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BGH - Entscheidung vom 29.06.2011

VIII ZR 30/10

Normen:
BGB a.F. § 197
BGB § 195
EGBGB Art. 229 § 6 Abs. 4 S. 2

Fundstellen:
NJW 2011, 3573
NZM 2011, 627

BGH, Urteil vom 29.06.2011 - Aktenzeichen VIII ZR 30/10

DRsp Nr. 2011/12706

Gemäß Art. 229 § 6 Abs. 4 S. 2 EGBGB bleibt es bei dem Ablauf der Verjährung nach früherem Recht im Falle des Ablaufens der Verjährung nach altem Recht früher als die kürzere Frist nach neuem Recht; Ablauf der Anwendung der Verjährung nach früherem Recht im Falle des Ablaufens der Verjährung nach altem Recht früher als die kürzere Frist nach neuem Recht

1. Nach altem Recht galt für Rückforderungsansprüche des Mieters wegen überzahlter Miete gemäß § 197 BGB a.F. eine Verjährungsfrist von vier Jahren, deren Beginn nicht von einer Kenntnis des Gläubigers abhängig war.2. Nach Inkrafttreten des neuen Verjährungsrechts am 1. Januar 2002 unterfallen Rückforderungsansprüche des Mieters wegen überzahlter Miete als Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung der Regelverjährung des § 195 BGB . Da diese Verjährungsfrist kürzer ist als diejenige nach altem Recht, ist sie gemäß Art. 229 § 6 Abs. 4 S. 1 BGB vom 1. Januar 2002 an zu berechnen, soweit nicht der Verjährungsbeginn gemäß § 199 Abs. 2 Nr. 2 BGB hinausgeschoben ist.

Auf die Rechtsmittel der Beklagten werden das Urteil der Zivilkammer 63 des Landgerichts Berlin vom 22. Dezember 2009 - auch im Kostenpunkt - aufgehoben und das Urteil des Amtsgerichts Schöneberg vom 18. Februar 2009 geändert, soweit bezüglich der Rückforderung überzahlter Miete für die Monate Oktober 2000 bis Dezember 2001 zum Nachteil der Beklagten entschieden worden ist; insoweit wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten der Vorinstanzen haben der Kläger zu 1/15 und die Beklagte zu 14/15 zu tragen, die Kosten der Revisionsinstanz der Kläger zu 1/3 und die Beklagte zu 2/3.

Von Rechts wegen

Normenkette:

BGB a.F. § 197 ; BGB § 195 ; EGBGB Art. 229 § 6 Abs. 4 S. 2;

Tatbestand

Der Kläger ist Mieter einer Wohnung der Beklagten in B. . Er hat - unter anderem - wegen einer Wohnflächenabweichung Rückzahlung überzahlter Miete für den Zeitraum ab Oktober 2000 begehrt, insgesamt 10.696 € nebst Zinsen. Die Beklagte hat die Verjährungseinrede erhoben. Das Amtsgericht hat der Klage unter Abweisung des weitergehenden Zahlungsanspruchs in Höhe von 10.637 € nebst Zinsen stattgegeben; hiervon entfällt auf die Mietrückforderung für Zeit von Oktober 2000 bis Dezember 2001 ein Betrag von insgesamt 1.742,70 €. Das Landgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom Senat beschränkt auf die Rückforderungsansprüche für den Zeitraum Oktober 2000 bis Dezember 2001 zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren weiter.

Entscheidungsgründe

Die Revision hat Erfolg.

I.

Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit für das Revisionsverfahren noch von Interesse, im Wesentlichen ausgeführt:

Dem Kläger stehe wegen überzahlter Miete ein Rückforderungsanspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung zu, weil die Miete wegen zu geringer Wohnfläche um 24,7 % gemindert sei. Die Rückforderungsansprüche des Klägers seien auch für die Jahre 2000 und 2001 nicht verjährt. Die Verjährungsfrist habe nach altem Recht vier Jahre betragen (§ 197 BGB aF), nach der Reform des Verjährungsrechts zum 1. Januar 2002 hingegen nur noch drei Jahre (§ 195 BGB nF). Nach der Übergangsvorschrift des Art. 229 § 6 Abs. 4 EGBGB beginne bei einer Änderung der Verjährungsfrist die neue Frist ab dem 1. Januar 2002 zu laufen, führe aber nicht zu einer Verlängerung, sondern bleibe durch den Ablauf der alten Frist "gedeckelt".

Für den Beginn der Verjährung sei auch nach altem Recht die Kenntnis von den anspruchsbegründenden Umständen maßgeblich gewesen (§§ 201 , 197 BGB aF). Der Kläger habe plausibel dargetan, dass er erst im Jahr 2007 von der Wohnflächenabweichung Kenntnis erlangt habe. Eine frühere Kenntnis habe die insoweit beweisbelastete Beklagte nicht belegt. Deshalb greife die von der Beklagten erhobene Verjährungseinrede nicht durch.

II.

Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts sind Ansprüche des Klägers auf Rückzahlung überzahlter Miete für den Zeitraum Oktober 2000 bis Dezember 2001 verjährt. Das Berufungsgericht hat verkannt, dass es für den Beginn der vierjährigen Verjährung gemäß § 197 BGB aF nicht auf die Kenntnis des Gläubigers von den anspruchsbegründenden Umständen ankommt.

1.

Nach der für das Verjährungsrecht geltenden Überleitungsvorschrift des Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 1, 2 BGB finden hier die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs in der seit dem 1. Januar 2002 geltenden Fassung Anwendung. Denn der bereicherungsrechtliche Rückforderungsanspruch des Klägers war an diesem Tag noch nicht verjährt. Insoweit ist das Berufungsgericht zutreffend davon ausgegangen, dass nach altem Recht für Rückforderungsansprüche des Mieters wegen überzahlter Miete gemäß § 197 BGB aF eine Verjährungsfrist von vier Jahren galt (vgl. OLG Köln, NZM 1999, 73 ; OLG Düsseldorf, DWW 1995, 84 ; OLG Hamburg, NJW-RR 1989, 458 ) und deshalb die Rückforderungsansprüche des Klägers für die im Zeitraum Oktober 2000 bis Dezember 2001 bei Inkrafttreten der Neuregelung noch nicht verjährt waren.

2.

Nach Inkrafttreten des neuen Verjährungsrechts am 1. Januar 2002 unterfällt der vom Kläger geltend gemachte Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung der Regelverjährung des § 195 BGB . Da diese Verjährungsfrist kürzer ist als die bis zum 1. Januar 2002 geltende vierjährige Verjährung des § 197 BGB aF, ist sie gemäß Art. 229 § 6 Abs. 4 Satz 1 BGB vom 1. Januar 2002 an zu berechnen, soweit nicht der Verjährungsbeginn gemäß § 199 Abs. 2 Nr. 2 BGB hinausgeschoben ist (vgl. BGH, Urteil vom 23. Januar 2007 - XI ZR 44/06, NJW 2007, 1584 Rn. 18 ff.). Angesichts der erst im Jahr 2007 eingetretenen Kenntnis des Klägers wären die Ansprüche des Klägers demgemäß nach neuem Recht nicht verjährt.

3.

Gemäß Art. 229 § 6 Abs. 4 Satz 2 EGBGB bleibt es jedoch bei dem Ablauf der Verjährung nach früherem Recht, wenn die nach altem Recht längere Frist früher abläuft als die kürzere Frist nach neuem Recht. Dies ist hier - entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts - der Fall. Anders als das Berufungsgericht meint, kommt es für den Beginn der Verjährung nach § 197 BGB aF nicht auf die Kenntnis des Gläubigers an. Denn gemäß §§ 201 , 198 BGB aF beginnt die Verjährung der in § 197 BGB aF bezeichneten Ansprüche mit dem Schluss des Jahres, in welchem die Forderung entstanden ist, hier also jeweils im Zeitpunkt der Überzahlung. Damit hat die Verjährung der Rückforderungsansprüche des Klägers bezüglich der im Jahr 2000 (beziehungsweise 2001) überzahlten Miete nach altem Recht mit dem Ablauf des Jahres 2000 (beziehungsweise 2001) begonnen und ist Ende 2004 (beziehungsweise Ende 2005) - mithin früher als die Verjährung nach neuem Recht - abgelaufen. Die Rückforderungsansprüche des Klägers bezüglich der in den Jahren 2000 und 2001 geleisteten Mietzahlungen sind deshalb verjährt, denn die Klage ist erst im Dezember 2007 und somit nach Ablauf der Verjährung eingereicht worden.

III.

Nach alledem kann das Urteil des Berufungsgerichts in dem von der Revision angefochtenen Umfang keinen Bestand haben; es ist daher insoweit aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO ). Der Senat entscheidet in der Sache selbst, da es keiner weiteren Feststellungen bedarf (§ 563 Abs. 3 ZPO ). Dies führt zur Abänderung des amtsgerichtlichen Urteils und zur Abweisung der Klage bezüglich der Rückforderungsansprüche für die Jahre 2000 und 2001.

Von Rechts wegen

Verkündet am: 29. Juni 2011

Vorinstanz: AG Berlin-Schöneberg, vom 18.02.2009 - Vorinstanzaktenzeichen 103 C 522/07
Vorinstanz: LG Berlin, vom 22.12.2009 - Vorinstanzaktenzeichen 63 S 121/09
Fundstellen
NJW 2011, 3573
NZM 2011, 627