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BGH - Entscheidung vom 27.01.2011

2 StR 638/10

Normen:
StGB § 63

BGH, Beschluss vom 27.01.2011 - Aktenzeichen 2 StR 638/10

DRsp Nr. 2011/3878

Rechtmäßigkeit eines Strafurteils im Falle einer Verurteilung eines Angeklagten mit einer chronifizierten schizo-affektiven Persönlichkeitsstörung und mit einem Alkoholabhängigkeitssyndrom wegen Körperverletzungen; Anforderungen an ein gerichtliches Urteil im Falle eines Freispruchs wegen Schuldunfähigkeit und einer Verurteilung in anderen Fällen wegen einer verminderten Schuldunfähigkeit

Begeht der Täter mehrere Taten während eines Zustandes im Sinn des § 20 StGB (hier: während jeweils eines Schubs einer schizo-affektiven Psychose), muss der Tatrichter (besonders) begründen, dass dies bei einem Teil der Taten zu § 21 StGB , bei einem anderen Teil dagegen zu § 20 StGB führt.

Auf die Revision der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Mainz vom 7. September 2010 mit den Feststellungen aufgehoben, soweit die Angeklagte verurteilt wurde.

Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Normenkette:

StGB § 63 ;

Gründe

Das Landgericht hat die Angeklagte wegen neun im Zustand erheblich verminderter Steuerungsfähigkeit begangener Taten der Körperverletzung, Bedrohung und Beleidigung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt und ihre Unterbringung gemäß § 63 StGB angeordnet. Von weiteren drei angeklagten Taten hat es sie freigesprochen, weil sie zu den jeweiligen Tatzeitpunkten schuldunfähig gewesen sei. Die Revision der Angeklagten hat mit der Sachrüge Erfolg.

1.

Nach den Feststellungen des Landgerichts leidet die Angeklagte seit vielen Jahren an einer chronifizierten schizo-affektiven Persönlichkeitsstörung sowie unter einem Alkoholabhängigkeitssyndrom. Das Bundeszentralregister enthält seit 2001 sieben Eintragungen, die ähnliche Taten wie die hier abgeurteilten betreffen. Dabei wurden fünf der dort aufgeführten sieben Verfahren wegen Schuldunfähigkeit eingestellt. Die abgeurteilten Taten beging die Angeklagte jeweils unter dem Einfluss eines "akuten Schubs der bei ihr wirkenden schizo-affektiven Psychose" und nach Konsum erheblicher Alkoholmengen.

2.

Aus den Urteilsgründen ergibt sich kein Anhaltspunkt dafür, warum das Landgericht die Angeklagte in neun Fällen für (eingeschränkt) schuldfähig, in drei Fällen für schuldunfähig gehalten hat. Soweit es dem Urteil entnommen werden kann, ähnelten sich die Tatabläufe. Die Wiedergabe der Ausführungen der Sachverständigen enthält keine Erklärung für die Differenzierung, sondern beschränkt sich auf die Darstellung des Ergebnisses (vgl. UA S. 15). Es ergibt sich hieraus nicht einmal, ob sich die Sachverständige im Zusammenhang der neun abgeurteilten Taten überhaupt mit der Möglichkeit der Schuldunfähigkeit auseinandergesetzt hat. Dass diese Möglichkeit hier nicht fern lag, ergibt sich neben der mitgeteilten Diagnose schon aus der Behandlung der zu Freisprüchen führenden Fälle sowie den Hinweisen auf die zahlreichen früheren Verfahrenseinstellungen wegen Schuldunfähigkeit.

3.

Der Rechtsfehler führt zur Aufhebung des Urteils, soweit die Angeklagte verurteilt worden ist. Da sich die Feststellungen zu den Fällen des Freispruchs auf die Wiedergabe der Anklageschrift beschränken, mangelt es auch insoweit an einer Grundlage für die Maßregelanordnung, so dass auch diese aufzuheben war.

Vorinstanz: LG Mainz, vom 07.09.2010