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BGH - Entscheidung vom 16.02.2011

VIII ZR 226/07

Normen:
HGB § 89b Abs. 3 Nr. 2
HGB § 89a
HGB § 89b Abs. 1 Nr. 3
HGB § 89b Abs. 2
HGB § 89b Abs. 3 Nr. 2
HGB a.F. § 89b Abs. 1 S. 1 Nr. 3
HGB a.F. § 89b Abs. 3 S. 2
RL 86/653/EWG Art. 18 Buchst. a
ZPO § 287 Abs. 2

BGH, Urteil vom 16.02.2011 - Aktenzeichen VIII ZR 226/07

DRsp Nr. 2011/4931

Ausschluss des Ausgleichssanspruches nach § 89b Abs. 3 Nr. 2 HGB bei unmittelbarem Zusammenhang zwischen dem schuldhaften Verhalten eines Handelsvertreters und der Kündigung eines Unternehmers als Ergebnis einer richtlinienkonformen Auslegung; Anwendbarkeit der richtlinienkonformen Auslegung des § 89a Abs. 3 Nr. 2 HGB auf das Recht der Vertragshändler

a) § 89b Abs. 3 Nr. 2 HGB ist aufgrund von Art. 18 Buchst. a der Richtlinie 86/653/EWG des Rates vom 18. Dezember 1986 zur Koordinierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten betreffend die selbständigen Handelsvertreter richtlinienkonform dahin auszulegen, dass der Ausgleichsanspruch nach dieser Vorschrift nur dann ausgeschlossen ist, wenn zwischen dem schuldhaften Verhalten des Handelsvertreters und der Kündigung des Unternehmers ein unmittelbarerer Ursachenzusammenhang besteht (im Anschluss an EuGH, Urteil vom 28. Oktober 2010 - C-203/09, DB 2010, 2495; Aufgabe von BGHZ 40, 13 ; 48, 222). b) Die richtlinienkonforme Auslegung des § 89b Abs. 3 Nr. 2 HGB gilt nicht nur für Handelsvertreterverhältnisse, sondern auch für das Recht der Vertragshändler.

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 31. Juli 2007 - unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen - insoweit aufgehoben, als die Verurteilung der Beklagten den Betrag von 99.926,56 € nebst 5 % Zinsen seit dem 1. April 1999 übersteigt.

Im Umfang der Aufhebung wird das Urteil der 13. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Frankfurt am Main vom 1. Oktober 2003 auf die Berufung der Beklagten abgeändert. Die Klage auf Zahlung von 1.123,23 € nebst Zinsen (Großabnehmerrabatt für das Fahrzeug mit der Fahrgestell-Nr. 322514) wird abgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.

Von Rechts wegen

Normenkette:

HGB § 89a; HGB § 89b Abs. 1 Nr. 3 ; HGB § 89b Abs. 2 ; HGB § 89b Abs. 3 Nr. 2 ; HGB a.F. § 89b Abs. 1 S. 1 Nr. 3 ; HGB a.F. § 89b Abs. 3 S. 2; RL 86/653/EWG Art. 18 Buchst. a; ZPO § 287 Abs. 2 ;

Tatbestand

Der Kläger macht als Insolvenzverwalter über das Vermögen der vormaligen Klägerin (im Folgenden: Klägerin) einen Ausgleichsanspruch der Klägerin in entsprechender Anwendung des § 89b HGB sowie Zahlungsansprüche der Klägerin aufgrund von Gutschriften geltend. Die Klägerin war seit 1993 Vertragshändlerin der Beklagten. Mit Schreiben vom 6. März 1997 sprach die Beklagte die ordentliche Kündigung des Händlervertrages zum 31. März 1999 aus.

Während der Vertragslaufzeit betrieben die geschäftsführenden Gesellschafter der Klägerin gemeinsam mit einem ehemaligen Geschäftsführer der Klägerin auch die Autovermietung W. GbR (im Folgenden: AVW). Diese war Lizenznehmerin der A. Autovermietung GmbH & Co. KG, die wiederum - auch für ihre Lizenznehmer - mit der Beklagten eine "Rahmenvereinbarung für Großkunden" über Sondernachlässe bei der Belieferung mit fabrikneuen Volvo-Fahrzeugen geschlossen hatte. Nach Ziffer 1.3 der ab 1. Januar 1998 geltenden Vereinbarung ist Voraussetzung für die Einstufung als Großkunde und damit für die Rabattgewährung,

"...dass der Großkunde die Fahrzeuge jeweils zur eigenen Nutzung verwendet mit einer Mindestfahrleistung von 2.000 km, und die Fahrzeuge zumindest für einen Zeitraum von sechs Monaten auf ihn zugelassen sind."

AVW kaufte auf der Grundlage dieser Rahmenvereinbarung Fahrzeuge bei der Klägerin unter Inanspruchnahme der vereinbarten Nachlässe. Die Klägerin erhielt dafür von der Beklagten Zuschüsse nach Maßgabe der "Allgemeinen Voraussetzungen der Zuschussgewährung für Händler". Im Zeitraum von April 1998 bis Juli 1999 wurde bei 28 Fahrzeugen, die AVW von der Klägerin gekauft hatte, die Mindesthaltedauer von sechs Monaten durch einen vorzeitigen Weiterverkauf nicht eingehalten. Im Hinblick darauf ist die Beklagte der Auffassung, ein Ausgleichsanspruch der Klägerin sei gemäß § 89b Abs. 3 Nr. 2 HGB ausgeschlossen. Die Klägerin habe sich ihr nicht zustehende Zuschüsse in Höhe von 53.395,50 DM (= 27.300,67 €) verschafft, indem sie im bewussten Zusammenwirken mit AVW die vertraglich vereinbarte Haltefrist nicht eingehalten und damit planmäßig gegen die Zuschussbedingungen der Beklagten verstoßen habe. Dieses fortgesetzte vertragswidrige Vorgehen zum Nachteil der Beklagten stelle ein schuldhaftes Verhalten der Klägerin dar, das die Beklagte zur außerordentlichen Kündigung des Händlervertrages berechtigt und dessentwegen sie den Vertrag auch fristlos gekündigt hätte, wenn es ihr vor Beendigung des Händlervertrages bekannt geworden wäre. Die Klägerin tritt dem entgegen und behauptet, der vorzeitige Verkauf von Fahrzeugen, für die AVW einen Großkundenrabatt und die Klägerin einen Zuschuss erhalten habe, sei jeweils mit Mitarbeitern der Beklagten abgesprochen und von diesen telefonisch genehmigt worden.

Mit der Klage macht die Klägerin, soweit für das Revisionsverfahren noch von Interesse, einen Ausgleichsanspruch gemäß § 89b HGB analog in Höhe von 550.401,67 DM (= 281.415,91 €) sowie Zahlungsansprüche wegen Gutschriften und Rabatten in Höhe von insgesamt 6.768,38 DM (= 3.460,62 €) geltend. Das Landgericht hat der Klage hinsichtlich des Ausgleichsanspruchs in Höhe von 180.159,46 € und hinsichtlich der Gutschriften in voller Höhe - jeweils nebst Zinsen - stattgegeben. Das Oberlandesgericht hat auf die Berufung der Beklagten das erstinstanzliche Urteil teilweise abgeändert und die Beklagte zur Zahlung eines Ausgleichsbetrages von 98.637,17 € und zur Zahlung weiterer 2.420,62 € - jeweils nebst Zinsen - wegen erteilter Gutschriften und Auszahlung eines Rabatts verurteilt. Dagegen richtet sich die vom Senat zugelassene Revision der Beklagten, mit der diese ihren Klageabweisungsantrag weiter verfolgt, soweit sie zur Zahlung eines 1.289,39 € übersteigenden Betrages verurteilt worden ist.

Entscheidungsgründe

Die Revision hat nur in geringem Umfang Erfolg.

I.

Das Berufungsgericht (OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 31. Juli 2007 - 5 U 255/03, [...]) hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:

Der Klägerin stehe analog § 89b Abs. 1 HGB ein Ausgleichsanspruch gegen die Beklagte zu. Die Voraussetzungen einer entsprechenden Anwendung dieser Bestimmung auf die Klägerin als Vertragshändlerin seien im Berufungsverfahren nicht in Frage gestellt worden, wie auch die ordentliche Beendigung des Händlervertrags zum 31. März 1999 und die rechtzeitige Anmeldung des Anspruchs außer Frage stünden.

Der geltend gemachte Ausgleichsanspruch scheitere nicht an § 89b Abs. 3 Nr. 2 HGB . Eine fristlose Kündigung aus wichtigem Grund wegen des der Klägerin vorgeworfenen Verhaltens habe die Beklagte nicht erklärt. Zwar sei § 89b Abs. 3 Satz 2 HGB aF in der Rechtsprechung bislang auch in den Fällen entsprechend angewendet worden, in denen der Unternehmer - wie vorliegend - ordentlich gekündigt und der Handelsvertreter danach, jedoch vor Vertragsende, sich eines Verhaltens schuldig gemacht habe, das eine fristlose Kündigung durch den Unternehmer rechtfertigen würde, von dem dieser aber erst nach Vertragsende erfahren habe. Es sei jedoch nunmehr der Ansicht zu folgen, dass der wichtige Grund ursächlich für die Kündigung geworden sein müsse, weil nur dieses Verständnis mit Art. 18 Buchst. a der Richtlinie des Rates vom 18. Dezember 1986 (86/653/EWG) vereinbar sei. Die konkreten Umstände der vorzeitigen Veräußerung von Fahrzeugen und die Relevanz der Frage, ob diesbezüglich von einer Vorabinformation der Beklagten auszugehen sei, seien deshalb erst im Rahmen der Prüfung zu klären, inwieweit ein Ausgleichsanspruch gemäß § 89b Abs. 1 Nr. 3 HGB der Billigkeit entspreche.

Als Ausgangsgröße für die Bemessung des Ausgleichsanspruchs komme es auf die den Provisionsverlusten der Klägerin entsprechenden Rabatte für einen Prognosezeitraum von fünf Jahren an. Hierfür seien die Erlöse aus dem Geschäft mit Mehrfachkunden maßgeblich, die in den letzten fünf Jahren vor Beendigung des Händlervertrags erzielt worden seien. Großabnehmer- oder Mietwagenzuschüsse sowie Boni und andere Verkaufsprämien stünden einem berücksichtigungsfähigen Provisionsverlust gleich. Der Gesamtbetrag sei um die händlertypischen Vergütungsanteile in Höhe von 29 % sowie um einen Verwaltungskostenabschlag in Höhe von 2,5 % der unverbindlichen Preisempfehlungen zu reduzieren. Daraus errechne sich ein voraussichtlicher Provisionsverlust der Klägerin in den fünf Jahren nach Vertragsschluss in Höhe von 289.702,30 DM.

Dieser Betrag sei gemäß § 89b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 HGB aF aus Billigkeitsgründen um 35 % herabzusetzen. Hiervon entfielen 25 % auf die Sogwirkung der Marke. Eine Erhöhung des Abschlags wegen der Übernahme der Daihatsu-Vertretung durch die Klägerin sei nicht gerechtfertigt, weil es an der Vergleichbarkeit der Marken fehle. Allerdings sei ein Abschlag in Höhe von weiteren 10 % vorzunehmen, weil ein nicht unerheblicher Teil der Mehrfachkundengeschäfte mit der AVW zustande gekommen sei, deren Gesellschafter - zumindest zwei Gesellschafter - die Geschäftsführer der Klägerin seien. Ein weiterer Billigkeitsabschlag wegen des von der Beklagten erhobenen Betrugsvorwurfs im Zusammenhang mit dem vorzeitigen Weiterverkauf von an die AVW verkauften Fahrzeugen sei dagegen nicht gerechtfertigt. Dahinstehen könne, ob der Beweiswürdigung des Landgerichts zu folgen sei, nach der der vorzeitige Weiterverkauf jeweils mit Zustimmung der Beklagten erfolgt sei. Denn es sei schon nicht ersichtlich, dass der Beklagten in letzter Konsequenz ein wirtschaftlicher Schaden entstanden sei, zumal es der Beklagten auch unbenommen sei, vertragswidrig erlangte Zuschüsse zurückzufordern, wie dies die Zuschussbedingungen vorsähen.

Insgesamt ergebe sich unter Berücksichtigung der nach Gillardon vorgenommenen Abzinsung und unter Hinzurechnung der Mehrwertsteuer ein Ausgleichsanspruch der Klägerin in Höhe von 98.637,17 €. Die Kappungsgrenze des § 89b Abs. 2 HGB sei damit nicht überschritten. Darüber hinaus stehe der Klägerin ein Betrag von 2.420,62 € zu, der sich aus erteilten Gutschriften in Höhe von 1.289,39 € und einem Großabnehmerrabatt für das Fahrzeug mit der Fahrgestell-Nr. 322514 in Höhe von 1.123,23 € zusammensetze.

II.

Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung hinsichtlich des der Klägerin zuerkannten Ausgleichsanspruchs (§ 89b HGB analog) stand. Ein Anspruch der Klägerin auf Auszahlung eines Großabnehmerrabatts in Höhe von 1.123,23 € für das Fahrzeug mit der Fahrgestell-Nr. 322514 besteht dagegen nicht.

1.

Der Senat hat zum Grund des Ausgleichsanspruchs bereits in seinem in dieser Sache ergangenen Vorlagebeschluss ausgeführt, dass die Regelung über den Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters in § 89b HGB auf das Vertragshändlerverhältnis der Klägerin zu der Beklagten entsprechende Anwendung findet und auch die tatbestandlichen Voraussetzungen für einen Ausgleichsanspruch der Klägerin gemäß § 89b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 HGB aF erfüllt sind (Senatsbeschluss vom 29. April 2009 - VIII ZR 226/07, BB 2010, 335 Rn. 23 f.). Darauf nimmt der Senat Bezug.

2.

Entgegen der Auffassung der Revision ist der Ausgleichsanspruch nicht gemäß § 89b Abs. 3 Nr. 2 HGB (analog) deshalb ausgeschlossen, weil die Klägerin nach dem revisionsrechtlich zugrunde zu legenden Sachvortrag der Beklagten in fortgesetztem, kollusivem Zusammenwirken mit AVW gegen die Zuschussbedingungen der Beklagten verstoßen und sich dadurch ihr nicht zustehende Zuschüsse in erheblicher Höhe verschafft hat. Darin liegt zwar, wie der Senat in dem vorgenannten Beschluss (aaO Rn. 26 ff.) ausgeführt hat, ein schuldhaftes Verhalten der Klägerin, das die Beklagte zur fristlosen Kündigung des Vertrages aus wichtigem Grund berechtigt hätte, wenn sie davon vor Vertragsbeendigung erfahren hätte. Dies führt aber, wie das Berufungsgericht mit Recht angenommen hat, entgegen der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht zu einem Ausschluss des Ausgleichsanspruchs nach § 89b Abs. 3 Nr. 2 HGB . Der Senat hält an dieser Rechtsprechung, die eine Anwendung des § 89b Abs. 3 Nr. 2 HGB auf eine Fallgestaltung wie die vorliegende bejaht hat (BGH, Urteil vom 6. Juli 1967 - VII ZR 35/65, BGHZ 48, 222 ff.), nicht fest.

a)

Der Senat hat mit seinem Beschluss vom 29. April 2009 (aaO) dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (jetzt: Gerichtshof der Europäischen Union, im Folgenden: Gerichtshof) folgende Fragen zur Vorabentscheidung gemäß Art. 234 EG vorgelegt:

"Ist Art. 18 Buchst. a der Richtlinie 86/653/EWG des Rates vom 18. Dezember 1986 zur Koordinierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten betreffend die selbständigen Handelsvertreter dahingehend auszulegen, dass er einer nationalen Regelung entgegensteht, nach der der Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters auch im Falle einer ordentlichen Kündigung durch den Unternehmer nicht besteht, wenn ein wichtiger Grund zur fristlosen Kündigung des Vertrages wegen schuldhaften Verhaltens des Handelsvertreters im Zeitpunkt der ordentlichen Kündigung zwar vorlag, dieser aber für die Kündigung nicht ursächlich war? Steht Art. 18 Buchst. a der Richtlinie einer entsprechenden Anwendung der nationalen Regelung über den Ausschluss des Ausgleichsanspruchs auf den Fall entgegen, dass ein wichtiger Grund zur fristlosen Kündigung des Vertrages wegen schuldhaften Verhaltens des Handelsvertreters erst nach Ausspruch der ordentlichen Kündigung eintrat und dem Unternehmer erst nach Vertragsbeendigung bekannt wurde, so dass er eine weitere, auf das schuldhafte Verhalten des Handelsvertreters gestützte fristlose Kündigung des Vertrages nicht mehr aussprechen konnte?"

Der Gerichtshof hat mit Urteil vom 28. Oktober 2010 (Rechtssache C-203/09, DB 2010, 2495 - Volvo Car Germany GmbH/Autohof W. GmbH) die erste Frage als unzulässig erachtet und die zweite Frage wie folgt beantwortet:

"Art. 18 Buchst. a der Richtlinie 86/653/EWG des Rates vom 18. Dezember 1986 zur Koordinierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten betreffend die selbständigen Handelsvertreter lässt es nicht zu, dass ein selbständiger Handelsvertreter seinen Ausgleichsanspruch verliert, wenn der Unternehmer ein schuldhaftes Verhalten des Handelsvertreters feststellt, das nach dem Zugang der ordentlichen Kündigung des Vertrages und vor Vertragsende stattgefunden hat und das eine fristlose Kündigung des Vertrags gerechtfertigt hätte."

Zur Begründung hat der Gerichtshof im Wesentlichen ausgeführt (aaO Rn. 38 ff.):

"Zur Beantwortung dieser Frage ist darauf hinzuweisen, dass nach Art. 18 Buchst. a der Richtlinie der dort genannte Ausgleichsanspruch nicht besteht, wenn der Unternehmer den Vertrag "wegen" eines schuldhaften Verhaltens des Handelsvertreters beendet hat, das aufgrund der einzelstaatlichen Rechtsvorschriften eine fristlose Beendigung des Vertrags rechtfertigt.

Dass der Unionsgesetzgeber die Präposition "wegen" verwendet hat, stützt die insbesondere von der Kommission vertretene These, wonach dem Handelsvertreter der in Art. 17 der Richtlinie vorgesehene Ausgleich nach dem Willen des Gesetzgebers nur versagt werden können soll, wenn zwischen dem schuldhaften Verhalten des Handelsvertreters und der Entscheidung des Unternehmers, den Vertrag zu beenden, ein unmittelbarer Ursachenzusammenhang besteht. (...) Zudem ist Art. 18 Buchst. a als Ausnahme von dem Anspruch des Handelsvertreters auf einen Ausgleich eng auszulegen. Die Bestimmung kann daher nicht in einer Weise ausgelegt werden, die darauf hinausliefe, dass ein Grund für den Ausschluss des Ausgleichsanspruchs hinzukommt, der in dieser Bestimmung nicht ausdrücklich vorgesehen ist.

Erfährt der Unternehmer erst nach Vertragsende von dem schuldhaften Verhalten des Handelsvertreters, ist es daher nicht möglich, die in Art. 18 Buchst. a der Richtlinie vorgesehene Regelung anzuwenden. Folglich kann dem Handelsvertreter der Ausgleichsanspruch nicht nach dieser Bestimmung versagt werden, wenn der Unternehmer, nachdem er den Vertrag gegenüber dem Handelsvertreter ordentlich gekündigt hat, ein schuldhaftes Verhalten des Handelsvertreters feststellt, das eine fristlose Kündigung des Vertrags gerechtfertigt hätte.

Allerdings hat der Handelsvertreter nach Art. 17 Abs. 2 Buchst. a zweiter Gedankenstrich der Richtlinie Anspruch auf einen Ausgleich, wenn und soweit die Zahlung eines solchen Ausgleichs unter Berücksichtigung aller Umstände der Billigkeit entspricht. Es ist somit nicht auszuschließen, dass das Verhalten des Handelsvertreters im Rahmen der Prüfung der Billigkeit des Ausgleichs berücksichtigt werden kann."

b)

Danach ist § 89b Abs. 3 Nr. 2 HGB richtlinienkonform dahin auszulegen, dass der Ausgleichsanspruch nach dieser Vorschrift nur dann ausgeschlossen ist, wenn zwischen dem schuldhaften Verhalten des Handelsvertreters und der Kündigung des Unternehmers ein unmittelbarer Ursachenzusammenhang besteht. An der gegenteiligen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, nach der - entsprechend dem Wortlaut des § 89b Abs. 3 Nr. 2 HGB - ein solcher Kausalzusammenhang für die Anwendung der Vorschrift nicht erforderlich sein soll (BGH, Urteile vom 12. Juni 1963 - VII ZR 272/61, BGHZ 40, 13 , 15 f.; vom 6. Juli 1967 - VII ZR 35/65, aaO S. 224 ff.), kann daher nicht festgehalten werden.

Die richtlinienkonforme Auslegung des § 89b Abs. 3 Nr. 2 HGB gilt nicht nur für Handelsvertreterverhältnisse, sondern entgegen der Auffassung der Revision auch für den vorliegenden Fall eines Händlervertrages. Zwar regelt die Richtlinie nur das Recht der Handelsvertreter, nicht das der Vertragshändler. Nach deutschem Recht ist aber das Handelsvertreterrecht auf das Rechtsverhältnis der Vertragshändler entsprechend anzuwenden. Dies gilt, wie der Senat in seinem Vorlagebeschluss ausgeführt hat (aaO Rn. 9), auch insoweit, als die Auslegung handelsvertreterrechtlicher Bestimmungen - wie hier des § 89b Abs. 3 Nr. 2 HGB - durch die Handelsvertreterrichtlinie beeinflusst wird.

3.

Die Angriffe der Revision gegen die Ausführungen des Berufungsgerichts zur Höhe des Ausgleichsanspruchs haben keinen Erfolg.

a)

Mit Recht hat das Berufungsgericht die zahlreichen Geschäfte der Klägerin mit dem Mietwagenunternehmen AVW in die Berechnung des Ausgleichsanspruchs einbezogen. Es hat rechtsfehlerfrei festgestellt, dass die Kausalität des Händlereinsatzes für die Geschäfte mit AVW nicht zweifelhaft ist. Dagegen bringt die Revision nichts vor. Sie meint aber, der Umstand, dass die geschäftsführenden Gesellschafter der Klägerin zugleich -mit einem Dritten -Gesellschafter der AVW waren und die Klägerin eine Daihatsu-Vertretung übernommen hat, müsse dazu führen, dass die Geschäfte mit AVW von vornherein nicht als Stammkundengeschäfte zu berücksichtigen seien, weil auf der Hand liege, dass AVW ihre Mietfahrzeuge künftig nicht mehr bei der Beklagten, sondern bei Daihatsu beziehen werde. Dem ist das Berufungsgericht mit Recht nicht gefolgt.

Der Senat hat die Frage, ob Betriebs- oder Familienangehörige des Vertragshändlers oder seines Geschäftsführers in den Kreis der Stammkunden einzubeziehen sind, im Senatsurteil vom 5. Juni 1996 ( VIII ZR 7/95, NJW 1996, 2302 unter B II 1 c) offen gelassen und hat es in dieser Entscheidung für ausreichend gehalten, dass es sich bei der (dem Vertragshändler nahestehenden) Autovermietung um ein vom Vertragshändler getrenntes Unternehmen handelte. So liegt der Fall auch hier. Das Berufungsgericht hat es deshalb mit Recht abgelehnt, AVW nicht als Stammkunden der Klägerin anzusehen. Es hat aber im Rahmen der Billigkeitsabwägung nach § 89b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 HGB aF eine Kürzung des Ausgleichsanspruchs insgesamt um zehn Prozent unter dem Gesichtspunkt für angemessen gehalten, dass es sich bei AVW um ein der Klägerin nahestehendes Mietwagenunternehmen handelt und deshalb nicht davon ausgegangen werden kann, dass AVW seinen Bedarf im Prognosezeitraum nach der Vertragsbeendigung in gleichem Umfang bei der Beklagten gedeckt haben wird wie zuvor. Das ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.

Darüber hinaus macht die Revision in diesem Zusammenhang geltend, dass zumindest die Berücksichtigung der im letzten Vertragsjahr mit AVW getätigten Geschäfte gegen Treu und Glauben verstoße, weil die Klägerin insoweit durch einen vorzeitigen Weiterverkauf der an AVW verkauften Fahrzeuge gegen die Vertragsbedingungen verstoßen und unberechtigt Zuschüsse bezogen habe. Auch insoweit hat das Berufungsgericht mit Recht angenommen, dass sich dadurch an der Qualifikation der betreffenden Verkaufsfälle als Stammkundengeschäft nichts ändert, und deshalb dieser Gesichtspunkt nur im Rahmen der Billigkeitsabwägung zu würdigen ist.

b)

Ebenfalls zutreffend hat das Berufungsgericht die Verkaufsfälle 244/245 des vorletzten sowie 26/27 und 47/48 des fünftletzten Vertragsjahres, bei denen ein Kunde gleichzeitig zwei Fahrzeuge gekauft hatte, jeweils als zwei ausgleichsrelevante Geschäfte angesehen.

Nach der Rechtsprechung des Senats kann die Mehrfachkundeneigenschaft durch zwei oder mehr Verkaufsvorgänge begründet werden, und zwar unabhängig davon, ob diese an einem Tag oder an verschiedenen Tagen stattgefunden haben. Denn selbst wenn ein Kunde mehrere Fahrzeugkäufe zeitgleich tätigt, ist anzunehmen, dass dem Hersteller erhebliche Vorteile nach Vertragsbeendigung bleiben. Auch die auf einer solchen Mehrfachbestellung beruhenden Umsätze sind daher als berücksichtigungsfähige Mehrfachkundenumsätze anzuerkennen (Senatsurteil vom 13. Januar 2010 - VIII ZR 25/08, NJW-RR 2010, 265 Rn. 23 mwN). So verhält es sich auch hier.

Entgegen der in der Revisionsbegründung geäußerten Auffassung führt dies nicht zu einer ungerechtfertigten Besserstellung solcher "Doppelkäufe" gegenüber dem Kauf zweier Fahrzeuge zu unterschiedlichen Zeitpunkten. Denn auch bei einem Kauf zweier Fahrzeuge zu unterschiedlichen Zeitpunkten sind beide Geschäfte - und nicht, wie die Revision meint, nur das zweite - ausgleichsrelevant (Senatsurteil vom 13. Januar 2010 - VIII ZR 25/08, aaO).

c)

Ohne Erfolg beanstandet die Revision die vom Berufungsgericht vorgenommene Berücksichtigung von Boni, Prämien und Großabnehmerzuschüssen bei der Ermittlung des individuellen Rohertrags.

aa)

Die Auffassung der Revision, diese Zusatzleistungen seien schon deshalb nicht berücksichtigungsfähig, weil die Klägerin insoweit keinen in die Zukunft gerichteten Anspruch auf Weiterzahlung in der Vergangenheit geleisteter Zahlungen gehabt habe und es sich deshalb nicht um Provisionen im Sinne des § 89b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 HGB aF handele, trifft nicht zu.

Wie das Berufungsgericht mit Recht angenommen und der Senat in seinen ebenfalls die Beklagte betreffenden Urteilen vom 13. Januar und 6. Oktober 2010 klargestellt hat, kommt es - auch unter Berücksichtigung des Wortlauts von § 89b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 HGB aF - für die Einbeziehung von zusätzlichen Vergünstigungen in die Ausgleichsberechnung nicht darauf an, ob dem Vertragshändler ein vertraglicher Anspruch auf die gewährten Zusatzleistungen zusteht. Denn für den Händler, der nach der Beendigung der Geschäftsbeziehung nicht mehr mit Zusatzvergütungen für handelsvertretertypische Tätigkeiten rechnen kann, macht es wirtschaftlich betrachtet keinen Unterschied, ob diese vom Hersteller aufgrund einer vertraglichen Verpflichtung oder nur auf freiwilliger Basis gewährt wurden, sofern der Händler - beispielsweise aufgrund jahrelanger Übung - berechtigterweise erwarten konnte, auch in Zukunft vergleichbare Leistungen zu erhalten (Senatsurteile vom 13. Januar 2010 - VIII ZR 25/08, aaO Rn. 32 mwN; vom 6. Oktober 2010 - VIII ZR 209/07, ZIP 2010, 2350 Rn. 32, und VIII ZR 210/07, DB 2010, 2496 Rn. 31). So liegen die Dinge auch hier. Die Klägerin konnte nach den rechtsfehlerfreien Feststellungen des Berufungsgerichts erwarten, auch in Zukunft vergleichbare Zusatzleistungen zu erhalten.

bb)

Ausgleichsrelevant sind entgegen der Auffassung der Revision auch die von der Beklagten gezahlten Großabnehmerzuschüsse. Hierbei handelt es sich nach den zugrunde liegenden Vereinbarungen nicht um Verkaufshilfen, die zum Ausgleich des Absatzrisikos des Händlers gezahlt werden, sondern um verkaufsfördernde Preisnachlässe des Herstellers an den Kunden, in deren Höhe das Absatzrisiko aufgeteilt und auf den Hersteller verlagert wird (dazu näher die in den vorangegangenen Parallelverfahren ergangenen Senatsurteile vom 13. Januar 2010 - VIII ZR 25/08, aaO Rn. 35 ff. und vom 6. Oktober 2010 - VIII ZR 209/07, aaO Rn. 35).

d)

Das Berufungsgericht hat auf der Grundlage seiner rechtsfehlerfreien Feststellungen auch die zusätzlichen Zahlungen, die von Leasingunternehmen an die Klägerin geleistet wurden, in die Ausgleichsberechnung einbezogen. Auch insoweit nimmt der Senat auf seine Ausführungen zu den sogenannten "Leasingzuschüssen" in den vorangegangenen Parallelverfahren Bezug (Senatsurteile vom 13. Januar 2010 - VIII ZR 25/08, aaO Rn. 38 und vom 6. Oktober 2010 - VIII ZR 209/07, aaO Rn. 36, sowie VIII ZR 210/09 aaO Rn. 34). Das Vorbringen der Revision im vorliegenden Verfahren rechtfertigt keine andere rechtliche Beurteilung.

e)

Vergeblich beanstandet die Revision, dass das Berufungsgericht bei der gebotenen Reduzierung des Rohertrags um die händlertypischen Bestandteile lediglich einen Abzug von 29 % vorgenommen hat; die Revision erstrebt einen Abzug von 40 %. Der Senat hat die vom Berufungsgericht ermittelte Höhe des prozentualen Anteils der händlertypischen Bestandteile bereits in den vorangegangenen Parallelverfahren überprüft und als rechtsfehlerfrei beurteilt (Senatsurteil vom 13. Januar 2010 - VIII ZR 25/08, aaO Rn. 48; vom 6. Oktober 2010 - VIII ZR 209/07, aaO Rn. 43, und VIII ZR 210/07, aaO Rn. 37 f.). Die Berechnung des Berufungsgerichts im vorliegenden Verfahren weicht davon nicht ab.

f)

Das Berufungsgericht hat zutreffend erkannt, dass der nach Herausrechnung der händlertypischen Vergütungsbestandteile verbleibende Händlerrabatt in einem weiteren Schritt um den Anteil zu reduzieren ist, den der Händler für solche Leistungen erhält, die ihm, wäre er Handelsvertreter, nicht als Entgelt für seine werbende (vermittelnde) Tätigkeit, sondern für "verwaltende" (vermittlungsfremde) Tätigkeiten gezahlt würden (st. Rpr.; vgl. Senatsurteil vom 13. Januar 2010 - VIII ZR 25/08, aaO Rn. 50 mwN). Diesen Anteil hat das Berufungsgericht entgegen der Auffassung der Revision, die mindestens 3,16 % in Abzug bringen will, auch im vorliegenden Verfahren - ebenso wie in den vorangegangenen Parallelverfahren - in rechtlich nicht zu beanstandender Weise nach § 287 Abs. 2 ZPO auf 2,5 % der unverbindlichen Preisempfehlung zu den Mehrfachkunden-Geschäften geschätzt (vgl. Senatsurteile vom 13. Januar 2010 - VIII ZR 25/08, aaO; vom 6. Oktober 2010 - VIII ZR 209/07, aaO Rn. 45, und VIII ZR 210/07, aaO Rn. 40).

g)

Auch die Herabsetzung des Ausgleichsanspruchs aus Billigkeitsgründen um 35 % (§ 89b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 HGB aF) lässt entgegen der Auffassung der Revision keinen Rechtsfehler erkennen.

Die Würdigung der im Rahmen der Billigkeitsprüfung nach § 89b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 HGB aF (§ 89b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 HGB nF) zu berücksichtigenden Umstände obliegt dem Tatrichter, der einen darauf gestützten Abschlag vom Ausgleichsanspruch im Wege der Schätzung nach § 287 Abs. 2 ZPO vornehmen kann (st. Rspr.; vgl. Senatsurteile vom 13. Januar 2010 - VIII ZR 25/08, aaO Rn. 52; vom 6. Oktober 2010 - VIII ZR 209/07, aaO Rn. 47, und VIII ZR 210/07, aaO Rn. 41). Rechtsfehler der tatrichterlichen Würdigung des Berufungsgerichts werden von der Revision nicht aufgezeigt und sind auch nicht ersichtlich.

aa)

Dass das Berufungsgericht einen Billigkeitsabschlag für die Sogwirkung der Marke Volvo nicht, wie die Revision erstrebt, in Höhe von 60 %, sondern von nicht mehr als 25 % für angemessen erachtet hat, hält sich innerhalb des ihm eingeräumten weiten tatrichterlichen Ermessensspielraums (ebenso Senatsurteile vom 13. Januar 2010 - VIII ZR 25/08, aaO Rn. 53; vom 6. Oktober 2010 - VIII ZR 209/07, aaO, und VIII ZR 210/07, aaO). Das gilt auch, soweit das Berufungsgericht einen über 25 % hinausgehenden Abzug im Hinblick auf die später übernommene Vertretung der Marke Daihatsu mangels Vergleichbarkeit der Marken abgelehnt hat (ebenso Senatsurteile vom 13. Januar 2010 - VIII ZR 25/08, aaO Rn. 54; vom 6. Oktober 2010 - VIII ZR 209/07, aaO).

bb)

Nicht zu beanstanden ist auch, dass das Berufungsgericht einen Billigkeitsabschlag im Hinblick auf die Geschäfte zwischen der Klägerin und der ihr nahestehenden AVW nur in Höhe weiterer 10 % vorgenommen, eine darüber hinausgehende Kürzung des Ausgleichsanspruchs wegen einer vorfristigen Veräußerung von Fahrzeugen, die an AVW verkauft worden waren und für die die Klägerin einen Großabnehmerzuschuss erhalten hatte, dagegen verneint hat.

Das Berufungsgericht hat die Ablehnung eines weiteren Billigkeitsabschlags unter diesem Gesichtspunkt insbesondere damit begründet, dass der Klägerin durch die vorfristige Weiterveräußerung der an AVW verkauften Fahrzeuge letztlich kein wirtschaftlicher Verlust entstanden sei. Es sei schon nicht dargelegt, dass die betreffenden Geschäfte auch ohne den Zuschuss hätten realisiert werden können. Sie hätten deshalb zum Absatzerfolg der Beklagten selbst dann beigetragen, wenn die Klägerin die Beklagte über die Einhaltung der Zuschussbedingungen getäuscht haben sollte. Bereits das Landgericht habe es für unvorstellbar gehalten, dass die Beklagte die Gelegenheit für den Verkauf von Fahrzeugen an AVW nur wegen Nichteinhaltung der Haltefrist ungenutzt gelassen hätte. Im Übrigen sei es der Beklagten unbenommen, vertragswidrig erlangte Zuschüsse von der Klägerin zurückzufordern.

Gegen diese tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts bringt die Revision nichts vor. Sie macht allein geltend, dass der revisionsrechtlich zu Grunde zu legende Verstoß der Klägerin gegen die Zuschussbedingungen einen wichtigen Grund darstelle, der die Beklagte zur fristlosen Kündigung des Händlervertrages gemäß § 89a HGB berechtigt hätte, und dieser Umstand zumindest bei der Billigkeitsabwägung zu berücksichtigen sei, auch wenn Kündigung und wichtiger Grund nicht kumulativ vorlägen. Dies habe das Berufungsgericht verkannt.

Damit dringt die Revision nicht durch. Das Berufungsgericht hat die konkreten Umstände der vorfristigen Veräußerung von Fahrzeugen im Rahmen der Billigkeitsprüfung nach § 89b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 HGB aF nicht unberücksichtigt gelassen, sondern hat einen vorsätzlichen Verstoß der Klägerin gegen die Zuschussbedingungen unterstellt, gleichwohl aber einen Billigkeitsabschlag unter diesem Gesichtspunkt verneint. Diese tatrichterliche Würdigung ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Sie steht nicht im Widerspruch dazu, dass die Beklagte, wie der Senat in seinem Vorlagebeschluss in dieser Sache vom 29. April 2009 ausgeführt hat (aaO Rn. 27), nach dem revisionsrechtlich zu Grunde zu legenden Sachverhalt wegen des der Klägerin vorgeworfenen Verhaltens zur fristlosen Kündigung des Händlervertrages berechtigt gewesen wäre.

Ob sich ein Handelsvertreter ein Verhalten hat zu Schulden kommen lassen, das einen wichtigen Grund zur fristlosen Kündigung im Sinne der § 89a , § 89b Abs. 3 Nr. 2 HGB darstellt, kann zwar im Rahmen der Billigkeitsabwägung nach § 89b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 HGB aF zu einer Kürzung, unter Umständen auch zu einem vollständigen Ausschluss des Ausgleichsanspruchs führen; diese Rechtsfolge ist aber nicht zwingend, denn die allgemeine Billigkeitsprüfung eröffnet dem Gericht einen weiten Beurteilungsspielraum (Vorlagebeschluss vom 29. April 2009, aaO Rn. 21). Bei der Billigkeitsabwägung können auch solche Umstände zu berücksichtigen sein, die für die Frage, ob ein wichtiger Grund für eine fristlose Kündigung vorliegt, keine Rolle spielen. So liegt der Fall auch hier.

Für die Berechtigung der Beklagten zur fristlosen Kündigung des Vertragsverhältnisses mit der Klägerin ist es unerheblich, ob das der Klägerin vorgeworfene Verhalten zu einem wirtschaftlichen Verlust für die Beklagte geführt hat; unzumutbar war die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses mit der Klägerin für die Beklagte nach dem revisionsrechtlich zu Grunde zu legenden Sachverhalt bereits deshalb, weil sich die Klägerin durch fortgesetzte Täuschung der Beklagten ihr nicht zustehende Zuschüsse in erheblicher Höhe verschafft hatte und dadurch die für eine weitere Zusammenarbeit unerlässliche Vertrauensgrundlage irreparabel zerstört war (Vorlagebeschluss vom 29. April 2009, aaO Rn. 31). Im Rahmen der Billigkeitsabwägung nach § 89b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 HGB aF durfte das Berufungsgericht aber berücksichtigen, wie sich der Absatzerfolg für die Fahrzeuge der Beklagten ohne die Täuschung seitens der Klägerin gestaltet hätte, und unter diesem Gesichtspunkt einen (weiteren) Billigkeitsabschlag verneinen, weil der Beklagten nach den rechtsfehlerfreien und von der Revision auch nicht in Frage gestellten Tatsachenfeststellungen des Berufungsgerichts durch das Verhalten der Klägerin ein wirtschaftlicher Verlust nicht entstanden ist.

5.

Die Revision beanstandet dagegen mit Recht, dass das Berufungsgericht die Klage auf Auszahlung eines beantragten Großabnehmerrabatts hinsichtlich des Fahrzeugs mit der Fahrgestellnummer 322514 in Höhe von 1.131,23 € (2.212,50 DM) für begründet erachtet und insoweit die Berufung der Beklagten gegen das erstinstanzliche Urteil zurückgewiesen hat.

Das Berufungsgericht hat hierzu ausgeführt, die Beklagte müsse darlegen, dass die Zuschussbedingungen für den von der Klägerin beantragten Großabnehmerrabatt hinsichtlich dieses Fahrzeugs nicht eingehalten worden seien; sie könne sich nicht darauf beschränken zu bestreiten, dass die Zuschussbedingungen gewahrt seien. Das trifft nicht zu. Das Berufungsgericht hat insoweit die Darlegungslast verkannt. Als Anspruchstellerin muss die Klägerin darlegen und Beweis dafür antreten, dass die Voraussetzungen für den beantragten Zuschuss erfüllt sind. Entsprechendes Vorbringen der Klägerin ist dem Berufungsurteil nicht zu entnehmen. Die Revision beanstandet deshalb mit Recht, dass das Berufungsgericht der Klägerin den betreffenden Betrag zugesprochen hat. Dagegen bringt die Klägerin im Revisionsverfahren nichts vor.

III.

Da die Revision nur hinsichtlich des vom Berufungsgericht zuerkannten Anspruchs auf Zahlung eines Großabnehmerrabatts für das Fahrzeug mit der Fahrgestellnummer 322514 Erfolg hat, ist das Berufungsurteil auch nur insoweit aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO ); im Übrigen ist das Rechtsmittel dagegen zurückzuweisen.

Soweit die Revision begründet ist, hat der Senat in der Sache selbst zu entscheiden, weil weitere Feststellungen zum geltend gemachten Anspruch auf Zahlung eines Großabnehmerrabatts für das Fahrzeug mit der Fahrgestellnummer 322514 nicht zu treffen sind (§ 563 Abs. 3 ZPO ). Da dieser Anspruch, wie ausgeführt, der Klägerin nicht zusteht, ist insoweit auf die Berufung der Beklagten das erstinstanzliche Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen. Hinsichtlich des vom Berufungsgericht zuerkannten Ausgleichsanspruchs in Höhe von 98.637,17 € nebst Zinsen und der von der Revision nicht angegriffenen Verurteilung der Beklagten zur Zahlung weiterer 1.289,39 € nebst Zinsen bleibt das Berufungsurteil dagegen bestehen. Dies gilt auch für die vom Berufungsgericht getroffene Kostenentscheidung, weil die Revision nur in geringem Umfang begründet ist.

Von Rechts wegen

Verkündet am: 16. Februar 2011

Vorinstanz: LG Frankfurt am Main, vom 01.10.2003 - Vorinstanzaktenzeichen O 114/00
Vorinstanz: OLG Frankfurt am Main, vom 31.07.2007 - Vorinstanzaktenzeichen 5 U 255/03