderliche Hilfe zu leisten. Das Landesamt für soziale Dienste S. habe den Grad der Behinderung mit Widerspruchsbescheid vom 7. März 2011 nun mit 40 festgestellt. Wohl noch ein Bandscheibenvorfall im Bereich der Halswirbelsäule habe die Situation weiter verschlimmert.

Mit Bescheid vom 14. Juni 2011 wies der Bundesminister der Verteidigung - Referat PSZ I 7 - die Beschwerde als offensichtlich unbegründet zurück. Er führte aus, nach den Versetzungsrichtlinien komme die beantragte Versetzung nur in Betracht, wenn ein Dienstposten zu besetzen und die Versetzung mit dienstlichen Gründen in Einklang zu bringen sei. Darüber hinaus könne ein Soldat versetzt werden, wenn schwerwiegende persönliche Gründe vorlägen und vorrangige dienstliche Belange nicht entgegenstünden.

In der Verwendung des Antragstellers und auch außerhalb seiner Ausbildungs- und Verwendungsreihe bestehe keine Einplanungsmöglichkeit an den gewünschten Standorten, da in diesen Bereichen keine freien und besetzbaren Dienstposten zur Verfügung stünden. Schwerwiegende persönliche Gründe, die eine Versetzung unter Nutzung einer Planstelle des "z.b.V.-Etats" ermöglicht hätten, hätten nicht festgestellt werden können. Auch der geänderte Grad der Behinderung führe zu keiner anderen Einschätzung des Beratenden Arztes. Aus militärärztlicher Sicht führe die Erkrankung der Ehefrau des Antragstellers nicht zwangsläufig zu einer heimatnahen Verwendung. Bei der Ermessensentscheidung seien neben den dienstlichen Gründen zwar stets auch die persönlichen und familiären Belange angemessen zu berücksichtigen. Dem stehe aber nicht entgegen, dass letztendlich - wie hier - die vorhandenen dienstlichen Gründe höher zu bewerten seien.

Der Bescheid wurde dem Antragsteller am 20. Juni 2011 zugestellt. Hierauf hat der Antragsteller mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten am 15. Juli 2011 die gerichtliche Entscheidung durch das Bundesverwaltungsgericht beantragt. Er macht geltend, der Bescheid gehe auf die vorgetragenen privaten Notwendigkeiten mit keinem Wort ein und beachte diese in keiner Weise. Vielmehr beschränke er sich auf inhaltsleere Feststellungen. Er sei daher ermessensfehlerhaft und verletze ihn, den Antragsteller, in seinen Rechten. Bei korrekter Berücksichtigung der privaten Belange sei dem Versetzungsantrag zu entsprechen.

Der Bundesminister der Verteidigung - PSZ I 7 - hat den Antrag mit seiner Stellungnahme vom 26. Juli 2011 dem Senat vorgelegt. Er beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Er trägt vor, die Beschwerde sei aus den Gründen des Bescheides vom 14. Juni 2011 zu Recht zurückgewiesen worden. Insbesondere der gesundheitliche Zustand der Ehefrau des Antragstellers sei durch den Beratenden Arzt der Stammdienststelle der Bundeswehr geprüft und bewertet worden.

Mit Schriftsatz vom 26. August 2011 hat das Bundesministerium der Verteidigung dem Senat ergänzend die vorgelegten ärztlichen Unterlagen mit einer ergänzenden Stellungnahme der Beratenden Arztes der Stammdienststelle der Bundeswehr übersandt, nachdem der Beratende Arzt hierzu von der Ehefrau des Antragstellers mit Einverständniserklärung vom 24. August 2011 ermächtigt worden ist.

Wegen des Vorbringens im Einzelnen wird auf den Inhalt der zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze und der Akten Bezug genommen. Die Beschwerdeakte des Bundesministers der Verteidigung - PSZ I 7 - ... - und die Personalgrundakte des Antragstellers haben dem Senat bei der Beratung vorgelegen.

II

Der Antragsteller hat keinen förmlichen Sachantrag gestellt. Allerdings hat er vorgetragen, bei korrekter Berücksichtigung seiner privaten Belange sei seinem Versetzungsantrag zu entsprechen. Interessengerecht ausgelegt beantragt der Antragsteller danach, die Bescheide der Stammdienststelle der Bundeswehr vom 11. Januar 2011 und des Bundesministers der Verteidigung vom 14. Juni 2011 aufzuheben und den Bundesminister der Verteidigung zu verpflichten, ihn auf einen Dienstposten eines Stabsdienstbearbeiters Streitkräfte oder des Unterstützungspersonals beim Standortältesten an einem der Standorte P., ..., ..., ..., ..., ... oder ... zu versetzen, hilfsweise über seinen Versetzungsantrag unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.

Der so verstandene Antrag hat keinen Erfolg; er ist bereits unzulässig.

Die gerichtliche Kontrolle, ob der Bundesminister der Verteidigung und die Stammdienststelle der Bundeswehr bei der Ablehnung einer beantragten Versetzung rechtmäßig gehandelt haben, ist nur möglich, wenn ein bestimmter Dienstposten konkret bezeichnet wird. Versetzungen erfolgen dienstpostenbezogen und nicht nur standortbezogen. Nur bei einer Konkretisierung des angestrebten Dienstpostens kann das Wehrdienstgericht die Rechtmäßigkeit der Verwendungsentscheidung, insbesondere das jeweils in Betracht kommende dienstliche Bedürfnis oder die in Frage stehenden dienstlichen Belange überprüfen. Der Senat verlangt deshalb bei streitigen Versetzungsanträgen in ständiger Rechtsprechung, dass - spätestens im Beschwerdeverfahren - ein konkreter Dienstposten bezeichnet sein muss (vgl. Beschlüsse vom 11. Mai 1993 - BVerwG 1 WB 10.93 - NZWehrr 1993, 242, vom 30. Januar 1996 - BVerwG 1 WB 55.95 und 56.95 - DokBer B 1996, 135, vom 22. Januar 2004 - BVerwG 1 WB 42.03 -, vom 4. März 2004 - BVerwG 1 WB 21.03 - m.w.N., vom 24. Februar 2005 - BVerwG 1 WB 65.04 - und vom 29. April 2008 - BVerwG 1 WB 42.07 -). Die vom Antragsteller im Beschwerdeverfahren begehrte heimatnahe Verwendung an einem der dazu aus seiner Sicht möglichen Standorte in P., ..., ..., ..., ..., ... oder ... auf einem - nicht näher bezeichneten - Dienstposten eines Stabsdienstbearbeiters Streitkräfte oder des Unterstützungspersonals beim Standortältesten wird diesen Anforderungen nicht gerecht und ist nicht hinreichend bestimmt.

Im Übrigen wäre der Antrag aber auch unbegründet. Der Ablehnungsbescheid der Stammdienststelle der Bundeswehr in der Gestalt des Beschwerdebescheids des Bundesministers der Verteidigung ist rechtmäßig und verletzt den Antragsteller nicht in seinen Rechten. Dieser hat weder Anspruch auf die begehrte Versetzung noch auf erneute Entscheidung.

Soldatinnen und Soldaten haben grundsätzlich keinen Anspruch auf eine bestimmte fachliche oder örtliche Verwendung oder auf Verwendung auf einem bestimmten Dienstposten. Vielmehr entscheidet der zuständige Vorgesetzte beziehungsweise die personalbearbeitende Dienststelle über die Verwendung eines Soldaten nach pflichtgemäßen Ermessen (stRspr, vgl. Beschlüsse vom 25. September 2002 - BVerwG 1 WB 30.02 - m.w.N. <insoweit nicht veröffentlicht in Buchholz 236.1 § 3 SG Nr. 30>, und vom 28. Juni 2011 - BVerwG 1 WB 16.11 und 25.11 -). Wird eine Versetzung beantragt, müssen bei der Entscheidung hierüber zwar aus Fürsorgegründen (§ 10 Abs. 3 SG ) sowie wegen der aus § 6 SG folgenden Schutzpflichten für Ehe und Familie (Art. 6 Abs. 1 GG ) auch die persönlichen und familiären Interessen des Soldaten angemessen berücksichtigt werden. Bei einem Berufssoldaten gehören seine jederzeitige Versetzbarkeit und damit die Möglichkeit, ihn dort einzusetzen, wo er gebraucht wird, jedoch zu den von ihm freiwillig übernommenen Pflichten und zum prägenden Inhalt seines Wehrdienstverhältnisses. Er muss es deshalb hinnehmen, wenn seine persönlichen Belange beeinträchtigt werden und für ihn daraus Härten entstehen. Erst wenn die mit einer konkreten örtlichen Verwendung verbundenen Nachteile für den Soldaten so einschneidend sind, dass sie ihm unter Fürsorgegesichtspunkten nicht zugemutet werden können, muss das grundsätzlich vorrangige Interesse des Dienstherrn, den Soldaten dort zu verwenden, wo er gebraucht wird, im Rahmen des dienstlich Möglichen ausnahmsweise hintangestellt werden (stRspr, vgl. Beschlüsse vom 12. Juni 1996 - BVerwG 1 WB 21.95 - Buchholz 236.1 § 10 SG Nr. 15 = NZWehrr 1996, 253 , vom 30. August 2001 - BVerwG 1 WB 37.01 - Buchholz 311 § 17 WBO Nr. 45, vom 9. Januar 2008 - BVerwG 1 WDS-VR 10.07 - Rn. 22 ff und vom 26. Mai 2011 - 1 WDS-VR 4.11 -).

Ermessensentscheidungen sind von den Wehrdienstgerichten nur darauf zu überprüfen, ob der zuständige Vorgesetzte oder die zuständige personalbearbeitende Stelle den Soldaten bzw. die Soldatin durch Überschreiten oder Missbrauch dienstlicher Befugnisse in seinen/ihren Rechten verletzt hat beziehungsweise die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten oder von diesem in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat (§ 23a Abs. 2 WBO i.V.m. § 114 Satz 1 VwGO entsprechend; stRspr, vgl. Beschlüsse vom 30. Juli 1980 - BVerwG 1 WB 79.79 - BVerwGE 73, 51 f, vom 11. Mai 2006 - BVerwG 1 WB 36.05 - m.w.N. und vom 27. November 2008 - BVerwG 1 WB 60.08 -). In diesem Zusammenhang ist auch zu prüfen, ob die vom Bundesministerium der Verteidigung in Erlassen und Richtlinien im Wege der Selbstbindung festgelegten ermessenslenkenden Vorgaben eingehalten sind (vgl. Beschluss vom 21. Juli 2011 - BVerwG 1 WB 46.10 - m.w.N.). Derartige Ermessensfehler sind nicht ersichtlich.

Das Bundesministerium der Verteidigung hat das ihm zustehende Verwendungsermessen in den "Richtlinien zur Versetzung, zum Dienstpostenwechsel und zur Kommandierung von Soldaten" vom 3. März 1988 (VMBl S. 76) in der zuletzt geänderten Fassung vom 9. Juni 2009 (VMBl S. 86) - im Folgenden: Versetzungsrichtlinien - in rechtlich nicht zu beanstandender Weise konkretisiert und gebunden (Beschlüsse vom 3. Juli 1990 - BVerwG 1 WB 45.90 - <DokBer B 1990, 311> m.w.N., vom 14. September 1999 - BVerwG 1 WB 35.99 - <Buchholz 236.1 § 10 SG Nr. 38 = NZWehrr 2000, 36 = ZBR 2000, 168>, und vom 20. August 2003 - BVerwG 1 WB 19.03 -). Erfährt die Fürsorgepflicht - wie dort geschehen - eine allgemeine Regelung in Verwaltungsvorschriften, so sind diese schon im Hinblick auf das Gebot der Gleichbehandlung (Art. 3 Abs. 1 GG ) grundsätzlich für die Bestimmung der Zumutbarkeitsgrenzen maßgeblich, soweit im Übrigen der gesetzliche Rahmen nicht überschritten wird (Beschlüsse vom 13. November 2009 - BVerwG 1 WDS-VR 7.09 - Rn. 25 und vom 26. Mai 2011 - 1 BVerwG WDS-VR 4.11 -).

Die Versetzungsrichtlinien sehen vor, dass jede Versetzung grundsätzlich dem dienstlichen Bedürfnis (Nrn. 4 und 5 Versetzungsrichtlinien) folgt. Können dienstliche Belange mit Belangen aus der Privatsphäre des Soldaten in Einklang gebracht werden, so kann eine Versetzung erfolgen beziehungsweise unterbleiben (Nr. 7 Versetzungsrichtlinien). Liegen schwerwiegende persönliche Gründe vor, so kann eine Versetzung erfolgen beziehungsweise unterbleiben, sofern nicht vorrangige Gründe dem entgegenstehen (Nr. 6 Versetzungsrichtlinien).

Als Regelbeispiel eines schwerwiegenden persönlichen Grundes kommt nach den Versetzungsrichtlinien unter anderem der Gesundheitszustand des Soldaten oder eines mit ihm in häuslicher Gemeinschaft lebenden Angehörigen in Betracht. Ein schwerwiegender persönlicher Grund liegt vor, wenn aufgrund eines (militär-)ärztlichen Gutachtens feststeht, dass der Gesundheitszustand eine Versetzung oder den Verbleib am bisherigen Standort notwendig macht (Nr. 6 Buchstabe a Versetzungsrichtlinien).

Die beantragte Versetzung wurde danach ermessensfehlerfrei abgelehnt.

Der Antragsteller kann sich auf einen schwerwiegenden persönlichen Grund im Sinne der Nr. 6 Buchstabe a Versetzungsrichtlinien nicht berufen. Entsprechend der Vorgaben der Versetzungsrichtlinien hat die Stammdienststelle der Bundeswehr den Beratenden Arzt um Prüfung ersucht, ob aufgrund der vom Antragsteller dargestellten gesundheitlichen Situation seiner Ehefrau schwerwiegende Gründe anerkannt werden können und eine Versetzung aus ärztlicher Sicht aufgrund dieser gesundheitlichen Situation zwingend notwendig ist. Auf der Grundlage der vom Antragsteller eingereichten ärztlichen Unterlagen kam der Beratende Arzt zu dem Ergebnis, dass dies zu verneinen und eine heimatnahe Versetzung lediglich wünschenswert sei, soweit sie sich mit dienstlichen Interessen vereinbaren lasse. In seiner nachgereichten Stellungnahme hat der Beratende Arzt ausgeführt, er habe (damals) nach Prüfung des Sachverhalts leider feststellen müssen, dass schwerwiegende persönliche Gründe im Sinne der Versetzungsrichtlinien nicht zum Tragen kommen könnten. Auch nach nochmaliger Prüfung seien seines Erachtens die rein ärztlichen Voraussetzungen für die Anerkennung eines schwerwiegenden Grundes nicht gegeben, wenngleich die Belastungen für die Familie zweifelsfrei menschlich hätten nachvollzogen werden können. Die Gesundheitsstörung der Ehefrau lasse sich bundesweit qualitativ gleichwertig behandeln.

Diese Bewertung, namentlich die tragende Feststellung, dass die Gesundheitsstörung keine örtliche Bindung begründe und eine Versetzung damit nicht zwingend mache, ist nachvollziehbar und rechtlich nicht zu beanstanden. Dem steht auch nicht entgegen, dass der Beschwerdebescheid selbst lediglich auf das Ergebnis der Prüfung durch den Beratenden Arzt Bezug genommen hat. Mit der nachgereichten Stellungnahme des Beratenden Arztes nebst den beigefügten ärztlichen Unterlagen wird in zulässiger Weise die (nähere) Begründung der Ablehnungsentscheidung nachträglich gegeben (§ 45 Abs. 1 Nr. 2 VwVfG entsprechend, vgl. Beschluss vom 16. Dezember 2008 - BVerwG 1 WB 19.08 - BVerwGE 133, 13 <Rn 48>). Dies gilt hier in besonderer Weise, weil sich aus der ärztlichen Schweigepflicht erklärt, dass sich der Beratende Arzt auf die Mitteilung des Ergebnisses seiner Prüfung (zunächst) beschränkt hat, und die vorliegende Einverständniserklärung der Ehefrau des Antragstellers vom 24. August 2011 datiert. Es handelt sich daher nicht um ein Nachschieben von Ermessenserwägungen, das nur in engen Grenzen zulässig wäre (§ 114 Satz 2 VwGO entsprechend).

Im Übrigen hat der Bundesminister der Verteidigung in seinem Beschwerdebescheid das wesentliche Vorbringen des Antragstellers wiedergegeben und seiner Entscheidung zugrunde gelegt. Jenseits des Gesundheitszustands seiner Ehefrau hat der Antragsteller schwerwiegende persönliche Gründe im Sinne der Versetzungsrichtlinien nicht geltend gemacht. Derartige Gründe sind auch sonst nicht ersichtlich, weshalb zu weiteren Ermessenserwägungen keine Veranlassung bestand.

Darüber hinaus hat der Bundesminister der Verteidigung in seinem Beschwerdebescheid festgestellt, dass die Stammdienststelle der Bundeswehr in den vom Antragsteller gewünschten Bereichen keine Dienstposten - auch nicht außerhalb der Ausbildung und Verwendungsreihe des Antragstellers - habe aufzeigen können, die eine Versetzung ermöglicht hätten. Dem ist der Antragsteller nicht entgegen getreten. Danach begegnet es auch keinen Bedenken, dass die beantragte Versetzung abgelehnt wurde, weil diese mit dienstlichen Belangen nicht in Einklang zu bringen ist (Nr. 7 Versetzungsrichtlinien).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 21 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 20 Abs. 1 Satz 1 WBO .