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BGH - Entscheidung vom 14.07.2011

IX ZB 216/09

Normen:
ZPO § 574 Abs. 2

BGH, Beschluss vom 14.07.2011 - Aktenzeichen IX ZB 216/09

DRsp Nr. 2011/13808

Zuschlag zur Regelvergütung des Insolvenzverwalters aufgrund einer langen Verfahrensdauer

Tenor

Die Rechtsbeschwerde des weiteren Beteiligten zu 1 gegen den Beschluss der 8. Zivilkammer des Landgerichts Leipzig vom 7. September 2009 wird als unzulässig verworfen.

Die Anschlussrechtsbeschwerde des weiteren Beteiligten zu 2 gegen den genannten Beschluss ist wirkungslos.

Von den Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens trägt der weitere Beteiligte zu 1 einen Anteil von 56 v.H. und der weitere Beteiligte zu 2 einen Anteil von 44 v.H.

Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 558.349,06 € festgesetzt.

Normenkette:

ZPO § 574 Abs. 2 ;

Gründe

I.

Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§§ 7 , 6 , 64 Abs. 3 Satz 1 InsO , § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO ), aber unzulässig. Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts (§ 574 Abs. 2 ZPO ).

1. Die von der Rechtsbeschwerde als grundsätzlich erachtete Frage, ob eine lange Verfahrensdauer einen Zuschlag zur Regelvergütung des Insolvenzverwalters rechtfertigen kann, ist vom Senat entschieden (BGH, Beschluss vom 16. September 2010 - IX ZB 154/09, ZIP 2010, 2056 Rn. 7 f). Ein Zuschlag kann danach nicht allein wegen der Verfahrensdauer, sondern nur wegen der während der Verfahrensdauer erbrachten Tätigkeiten gewährt werden. Mit dieser Rechtsprechung stimmt die Entscheidung des Beschwerdegerichts im Ergebnis überein.

2. Soweit das Beschwerdegericht Zuschläge mit der Begründung abgelehnt hat, sie gingen bereits in einem anderen Erhöhungstatbestand auf, für den dem Verwalter ein Zuschlag gewährt werde, erfordert dies nicht eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung. Nach der Rechtsprechung des Senats muss das Insolvenzgericht zwar die in Betracht kommenden, insbesondere die vom Verwalter geltend gemachten Zuschlagsgründe einzeln prüfen und beurteilen. Es ist aber nicht verpflichtet, für einen an sich erfüllten Zuschlagstatbestand einen bestimmten Zuschlag gesondert festzusetzen. Es muss vielmehr in einer Gesamtschau unter Berücksichtigung von Überschneidungen der einzelnen Tatbestände und einer aufs Ganze bezogenen Angemessenheitsbetrachtung den Gesamtzuschlag oder Gesamtabschlag festlegen (etwa BGH, Beschluss vom 1. März 2007 - IX ZB 280/05, ZIP 2007, 639 Rn. 14). Der Entscheidung des Beschwerdegerichts liegt kein hiervon abweichender Obersatz zugrunde. Sie zielt auf ein angemessenes Gesamtergebnis, das Überschneidungen einzelner Erhöhungstatbestände beachtet und damit Doppelberücksichtigungen vermeidet. Falls dabei Überschneidungen nicht in jedem Einzelfall richtig beurteilt worden sein sollten, ist dies als Teil der tatrichterlichen Würdigung ohne Bedeutung für die Zulässigkeit der Rechtsbeschwerde.

Eine Abweichung im Obersatz vermag die Rechtsbeschwerde auch nicht insoweit darzulegen, als das Beschwerdegericht einen Zuschlag wegen der Klärung der Verhältnisse mit den Banken abgelehnt hat. Einen Obersatz des Inhalts, ein Zuschlag scheide stets aus, wenn die betreffende Tätigkeit zu den originären Aufgaben des Verwalters gehöre, stellt das Beschwerdegericht nicht auf. Es weist lediglich darauf hin, dass die Forderungsprüfung zu den originären Aufgaben des Verwalters gehöre, begründet aber die Versagung des beantragten Zuschlags in erster Linie damit, dass die Leistungen einer gesondert beauftragten und für ihre Leistungen vergüteten Rechtsanwaltskanzlei erheblich zur Klärung der Verhältnisse mit den Banken beigetragen hätten und sich die hier angesprochene Tätigkeit des Verwalters mit dem gewährten Zuschlag für die Klärung der Konzernstruktur überschneide.

3. Es kann schließlich nicht festgestellt werden, dass die Entscheidung des Beschwerdegerichts auf einer Verletzung des Anspruchs des Verwalters auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG ) beruht.

a) Die Rüge, das Beschwerdegericht habe einen Hinweis auf seine Absicht versäumt, anders als das Insolvenzgericht einzelne Zuschläge wegen Überschneidungen abzulehnen, ist nicht ausreichend ausgeführt, weil die Rechtsbeschwerde nicht im Einzelnen darlegt, was auf einen entsprechenden Hinweis vorgebracht worden wäre. Es kann daher nicht festgestellt werden, ob es im Falle eines Hinweises zu einer anderen Entscheidung hätte kommen können.

b) Die weitere Rüge, das Beschwerdegericht habe Sachvortrag des Rechtsbeschwerdeführers im Zusammenhang mit den von ihm beantragten Zuschlägen für die Prüfung der Einzahlung des Stammkapitals und wegen des Fehlens eines Geschäftsführers übergangen, hat der Senat geprüft, aber nicht für durchgreifend erachtet. Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 577 Abs. 6 Satz 3 ZPO abgesehen, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen.

II.

Mit der Verwerfung der unzulässigen Rechtsbeschwerde verliert die Anschließung ihre Wirkung (§ 574 Abs. 4 Satz 3 ZPO ).

Vorinstanz: AG Leipzig, vom 04.03.2009 - Vorinstanzaktenzeichen 93 IN 384/99
Vorinstanz: LG Leipzig, vom 07.09.2009 - Vorinstanzaktenzeichen 8 T 371/09