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BGH - Entscheidung vom 05.05.2011

VII ZR 28/10

Normen:
BGB § 633
BGB § 632 Abs. 2
BGB § 635 Abs. 3
BGB § 649 S. 1, 2

Fundstellen:
DAR 2011, 465
MDR 2011, 782
NJW 2011, 1872
NZBau 2011, 413
NZM 2011, 555
WM 2011, 1718

BGH, Urteil vom 05.05.2011 - Aktenzeichen VII ZR 28/10

DRsp Nr. 2011/9724

Zurückweisungsmöglichkeit des Bestellers wegen des Abweichens des Unternehmers von seiner Verpflichtung zur Mängelbeseitigung

Ist die Mängelbeseitigung nur auf eine bestimmte Weise möglich, ist der Unternehmer verpflichtet, diese vorzunehmen. Der Besteller kann ein dieser Verpflichtung nicht entsprechendes und damit untaugliches Angebot von vornherein zurückweisen (Bestätigung von BGH, Urteil vom 13. Dezember 2001 - VII ZR 27/00, BGHZ 149, 289 , 293).

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 1. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Bamberg vom 21. Januar 2010 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an einen anderen Senat des Berufungsgerichts zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Normenkette:

BGB § 632 Abs. 2 ; BGB § 635 Abs. 3 ; BGB § 649 S. 1, 2;

Tatbestand

Die Parteien streiten um wechselseitige Ansprüche aus einem Vertrag über den Einbau einer Treppe.

Der Beklagte hatte für den Kläger in dessen Haus im Jahre 1996 eine Buchenholztreppe vom Erdgeschoss zum ersten Obergeschoss errichtet. Im Jahre 2002 führte der Beklagte die Treppe vom ersten Obergeschoss zum Spitzboden weiter. Zwischen den Parteien ist streitig, welcher Werklohn vereinbart wurde. Nach der Grobmontage machte der Kläger Mängel geltend, verweigerte eine geforderte Abschlagszahlung und verlangte Mängelbeseitigung. Der Beklagte verlangte im Oktober 2002 für den vereinbarten Werklohn Sicherheit gemäß § 648a BGB . Der Kläger übergab dem Beklagten deswegen eine Bankbürgschaft in Höhe von 6.648 €.

In einem selbständigen Beweisverfahren stellte der Sachverständige Mängel an der Treppe fest, die im eingebauten Zustand nicht zu beheben seien. Er hielt deswegen eine Wertminderung von 15 % für angemessen. In einem Ergänzungsgutachten stellte der Sachverständige weitere Mängel fest, für deren Beseitigung er einschließlich Ansätzen für Wertminderung einen Betrag von 1.762,04 € für angemessen hielt.

Der Kläger verlangt die Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 11.900 €, Herausgabe der Bürgschaft über 6.648 € und Feststellung, dass der Beklagte verpflichtet ist, die zukünftig entstehenden Kosten im Zusammenhang mit dem Ein- und Ausbau der Treppe zu tragen.

Der Beklagte verlangt mit seiner Widerklage Zahlung von Restwerklohn in Höhe von 9.400 € Zug um Zug gegen Übergabe der Treppenanlage und der Originalbürgschaft sowie Feststellung des Annahmeverzugs des Klägers. Nach Erhebung der Widerklage erweiterte der Kläger die Klage auf Rückzahlung einer angeblichen Überzahlung in Höhe von 1.850,16 €.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und der Widerklage in Höhe von 8.847,27 € stattgegeben.

Das Berufungsgericht hat die Berufung des Klägers, mit der dieser sein Klagebegehren weiterverfolgt und die Abweisung der Widerklage begehrt hat, zurückgewiesen.

Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger dieses Ziel weiter.

Entscheidungsgründe

Die Revision des Klägers führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.

1.

Das Berufungsgericht hält die Klage für unbegründet.

Der Kläger habe den Werkvertrag mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten am 15. Januar 2004 gemäß § 649 Satz 1 BGB gekündigt. Er bleibe daher verpflichtet, dem Beklagten in den Grenzen des § 649 Satz 2 BGB die vereinbarte Vergütung zu bezahlen. Ein außerordentliches Kündigungsrecht wegen unberechtigter Verweigerung der Nacherfüllung durch den Beklagten habe dem Kläger nicht zugestanden. Aus dem zwischen den Parteien vorgelegten Schriftverkehr ergebe sich, dass der Beklagte grundsätzlich zur Mängelbeseitigung bereit gewesen sei. Zur Nachbesserung sei es deswegen nicht gekommen, weil der Kläger auf einem Ausbau der Treppe zur Mängelbeseitigung bestanden habe. Dem Unternehmer stehe ein Wahlrecht zu, ob er die geschuldete Nacherfüllung durch eine bloße Mängelbeseitigung oder durch Neuherstellung des Werkes erbringe. Er bestimme grundsätzlich auch die Art und Weise der Nachbesserung. Der Beklagte sei daher berechtigt gewesen zu entscheiden, auf welche Art und Weise er die vom Sachverständigen festgestellten Mängel beseitige. Der Kläger habe ihm durch sein Verhalten diese Möglichkeit genommen.

2.

Die Widerklage des Beklagten hält das Berufungsgericht in Höhe von 8.847,27 € für begründet.

Da die Parteien keine Einigung über die Höhe der Vergütung erzielt hätten, habe der Beklagte Anspruch auf angemessene Vergütung gemäß § 632 Abs. 2 BGB . Nach den Feststellungen des Sachverständigen beliefen sich die Herstellungskosten der Treppenanlage einschließlich des Geländers auf 16.577,32 €. Anhaltspunkte für die Anrechnung ersparter Aufwendungen oder anderweitigen Erwerbs im Sinne von § 649 Satz 2 BGB bestünden nicht. Von diesem Betrag habe das Erstgericht zutreffend eine Vorschusszahlung in Höhe von 3.068,01 € sowie eine Teilzahlung von 2.900 € und Mängelbeseitigungskosten von 1.762,04 € abgezogen, so dass sich eine Restforderung von 8.847,27 € ergebe. Weitere Abzüge kämen nicht in Betracht. Auf der Auftragsbestätigung des Beklagten finde sich zwar ein Vermerk, wonach der Kläger am 15. Februar 2000 eine Zahlung von 2.644,61 € (= 5.172,44 DM) geleistet habe. Eine weitere Abschlagszahlung sei jedoch nicht vermerkt. Unabhängig davon, dass der Vortrag des Klägers bezüglich dieser Zahlung nicht schlüssig sei, habe der Beklagte diese auch bestritten und der Kläger hierfür keinen Beweis angeboten. Weitere Zahlungsansprüche wegen der Mangelhaftigkeit der Treppe habe der Kläger schon deswegen nicht, weil er keine wirksame Frist zur Nacherfüllung gesetzt habe. In sämtlichen Schreiben habe er zum Ausdruck gebracht, dass er nur eine Nachbesserung akzeptiere, bei der die Treppenanlage ausgebaut werde.

II.

Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

1.

Auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen hat das Berufungsgericht zu Unrecht angenommen, der Kläger sei zu einer außerordentlichen Kündigung des Vertrages nicht berechtigt gewesen.

Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hat der Sachverständige in seinem Erstgutachten zusammenfassend festgestellt, dass die von ihm erkannten Mängel der Treppe im eingebauten Zustand nicht zu beheben seien. In der Revision ist mangels anderweitiger Feststellungen des Berufungsgerichts davon auszugehen, dass dies der Fall ist. Auf dieser Grundlage sind die Ausführungen des Berufungsgerichts dazu, dass der Beklagte die Mängelbeseitigung nicht endgültig verweigert und dem Kläger daher eine Fortsetzung des Vertrags nicht aufgrund des vertragswidrigen Verhaltens des Beklagten unzumutbar gewesen sei, rechtsfehlerhaft.

Wenn die Mängel der Treppe im eingebauten Zustand nicht zu beheben waren, war der Beklagte - so er nicht aus anderen Gründen zur Leistungsverweigerung berechtigt war - verpflichtet, die Treppe zum Zweck der Mängelbeseitigung auszubauen. Es ist zwar grundsätzlich Angelegenheit des Unternehmers, wie er den vertragsgerechten Zustand herstellt. Ist die Mängelbeseitigung jedoch nur auf eine bestimmte Weise möglich, so ist er dazu verpflichtet, diese vorzunehmen. Der Besteller kann ein dieser Verpflichtung nicht entsprechendes und damit untaugliches Angebot von vornherein zurückweisen (BGH, Urteile vom 13. Dezember 2001 - VII ZR 27/00, BGHZ 149, 289 , 293 und vom 24. April 1997 - VII ZR 110/96, BauR 1997, 638 = ZfBR 1997, 249 ).

Soweit das Berufungsgericht eine Vertragsverletzung des Beklagten verneint, weil der Kläger durch sein Verhalten dem Beklagten die Möglichkeit genommen habe, die Mängel zu besichtigen, fehlt es schon an Feststellungen dazu, wie der Kläger sich verhalten hat und warum dem Beklagten, der beim Ortstermin des Sachverständigen anwesend war, nochmals die Möglichkeit der Besichtigung hätte eingeräumt werden müssen. Der Senat kann deshalb nicht beurteilen, inwieweit ein vertragswidriges Verhalten des Klägers dazu geführt hat, dass der Beklagte seiner Verpflichtung, den Mangel durch Ausbau der Treppe zu beseitigen, nicht nachgekommen ist, und inwieweit sich dieses Verhalten bei der Beurteilung der Frage, ob dem Kläger ein außerordentliches Kündigungsrecht zustand, auswirkt.

Dass der Beklagte die Mängelbeseitigung wegen unverhältnismäßig hoher Kosten gemäß § 635 Abs. 3 BGB verweigern konnte, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt. Deswegen hat es auch keine Wertminderung ausgeurteilt. Die Feststellungen des Landgerichts, auf die das Berufungsgericht nicht Bezug nimmt, sind unvollkommen. Sie lassen unberücksichtigt, dass eine nicht geringe Anzahl von Mängeln vorliegt, an deren Beseitigung der Kläger unter anderem auch wegen der Störung des optischen Gleichklangs mit der bereits vorhandenen Treppe ein erhebliches Interesse haben kann. Die Einordnung des Sachverständigen, der weitgehend nur einen Minderwert angesetzt hat, ist nicht maßgeblich. Sie lässt nicht erkennen, dass sie sich an dem Maßstab des Gesetzes orientiert.

2.

Die Verurteilung des Klägers zur Zahlung von 8.847,27 € Werklohn kann schon deshalb keinen Bestand haben, weil die Vergütung nach § 649 Satz 2 BGB ausgeurteilt worden ist. Handelt es sich - wovon in der Revision nach Vorstehendem zugunsten des Klägers auszugehen ist - um eine außerordentliche Kündigung, so steht dem Beklagten nur ein Anspruch auf Vergütung der erbrachten Leistungen zu. Zudem können dem Kläger die Rechte wegen Mängeln dieser Leistung aufgrund der getroffenen Feststellungen nicht deshalb aberkannt werden, weil er den Ausbau der Treppe verlangt hat. Soweit das Berufungsgericht ausführt, der Kläger habe eine Mängelbeseitigung in dem tatsächlich von dem Beklagten geschuldeten Umfang abgelehnt, fehlen jegliche Feststellungen, welche Mängelbeseitigung der Beklagte nach Auffassung des Berufungsgerichts schuldet.

a)

Die Revision beanstandet darüber hinaus zu Recht die Auffassung des Berufungsgerichts, die Parteien hätten keine wirksame Einigung über die vom Kläger zu zahlende Vergütung getroffen und daher sei die übliche Vergütung geschuldet. Das Berufungsgericht verweist insoweit auf die Ausführungen des Landgerichts. Dieses hat gemeint, die Auftragsbestätigung vom 28. Juni 2002 könne nicht zur Bemessung der Vergütung herangezogen werden, weil sie nach Beginn der Arbeiten erstellt worden sei und keine vertragliche Vereinbarung bezüglich der Höhe der streitgegenständlichen Treppe darstelle (richtig: Höhe der Vergütung für die streitgegenständliche Treppe).

Eine Auftragsbestätigung verliert nicht allein deshalb ihre rechtliche Bedeutung, weil sie nach Beginn der Arbeiten erteilt worden ist. Im Übrigen werden die besonderen Umstände der Auftragsbestätigung, die in der Anknüpfung an den bereits erledigten Auftrag und der erst Jahre später erfolgten Aufnahme des Anschlussauftrages liegen, unberücksichtigt gelassen. Das Schreiben vom 28. Juni 2002 kann, wenn es keine Bestätigung eines bereits geschlossenen Vertrages und auch keine Annahme eines zuvor erteilten Angebots beinhaltete, im Übrigen als Angebot zur Erbringung der darin aufgeführten Leistungen zum dargestellten Preis zu verstehen sein. Ein solches Angebot könnte konkludent angenommen worden sein. Letztlich berufen sich beide Parteien nunmehr auf die Gültigkeit der im Schreiben vom 28. Juni 2002 bestätigten Auftragserteilung. Dass der Kläger dazu zunächst eine andere Rechtsauffassung vertreten hat, steht einer rechtlichen Würdigung, wonach der Vertrag mit dem Inhalt des Schreibens vom 28. Juni 2002 zustande gekommen ist, nicht entgegen.

b)

Zu Recht beanstandet die Revision weiter, dass die Berechnung des Berufungsgerichts auch insofern fehlerhaft ist, als es eine vom Kläger behauptete weitere Abschlagszahlung von 5.144,61 € unberücksichtigt lässt. Das Berufungsgericht führt insoweit aus, auf der Auftragsbestätigung vom 28. Juni 2002 sei nur ein Betrag von 2.644,61 € (= 5.172,41 DM) vermerkt. Dabei hat das Berufungsgericht verkannt, dass auf der Auftragsbestätigung ein Betrag von 2.644,61 € sowie ein weiterer Betrag von 2.500 € ausgewiesen ist, woraus sich ein Gesamtbetrag von 5.144,61 € ergibt. Auf diesen Abzugsbetrag hat sich der Kläger, gestützt auf den Vermerk des Beklagten in der Auftragsbestätigung, bereits im Schriftsatz vom 19. Juli 2007 in erster Instanz berufen und dies in der Berufungsbegründung wiederholt. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ist dieser Vortrag schlüssig. Ein Beweisantritt war nicht erforderlich, weil die Zahlung vom Beklagten erst nach der Verhandlung vom 17. Dezember 2009 beim Berufungsgericht in einem nicht nachgelassenen Schriftsatz bestritten worden ist.

III.

Danach hat das Urteil keinen Bestand. Es wird aufgehoben und die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Der Senat macht von der Möglichkeit des § 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO Gebrauch und verweist die Sache an einen anderen Senat des Berufungsgerichts.

Von Rechts wegen

Verkündet am: 5. Mai 2011

Vorinstanz: LG Aschaffenburg, vom 16.07.2009 - Vorinstanzaktenzeichen 1 O 459/04
Vorinstanz: OLG Bamberg, vom 21.01.2010 - Vorinstanzaktenzeichen 1 U 124/09
Fundstellen
DAR 2011, 465
MDR 2011, 782
NJW 2011, 1872
NZBau 2011, 413
NZM 2011, 555
WM 2011, 1718