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BVerwG - Entscheidung vom 26.05.2011

7 A 10.10

BVerwG, Urteil vom 26.05.2011 - Aktenzeichen 7 A 10.10

DRsp Nr. 2011/11991

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Gründe

I

Die Klägerin wendet sich gegen den Planfeststellungsbeschluss des Eisenbahn-Bundesamtes vom 19. September 2008 für das Bauvorhaben "dreigleisiger Ausbau im Streckenabschnitt Stelle - Lüneburg", Planfeststellungsabschnitt IV Lüneburg (Eisenbahnstrecke 1720, Lehrte - Cuxhaven, von Bahn-km 130,00 bis Bahn-km 136,355). Sie ist Eigentümerin der Grundstücke mit den Flurstücksbezeichnungen ..., ..., ..., ..., Flur ..., in der Gemarkung O. Die Grundstücke liegen südwestlich der Bahntrasse, etwa zwischen Bahn-km 134,4 und Bahn-km 134,7 und haben zusammen eine Grundstücksfläche von ca. 36 000 m2. Laut Grunderwerbsverzeichnis sollen davon ca. 1 080 m2 für das Vorhaben dauerhaft und ca. 330 m2 vorübergehend in Anspruch genommen werden.

Der Streckenabschnitt zwischen Stelle und Lüneburg ist bisher zweigleisig und stark belastet. Nach dem Erläuterungsbericht sollen durch das Ausbauvorhaben Kapazitätsengpässe für den Güterverkehr beseitigt und das Regionalverkehrsangebot verbessert werden. Zu diesem Zweck soll zwischen Stelle und Lüneburg in Süd-West-Lage parallel zu den bereits vorhandenen Gleisen ein drittes Streckengleis errichtet werden.

Zur Beurteilung der künftigen Schallsituation wurde eine schalltechnische Untersuchung durchgeführt, nach der die (jeweiligen) Immissionsgrenzwerte der 16. BImSchV bereichsweise überschritten werden. Als aktive Schallschutzmaßnahme ist u.a. die Errichtung von Schallschutzwänden vorgesehen. Die Höhe der Schallschutzwand (ü. SO) beträgt im Bereich der klägerischen Grundstücke vier Meter.

Die Grundstücke der Klägerin liegen nicht im Geltungsbereich eines Bebauungsplanes; in den Übersichts- und Lageplänen zur schalltechnischen Untersuchung ist dieser Bereich als Gewerbegebiet verzeichnet. Sie wurden ursprünglich von der Firma S., einem Saatbaubetrieb, genutzt. Auf dem Flurstück ... befindet sich ein Bürogebäude, im Übrigen sind die Grundstücke mit Gewächshäusern bebaut. Nach den Angaben des Prozessbevollmächtigten der Klägerin in der mündlichen Verhandlung ist das Bürogebäude im Anschluss an die Einstellung bzw. Verlagerung des Saatbaubetriebs weiter vermietet worden. Es wurde bei Erlass des Planfeststellungsbeschlusses (und wird bis heute) als Bürogebäude genutzt. Die Gewächshäuser wurden schon zu diesem Zeitpunkt nicht mehr genutzt.

An dem Bürogebäude auf dem Flurstück ..., bei dem es sich laut Lageplan Nr. 8 zur schalltechnischen Untersuchung um den Immissionsort 8225 a bis h handelt, wird der Immissionsgrenzwert der 16. BImSchV für Gewerbegebiete von 69 dB(A) tags mit Lärmschutzwand eingehalten. Nachtwerte sind nicht erhoben worden.

Die Planunterlagen lagen - nach vorheriger ortsüblicher Bekanntmachung - vom 13. Februar 2007 bis 12. März 2007 bei der Stadt Lüneburg und in der Samtgemeinde Bardowick zur Einsicht aus.

Innerhalb der Einwendungsfrist erhob die Klägerin mit Schreiben vom 21. März 2007 folgende Einwendung:

"Unser Grundstück wurde als Betriebsgelände der Firma S. gewerblich genutzt. Diese Nutzungsart soll sich ändern, das Grundstück soll bebaut werden. Ein Planungsvorschlag liegt bereits vor, es ist jedoch fraglich, ob durch das dritte Gleis und die dort vorgesehene Schallschutzwand die erforderlichen Schallschutzwerte eingehalten werden können. Unser Einwand bezieht sich also auf die geplante Schallschutzwand, die gegebenenfalls erhöht und/oder verlängert werden muss."

Mit Beschluss vom 19. September 2008 stellte das Eisenbahn-Bundesamt den Plan fest und wies die Einwendungen der Klägerin zurück.

Die Klägerin hat gegen den ihr am 7. Oktober 2008 zugestellten Planfeststellungsbeschluss am 6. November 2008 Klage erhoben:

Die Lärmprognose sei fehlerhaft, weil sie auf einem zu kurzen Prognosezeitraum und fehlerhaften Zugzahlen beruhe. Die Realisierung der sog. Y-Trasse, die Hannover mit Hamburg und Bremen verbinden soll, und das damit verbundene Verkehrsaufkommen seien zielgerichtet ausgeblendet worden.

Die Behauptung der Beigeladenen, dass auf der Strecke auch nach der Fertigstellung des dritten Gleises nur 25 zusätzliche Züge verkehrten und die Kapazitätsobergrenze auch nach Realisierung der Y-Trasse bei (nur) 409 Zügen liege, sei angesichts der Zielsetzung, Kapazitätsengpässe zu beseitigen, und des erheblichen finanziellen Aufwands für das Ausbauvorhaben nicht plausibel. Dies belegten auch die Antwort der Bundesregierung vom 28. Januar 2008 auf eine Kleine Anfrage (BTDrucks 16/7913) und eine Studie des Umweltbundesamtes aus dem Jahre 2010. Bei einem angemessenen und sachgerechten Prognosezeitraum sei von einer Zunahme des Güterverkehrs um mindestens 50 % auszugehen.

Im Übrigen werde der Nachtwert für Gewerbegebiete von 59 dB(A) selbst bei dem bisher prognostizierten Bahnbetrieb überschritten. In der schalltechnischen Untersuchung sei ohne ersichtlichen Grund nur eine Prognose für die Tagwerte angestellt worden. Die derzeit fehlende, bauplanungsrechtlich aber zulässige Nutzung ihrer Grundstücke zur Nachtzeit führe nicht dazu, dass die Nachtgrenzwerte nicht eingehalten werden müssen.

Zudem sei beabsichtigt, die Grundstücke zu überplanen. Insoweit werde auf ein städtebauliches Konzept verwiesen, das für den südwestlichen Teil der Grund-stücke Wohnnutzung und für den nordöstlichen Teil eine gewerbliche Nutzung vorsehe.

Da ein Teil ihrer Grundstücke unmittelbar in Anspruch genommen werde, könne sie jedenfalls eine Entschädigung in Geld für die Wertminderung beanspruchen.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte zu verpflichten, den angefochtenen Planfeststellungsbeschluss vom 19. September 2008 für das Bauvorhaben "Dreigleisiger Ausbau im Streckenabschnitt Stelle - Lüneburg", Planfeststellungsabschnitt IV Lüneburg (Eisenbahnstrecke 1720, Lehrte - Cuxhaven) von Bahn-km 130,00 bis Bahn-km 136,355 um die Nebenbestimmung zu ergänzen, wonach die Beigeladene verpflichtet wird, durch Lärmschutzmaßnahmen sicherzustellen, dass auf den Grundstücken der Klägerin, Flurstücke ..., ..., ..., ..., Flur ..., in der Gemarkung O. und den dort aufstehenden Gebäuden die Lärmschutzwerte für Gewerbegebiete von 69 dB(A) tags und 59 dB(A) nachts durch den Bahnbetrieb nicht überschritten werden,

hilfsweise,

die Beklagte zu verurteilen, passive Lärmschutzmaßnahmen durchzuführen sowie dem Grunde nach Geldentschädigung für die Wertminderung der Grundstücke zu leisten.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Eine Ermittlung der Lärmwerte für die Nacht sei nach § 2 Abs. 3 der 16. BImSchV nicht erforderlich gewesen, da die Grundstücke nur am Tag genutzt würden.

Die beabsichtigte Überplanung der Grundstücke für eine gewerbliche und Wohnnutzung habe bei der schalltechnischen Untersuchung nicht berücksichtigt werden müssen, weil die Planung bei Einleitung des Planfeststellungsverfahrens noch nicht verfestigt gewesen sei.

Der Prognosehorizont 2015 sei sachgerecht. Abgesehen davon, dass bei Erlass des Planfeststellungsbeschlusses und bis heute nicht absehbar (gewesen) sei, wann mit einer Planfeststellung oder gar Realisierung der Y-Trasse gerechnet werden könne, unterstelle die Prognose 2015 zu Gunsten der Anlieger das Vorhandensein der Y-Trasse.

Die Beigeladene beantragt ebenfalls,

die Klage abzuweisen.

Die Klägerin habe keinen Anspruch auf weitere aktive Schallschutzmaßnahmen. Die Tagesgrenzwerte der 16. BImSchV für Gewerbegebiete würden durch die vier Meter hohe Schallschutzwand im Bereich der klägerischen Grundstücke eingehalten. In der schalltechnischen Untersuchung sei zu Recht nur der Tagwert von 69 dB(A) berücksichtigt worden, weil die Grundstücke der Klägerin bestimmungsgemäß nur am Tag genutzt würden.

Der Prognosehorizont 2015, der von 409 Zügen im Vergleich zu derzeit 384 ausgehe, sei rechtmäßig. Bei der Prognose 2015 sei hinsichtlich der Zugzahlen und des Zugmixes ein Vorgriff auf 2025 erfolgt. Sie unterstelle zu Gunsten der Anlieger das Vorhandensein der sog. Y-Spange. Wie sich aus der Anlage 13.5 zur schalltechnischen Untersuchung ergebe, sei bei den Zugzahlen nicht nur der Mehrverkehr, sondern auch der lärmtechnisch ungünstigere Zugmix nach Realisierung der Y-Spange berücksichtigt worden. Die heute verkehrenden (leiseren) ICE-Züge seien darin durch die (lauteren) Güterzüge ersetzt worden.

Die in der Studie des Umweltbundesamtes genannte Zahl von 466 Zügen stelle keine offizielle Prognose dar. Sie spiegele nur ein Nachfragepotential wider, das auf der Strecke nicht gefahren werden könne. Aus der BTDrucks 16/7913 folge nichts anderes. Zudem sei für die Verkehrsprognose nicht die mögliche Vollauslastung maßgeblich, sondern die auf der Grundlage eines realistischen Betriebsprogramms zu erwartende Durchschnittsbelastung. Die Dreigleisigkeit diene in erster Linie der Verbesserung der Nahverkehrsbeziehungen auf der Schiene zwischen Lüneburg - Hamburg. Für die durchgehenden Züge werde eine verbesserte Fahrplantreue erzielt.

Die für die geplante Wohnnutzung maßgeblichen Grenzwerte müssten nicht eingehalten werden, weil die Planung nicht hinreichend verfestigt sei.

Da der maßgebliche Tagesgrenzwert durch die Schallschutzwand eingehalten werde, habe die Klägerin auch keinen Anspruch auf Entschädigung für passive Schallschutzmaßnahmen an ihren baulichen Anlagen.

Vor diesem Hintergrund sei auch für Entschädigungszahlungen wegen Wertminderung kein Raum.

II

Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Ergänzung des Planfeststellungsbeschlusses um zusätzliche aktive Schallschutzmaßnahmen nach § 41 Abs. 1 BImSchG (1), eine Entschädigung dem Grunde nach für passiven Schallschutz gemäß § 42 BImSchG (2) sowie wegen Wertminderung ihrer Grundstücke (3).

1.

Gemäß § 41 Abs. 1 BImSchG ist bei dem Bau oder der wesentlichen Änderung von Eisenbahnen (unbeschadet des § 50 und vorbehaltlich der Regelung in Absatz 2) sicherzustellen, dass durch diese keine schädlichen Umwelteinwirkungen durch Verkehrsgeräusche hervorgerufen werden können, die nach dem Stand der Technik vermeidbar sind. Verkehrsgeräusche sind schädlich, wenn die in § 2 der 16. BImSchV festgeschriebenen Immissionsgrenzwerte (§ 43 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG ) überschritten werden.

Nach dem Inhalt der schalltechnischen Untersuchung ist durch die im Bereich der klägerischen Grundstücke vorgesehene, vier Meter hohe Schallschutzwand sichergestellt, dass der Tagesgrenzwert für Gewerbegebiete von 69 dB(A) eingehalten wird (vgl. Immissionsort 8225 a bis h).

a)

Mit dem dagegen im Klageverfahren erhobenen Einwand, die der schalltechnischen Untersuchung zugrunde gelegte Verkehrsprognose sei aufgrund eines zu kurz bemessenen Prognosehorizonts sowie zu niedrig angesetzter Zugzahlen zu ihren Ungunsten fehlerhaft, ist die Klägerin nach § 18a Nr. 7 AEG präkludiert. Sie hat diesen Einwand im Planfeststellungsverfahren weder ausdrücklich noch sinngemäß erhoben.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts muss der Betroffene im Einwendungsverfahren zumindest in groben Zügen darlegen, welche Beeinträchtigungen befürchtet werden (Urteil vom 30. Januar 2008 - BVerwG 9 A 27.06 - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 195). Die Darlegungsanforderungen orientieren sich an den Möglichkeiten eines Laien, Ausführungen, die technisch-wissenschaftlichen Sachverstand voraussetzen, können regelmäßig nicht erwartet werden (Urteil vom 3. März 2004 - BVerwG 9 A 15.03 - NVwZ 2004, 986 <987> = Buchholz 406.25 § 41 BImSchG Nr. 40). Die Anforderungen an die Substantiierung dürfen nicht überspannt werden. Das tatsächliche Vorbringen muss aber so konkret sein, dass die Planfeststellungsbehörde erkennen kann, welchen Belangen sie in welcher Weise nachgehen soll und wogegen sie den Einwender schützen soll. Dagegen gehört die rechtliche Qualifizierung des tatsächlichen Vorbringens nicht zu den Anforderungen an eine präklusionsverhindernde Einwendung. Es ist Sache der Behörde, die notwendigen rechtlichen Schlüsse aus Tatsachenvorbringen zu ziehen, ohne sich auf eine bestimmte rechtliche Qualifizierung, auf die sich ein Einwender gegebenenfalls konzentriert, zu beschränken (Urteil vom 21. Juni 2006 - BVerwG 9 A 28.05 - BVerwGE 126, 166 <172> Rn. 27 = Buchholz 406.400 § 42 BNatSchG 2002 Nr. 1; vgl. auch Urteil vom 1. Dezember 2010 - BVerwG 9 A 26.09 - [...] Rn. 13; Bonk/Neumann, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG , 7. Aufl. 2008, § 73 Rn. 96 m.w.N.).

Davon ausgehend kann die Klägerin mit ihren Angriffen gegen die Verkehrsprognose nicht gehört werden, weil sich ihr Einwendungsschreiben vom 21. März 2007 dazu selbst bei wohlwollender Auslegung nicht verhält. Der Sinn und Zweck des Einwendungsverfahrens liegt gerade darin, der Behörde Hinweise darauf zu geben, welche Gesichtspunkte aus Sicht des Einwenders einer vertieften oder erstmaligen Prüfung unterzogen werden sollten, zu welchen Aspekten gegebenenfalls ergänzende Ermittlungen angestellt werden müssen und wo Nachbesserungen für erforderlich gehalten werden. Diese Hinweisfunktion korrespondiert mit der Anstoßfunktion, die von der Auslegung der Planunterlagen ausgehen soll. Vom danach maßgeblichen Empfängerhorizont der Behörde ausgehend kann dem Einwendungsschreiben vom 21. März 2007 hinreichend deutlich nur entnommen werden, dass die Klägerin im Hinblick auf die beabsichtigte Überplanung ihrer Grundstücke und die damit verbundene Änderung der bisherigen Nutzung in eine lärmempfindlichere Nutzung eine Erhöhung und/oder Verlängerung der Schallschutzwand für erforderlich hält.

Demgegenüber enthält das Einwendungsschreiben keinerlei Hinweise darauf, dass die Klägerin die der schalltechnischen Untersuchung zugrunde gelegte zukünftige Verkehrsbelastung auf der Bahnstrecke in Zweifel ziehen wollte. Diesbezüglicher Vortrag konnte von der Klägerin aber schon innerhalb der Einwendungsfrist erwartet werden, weil die ausgelegten Planunterlagen auch insoweit eine hinreichende Anstoßwirkung entfalteten. Dass bei der Verkehrsprognose auf den Prognosehorizont 2015 abgestellt und von welchen Zugzahlen dabei ausgegangen worden ist, konnte die Klägerin der Anlage 13.5 zur schalltechnischen Untersuchung entnehmen. Diese Angaben gaben ihr ausreichend Gelegenheit, die prognostizierte Verkehrsbelastung anzugreifen. Damit werden die Anforderungen an die Substantiierung von Einwendungen durch private Einwender entgegen der Auffassung der Klägerin auch nicht überspannt. Die Klägerin war zur Wahrung ihrer Rechte nicht gehalten, sich schon innerhalb der Einwendungsfrist detailliert mit der Verkehrsprognose, namentlich der Plausibilität des Betriebsprogramms 2015 im Hinblick auf die Y-Trasse auseinanderzusetzen. Sie hätte aber jedenfalls zu erkennen geben können und müssen, dass sie den Prognosezeitraum für zu kurz bemessen und/oder die Zugzahlen für zu niedrig angesetzt hält bzw. anhand der ausgelegten Unterlagen nicht nachvollziehen kann, ob die zugrunde gelegten Zugzahlen plausibel sind. Sie hätte also zumindest laienhaft die von dem Vorhaben ausgehende prognostizierte "Lärmmenge" in Zweifel ziehen müssen. Dazu verhält sich das Einwendungsschreiben vom 21. März 2007 aber nicht.

Die formellen Präklusionsvoraussetzungen liegen vor. Die Bekanntmachung der Planauslegung enthält den nach § 18a Nr. 7 Satz 2 AEG erforderlichen Hinweis auf die Einwendungsfrist und die Folgen der Versäumung der Einwendungsfrist. Die Bekanntmachung genügt auch den Anforderungen des § 73 Abs. 5 VwVfG . Gegenteiliges hat auch die Klägerin nicht vorgetragen.

Abgesehen davon sind die Angriffe der Klägerin gegen die Verkehrsprognose auch in der Sache nicht begründet.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kann das Gericht eine Prognose und mithin auch eine der Verkehrslärmberechnung zugrunde liegende Verkehrsprognose grundsätzlich nur darauf überprüfen, ob sie mithilfe einer geeigneten fachspezifischen Methode erstellt, der der Prognose zugrunde liegende Sachverhalt zutreffend ermittelt und das Ergebnis einleuchtend begründet worden ist (vgl. zuletzt Urteil vom 20. Januar 2010 - BVerwG 9 A 22.08 - Buchholz 406.25 § 41 BImSchG Nr. 55 Rn. 30 m.w.N.; Beschlüsse vom 23. Juni 2009 - BVerwG 9 VR 1.09 - [...] Rn. 14 und vom 25. Mai 2005 - BVerwG 9 B 41.04 - [...] Rn. 20 = Buchholz 310 § 80 VwGO Nr. 81). Davon ausgehend ist die Verkehrsprognose unter Berücksichtigung der im gerichtlichen Verfahren nachgereichten Erläuterungen der Beigeladenen, denen sich die Beklagte vollinhaltlich angeschlossen hat, nicht zu beanstanden.

In Ermangelung einer normativen Festlegung darf der Prognosehorizont grundsätzlich in Anknüpfung an die laufende Verkehrsplanung im Bundesverkehrswegeplan und den dort zugrunde gelegten Prognosehorizont bestimmt werden (vgl. Beschluss vom 25. Mai 2005 - BVerwG 9 B 41.04 - [...] Rn. 20, 21). Der Bundesverkehrswegeplan 2003, auf dem der Bedarfsplan für die Bundesschienenwege beruht (Anlage zu § 1 des Gesetzes über den Ausbau der Schienenwege des Bundes, Bundesschienenwegeausbaugesetz - BSWAG, vom 15. November 1993, BGBl I S. 1874, zuletzt geändert durch Verordnung vom 31. Oktober 2006, BGBl I S. 2407), der die Ausbaustrecke Stelle - Lüneburg unter Nr. 1a) lfd. Nr. 4 als vordringliches Vorhaben verzeichnet, stellt ebenfalls auf das Jahr 2015 ab.

Ob der Prognosehorizont 2015 vorliegend gleichwohl zu kurz bemessen wäre, kann dahinstehen. Denn die Beigeladene hat - wenn auch nicht wie im Erörterungstermin zugesagt und von der Anhörungsbehörde in ihrer abschließenden Stellungnahme vom 17. Oktober 2007 angemahnt, in den Planunterlagen - jedenfalls im gerichtlichen Verfahren nachvollziehbar dargelegt, dass die Prognose 2015 das Vorhandensein der Y-Trasse unterstellt und der Sache nach den Prognosehorizont 2025 abbildet. Bestätigt wird dieses Vorbringen u.a. dadurch, dass das in den Planunterlagen enthaltene Betriebsprogramm 2015 und das im gerichtlichen Verfahren nachgereichte Betriebsprogramm 2025 inhaltlich übereinstimmen und darin keine ICE-Züge, sondern schwerpunktmäßig Güterzüge aufgeführt sind. Ergänzend dazu hat die Beigeladene mit Schriftsatz vom 7. Juli 2010 dargelegt, dass die Anzahl der Züge bei Dreigleisigkeit ohne Y-Trasse gleich bleiben und sich lediglich die Zahl der Güterzüge ändern würde.

Aufgrund der ergänzenden Erläuterungen der Beigeladenen im gerichtlichen Verfahren erscheint dem Senat das der schalltechnischen Untersuchung zugrunde gelegte Betriebsprogramm auch hinsichtlich der prognostizierten Zugzahlen plausibel. Zwar ist der Klägerin zuzugeben, dass eine Steigerung des aktuellen Verkehrsaufkommens auf der streitgegenständlichen Strecke von 384 Zügen für den Fall der Dreigleisigkeit um nur 25 Züge auf 409 Züge auf den ersten Blick wenig einleuchtend erscheint, zumal der Bedarf, insbesondere an weiteren Güterzugtrassen, höher sein dürfte. Eine allein auf die Zugzahlen verengte Betrachtung berücksichtigt aber nicht hinreichend, dass der Verkehr auf den vorhandenen Gleisen durch die erhebliche Geschwindigkeitsdifferenz zwischen Personenfernverkehr und Güterverkehr sowie die häufigen Halte des Personennahverkehrs stark behindert wird und das Ausbauvorhaben nach den Erläuterungen der Beigeladenen daher in erster Linie darauf zielt, die hohe Zugbelegung auf den vorhandenen Gleisen zu entzerren und so zu Gunsten einer verbesserten Fahrplantreue die Verspätungsanfälligkeit im Personen(nah)verkehr zu reduzieren.

Überdies ist die Verkehrsprognose nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht an der Vollauslastung der Strecke zu orientieren, wenn im Prognosezeitraum - wie hier nach den ergänzenden und nachvollziehbaren Erläuterungen der Beigeladenen - mit niedrigen Zugzahlen und -frequenzen zu rechnen ist (vgl. Urteile vom 3. März 1999 - BVerwG 11 A 9.97 - Buchholz 406.25 § 41 BImSchG Nr. 26 S. 23 f. Rn. 62 und vom 5. März 1997 - BVerwG 11 A 25.95 - BVerwGE 104, 123 ff. Rn. 123 = Buchholz 442.09 § 18 AEG Nr. 25; Beschluss vom 7. Februar 2001 - BVerwG 11 B 61.00 - [...] Rn. 11; Urteil vom 23. Oktober 2002 - BVerwG 9 A 12.02 - [...] Rn. 42). Wird eine Anlage später über das im Rahmen einer fehlerfrei erstellten Prognose erwartete tatsächliche Maß hinaus genutzt, besteht gegebenenfalls ein Anspruch auf nachträgliche Schutzmaßnahmen nach § 75 Abs. 2 Satz 2 VwVfG (vgl. Bonk/Neumann, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG , 7. Aufl. 2008, § 75 Rn. 70; Urteil vom 7. März 2007 - BVerwG 9 C 2.06 - BVerwGE 128, 177 ff. = Buchholz 316 § 75 VwVfG Nr. 27; Beschluss vom 25. Mai 2005 - BVerwG 9 B 41.04 - [...] Rn. 23).

b)

Die Klägerin kann einen Anspruch auf weitergehenden aktiven Lärmschutz nicht daraus herleiten, dass im Rahmen der schalltechnischen Untersuchung nicht ermittelt worden ist, ob der Immissionsgrenzwert Nacht der 16. BImSchV für Gewerbegebiete von 59 dB(A) an den baulichen Anlagen auf ihren Grundstücken eingehalten wird. Auch diesen Einwand hat die Klägerin im Planfeststellungsverfahren mit Schreiben vom 21. März 2007 weder ausdrücklich noch sinngemäß erhoben, obwohl sie dazu Gelegenheit hatte. Die Klägerin konnte den Planunterlagen, ohne dass es dazu technischen oder juristischen Sachverstands bedurft hätte, ohne Weiteres entnehmen, dass das Bürogebäude auf dem Flurstück ... in die schalltechnische Untersuchung als Immissionsort 8225 a bis h Eingang gefunden hat (vgl. Lageplan Nr. 8, Anlage 13.4 zum PFB) und für diesen Immissionsort Nachtwerte nicht erhoben worden sind (vgl. Tabelle Anlage 13.2 zum PFB, Bl. 149).

Ungeachtet dessen ist die Nichterhebung der Nachtwerte auch nicht zu beanstanden. Gemäß § 2 Abs. 3 der 16. BImSchV ist nur der Grenzwert für diesen Zeitraum anzuwenden, wenn die zu schützende Nutzung nur am Tag oder nur in der Nacht ausgeübt wird. Diese Vorschrift dient dazu, die individuelle Schutz-würdigkeit vor Verkehrsgeräuschen noch differenzierter handhaben zu können (vgl. Beschluss vom 17. März 1992 - BVerwG 4 B 230.91 - Buchholz 406.25 § 43 BImSchG Nr. 3 Rn. 4).

Davon ausgehend mussten die Nachtwerte an den baulichen Anlagen auf den klägerischen Grundstücken nicht ermittelt werden. Nach den Angaben des Prozessbevollmächtigten der Klägerin fand dort im maßgeblichen Zeitpunkt der Planfeststellung keine Nachtnutzung statt. Das Bürogebäude auf dem Flurstück ... wird nur tagsüber genutzt, die übrigen baulichen Anlagen wurden und werden nicht einmal mehr tagsüber genutzt. Für eine anderweitige, bauplanungsrechtlich zulässige gewerbliche Nachtnutzung der Gewächshäuser ist - von allem anderen abgesehen - nichts ersichtlich.

c)

Eine Verbesserung des aktiven Schallschutzes kann die Klägerin schließlich auch nicht im Hinblick auf die beabsichtigte Überplanung der Grundstücke für eine Mischnutzung aus Gewerbe und Wohnen beanspruchen. Zwar ist die Klägerin insoweit nicht präkludiert, weil sie diesen Gesichtspunkt in ihrem Einwendungsschreiben vom 21. März 2007 unter Hinweis auf einen bereits vorliegenden Planungsvorschlag angesprochen und dieses Vorbringen im gerichtlichen Verfahren nur vertieft hat.

Der Einwand einer unzureichenden Berücksichtigung von Planungsabsichten ist aber nicht begründet. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts muss die Fachplanung bei der Abwägung eine hinreichend konkrete und verfestigte gemeindliche Planung berücksichtigen und zudem auf noch nicht verfestigte, aber konkrete Planungsabsichten so weit wie möglich Rücksicht nehmen, indem konkret in Betracht gezogene städtebauliche Planungsmöglichkeiten nicht unnötigerweise "verbaut" werden (Urteile vom 21. März 1996 - BVerwG 4 C 26.94 - BVerwGE 100, 388 ff. = Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 114 und vom 15. Dezember 2006 - BVerwG 7 C 1.06 - BVerwGE 127, 259 = Buchholz 406.27 § 57a BBergG Nr. 1 Rn. 31).

Für solchermaßen verfestigte oder - was allein näher in Betracht kommt - zumindest konkrete gemeindliche Planungsabsichten ist hier nichts ersichtlich. Angesichts der den Beteiligten übermittelten Stellungnahme der Stadt Lüneburg vom 17. Mai 2011 (E-Mail) spricht schon Überwiegendes dafür, dass es sich bei dem im gerichtlichen Verfahren vorgelegten sog. "städtebaulichen Konzept" nicht um eine informelle Planung der Stadt Lüneburg, sondern einen Planungsvorschlag der Klägerin handelt. Zudem ist das sog. "städtebauliche Konzept" ausweislich des darauf angebrachten Datums im März 2006 und damit zu einem Zeitpunkt erstellt worden, zu dem das erste, Ende Dezember 2006 eingestellte, Planfeststellungsverfahren noch lief. Zu diesem Zeitpunkt dürfte die Fachplanung ihrerseits schon verfestigt gewesen sein, denn für die Fachplanung markiert in der Regel die Auslegung der Planunterlagen den Zeitpunkt einer hinreichenden Verfestigung (Urteil vom 27. August 1997 - BVerwG 11 A 18.96 - Buchholz 316 § 73 VwVfG Nr. 24, LS 2).

Aber selbst wenn der Senat zu Gunsten der Klägerin von einer gemeindlichen Planung ausginge, handelt es sich dabei - wie auch der Prozessbevollmächtigte der Klägerin in der mündlichen Verhandlung eingeräumt hat - jedenfalls weder um eine verfestigte gemeindliche Planung noch um konkrete gemeindliche Planungsabsichten, die durch die Fachplanung unnötigerweise "verbaut" würden. Angesichts der Größe der klägerischen Grundstücke und ihrer Ausdehnung südwestlich der Trasse erscheint eine gemischte Gewerbe- und Wohnnutzung auch nach Realisierung des streitgegenständlichen Ausbauvorhabens, etwa durch geeignete Festsetzungen im Wege der Bauleitplanung, noch möglich.

2.

Eine Ergänzung des Planfeststellungsbeschlusses um einen Entschädigungsanspruch dem Grunde nach für passive Schallschutzmaßnahmen nach § 42 Abs. 1 und 2 BImSchG an den bestehenden baulichen Anlagen kann die Klägerin ebenfalls nicht beanspruchen. Ihrem Einwendungsschreiben vom 21. März 2007 kann dazu nichts entnommen werden, obwohl die Planunterlagen der Klägerin auch insoweit einen Anstoß hätten geben können. Im Erläuterungsbericht zur schalltechnischen Untersuchung wird auf den Seiten 15 bis 17 in allgemein verständlicher Weise näher dargelegt, was unter aktiven und passiven Schallschutzmaßnahmen zu verstehen ist. Dass die Klägerin in ihrem Schreiben vom 21. März 2007 keine (passiven) Schutzmaßnahmen gegen Lärm begehrt hat, beruht erkennbar darauf, dass sie bei der Abfassung dieses Einwendungsschreibens nur die zukünftige und nicht die aktuelle Nutzung der Grundstücke im Blick hatte.

Abgesehen davon hat die Klägerin auch keinen Anspruch auf Entschädigung dem Grunde nach für passive Schallschutzmaßnahmen. Nach § 42 Abs. 1 BImSchG kommt eine Entschädigung für passiven Schallschutz nur bei einer Überschreitung der in der 16. BImSchV festgelegten Immissionsgrenzwerte in Betracht. Schon daran fehlt es hier, weil durch die im Planfeststellungsbeschluss angeordneten Maßnahmen des aktiven Schallschutzes sichergestellt ist, dass der maßgebliche Immissionsgrenzwert von 69 dB(A) tags für Gewerbegebiete eingehalten wird und die Klägerin mit den gegen diese Annahme gerichteten Einwänden wie oben bereits ausgeführt ausgeschlossen ist. Eine tatsächliche (und zulässige) Nachtnutzung dieses (oder anderer Gebäude) hat die Klägerin nicht geltend gemacht.

Überdies besteht nach § 42 Abs. 1 BImSchG kein Entschädigungsanspruch, wenn die Beeinträchtigung wegen der besonderen Benutzung der Anlage zumutbar ist. Zumutbar ist die Hinnahme der Lärmbelästigung gemäß § 2 Abs. 4 Nr. 1 der 24. BImSchV auch dann, wenn die betroffene Anlage zum Abbruch vorgesehen ist. Dies trifft nach den Planungsabsichten der Klägerin offenbar auf alle baulichen Anlagen auf den Grundstücken zu.

Hinsichtlich der auch nach den Angaben des Prozessbevollmächtigten der Klägerin weder verfestigten noch hinreichend konkreten Absichten, die Grundstücke zu überplanen, scheidet passiver Schallschutz schon deshalb aus, weil § 42 BImSchG nur auf vorhandene oder schon genehmigte sowie solche baulichen Anlagen Anwendung findet, mit denen ohne Zulassung begonnen werden durfte (vgl. § 42 Abs. 1 Satz 1 und 2 i.V.m. § 2 Abs. 4 Nr. 2 der 24. BImSchV ).

3.

Aus dem Vorstehenden folgt zugleich, dass die Klägerin auch keinen Anspruch auf Entschädigung nach § 74 Abs. 2 Satz 3 VwVfG hat. Soweit sie mit ihrem zweiten Hilfsantrag eine Entschädigung dem Grunde nach wegen der unmittelbaren Inanspruchnahme ihrer Grundstücke für das Ausbauvorhaben begehrt, ist sie auf das Entschädigungsverfahren verwiesen (vgl. dazu A. IV. Nr. 10 PFB).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 i.V.m. § 162 Abs. 3 VwGO .

Verkündet am 26. Mai 2011