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BGH - Entscheidung vom 16.06.2011

X ZR 77/09

BGH, Urteil vom 16.06.2011 - Aktenzeichen X ZR 77/09

DRsp Nr. 2011/14688

Patentfähigkeit einer Zange zum Verpressen eines Werkstücks; Anforderungen an das Vorliegen einer erfinderischen Tätigkeit

Tenor

Die Berufung gegen das am 23. April 2009 verkündete Urteil des 2. Senats (Nichtigkeitssenats) des Bundespatentgerichts wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

Tatbestand

Die Beklagte ist Inhaberin des am 24. Dezember 1999 angemeldeten deutschen Patents 199 63 097 (Streitpatents), das eine Zange zum Verpressen eines Werkstücks betrifft. Patentanspruch 1 lautet:

Zange zum Verpressen von Fassungen, Rohren, Kabelschuhen, und ähnlichen Werkstücken, mit zwei insbesondere in Einhandbedienung relativ gegeneinander bewegbaren Handhebeln (1, 2), zwei im Bereich eines Zangenkopfes zusammen um ein gemeinsames Drehgelenk (5) zusammengefassten Schwenkbacken (3, 4) mit ein Pressgesenk (8) bildenden Pressbacken und mit einem Zwangsgesperre (31) zum Erreichen einer definierten Endstellung während der Schließbewegung der geteilten Pressbacken, wobei zwischen den beiden Handhebeln (1, 2) ein in Gelenken (13, 17) abgestützter Druckhebel (16) vorgesehen ist, der zusammen mit einem Abschnitt des beweglichen Handhebels (2) einen Kniehebeltrieb bildet, dadurch gekennzeichnet, dass zum mehrstufigen Verpressen des Werkstücks in einigen wenigen Pressstufen mindestens einer der Handhebel (1, 2) in zwei je einen Teilhebel bildende Teile (21, 22) unterteilt ist, und dass der eine Teil (22) des Handhebels (2) an dem anderen Teil (21) des Handhebels (2) in jeder einzelnen Pressstufe mit unterschiedlicher Winkellage so gekoppelt abgestützt ist, dass die dem Zangenkopf abgekehrten Endbereiche (20, 23) der beiden Handhebel (1, 2) in jeder Winkellage jeder Pressstufe mit den Fingern zumindest einer Hand umgreifbar und zusammendrückbar sind.

Die Klägerin hat mit der Nichtigkeitsklage geltend gemacht, der Gegenstand des Patentanspruchs 1 des Streitpatents sei nicht patentfähig; er ergebe sich für den Fachmann in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik.

Das Patentgericht hat antragsgemäß das Streitpatent im Umfang seines Patentanspruchs 1 für nichtig erklärt. Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten, mit der diese in erster Linie die Abweisung der Klage anstrebt. Hilfsweise verteidigt sie Patentanspruch 1 in der Fassung von Hilfsanträgen; sie hat in der mündlichen Verhandlung die Hilfsanträge III, IV, V, VI, VIII und XII gestellt.

Die Klägerin tritt dem Rechtsmittel entgegen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Patentanspruch 1 des Streitpatents ist weder in der erteilten Fassung noch in der Fassung der gestellten Hilfsanträge patentfähig; er ergibt sich für den Fachmann in nahe liegender Weise aus dem Stand der Technik.

I.

Das Streitpatent betrifft eine Zange zum Verpressen von Fassungen, Rohren, Kabelschuhen und ähnlichen Werkstücken. Die Streitpatentschrift beschreibt eingangs derartige Zangen, die auch als Crimpzangen oder Verpresszangen bezeichnet werden. Zu Beginn der Schließbewegung einer solchen Zange seien oft keine oder nur sehr geringe Kräfte zu überwinden, während beim eigentlichen Pressvorgang erhebliche Presskräfte aufgebracht werden müssten. Da die Werkstücke oft relativ große Abmessungen aufwiesen, müsse das durch die Pressbacken gebildete Pressgesenk in der Offenstellung der Zange eine große Öffnungsweite besitzen. Eine hierfür geeignete Zange sei aus der deutschen Offenlegungsschrift 197 09 639 (D1) bekannt, deren Figur 1 nachfolgend wiedergegeben ist.

Die aus der D1 bekannte Zange weist, wie die Streitpatentschrift erläutert, zwei in Einhandbedienung relativ gegeneinander bewegbare Handhebel und zwei zusammen um ein gemeinsames Drehgelenk zusammengefasste Schwenkbacken auf, von denen die eine Schwenkbacke mit einem festen Handhebel verbunden ist und mit diesem einen festen Zangenteil bildet, während die andere Schwenkbacke am festen Zangenteil über das Drehgelenk schwenkbar angelenkt ist. Die Zange ist mit geteilten, ein Pressgesenk bildenden Pressbacken an den Schwenkbacken versehen. Zwischen dem festen und dem beweglichen Handhebel ist ein Zwangsgesperre zum Erreichen einer definierten Endstellung der geteilten Pressbacken vorgesehen, das zur Folge hat, dass die Handhebel erst dann wieder geöffnet werden können, wenn der Pressvorgang unter Erreichung der Endstellung beendet worden ist und das Zwangsgesperre die Handhebel freigibt. Zwischen den beiden Handhebeln ist über weitere Abstützgelenke schwenkbar ein Druckhebel vorgesehen, der zusammen mit einem Abschnitt des beweglichen Handhebels einen Kniehebeltrieb bildet.

Als Aufgabe der Erfindung wird in der Streitpatentschrift angegeben (Sp. 2 Z. 43 bis 51), eine Zange der in der D1 beschriebenen Art zur Verfügung zu stellen, mit der bei kurzer Bauweise besonders hohe Presskräfte aufgebracht werden können, und zwar auch bei ungünstigen Montagebedingungen, wie z.B. bei Über-Kopf-Montage oder beengten Platzverhältnissen. Die Zange soll im Einhandbetrieb zu betätigen sein und eine qualitativ hochwertige Verpressung unter enger Einhaltung der geforderten Pressgeometrien des Werkstücks ermöglichen. Die gleiche Aufgabe ist im Wesentlichen auch schon in der D1 angegeben (dort Sp. 2 Z. 32 bis 38).

Als Vorteile der Erfindung gibt die Streitpatentschrift an, die Lehre des Streitpatents gehe von dem Gedanken aus, die Zange anwenderfreundlich und zum Aufbringen sehr hoher Presskräfte geeignet auszubilden (Sp. 2 Z. 63 bis 65). Es sollten bislang nur mit elektrischem oder hydraulischem Antrieb erreichbare besonders hohe Presskräfte aufbringbar sein (Sp. 3 Z. 2 bis 6). Dazu soll ein mehrstufiges, mindestens zweistufiges Verpressen stattfinden (Sp. 3 Z. 6 bis 8 u. 19 bis 26 sowie 60 bis 65), die Zange jedoch gleichwohl zumindest in den Pressstufen mit einer Hand bedienbar sein (Sp. 3 Z. 35 bis 39). Hieraus ist als Problem, das vom Streitpatent gelöst wird, zu entnehmen, dass die Aufbringung noch größerer Presskräfte ermöglicht werden soll, ohne die insbesondere bei ungünstigen Montagebedingungen vorteilhafte Einhandbedienung aufgeben zu müssen.

Dazu schlägt das Streitpatent eine Zange mit folgenden Merkmalen vor:

1.

Zange zum Verpressen von Fassungen, Rohren, Kabelschuhen und ähnlichen Werkstücken mit

1.1

zwei in Einhandbedienung relativ gegeneinander bewegbaren Handhebeln (1, 2),

1.2

zwei im Bereich eines Zangenkopfs zusammen um ein gemeinsames Drehgelenk (5) zusammengefassten Schwenkbacken (3, 4),

1.3

Pressbacken, die ein Pressgesenk (8) bilden, und

1.4

einem Zwangsgesperre (31) zum Erreichen einer definierten Endstellung während der Schließbewegung der geteilten Pressbacken.

2.

Zwischen den beiden Handhebeln (1, 2) ist ein in Gelenken (13, 17) abgestützter Druckhebel (16) vorgesehen.

3.

Der Druckhebel (16) bildet zusammen mit einem Abschnitt eines (gegenüber der zugeordneten Schwenkbacke 4) beweglichen Handhebels (2) einen Kniehebeltrieb.

4.

Zum mehrstufigen Verpressen des Werkstücks in einigen wenigen Pressstufen ist mindestens einer der Handhebel (1, 2) in zwei je einen Teilhebel bildenden Teile (21, 22) unterteilt.

5.

Der eine Teil (22) des Handhebels (2) ist an den anderen Teil (21) des Handhebels (2) in jeder einzelnen Pressstufe mit unterschiedlicher Winkellage gekoppelt abgestützt.

6.

Die Abstützung ist derart ausgebildet, dass die den Zangenkopf abgekehrten Endbereiche (20, 23) der beiden Handhebel (1, 2) in jeder Winkellage jeder Pressstufe mit den Fingern einer Hand zu umgreifen und zusammenzudrücken sind.

Figur 1 zeigt ein Ausführungsbeispiel in Offenstellung.

Über die nähere Ausgestaltung der Handhebel, insbesondere über die Verbindung zwischen den beiden Teilen des geteilten Handhebels enthält Patentanspruch 1 keine Angaben. Zum Verpressvorgang ist Patentanspruch 1 nur zu entnehmen, dass er mehrstufig in einigen wenigen Pressstufen erfolgen soll. Es bleibt danach dem Fachmann überlassen, die Anzahl der Pressstufen zu wählen, und diese Wahl danach vorzunehmen, dass so wenige Pressstufen wie möglich ("einige wenige") und so viele, wie ihm für den Pressvorgang nötig erscheinen, vorgesehen werden.

II.

Das Patentgericht hat seine Entscheidung wie folgt begründet:

Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 des Streitpatents beruhe nicht auf erfinderischer Tätigkeit. Aus der D1 sei dem Fachmann, einem Fachhochschulingenieur der Fachrichtung Maschinenbau mit Erfahrung in der Produktion und Anwendung von Zangen eine Crimpzange bekannt, die bereits die Merkmale 1 bis 3 aufweise. Sie sehe auch bereits eine Einhandbedienung vor und erlaube aufgrund der Kniehebelanordnung das Aufbringen hoher Presskräfte. Wolle der Fachmann eine Zange zur Verfügung stellen, mit der bei kurzer Bauweise auch bei ungünstigen Montagebedingungen besonders hohe Presskräfte aufgebracht werden könnten, so werde er nach Zangen suchen, die im Gebrauch nur einen geringen Öffnungswinkel benötigten, da diese das Arbeiten bei beengten Platzverhältnissen ermöglichten. Eine solche Zange zeige die US-Patentschrift 3 958 442 (D5). In dieser Schrift werde (Sp. 3 Z. 14 bis 22) beschrieben, dass die freien Enden der Zange während der Benutzung in einer relativ geschlossenen Stellung blieben und der maximale Raum zwischen den Armen kürzer sei als die Länge des kleinsten Arms. Nach dem Verständnis des Fachmanns ermögliche die dort beschriebene Zange durch wiederholtes Öffnen und Schließen der Arme jeweils innerhalb eines begrenzten Öffnungsbereichs mit einhergehend zunehmenden Schließen der Pressbacken die Zange auch in schmalen Gängen also bei beengten, den möglichen Öffnungsbereich begrenzenden Platzverhältnissen zu nutzen. Dies lege es dem Fachmann nahe, die Ausgestaltung nach der D5 auf die Zange gemäß D1 zu übertragen. Dem stehe es nicht entgegen, dass die Zange nach der D5 mit langen Hebeln ausgestattet sei. Der Fachmann entnehme der D5 ein generelles Prinzip, das es ihm ermögliche, eine Zange zu konstruieren, die auch bei beengten Platzverhältnissen nutzbar sei, und auf Zangen unabhängig von der Länge der Handhebel anwendbar sei. Die D5 rege den Fachmann dazu an, das Prinzip eines zweigeteilten Handhebels, dessen Teile durch eine Ratschenkupplung verbunden seien, auf die Zange gemäß D1 zu übertragen. Der Fachmann werde sodann selbstverständlich den geteilten Handhebel mit dem Ratschengetriebe nach der D5 an die Größenverhältnisse der Zange nach der D1 so anpassen, dass sie im Griffbereich von den Fingern einer Hand umfasst werden könnten. Dazu genüge handwerkliches Wissen und Können.

III.

Dies hält der Überprüfung im Berufungsverfahren stand. Der Fachmann, der die Zange nach der D1 zur Aufbringung höherer Presskräfte unter Beibehaltung des Einhandbetriebs verbessern wollte, hatte Veranlassung, zu erwägen, die in der D5 beschriebene Zweiteilung des Hebelarms (10) in zwei durch eine Ratschenanordnung (15) oder dergleichen miteinander verbundene Armsegmente (16, 17) auf eine Crimpzange nach der D1 zu übertragen.

1. Die D5 betrifft eine Presszange zum Crimpen, bei der in einem Zangenarm ein Ratschengetriebe verwendet wird. Damit soll erreicht werden, dass die Pressbacken geöffnet werden können, die Arme jedoch im Wesentlichen geschlossen bleiben, so dass das Werkzeug in einem relativ engen Raum eingesetzt werden kann (Sp. 1 Z. 6 bis 12). Zu den Hebelverhältnissen gibt die Beschreibung an, dass im Stand der Technik zum Erzeugen sehr hoher Pressdrücke relativ lange Arme verwendet würden, die im geöffneten Zustand gewöhnlich mehr als einen Meter Länge mäßen. In vielen Fällen sei der schmale Zwischenraum in Gängen einer Telefonanlage oder Vermittlungsstelle oder der enge Platz in einem Kanalschacht nicht ausreichend, um die Benutzung dieser großen Presszangen zuzulassen (Sp. 1 Z. 24 bis 34). Die D5 schlägt dazu vor, eine in einer Richtung sperrende Kupplung oder eine Ratschenanordnung (unidirectional clutch or ratchet-type assembly ) in einem Arm der Zange zu verwenden, so dass die Zange in einem relativ engen Raum eingesetzt werden kann, ohne die von den langen Armen bereitgestellte notwendige Hebelwirkung aufzugeben (Sp. 1 Z. 37 bis 42). Nachfolgend sind die Zeichnungen der D5 wiedergegeben.

2.

Stellte der Fachmann Erwägungen an, ob und gegebenenfalls wie sich die Zange nach der D1 noch im Sinne der Aufbringung größerer Presskräfte verbessern ließ, ohne den Vorteil der Einhandbedienung aufgeben zu müssen, so erschloss sich ihm ohne weiteres, dass der Weg einer Verlängerung der Hebelarme versperrt war, weil die "auseinander strebenden" Enden der Hebelarme ab einem bestimmten Punkt die Bedienung der Zange mit einer Hand ausschließen. Dies gab ihm Veranlassung nach einer für die Einhandbedienung vorteilhafteren Gestaltung der Hebelarme zu suchen. Die D5 lehrt dazu, dass es durch eine Zweiteilung eines Hebelarms und die Verbindung der beiden Teile durch ein Ratschengetriebe oder eine in einer Richtung sperrende Kupplung möglich ist, die Vorteile langer Hebel zu nutzen, ohne die damit verbundenen Nachteile für die Handhabbarkeit bei beengten Raumverhältnissen in Kauf nehmen zu müssen. Hierbei wird zwar die Einhandbedienung nicht angesprochen, und es mag sein, dass sie sich, wie die Beklagte ausgeführt hat, dem Fachmann auch aus den weiteren Angaben der D5 nicht als möglich erschließt. Aus fachmännischer Sicht war jedoch erkennbar, dass die Lösung der D5 nicht nur den Einsatz der Zange bei beengten Raumverhältnissen ermöglicht oder jedenfalls erleichtert, sondern gleichzeitig auch bei ansonsten geeigneter Dimensionierung - die Einhandbedienung. Denn die D5 hebt gleich zu Beginn hervor, dass die beiden Arme im Wesentlichen geschlossen blieben (the two arms remain substantially closed thereby enabling the tool to be used in a relatively confined space , Sp. 1 Z. 10 bis 12), und spricht damit einen für die Einhandbedienung entscheidenden Gesichtspunkt an.

Hatte der Fachmann somit Veranlassung, zur Verbesserung der Zange nach der D1 die in der D5 beschriebene Zweiteilung des Hebelarms zu übernehmen, so liegt hierin keine erfinderische Tätigkeit. Patentanspruch 1 des Streitpatents überlässt, wie unter I. ausgeführt, die Umsetzung dieses Gedankens und die konkrete Ausgestaltung, soweit sie nicht bereits der D1 zu entnehmen ist, weitgehend dem Fachmann. Auch unter diesem Gesichtspunkt war der Gegenstand des Streitpatents daher nahegelegt.

IV.

Auch in der Fassung der in der mündlichen Verhandlung gestellten Hilfsanträge III, IV, V, VI, VIII und XII hat Patentanspruch 1 keinen Bestand.

1.

Die Fassung des Hilfsantrags III fügt dem erteilten Patentanspruch 1 folgendes Merkmal hinzu:

", wobei unterschiedliche Winkellagen der Teile (21, 22) des Handhebels (2) zwischen den einigen wenigen Pressstufen halbautomatisch nachstellend ausgebildet sind und die halbautomatische Nachstellung von einem Öffnungshub der Handhebel abhängig ist."

Wie die Beklagte in der mündlichen Verhandlung zutreffend eingeräumt hat, ist die von der Öffnung der Handhebel abhängige "halbautomatische" Nachstellung der unterschiedlichen Winkellagen auch bei der Presszange nach der D5 verwirklicht. Dort überläuft beim Aufschwingen der Zangenarme die Sperrklinke einen Zahn des Ratschenzahnrades, während in Gegenrichtung die Sperrung erfolgt. Auch hier ergibt sich mithin der Übergang von einer Winkelstellung in die andere Winkelstellung allein durch das Aufschwingen der Zangenarme, d.h. halbautomatisch.

2.

Hilfsantrag IV ergänzt den Patentanspruch 1 um das Merkmal

", wobei der feste Handhebel in Plattenbauweise gebildet ist und symmetrisch zur Haupterstreckungsebene (19) der Zange vorgesehene Platten von einem Bolzen (6) durchsetzt sind, um dessen Achse (7) eine bewegliche Schwenkbacke (4) relativ zu einer Schwenkbacke (3), die drehfest mit dem Handhebel (1) verbunden ist, schwenkbar ist."

Auch mit dieser Ergänzung beruht der Gegenstand von Patentanspruch 1 nicht auf erfinderischer Tätigkeit. Allerdings wird in der D1 die Plattenbauweise nicht erwähnt. Dem Fachmann waren jedoch, wovon beide Parteien übereinstimmend ausgehen, für die Ausbildung der Handhebel sowohl die Plattenbauweise als auch die Formung als halbschalenartige Teile bekannt. Dass es sich um gängige Prinzipien handelt, die grundsätzlich in Betracht kommen, zeigt auch die D3, aus deren Figur 2 eine Plattenbauweise ersichtlich ist. Dabei waren dem Fachmann auch die Vor und Nachteile bekannt, wie die Diskussion der D1 in der Streitpatentschrift zeigt. In Spalte 1 Zeilen 57 bis 62 wird dort zu der aus der D1 bekannten Zange, die tiefgezogene Handhebel aufweist, ausgeführt, dies habe zur Folge, dass eine hohe Stabilität erreicht werde, die Genauigkeit jedoch vermindert sei. Daraus ergibt sich, dass es für den Fachmann eine Zweckmäßigkeitsfrage ist, ob er die eine oder andere Bauweise mit den jeweiligen Vor- und Nachteilen wählt. Dabei mögen auch, wie die Klägerin in der mündlichen Verhandlung ausgeführt hat, der Produktionsprozess und die Produktionszahlen eine Rolle spielen.

Das Streitpatent stellt in Spalte 5 Zeilen 26/27 beide Möglichkeiten der Ausbildung der Handhebel nebeneinander, ohne Aussagen dazu zu machen, welcher und gegebenenfalls aus welchem Grund der Vorzug zu geben ist. Dies spricht dagegen, dass, wie die Beklagte geltend macht, der Fachmann gegenüber einer der beiden Alternativen Vorbehalte hatte und diese als von vornherein nicht in Betracht kommend verworfen hätte. Angesichts dieses Nebeneinanderstehens beider Alternativen als gleichermaßen möglich wäre ein Vorbehalt gegen die Plattenbauweise eine Fehlvorstellung. Die Beklagte hat nicht belegt, dass der Fachmann einer solchen Fehlvorstellung erlegen wäre.

3.

Hilfsantrag V fügt dem erteilten Patentanspruch 1 folgendes Merkmal hinzu:

", wobei zu Beginn jeder Pressstufe die freien Handhebel eine Entfernung besitzen, die kleiner als 110 mm ist."

Nach Hilfsantrag VI soll als zusätzliches Merkmal Patentanspruch 1 angefügt werden

", wobei in der vollständig geöffneten Stellung keine Einhandbedienung möglich ist, während bereits zu Beginn jeder Pressstufe die Handhebel mit den Fingern einer Hand umschlossen werden können."

Diese Zusätze betreffen die Einhandbedienung. Entscheidend für die Lehre des Streitpatents ist die Einhandbedienung beim Pressvorgang. Merkmal 6 umschreibt dies dahingehend, dass die Endbereiche der Handhebel mit den Fingern einer Hand zu umgreifen und zusammenzudrücken sind. Die Angabe, dass der Abstand zwischen den Handhebeln dazu kleiner als 110 mm sein soll, entspricht dem und hat keinen weiteren Gehalt. Das Merkmal, das nach Hilfsantrag VI hinzugefügt werden soll, wird bereits in der D1 Spalte 3 Zeilen 11 bis 18 beschrieben. Dort wird ausgeführt, dass im Leerhub keine Kräfte aufzubringen seien; erst beim eigentlichen Pressvorgang besteht nach der D1 die Möglichkeit, beide Hände um die einander angenäherten Handgriffe zu legen, was beim Streitpatent durch den Einhandbetrieb ersetzt wird.

4.

Hilfsantrag VIII fügt Patentanspruch 1 folgendes Merkmal hinzu:

", wobei unterschiedliche Winkellagen der Teile (21, 22) des Handhebels (2) zwischen den einigen wenigen Pressstufen halbautomatisch nachstellend ausgebildet sind, die halbautomatische Nachstellung von einem Öffnungshub der Handhebel abhängig ist, indem während einer ersten Pressstufe ein Verriegelungselement (41) an einer Stirnfläche (48) eines Anschlagteils (37) unter Vorspannung einer Feder (42) anliegt, nachdem die erste Pressstufe durchschritten worden ist, ein Öffnungshub zwischen den Handhebeln (1, 2) erfolgt, bis das Verriegelungselement (41) von der Stirnfläche (48) freikommt, und durch die Kraft der Feder (42) den Anschlag (40) hintergreifen kann und sodann eine zweite Pressstufe durchschritten werden kann."

Es kann dahinstehen, ob diese Ergänzung überhaupt zulässig ist. Jedenfalls zeigt Figur 3 der D5 im Prinzip denselben Mechanismus und zwar auch in Kombination mit der "halbautomatischen" Nachstellung.

5.

Nach Hilfsantrag XII soll die Anzahl der einigen wenigen Pressstufen mit zwei, drei oder vier Pressstufen angegeben werden. Auch dies begründet keine erfinderische Tätigkeit verglichen mit dem erteilten Patentanspruch 1, der dem Fachmann keine konkreten Zahlen angibt. Der Fachmann erkennt, wie bereits ausgeführt, dass er so viele Pressstufen wie nötig und so wenige wie möglich vorsehen sollte. Auch ohne die Zahlenangabe wird er daher eine Vielzahl zu durchlaufender Pressstufen, wie sie die D5 vorsieht, möglichst vermeiden.

V.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 121 Abs. 1 PatG i.V.m. § 97 ZPO .

Von Rechts wegen

Verkündet am: 16. Juni 2011

Vorinstanz: BPatG, vom 23.04.2009 - Vorinstanzaktenzeichen 2 Ni 1/07