Kontakt : 0221 / 93 70 18 - 0
Wir durchsuchen unsere Datenbank

BVerwG - Entscheidung vom 21.10.2010

1 WB 54.09

Normen:
WBO § 17 Abs. 1 S. 1
WBO § 19 Abs. 1 S. 1
WBO § 21 Abs. 2 S. 1
WBO § 23a Abs. 2
VwGO § 88
VwGO § 113 Abs. 1 S. 2
SG § 10 Abs. 3
SG § 62 Abs. 1

BVerwG, Beschluss vom 21.10.2010 - Aktenzeichen 1 WB 54.09

DRsp Nr. 2010/20223

Wehrdienstliche Kontrolle des Ergebnisses und der Durchführung einer dienstaufsichtlichen Prüfung; Möglichkeit der Geltendmachung eines Folgenbeseitigungsanspruches im Wehrbeschwerdeverfahren

Tenor

Die Anweisung des Personalamts der Bundeswehr vom 6. Dezember 2007 an den Kommandeur der ...division und der Beschwerdebescheid des Bundesministers der Verteidigung vom 1. Dezember 2008 werden aufgehoben.

Der Bundesminister der Verteidigung wird verpflichtet, die Streichung der Eintragungen in den Abschnitten 1.2 e und 1.3 der planmäßigen Beurteilung des Antragstellers vom 6. Juni 2007 sowie die Entfernung der Beurteilungsbeiträge vom 27. März 2006 und vom 7. Mai 2007 aus dieser planmäßigen Beurteilung rückgängig zu machen.

Die dem Antragsteller im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht einschließlich der im vorgerichtlichen Verfahren erwachsenen notwendigen Aufwendungen werden dem Bund auferlegt.

Normenkette:

WBO § 17 Abs. 1 S. 1; WBO § 19 Abs. 1 S. 1; WBO § 21 Abs. 2 S. 1; WBO § 23a Abs. 2 ; VwGO § 88 ; VwGO § 113 Abs. 1 S. 2; SG § 10 Abs. 3 ; SG § 62 Abs. 1 ;

Gründe

I

Der Antragsteller wendet sich gegen eine Anweisung des Personalamts der Bundeswehr an den Kommandeur der 1. Luftwaffendivision, Korrekturen in den Abschnitten 1.2 e und 1.3 seiner planmäßigen Beurteilung vom 6. Juni 2007 vorzunehmen und zwei Beurteilungsbeiträge aus dem Beurteilungsvorgang zu entfernen; er beantragt, diese Maßnahmen rückgängig zu machen.

Der 1959 geborene Antragsteller ist Berufssoldat, dessen Dienstzeit voraussichtlich mit Ablauf des 30. November 2018 enden wird. Er wurde am 5. März 1999 zum Oberstleutnant ernannt. Seit dem 1. Juni 2007 wird er als Dezernent im Amt für ... - Außenstelle B. - verwendet.

Vom 1. April 2005 bis zum 31. Mai 2007 war er als Nachrichtenstabsoffizier und Dezernatsleiter im Kommando ...division in F. eingesetzt. Während dieser Verwendung wurde er vom 21. November 2005 bis zum 23. März 2006 als personelle Verstärkung zur Dienstleistung beim ...kommando ... und erneut im Zeitraum vom 11. Dezember 2006 bis zum 13. April 2007 zur Dienstleistung als J 2 beim ...kommando ... jeweils nach ... T., USA, kommandiert. Zu diesen Auslandsverwendungen des Antragstellers wurden am 27. März 2006 und am 7. Mai 2007 Beurteilungsbeiträge gefertigt.

Am 6. Juni 2007 erstellte der Chef des Stabes des Kommandos ...division für den Antragsteller die planmäßige Beurteilung zum Vorlagetermin 30. September 2007. Im Beurteilungsabschnitt 1.2 e (Teilnahme an einer besonderen Auslandsverwendung/vergleichbaren Einsätzen) trug er unter "(Anzahl)" ein: "2 / Beurteilungsbeträge beigefügt". Im Abschnitt 1.3 der Beurteilung (Besondere Auslandsverwendungen/Vergleichbare Einsätze im Beurteilungszeitraum) trug er unter "(Anzahl Tage)" ein: "240".

Der Beurteilungsvorgang des Antragstellers wurde dem Personalamt der Bundeswehr nach Angaben des Bundesministers der Verteidigung am 17. August 2007 vorgelegt.

Das Personalamt wies den Kommandeur der ...division mit Schreiben vom 6. Dezember 2007 unter Bezugnahme auf Nr. 801 ZDv 20/6 an, die formalen Unrichtigkeiten in den Abschnitten 1.2 e und 1.3 der Beurteilung vom 6. Juni 2007 durch Streichung der dort vorgenommenen Eintragungen zu korrigieren und die als Anlagen dem Beurteilungsvorgang beigefügten Beurteilungsbeiträge zu entfernen. Zur Begründung führte das Personalamt aus, dass es sich bei den Auslandsverwendungen des Antragstellers beim ...kommando ... in T., USA, nicht um besondere Auslandsverwendungen bzw. um vergleichbare Einsätze handele, für die ein Beurteilungsbeitrag im Sinne der Nr. 505 Buchst. a ZDv 20/6 zu fertigen sei. Die vergleichbaren Einsätze seien vom Bundesministerium der Verteidigung (Führungsstab der Streitkräfte, Referat I 1) am 7. November 2007 in einer Auflistung abschließend festgelegt worden. Die beiden Verwendungen des Antragstellers in den USA seien in dieser Festlegung nicht erfasst.

Am 22. Januar 2008 nahm der Chef des Stabes des Kommandos ...division als zuständiger beurteilender Vorgesetzter die angeordneten Streichungen vor und machte sie mit Handzeichen, Datum und Dienstsiegelabdruck kenntlich. Am 10. März 2008 eröffnete er dem Antragsteller die vorgenommenen Korrekturen und setzte ihn über die Entfernung der beiden Beurteilungsbeiträge aus dem Beurteilungsvorgang in Kenntnis.

Dagegen legte der Antragsteller mit Schreiben vom 20. März 2008 Beschwerde ein. Er machte im Wesentlichen geltend, dass durch die Korrekturen entscheidende Inhalte in den Beurteilungsabschnitten 3, 4 und 5 verändert worden seien. Das wiege umso schwerer, weil er im Abschnitt 7 auf die offensichtliche "Schieflage" zwischen dem Inhalt der Beurteilungsbeiträge einerseits und den Wertungen der Einzelmerkmale in der Beurteilung andererseits hingewiesen habe, worauf der nächsthöhere beurteilende Vorgesetzte im Abschnitt 8 jedoch nicht eingegangen sei. Die Entfernung der beiden Beurteilungsbeiträge stelle einen erheblichen Eingriff in die Gesamtbeurteilung vom 6. Juni 2007 dar. Diese Beurteilung habe einheitlich aus dem Beurteilungsvordruck A und aus den eigenständigen Beurteilungsbeiträgen vom 27. März 2006 und vom 7. Mai 2007 bestanden. Deshalb sei es aus seiner Sicht zwingend, dass die Beurteilung insgesamt aufzuheben und der beurteilende Vorgesetzte zur Neufassung zu verpflichten sei. Im Übrigen sei fraglich, ob die Festlegung des Führungsstabes der Streitkräfte vom 7. November 2007 die bereits bestandskräftige Beurteilung überhaupt habe erfassen können.

Die Beschwerde wies der Bundesminister der Verteidigung - PSZ I 7 - mit Beschwerdebescheid vom 1. Dezember 2008 als unzulässig zurück. Er führte aus, das Ergebnis dienstaufsichtlicher Prüfungen stelle keine beschwerdefähige Maßnahme für den Antragsteller dar.

Gegen diese ihm am 4. Dezember 2008 eröffnete Entscheidung hat der Antragsteller am 18. Dezember 2008 die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts beantragt. Den Antrag hat der Bundesminister der Verteidigung - PSZ I 7 - mit seiner Stellungnahme vom 8. September 2009 dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.

Zur Begründung seines Rechtsschutzbegehrens trägt der Antragsteller ergänzend insbesondere vor:

Entgegen der Auffassung des Bundesministers der Verteidigung sei seine Beschwerde gegen einen dienstaufsichtlichen Eingriff zulässig. Nach abgeschlossenem Beurteilungsverfahren habe das Personalamt in der Sache keine Änderungen der Beurteilung mehr vornehmen dürfen. Durch die Separierung der beiden Beurteilungsbeiträge sei die planmäßige Beurteilung in ihrem wesentlichen Inhalt nachhaltig verändert worden. Der beurteilende Vorgesetzte, Oberst S., habe sich bei seinen Wertungen offensichtlich kurz gefasst, weil die beiden Beurteilungsbeiträge der Beurteilung als Anlage beigefügt gewesen seien. Im Übrigen habe das Personalamt ihm, dem Antragsteller, vor der beanstandeten Maßnahme kein rechtliches Gehör gewährt.

Der Antragsteller beantragt,

den Bundesminister der Verteidigung zu verpflichten, die am 6. Dezember 2007 vom Personalamt der Bundeswehr verfügte und am 10. März 2008 (offensichtlich gemeint: am 22. Januar 2008) durch das Kommando der ...division erfolgte Korrektur der planmäßigen Beurteilung vom 6. Juni 2007 zurückzunehmen.

Der Bundesminister der Verteidigung beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Er hält die Beschwerde zwar für zulässig, weil die als Ergebnis der dienstaufsichtlichen Prüfung durchgeführte Korrektur der Beurteilung gegen den Willen des Antragstellers erfolgt sei und die entsprechende Anweisung des Personalamts deshalb als truppendienstliche Maßnahme angefochten werden könne. In der Sache habe das Personalamt nach Abschluss des Beurteilungsverfahrens im Rahmen der ihm gemäß Nr. 901 ZDv 20/6 obliegenden Prüfung ohne Rechtsfehler festgestellt, dass die beiden Auslandsverwendungen des Antragstellers in T., USA, nicht als besondere Auslandsverwendungen bzw. als vergleichbare Einsätze zu qualifizieren seien. Deshalb hätten die insoweit angefertigten beiden Beurteilungsbeiträge nicht in die Personalakte aufgenommen werden dürfen. Besondere Auslandsverwendungen seien in § 59 Abs. 1 SG (offensichtlich gemeint: § 62 Abs. 1 SG in der Fassung der Bekanntmachung vom 30. Mai 2005 <BGBl. I S. 1482, 1501>) näher definiert. Der darin geforderte Beschluss der Bundesregierung sei für Verwendungen von Soldaten beim ...kommando ... in den USA nicht getroffen worden. Die Auslandsverwendungen des Antragstellers könne man auch nicht als vergleichbare Einsätze gemäß Nr. 505 Buchst. a ZDv 20/6 werten. Denn der insoweit zuständige Führungsstab der Streitkräfte habe die strittigen Verwendungen nicht in seine Auflistung der "vergleichbaren Einsätze" aufgenommen. Das Personalamt sei nicht gehindert gewesen, den diesbezüglichen Erlass des Bundesministeriums der Verteidigung - FüS I 1 - vom 7. November 2007 auf die Beurteilung des Antragstellers anzuwenden. Die Entfernung der beiden Beurteilungsbeiträge aus dem Beurteilungsvorgang habe nicht zur Folge, dass ein wesentlicher Teil der planmäßigen Beurteilung weggefallen oder verändert sei. Die beiden Auslandsverwendungen seien im Abschnitt 1.2 c (Beiträge Dritter) und im Abschnitt 12 (Ergänzende Angaben) aufgeführt. Die Bewertung der Leistungen des Antragstellers in den Beurteilungsbeiträgen habe der beurteilende Vorgesetzte gemäß Nr. 503 Buchst. i ZDv 20/6 in seine Gesamtwürdigung einbezogen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen. Die Beschwerdeakte des Bundesministers der Verteidigung - PSZ I 7 - .../08 - und die Personalgrundakte des Antragstellers haben dem Senat bei der Beratung vorgelegen.

II

Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat Erfolg.

Der vom Antragsteller gestellte Sachantrag ist dahin auszulegen, dass er neben dem Rechtsschutzziel, die am 22. Januar 2008 vollzogene Korrektur in den Abschnitten 1.2 e und 1.3 seiner planmäßigen Beurteilung vom 6. Juni 2007 und die Entfernung der Beurteilungsbeiträge vom 27. März 2006 und vom 7. Mai 2007 aus der Beurteilung rückgängig machen zu lassen, auch beantragt, die Anweisung des Personalamts der Bundeswehr vom 6. Dezember 2007 und den Beschwerdebescheid des Bundesministers der Verteidigung vom 1. Dezember 2008 aufzuheben. In diesem Sinne ist der von ihm - als Folgenbeseitigungsanspruch - geltend gemachte Antrag sachgerecht zu ergänzen, weil anderenfalls die Anweisung des Personalamts ungeachtet ihres Vollzuges weiter den Rechtsgrund für die Korrektur der planmäßigen Beurteilung und für die Separierung der beiden Beurteilungsbeiträge von der Beurteilung bietet.

Damit geht der Senat nicht im Sinne des § 23a Abs. 2 WBO i.V.m. § 88 VwGO über das materielle Antragsbegehren hinaus, denn der Antragsteller hat schon in seiner Beschwerdebegründung vom 4. August 2008 (Seite 2) ausdrücklich die Rechtswidrigkeit der Anweisung des Personalamts gerügt.

1.

Die Sachanträge sind zulässig.

a)

Der gegen die Anweisung des Personalamts gerichtete Aufhebungsantrag ist zulässig.

Das Personalamt hat seine Anweisung auf Nr. 801 ZDv 20/6 gestützt und die getroffene Entscheidung als Korrektur einer "formalen Unrichtigkeit" bezeichnet. Eine derartige Berichtigung gemäß Nr. 801 Satz 2 ZDv 20/6 stellt eine der nach Nr. 901 Satz 2 ZDv 20/6 zulässigen Maßnahmen des nachträglichen dienstauf-sichtlichen Eingreifens in Beurteilungen dar (Beschluss vom 28. April 2009 - BVerwG 1 WB 4.09 und 1 WB 5.09 - Buchholz 450.1 § 5 WBO Nr. 2 = NZWehrr 2009, 253).

Zwar ist das Ergebnis oder die Durchführung einer dienstaufsichtlichen Prüfung grundsätzlich der wehrdienstgerichtlichen Kontrolle entzogen, weil die Dienstaufsicht dem zuständigen Vorgesetzten nicht gegenüber dem untergebenen Soldaten obliegt; sie dient damit nicht der Wahrung der Rechte eines Soldaten im Sinne des § 17 Abs. 1 Satz 1 WBO (stRspr, Beschlüsse vom 9. August 2007 - BVerwG 1 WB 51.06 - Buchholz 450.1 § 17 WBO Nr. 62 = NZWehrr 2007, 252, vom 28. April 2009 - BVerwG 1 WB 78.08 - Buchholz 450.1 § 17 WBO Nr. 74 = NZWehrr 2009, 211 und vom 28. April 2009 - BVerwG 1 WB 4.09 und 5.09 - a.a.O.). Die Korrektur oder Aufhebung einer Beurteilung oder Stellungnahme im Wege der Dienstaufsicht durch die personalbearbeitende Stelle nach Nr. 901 ZDv 20/6 ist aber ausnahmsweise als dienstliche Maßnahme im Sinne des § 17 Abs. 3 Satz 1 WBO zu qualifizieren und kann wehrdienstgerichtlich angefochten werden, wenn sie gegen den Willen des beurteilten Soldaten erfolgt (stRspr, Beschlüsse vom 28. Mai 2008 - BVerwG 1 WB 11.08 - und vom 28. April 2009 - BVerwG 1 WB 4.09 und 5.09 - a.a.O., jeweils m.w.N.). Diese Voraussetzung ist hier erfüllt.

b)

Nach ständiger Rechtsprechung des Senats ist im Wehrbeschwerdeverfahren in entsprechender Anwendung des § 113 Abs. 1 Satz 2 VwGO (i.V.m. § 23a Abs. 2 WBO ) außerdem ein Antrag zulässig, mit dem ein Folgenbeseitigungsanspruch geltend gemacht wird. Dieser Anspruch dient - als Konkretisierung der Fürsorgepflicht des Vorgesetzten gemäß § 10 Abs. 3 SG - der Beseitigung von fortdauernden Schäden, die durch rechtswidriges Handeln eines militärischen Vorgesetzten oder einer Dienststelle der Bundeswehr herbeigeführt werden (Beschlüsse vom 20. September 2006 - BVerwG 1 WB 25.06 - Buchholz 449.2 § 40 SLV Nr. 2 und vom 29. Januar 2008 - BVerwG 1 WB 10.07 - Buchholz 449 § 3 SG Nr. 42).

2.

Die Anträge sind begründet.

Die Anweisung des Personalamts der Bundeswehr vom 6. Dezember 2007 ist - auch in der Fassung des Beschwerdebescheids des Bundesministers der Verteidigung vom 1. Dezember 2008 - rechtswidrig und verletzt den Antragsteller in seinen Rechten. Der Folgenbeseitigungsanspruch des Antragstellers ist begründet.

Nach Nr. 901 ZDv 20/6 prüfen die nächsthöheren Vorgesetzten und die zuständige personalbearbeitende Stelle die Beurteilung und deren ordnungsgemäßes Zustandekommen. Werden Verfahrensverstöße oder inhaltliche Fehler festgestellt, entscheidet im Rahmen der Dienstaufsichtspflicht jeder Vorgesetzte, solange er mit der Beurteilung befasst ist, anschließend die personalbearbeitende Stelle, ob die Beurteilung oder eine Stellungnahme aufgehoben, berichtigt oder ergänzt werden muss oder ob davon abgesehen werden kann. Diese dienstaufsichtliche Prüfung ist - ungeachtet der möglicherweise eingetretenen Bestandskraft der Beurteilung und der Stellungnahmen höherer Vorgesetzter - solange zulässig, bis die nächstfolgende planmäßige Beurteilung abgeschlossen ist. Nr. 901 Satz 2 ZDv 20/6 erfordert dabei eine zweigliedrige Prüfung des jeweiligen Vorgesetzten bzw. der personalbearbeitenden Stelle, nämlich einerseits die Feststellung eines Verfahrensverstoßes oder eines inhaltlichen Fehlers und andererseits die als Ermessensentscheidung ausgestaltete Prüfung, ob die Beurteilung oder die Stellungnahme deshalb aufgehoben oder berichtigt bzw. ergänzt werden muss oder ob davon abgesehen werden kann (Beschlüsse vom 18. August 2004 - BVerwG 1 WB 8.04 - NZWehrr 2005, 118 und vom 28. April 2009 - BVerwG 1 WB 4.09 und 5.09 - a.a.O.).

a)

Im Ergebnis zutreffend hat das Personalamt hier einen korrekturbedürftigen Fehler in den Abschnitten 1.2 e und 1.3 der planmäßigen Beurteilung vom 6. Juni 2007 festgestellt. Der Fehler ist allerdings nicht im Sinne der Nr. 801 Satz 2 ZDv 20/6 als "formale Unrichtigkeit" zu qualifizieren. Hierzu gehören lediglich Bezeichnungsfehler, die sich auf den Inhalt der Beurteilung nicht ausgewirkt haben und die keinen Verfahrensfehler darstellen. Diese Voraussetzung ist hier nicht erfüllt. Vielmehr handelt es sich bei der vom Personalamt beanstandeten Beifügung der beiden strittigen Beurteilungsbeiträge zu der planmäßigen Beurteilung und ihre Erwähnung in deren Abschnitten 1.2 e und 1.3 um Verfahrensverstöße, weil die Beurteilungsbeiträge inhaltlich zu Unrecht als Beiträge nach Nr. 505 Buchst. a ZDv 20/6 qualifiziert worden waren.

Nach Nr. 505 Buchst. a ZDv 20/6 ist beim Abschluss einer besonderen Auslandsverwendung oder eines vergleichbaren Einsatzes ein Beurteilungsbeitrag unter Beachtung der speziellen inhaltlichen und formellen Anforderungen in Nr. 505 Buchst. a bis d zu erstellen. Der Begriff der "besonderen Auslandsverwendung" ist in § 62 Abs. 1 SG definiert. Nach dieser Vorschrift sind besondere Auslandsverwendungen solche Verwendungen, die aufgrund eines Übereinkommens, eines Vertrages oder einer Vereinbarung mit einer über- oder zwischenstaatlichen Einrichtung oder mit einem auswärtigen Staat auf Beschluss der Bundesregierung im Ausland oder außerhalb des deutschen Hoheitsgebietes auf Schiffen oder in Luftfahrzeugen stattfinden. Ein solcher Beschluss der Bundesregierung für Verwendungen von Soldaten beim ...kommando ... ist nicht getroffen worden. Damit fehlt den beiden Auslandseinsätzen des Antragstellers in T., USA, die Rechtsnatur einer besonderen Auslandsverwendung, für die nach Nr. 505 Buchst. a ZDv 20/6 ein spezieller Beurteilungsbeitrag zu fertigen ist.

Auch ein "vergleichbarer Einsatz" im Sinne der Nr. 505 Buchst. a ZDv 20/6 liegt nicht vor.

Nach Fußnote 1 zu Nr. 505 Buchst. a Satz 1 ZDv 20/6 werden "vergleichbare Einsätze" durch den Führungsstab der Streitkräfte festgelegt. Dem Führungsstab der Streitkräfte steht dabei eine originäre Einschätzungsprärogative zu, die nur im Hinblick auf Art. 3 Abs. 1 GG einer wehrdienstgerichtlichen Kontrolle unterliegt. In seinem Grunderlass FüS I 1 vom 23. Januar 2007 zu Nr. 505 Buchst. a ZDv 20/6 hat der Führungsstab der Streitkräfte in abstrakt-genereller Form die Kriterien bestimmt, die mit besonderen Auslandsverwendungen vergleichbare Einsätze erfüllen müssen. Diese Einsätze - entweder im Ausland oder außerhalb des deutschen Hoheitsgebiets auf Schiffen/Booten bzw. in Luftfahrzeugen - müssen Belastungen sowie erschwerende Besonderheiten mit sich bringen, die besonderen Auslandsverwendungen vergleichbar sind. Dazu gehören nach Nr. 3 des Grunderlasses besondere zeitliche Belastungen, unregelmäßiger Dienst, das Fehlen planbarer Freizeit, die Unterbringung in Zelten, Massenunterkünften oder Containern, ferner besondere klimatische Bedingungen, die nicht dem bundesdeutschen Standard entsprechen, erschwerende Besonderheiten für die Kommunikation (etwa eingeschränkte Verfügbarkeit, hohe Telefonkosten), die eingeschränkte Versorgung mit Sanitär- und Hygieneeinrichtungen und eine gesteigerte Gefährdungslage. Nr. 4 des Grunderlasses regelt die Entscheidungskompetenz des Führungsstabes der Streitkräfte, die vergleichbaren Einsätze anhand der festgelegten Kriterien und unter Anlegung eines strengen Maßstabs verbindlich festzustellen; diese Feststellung wird vom Führungsstab in einer Übersicht der vergleichbaren Einsätze festgehalten und der Personalführung über PSZ I 1 zur Verfügung gestellt.

Unter Bezugnahme auf diesen Grunderlass hat der Führungsstab der Streitkräfte sodann im Erlass FüS I 1 vom 7. November 2007 mitgeteilt, dass er fünf Verwendungen als "vergleichbare Einsätze" im Sinne der Nr. 505 Buchst. a ZDv 20/6 festgestellt habe (im Einzelnen: Standing NATO Maritime Group 1 und Group 2 <SNMG 1 und 2>, Standing NATO Mine Countermeasure Group 1 und Group 2 <SNMCMG 1 und 2> und VN-Beobachtermissionen).

Im Zeitpunkt der angefochtenen Bescheide und der Vorlage des Verfahrens an den Senat hatte demnach der Führungsstab der Streitkräfte die Verwendung beim ...kommando ... in T. nicht als "vergleichbaren Einsatz" festgestellt. Daher waren die beiden strittigen Beurteilungsbeiträge als "einfache" Beurteilungsbeiträge im Sinne der Nr. 503 Buchst. a ZDv 20/6 zu qualifizieren, die in einer planmäßigen Beurteilung lediglich in Abschnitt 1.2 c als "Beiträge Dritter" zu erwähnen und im Übrigen im Rahmen der Gesamtwürdigung des beurteilenden Vorgesetzten inhaltlich in die Beurteilung einzubeziehen sind, ohne jedoch als eigenständige Anlagen Teil der Beurteilung zu werden (Nr. 503 Buchst. i ZDv 20/6).

b)

Die angefochtene Anweisung erweist sich aber als ermessensfehlerhaft, weil das Personalamt das ihm nach Nr. 901 Satz 2 ZDv 20/6 zustehende Ermessen bei der Auswahl der möglichen dienstaufsichtlichen Maßnahmen nicht fehlerfrei ausgeübt und insbesondere nicht erwogen hat, die Beurteilung insgesamt aufzuheben. Für eine sorgfältige Ermessensausübung hätte hier besondere Veranlassung bestanden, weil - wie der Antragsteller zutreffend vorträgt - durch die Streichung der Angaben in den Abschnitten 1.2 e und 1.3 der Beurteilung und durch die Entfernung der beiden Beurteilungsbeiträge aus der planmäßigen Beurteilung deren Inhalt maßgeblich verändert wird.

Das ergibt sich aus folgenden Erwägungen:

Schon in der abschließenden Aufzählung der Beurteilungsarten in Nr. 201 Buchst. a ZDv 20/6 werden in Satz 2 bei den sechs dort genannten Aussagen und Stellungnahmen mit Beurteilungscharakter die einfachen Beurteilungsbeiträge nach Nr. 503 ZDv 20/6 nicht erwähnt, wohl aber - als erste - die speziellen Beurteilungsbeiträge nach einer besonderen Auslandsverwendung bzw. nach einem vergleichbaren Einsatz gemäß Nr. 505 ZDv 20/6. Kennzeichnend für Beurteilungsbeiträge nach Nr. 505 ZDv 20/6 ist, dass sie - wie reguläre Beurteilungen - den förmlichen Anhörungs-, Erörterungs- und Eröffnungsverfahren nach Kapitel 6 und 7 der ZDv 20/6 unterliegen und dauerhafter Bestandteil der planmäßigen Beurteilung und sodann auch Bestandteil der Personalakten werden (Nr. 505 Buchst. a letzter Satz, Nr. 505 Buchst. c Satz 1 ZDv 20/6). Bei einfachen Beurteilungsbeiträgen nach Nr. 503 ZDv 20/6 ist dagegen das Verfahren der Erörterung und Eröffnung nach Kapiteln 6 und 7 ZDv 20/6 nicht durchzuführen (Nr. 503 Buchst. b Satz 2); diese Beurteilungsbeiträge werden nicht Bestandteil der Beurteilung und sind außerhalb der Personalakten zu verwahren. Sie sind drei Monate nach Bestandskraft der Beurteilung zu vernichten (Nr. 503 Buchst. h Satz 1 ZDv 20/6).

Mit diesen Regelungen hat der Erlassgeber festgelegt, dass Beurteilungsbeiträge nach Nr. 505 ZDv 20/6 einen materiell eigenständigen Charakter aufweisen, weil sie - mit dem originären Werturteil des beurteilenden Beitragsverfassers - inhaltlicher Bestandteil der planmäßigen Beurteilung werden und bleiben und die Wertungen des zuständigen beurteilenden Vorgesetzten aus der Perspektive eines weiteren Vorgesetzten ergänzen. Spezielle Beurteilungsbeiträge im Sinne der Nr. 505 ZDv 20/6 sprechen also im Rahmen der planmäßigen Beurteilung als selbständige Wertungen "durch sich selbst".

Die einfachen Beurteilungsbeiträge gemäß Nr. 503 Buchst. a Satz 1 ZDv 20/6 stellen demgegenüber lediglich unselbstständige Vorbereitungshandlungen dar, die dem zur Beurteilung berufenen Vorgesetzten zusätzliche Erkenntnisquellen eröffnen sollen. Die Feststellungen und Bewertungen in einem einfachen Beurteilungsbeitrag nach Nr. 503 Buchst. a ZDv 20/6 sind nur insoweit beachtlich, als sie bei der abschließenden Beurteilung zur Kenntnis genommen und bedacht werden müssen. Der für die Beurteilung zuständige Vorgesetzte ist dabei an die in diesen Beurteilungsbeiträgen enthaltenen Werturteile nicht in der Weise gebunden, dass er sie in seine Beurteilung "fortschreibend" übernehmen müsste (stRspr, vgl. Beschluss vom 8. März 2006 - BVerwG 1 WB 23.05 - Buchholz 449.2 § 2 SLV 2002 Nr. 7 m.w.N.; vgl. auch Urteil vom 5. November 1998 - BVerwG 2 A 3.97 - BVerwGE 107, 360 = Buchholz 236.11 § 1a SLV Nr. 5). Demgemäß ist in Nr. 503 Buchst. i ZDv 20/6 festgelegt, dass der beurteilende Vorgesetzte auf der Grundlage einer Gesamtwürdigung, die auch die durch "einfache" Beurteilungsbeiträge vermittelten Erkenntnisse einzubeziehen hat, seine Bewertung in eigener Verantwortung trifft. Das Werturteil des Verfassers eines einfachen Beurteilungsbeitrags steht also in der Beurteilung nicht selbständig neben dem Werturteil des beurteilenden Vorgesetzten, sondern geht inhaltlich darin auf.

Damit weist der Bewertungsvorgang des beurteilenden Vorgesetzten bei einfachen Beurteilungsbeiträgen und solchen nach Abschluss besonderer Auslandsverwendungen (bzw. vergleichbarer Einsätze) erhebliche Unterschiede auf. Bei den speziellen Beurteilungsbeiträgen nach Nr. 505 ZDv 20/6 ist er frei darin, ob er auf deren Inhalt Bezug nimmt, ob er sie zu eigenen Wertungen ins Verhältnis setzt oder ob er sie "durch sich selbst" sprechen lässt. Einfache Beurteilungsbeiträge nach Nr. 503 ZDv 20/6 muss er hingegen "verarbeiten" und im Rahmen seines eigenen Werturteils in die Beurteilung einbringen, ohne - wie oben ausgeführt - an eine inhaltliche Fortschreibung ihres Inhalts gebunden zu sein.

Die vom Personalamt angeordnete Korrektur verändert vor diesem Hintergrund die planmäßige Beurteilung vom 6. Juni 2007 in ihrem materiellen Inhalt. Denn mit der Separierung der beiden strittigen Beurteilungsbeiträge und der Streichung der Angaben in den Abschnitten 1.2 e und 1.3 der Beurteilung bleiben die Äußerungen des beurteilenden Vorgesetzten mit dem Inhalt stehen, die er in Ausübung seines Beurteilungsspielraums in der Annahme formuliert hat, die Beurteilungsbeiträge würden als dauerhafter Bestandteil der Beurteilung (und der Personalakten) den personalführenden Stellen bei künftigen Personalentscheidungen als zusätzliche eigenständige Bewertungsquellen zur Verfügung stehen. Es ist daher nicht auszuschließen, sondern sogar eher wahrscheinlich, dass die wertenden Äußerungen in der planmäßigen Beurteilung inhaltlich anders ausgefallen wären, wenn der beurteilende Vorgesetzte von einfachen Beurteilungsbeiträgen ausgegangen wäre und nicht darauf vertraut hätte, dass die beiden strittigen Beurteilungsbeiträge als Bestandteil der Personalakte auch "für sich selbst sprechen" könnten.

Das Personalamt hätte deshalb im Rahmen des ihm nach Nr. 901 Satz 2 ZDv 20/6 zustehenden Ermessens prüfen und in seiner Entscheidung hinreichend dokumentieren müssen, aus welchen Erwägungen eine Korrektur als ausreichendes dienstaufsichtliches Mittel in Betracht kam oder ob möglicherweise die Beurteilung insgesamt hätte aufgehoben werden müssen bzw. - falls Letzteres nicht gewünscht war - ob von einer Änderung der Beurteilung abgesehen werden sollte. Derartige Ermessenserwägungen hat das Personalamt in der angefochtenen Anweisung jedoch nicht angestellt. Sie sind auch nicht im Beschwerdebescheid oder in der Vorlage des Bundesministers der Verteidigung an den Senat nachgeholt worden. Der Bundesminister der Verteidigung hat in der Vorlage auf die Darlegung ergänzender Ermessenserwägungen verzichtet, weil er von der unzutreffenden Annahme ausgegangen ist, dass durch die Entfernung der beiden Beurteilungsbeiträge wesentliche Aussagen und Bewertungen in der Beurteilung des Antragstellers inhaltlich nicht verändert würden.

Die angefochtene Anweisung des Personalamts erweist sich deshalb als ermessensfehlerhaft und ist aufzuheben (§ 21 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 19 Abs. 1 Satz 1 WBO ).

Dem Antrag auf Folgenbeseitigung ist in der aus dem Tenor ersichtlichen Form zu entsprechen ( § 23a Abs. 2 WBO i.V.m. § 113 Abs. 1 Satz 2 und 3 VwGO ).

Die vom Antragsteller angestrebte Rückgängigmachung der Anweisung des Personalamts vom 6. Dezember 2007 ist nach wie vor möglich; die strittigen Beurteilungsbeiträge sind nach dem Inhalt der vorgelegten Akten noch nicht vernichtet. Es fehlt auch nicht an der Spruchreife.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 21 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 20 Abs. 1 Satz 1 WBO .