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BVerwG - Entscheidung vom 27.04.2010

1 WB 39.09

Normen:
GG Art. 33 Abs. 2
WBO § 19 Abs. 1 S. 1, 4
WBO § 21 Abs. 2 S. 1
SG § 3 Abs. 1
SG § 87 Abs. 1 S. 1, 5
SLV § 47 Abs. 2

Fundstellen:
BVerwGE 136, 388
DVBl 2010, 1057

BVerwG, Beschluss vom 27.04.2010 - Aktenzeichen 1 WB 39.09

DRsp Nr. 2010/9514

Besetzung des Dienstpostens eines Flottillenarztes in einem Bundeswehrkrankenhaus mit einem zivilen Bewerber; Nachträgliche Einführung von Zweifeln bzgl. der Eignung für einen nach der Besoldungsgruppe A 16 bewerteten Dienstposten im gerichtlichen Verfahren; Vereinbarkeit eines Verzichts auf die Einholung von mit einer dienstlichen Beurteilung vergleichbaren Leistungseinschätzungen über einen zivilen Bewerber mit dem Leistungsprinzip; Pflicht zur Einholung von Arbeitszeugnissen über einen zivilen Bewerber bei der Besetzung eines Dienstpostens

1. Die Auswahlentscheidung für einen militärischen Beförderungsposten ist materiell rechtswidrig, wenn im Rahmen des Eignungs- und Leistungsvergleichs auf Seiten eines Bewerbers keine aussagekräftigen und vergleichbaren Leistungseinschätzungen herangezogen wurden. Dies gilt auch dann, wenn es sich bei einem der Bewerber um einen zivilen Seiteneinsteiger handelt.2. Eine einmal getroffene militärische Verwendungsentscheidung verfestigt sich nicht dahin, dass der durch sie begünstigte Soldat eine rechtlich gesicherte Position erwirbt, auf dem ihm zugewiesenen Dienstposten verbleiben zu können.3. § 3 Abs. 1 SG erstreckt die Verpflichtung zur Dokumentation der wesentlichen Auswahlerwägungen über Ernennungen hinaus auf Verwendungsentscheidungen.

Tenor

Die Entscheidung des Abteilungsleiters Personal-, Sozial- und Zentralangelegenheiten im Bundesministerium der Verteidigung vom 9. März 2009, den Dienstposten des Leiters der Abteilung X beim Bundeswehrkrankenhaus Y mit Flottillenarzt Z zu besetzen, wird aufgehoben.

Der Bundesminister der Verteidigung wird verpflichtet, über die Besetzung dieses Dienstpostens unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.

Die dem Antragsteller im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht einschließlich der im vorgerichtlichen Verfahren erwachsenen notwendigen Aufwendungen werden dem Bund auferlegt.

Normenkette:

GG Art. 33 Abs. 2 ; WBO § 19 Abs. 1 S. 1, 4; WBO § 21 Abs. 2 S. 1; SG § 3 Abs. 1 ; SG § 87 Abs. 1 S. 1, 5; SLV § 47 Abs. 2;

Gründe

I

Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung betrifft einen Konkurrentenstreit um die Besetzung des nach Besoldungsgruppe A 16 bewerteten Dienstpostens eines Abteilungsleiters beim Bundeswehrkrankenhaus Y.

Der ... geborene Antragsteller ist Berufssoldat; seine Dienstzeit endet voraussichtlich mit Ablauf des 31. Dezember 2023. Zum Oberfeldarzt wurde er am ... 2005 ernannt. Seit 1. Januar 2005 wird er auf einem nach Besoldungsgruppe A 15 bewerteten Dienstposten eines Sanitätsstabsoffiziers Arzt beim Bundeswehrkrankenhaus Y verwendet; er ist Leiter der Teileinheit N. und Leitender Oberarzt in der Abteilung X.

Mit Schreiben vom 11. April 2008 bat der Antragsteller beim Personalamt der Bundeswehr um Mitbetrachtung bei der Nachbesetzung des freiwerdenden, nach Besoldungsgruppe A 16 bewerteten Dienstpostens des Leiters der Abteilung X beim Bundeswehrkrankenhaus Y (Teileinheit/Zeile ...). Unter dem 10. September 2008 teilte das Personalamt dem Antragsteller mit, dass diesem Wunsch entsprochen werde.

Bereits zuvor hatte sich der Personalberaterauschuss beim Inspekteur des Sanitätsdienstes im "Umspruchverfahren", bei dem ein ziviler Bewerber, Privatdozent Z, und der Antragsteller betrachtet wurden, einstimmig dafür ausgesprochen, den Dienstposten mit Z zu besetzen (Protokoll vom 1. September 2008). Mit der entsprechenden Empfehlung des Inspekteurs des Sanitätsdienstes erklärte sich der Abteilungsleiter Personal-, Sozial- und Zentralangelegenheiten (PSZ) im Bundesministerium der Verteidigung mit Schreiben vom 9. September 2008 einverstanden. Nach Auskunft des Bundesministers der Verteidigung - PSZ I 7 - vom 8. April 2010 bezog sich diese Billigung inhaltlich zunächst darauf, Z zu einer Eignungsübung einzuberufen.

Ab dem 1. Dezember 2008 war Z mit dem vorläufigen Dienstgrad eines Flottillenarztes im Rahmen einer Eignungsübung für die Übernahme in das Dienstverhältnis eines Berufssoldaten mit der Wahrnehmung der Aufgaben des Leiters der Abteilung VI A beim Bundeswehrkrankenhaus Y betraut. Mit Beurteilung vom 17. Februar 2009 empfahl der Chefarzt des Bundeswehrkrankenhauses Y die Berufung von Z in das Dienstverhältnis eines Berufssoldaten; dieser Empfehlung schloss sich der Kommandeur des Sanitätskommandos ... mit Stellungnahme vom 27. Februar 2009 an.

Am 9. März 2009 entschied der Abteilungsleiter PSZ im Bundesministerium der Verteidigung, den Dienstposten des Leiters der Abteilung X beim Bundeswehrkrankenhaus Y mit Flottillenarzt Z zu besetzen. Der Entscheidung liegt eine -- vom Abteilungsleiter PSZ mit dem Handzeichen "Wil 9/3" abgezeichnete - Vorlage des Referatsleiters PSZ I 3 vom 3. März 2009 zugrunde. Die Vorlage beschreibt die wesentlichen wahrzunehmenden Aufgaben des Dienstpostens und benennt als Kandidaten Flottillenarzt Privatdozent Z und den Antragsteller, deren Werdegänge und Qualifikationen in geraffter Form dargestellt werden. Im Abschnitt "Bewertung" wird festgestellt, dass sowohl Z als auch der Antragsteller aufgrund ihrer fachärztlichen Qualifikation für den Dienstposten des Leiters der Abteilung X geeignet seien; vor dem Hintergrund der größeren wissenschaftlichen Expertise, der breiteren intensivmedizinischen Kompetenz sowie der Lehrbefähigung für das Fach Neurologie werde empfohlen, den Dienstposten mit Z zu besetzen. Die Vorlage schließt mit einem Entscheidungsvorschlag zugunsten von Z. Ihr sind als Anlagen tabellarische Personalbögen von Z und dem Antragsteller beigefügt.

Mit Verfügung Nr. 0900171587 vom 2. April 2009 verfügte das Bundesministerium der Verteidigung - PSZ I 3 - den Wechsel von Z auf den hier strittigen Dienstposten mit Wirkung vom 1. April 2009.

Mit Schreiben vom 9. April 2009, ausgehändigt am 11. Mai 2009, teilte das Personalamt der Bundeswehr dem Antragsteller mit, dass das Votum für die Besetzung des Dienstpostens des Leiters der Abteilung X zugunsten eines anderen Kandidaten ausgefallen und die Nachbesetzung zum 1. April 2009 erfolgt sei. Der Antrag des Antragstellers könne daher gemäß Nr. 4 der Versetzungsrichtlinien nicht mit dienstlichen Belangen in Einklang gebracht werden.

Mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 4. Mai 2009 legte der Antragsteller gegen die Versetzung von Z auf den Dienstposten des Abteilungsleiters X im Bundeswehrkrankenhaus Y, gegen die zugrundeliegende Auswahlentscheidung und gegen die damit verbundene Zurückweisung seiner Bewerbung bzw. seines Versetzungsantrags Beschwerde ein. Er verwies hierzu auf ein Schreiben vom 17. April 2009, in dem der Bundesminister der Verteidigung - PSZ I 7 - dem Senat in einem vorgängigen Wehrbeschwerdeverfahren des Antragstellers (BVerwG 1 WB 2.09) mitgeteilt hatte, dass Z zum Berufssoldaten ernannt und auf den hier strittigen Dienstposten versetzt worden sei. Der Bundesminister der Verteidigung - PSZ I 7 - wertete die Beschwerde als Antrag auf gerichtliche Entscheidung durch das Bundesverwaltungsgericht und legte diesen zusammen mit seiner Stellungnahme vom 17. Juli 2009 dem Senat vor.

Zur Begründung trägt der Antragsteller insbesondere vor:

Die Auswahlentscheidung beruhe auf einer unzulässigen Abweichung vom Anforderungsprofil. Ausschlaggebend für die Auswahl von Z sei vor allem dessen wissenschaftliche Expertise und Lehrbefähigung für das Fach Neurologie gewesen; diese Eignungskriterien fielen jedoch nicht unter das Anforderungsprofil. Andererseits sei nicht ersichtlich, woraus das Bundesministerium der Verteidigung die in der Entscheidungsvorlage geforderte persönliche und militärische Befähigung des ausgewählten Bewerbers entnommen habe. So fehle es insbesondere an einer Prüfung der Auslandsdienstverwendungsfähigkeit von Z. Auch im Hinblick auf die wehrmedizinischen und wehrverwaltungstechnischen Anforderungen seien die Kriterien des Anforderungsprofils nicht an den Mitbewerber angelegt worden. Fehlerhaft sei die Auswahlentscheidung ferner, weil das Bundesministerium der Verteidigung mit der Einbeziehung einer besonderen wissenschaftlichen Qualifikation des Mitbewerbers seinen Beurteilungsspielraum überschritten habe. Die Bewertung der wissenschaftlichen Befähigung des Mitbewerbers, insbesondere der Vergleich, ob dessen wissenschaftliche Befähigung seine, des Antragstellers, langjährige praktische Tätigkeit und die dabei erworbenen Erfahrungen aufwiege, liege außerhalb der Bewertungskompetenz der für die Personalentscheidung zuständigen Stellen.

Die Ablehnung seiner Bewerbung sei schließlich vor allem rechtswidrig, weil die Auswahlentscheidung nicht auf einem Leistungsvergleich beruhe, der den Anforderungen des Art. 33 Abs. 2 GG bzw. § 3 Abs. 1 SG genüge. Für den Leistungsvergleich könne die Beurteilung zum Abschluss der Eignungsübung von Z nicht herangezogen werden, weil es insoweit an der erforderlichen Kompatibilität der Beurteilungen fehle. Im Hinblick auf die vom Bundesverwaltungsgericht geäußerten Bedenken gegen die Anwendbarkeit der ZDv 20/6 bestünden ferner Zweifel an der Rechtmäßigkeit seiner, des Antragstellers, planmäßigen Beurteilung vom 23. August 2007. Insgesamt sei der Mitbewerber als Seiteneinsteiger nicht dem gleichen Maßstab unterworfen worden, wie er, der Antragsteller. Während seiner Eignungsprognose dienstliche Beurteilungen zugrunde gelegen hätten, habe der Mitbewerber den Vergleich gänzlich unbelastet von Leistungseinschätzungen seiner Vorgesetzten angetreten. Es sei nicht ersichtlich, dass sich das Bundesministerium der Verteidigung um entsprechende Einschätzungen, wie etwa ein Dienstzeugnis des früheren öffentlich-rechtlichen Arbeitgebers von Z, bemüht hätte; vielmehr habe es zugunsten von Z ohne nähere Belege fachlich einwandfreie berufspraktische Leistungen und eine breitere berufspraktische Kompetenz unterstellt. Auf eine Leistungsbewertung für die vorangegangene Tätigkeit Zs habe auch nicht wegen der unterschiedlichen praktischen Handhabung bei dienstlichen Beurteilungen und Arbeitszeugnissen verzichtet werden dürfen. Der Einwand, dass Arbeitszeugnisse wegen des arbeitsvertraglichen Wohlwollensgebots hinsichtlich ihres Aussagegehalts weniger objektiv seien als dienstliche Beurteilungen, sei schon deshalb unbeachtlich, weil keine Arbeitszeugnisse von Z herangezogen worden seien. Im Übrigen könne es ein Personalreferat nicht vor unüberwindbare Schwierigkeiten stellen, ein auch wohlwollendes Arbeitszeugnis auf einen "objektiven Kern" zu reduzieren. Das Bundesministerium der Verteidigung sei jedenfalls gehalten gewesen, entsprechende Auskünfte von der früheren Beschäftigungsstelle Zs einzuholen, wenn und soweit es positive Leistungen des Mitbewerbers bei der Auswahlentscheidung habe zugrunde legen wollen. Stattdessen habe das Ministerium versucht, die Erkenntnisdefizite hinsichtlich von Z mit "Negativerkenntnissen" zu seinen, des Antragstellers, Lasten auszugleichen.

Der Bundesminister der Verteidigung beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung sei unzulässig, soweit er sich gegen die zugrunde liegende Auswahlentscheidung richte; diese sei eine interne Vorbereitungshandlung, die noch nicht unmittelbar in Rechte des Antragstellers eingreife. Soweit sich der Antragsteller gegen die Ablehnung seines Versetzungsantrags wende, sei der Rechtsweg zum Bundesverwaltungsgericht nicht unmittelbar eröffnet; da es sich insoweit um eine Entscheidung des Personalamts der Bundeswehr handele, sei eine vorherige Beschwerdeentscheidung des Bundesministers der Verteidigung erforderlich. Soweit der Antragsteller schließlich gegen die Verfügung des Dienstpostenwechsels vom 2. April 2009, mit der Z auf den strittigen Dienstposten versetzt worden sei, vorgehe, sei der Antrag auf gerichtliche Entscheidung zulässig, jedoch unbegründet. Die zugunsten von Z getroffene Verwendungsentscheidung sei rechtmäßig und verletze den Antragsteller nicht in seinen Rechten.

Eine Abweichung vom Anforderungsprofil liege nicht vor. Den Anforderungen des Dienstpostens sei zu entnehmen, dass der Abteilungsleiter für die fachliche Aus-, Fort- und Weiterbildung von Sanitätsoffizieren, angestellten Ärzten und weiterem Personal, für die Ausbildung zu Ärzten mit Gebietsbezeichnung, für die klinische Ausbildung von Studierenden der Medizin sowie für die Abnahme des Staatsexamens verantwortlich sei. Die Ausbildung und Prüfung der genannten Personen müsse auf der Grundlage von fundierten wissenschaftlichen Erkenntnissen erfolgen. Im Übrigen sei zu betonen, dass es sich bei der Leitung einer Abteilung in einem Bundeswehrkrankenhaus nicht um eine primär militärische, sondern um eine Verwendung handele, die im Wesentlichen mit den Aufgaben in einem zivilen Krankenhaus identisch sei.

Die getroffene Auswahlentscheidung sei auch nicht deshalb rechtswidrig, weil sie auf einem unzureichenden Leistungsvergleich beruhe. Die Beurteilung, die für Z im Rahmen der Eignungswehrübung erstellt worden sei, sei für die truppendienstliche Verwendungsentscheidung nicht herangezogen worden, weil sie der Vorbereitung einer Statusentscheidung gedient habe. Zutreffend sei, dass der ausgewählte Kandidat im Gegensatz zum Antragsteller über keine militärischen Beurteilungen verfügt habe. Die Forderung nach militärischen Beurteilungen für einen Seiteneinsteiger würde jedoch den Willen des Verordnungsgebers ad absurdum führen, den dringenden medizinischen Bedarf gegebenenfalls auch durch die Einstellung qualifizierter Seiteneinsteiger zu decken. Ein "echter" Leistungsvergleich sei daher nicht möglich. Ungeachtet dessen sei es jedoch zulässig, zumindest die Erkenntnisse bei den militärischen Kandidaten zu verwerten, die Zweifel an ihrer Eignung für einen bestimmten höherwertigen Dienstposten erkennen ließen. So habe der Antragsteller in den letzten drei planmäßigen Beurteilungen keinen einzigen Verwendungsvorschlag in die A 16-Ebene erhalten. Es sei daher durchaus zulässig gewesen, den Antragsteller bei der Nachbesetzungsentscheidung nicht mitzubetrachten, weil erhebliche Zweifel an seiner grundsätzlichen Eignung für den Dienstposten bestanden hätten. Er sei dennoch mitbetrachtet worden, weil er zumindest der geeignetste militärische Kandidat gewesen sei.

Dass vor der Auswahlentscheidung keine zivilen Beurteilungen von Z eingeholt worden seien, stelle keinen Ermessensfehler dar. Es sei unmöglich, einen Vergleich zwischen dienstlichen Beurteilungen und zivilen Bewertungen durchzuführen, weshalb ein solcher Vergleich auch unterblieben sei. Dienstliche Beurteilungen sollten ein aussagefähiges, widerspruchsfreies und möglichst objektives Bild der Persönlichkeit, der dienstlichen Eignung und Leistung sowie des Potenzials des Soldaten abgeben und Möglichkeiten für dessen Entwicklung und Ausbildung aufzeigen; dies bedeute, dass auch auf Schwächen des zu Beurteilenden hingewiesen werden müsse, die unter Umständen seinen Werdegang negativ beeinflussen. Im Gegensatz dazu gehe das Bundesarbeitsgericht bei einem zivilen Arbeitszeugnis davon aus, dass der wohlwollende Maßstab eines verständnisvollen Arbeitgebers zugrunde zu legen sei, der dem Arbeitnehmer das berufliche Fortkommen nicht ungerechtfertigt erschweren dürfe. Dies habe in der Praxis dazu geführt, qualifizierte zivile Zeugnisse in der Regel positiv zu formulieren, Negatives wegfallen zu lassen und Probleme des zu Beurteilenden zu verklausulieren. Ferner habe eine dienstliche Beurteilung Aussagen zum Potenzial des Soldaten abzugeben und Möglichkeiten für dessen Entwicklung und Ausbildung aufzuzeigen; dieser zukunftsorientierte prognostische Anteil sei einem zivilen Arbeitszeugnis fremd.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen. Die Beschwerdeakte des Bundesministers der Verteidigung - PSZ I 7 - Az.: 491/09 -, die Personalgrundakte des Antragstellers, Hauptteile A bis D, und die Gerichtsakten der früheren Verfahren des Antragstellers BVerwG 1 WB 2.09 und BVerwG 1 WDS-VR 1.09 haben dem Senat bei der Beratung vorgelegen.

II

Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat Erfolg.

1.

Der Antragsteller hat keinen bestimmten Sachantrag gestellt. Seine - vom Bundesminister der Verteidigung - PSZ I 7 - zutreffend als Antrag auf gerichtliche Entscheidung behandelte (§ 21 Abs. 1 WBO ) - Beschwerde vom 4. Mai 2009 richtet sich "gegen die Versetzung des Konkurrenten" und "gegen die zu Grunde liegende Auswahlentscheidung und die damit verbundene Zurückweisung der Bewerbung bzw. des Versetzungsantrags". Bei sach- und interessengerechter Auslegung des Rechtsschutzbegehrens beantragt der Antragsteller danach, die Entscheidung des Abteilungsleiters Personal-, Sozial- und Zentralangelegenheiten (PSZ) im Bundesministerium der Verteidigung vom 9. März 2009, den Dienstposten des Leiters der Abteilung X beim Bundeswehrkrankenhaus Y mit Flottillenarzt Z zu besetzen, aufzuheben und den Bundesminister der Verteidigung zu verpflichten, über die Besetzung dieses Dienstpostens unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.

Entgegen der von dem Bundesminister der Verteidigung - PSZ I 7 - in seinem Vorlageschreiben vom 17. Juli 2009 vertretenen Auffassung ist es nicht angebracht, das Rechtsschutzbegehren des Antragstellers in einzelne, gesondert zu beurteilende Teile (Auswahlentscheidung; Versetzung des ausgewählten Bewerbers auf den Dienstposten bzw. entsprechender Dienstpostenwechsel; Ablehnung der Bewerbung bzw. des Versetzungsantrags des unterlegenen Bewerbers) aufzuspalten. Die für den hier vorliegenden Konkurrentenstreit maßgebliche Entscheidung stellt die Auswahlentscheidung dar, für die, weil sie die Besetzung eines nach Besoldungsgruppe A 16 bewerteten Dienstpostens betrifft, im (hier gegebenen) Regelfall der Abteilungsleiter PSZ zuständig ist (Nr. 3.5 Abs. 1 Satz 1 der Bestimmungen über die Personal-Beraterausschüsse vom 7. August 2003; Nr. 4.2 Abs. 4 2. Spiegelstrich der Richtlinie für die langfristige Verwendungsplanung der Berufsoffiziere des Truppendienstes, des Sanitätsdienstes, des Militärmusikdienstes und des Geoinformationsdienstes der Bundeswehr vom 7. August 2003). Der Abteilungsleiter PSZ veranlasst auch die Einleitung der Personalmaßnahmen, die sich aus der Auswahlentscheidung ergeben (Nr. 3.5 Abs. 2 der Bestimmungen über die Personal-Beraterausschüsse), wie hier die Verfügung des Dienstpostenwechsels von Flottillenarzt Z durch das Bundesministerium der Verteidigung - PSZ I 3 - und die Ablehnung der Bewerbung bzw. des Versetzungsantrags des Antragstellers durch das Personalamt der Bundeswehr. Mit diesen Personalmaßnahmen werden, was die Konkurrenzsituation betrifft, keine eigenständigen Entscheidungen mehr getroffen, sondern lediglich die Konsequenzen aus der Auswahlentscheidung gezogen und diese umgesetzt; die Personalmaßnahmen "stehen" und "fallen" mit dem Bestand der Auswahlentscheidung. Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung konzentriert sich deshalb auf die Auswahlentscheidung, in der - auch unter dem Blickwinkel einer möglichen Rechtsverletzung (§ 21 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 17 Abs. 1 Satz 1 WBO ) - die maßgebliche Weichenstellung erfolgt. Einen weiteren Beschwerdeweg, hier insbesondere gegen den ablehnenden Bescheid des Personalamts vom 9. April 2009 (den er ebenfalls mit der Beschwerde angegriffen hat), muss der Antragsteller daneben nicht beschreiten.

2.

Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist zulässig. Der Rechtsstreit hat sich insbesondere nicht dadurch erledigt, dass der strittige Dienstposten inzwischen mit dem ausgewählten Bewerber Z besetzt worden ist. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats verfestigt sich eine einmal getroffene militärische Verwendungsentscheidung nicht dahin, dass der durch sie begünstigte Soldat eine rechtlich gesicherte Position erwirbt, auf dem ihm zugewiesenen Dienstposten verbleiben zu können; er müsste es vielmehr hinnehmen, von seinem Dienstposten wegversetzt zu werden, wenn der Antragsteller bei der Stellenbesetzung ihm gegenüber rechtswidrig übergangen worden wäre (vgl. Beschluss vom 16. Dezember 2008 - BVerwG 1 WB 19.08 - Rn. 29 m.w.N. <insoweit nicht veröffentlicht in BVerwGE 133, 13 und in Buchholz 449 § 3 SG Nr. 50> sowie zuletzt Beschluss vom 25. März 2010 - BVerwG 1 WB 27.09 - Rn. 14 <zur Veröffentlichung in BVerwGE und Buchholz vorgesehen>).

3.

Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat in der dargelegten Form eines Bescheidungsantrags (oben 1.) auch in der Sache Erfolg.

Die Entscheidung des Abteilungsleiters PSZ im Bundesministerium der Verteidigung vom 9. März 2009, den nach Besoldungsgruppe A 16 bewerteten Dienstposten des Leiters der Abteilung X beim Bundeswehrkrankenhaus Y (Teileinheit/Zeile ...) mit Flottillenarzt Z zu besetzen, ist rechtswidrig und deshalb aufzuheben (§ 21 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 19 Abs. 1 Satz 1 WBO ). Der Bundesminister der Verteidigung ist verpflichtet, über die Besetzung des Dienstpostens unter Beachtung der nachfolgenden Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden (§ 21 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 19 Abs. 1 Satz 4 WBO ).

Die Auswahlentscheidung ist zwar hinreichend dokumentiert (dazu a), genügt jedoch materiellrechtlich nicht den sich aus Art. 33 Abs. 2 und § 3 Abs. 1 SG ergebenden Anforderungen an den Eignungs- und Leistungsvergleich (dazu b).

a)

Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu beamtenrechtlichen Konkurrentenstreitigkeiten um Beförderungsämter folgt aus Art. 33 Abs. 2 i.V.m. Art. 19 Abs. 4 GG die Verpflichtung des Dienstherrn, die seiner Entscheidung zugrunde liegenden wesentlichen Auswahlerwägungen schriftlich niederzulegen, um eine sachgerechte Kontrolle durch den unterlegenen Bewerber und ggf. durch das Gericht zu ermöglichen (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 9. Juli 2007 - 2 BvR 206/07 - BVerfGK 11, 398 <402 f.> = NVwZ 2007, 1178 = ZBR 2008, 169 ). § 3 Abs. 1 SG übernimmt die Grundsätze des Art. 33 Abs. 2 GG in das Dienstverhältnis der Soldaten und erstreckt sie über Ernennungen hinaus ausdrücklich auf Verwendungsentscheidungen. Der Senat hat deshalb eine entsprechende Verpflichtung zur Dokumentation der wesentlichen Auswahlerwägungen auch für Entscheidungen angenommen, die - wie im vorliegenden Fall - ein Konkurrenzverhältnis um eine höherwertige militärische Verwendung betreffen (vgl. Beschlüsse vom 25. April 2007 - BVerwG 1 WB 31.06 - BVerwGE 128, 329 <335 f.> = Buchholz 449 § 3 SG Nr. 41 S. 18, vom 16. Dezember 2008 a.a.O. S. 14 f. bzw. S. 60 f. und vom 23. Februar 2010 - BVerwG 1 WB 36.09 - Rn. 26 <zur Veröffentlichung in BVerwGE und Buchholz vorgesehen>).

Die Dokumentationspflicht ist im vorliegenden Fall erfüllt. Der Auswahlentscheidung liegt eine dreiseitige Vorlage des Referatsleiters PSZ I 3 vom 3. März 2009 zugrunde, der als Anlage Personalbögen von Flottillenarzt Z (vom 3. März 2009, eine Seite) und des Antragstellers (vom 26. Februar 2009, zwei Seiten) beigefügt sind. Die Vorlage beschreibt die wesentlichen wahrzunehmenden Aufgaben des Dienstpostens, stellt in geraffter Form Werdegänge und Qualifikationen der beiden betrachteten Kandidaten dar und schließt nach einer begründeten Bewertung der Eignung mit einem Entscheidungsvorschlag zugunsten von Z. Die datierte und nicht mit Zusätzen versehene Paraphe des Abteilungsleiters PSZ ("Wil 9/3") belegt, dass dieser den Entscheidungsvorschlag zugunsten von Z auf der Basis der an ihn gerichteten Vorlage gebilligt und sich zu Eigen gemacht hat. Damit sind diejenigen Auswahlerwägungen fixiert, die den Abteilungsleiter PSZ bei seiner Entscheidung bestimmt haben und dementsprechend der gerichtlichen Kontrolle zugrundezulegen sind.

b)

Die Auswahlentscheidung ist materiell rechtswidrig, weil im Rahmen des Eignungs- und Leistungsvergleichs auf Seiten von Z keine aussagekräftigen Leistungseinschätzungen herangezogen wurden, die den planmäßigen dienstlichen Beurteilungen des Antragstellers nach Art, Inhalt und betrachtetem Zeitraum vergleichbar wären.

aa)

Die Auswahl zwischen den beiden betrachteten Bewerbern hatte sich an den Maßstäben des Art. 33 Abs. 2 GG und § 3 Abs. 1 SG zu orientieren. Die Anwendung des Leistungsprinzips bzw. Grundsatzes der Bestenauslese wird insbesondere nicht dadurch ausgeschlossen, dass es sich bei dem ausgewählten "zivilen Bewerber" Z um einen sog. Seiteneinsteiger handelt, der gemäß § 47 Abs. 2 SLV mit einem höheren als dem Eingangsdienstgrad eingestellt wurde. Die Geltung des Leistungsprinzips knüpft an die Übertragung eines öffentlichen Amtes bzw. - hier - an die Besetzung eines höherwertigen Dienstpostens, nicht an den Status des Bewerbers an. Dementsprechend ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass die Konkurrenz zwischen Beamten und Angestellten um einen höherwertigen Dienstposten uneingeschränkt dem Leistungsprinzip unterliegt (vgl. OVG Münster, Beschluss vom 13. Mai 2004 - 1 B 300/04 - NVwZ-RR 2004, 771 ; für die Geltung von Art. 33 Abs. 2 GG bei der Besetzung von Angestelltenstellen im öffentlichen Dienst vgl. BAG, Urteile vom 21. Januar 2003 - 9 AZR 72/02 - BAGE 104, 295 und vom 7. September 2004 - 9 AZR 537/03 - BAGE 112, 13 ). Nichts anderes gilt für das vorliegende Konkurrenzverhältnis zwischen einem Berufssoldaten und einem zivilen Seiteneinsteiger, wobei hinzukommt, dass Z im Zeitpunkt der Auswahlentscheidung durch die Einberufung zu einer Eignungsübung bereits die Rechtsstellung eines Soldaten auf Zeit im (vorläufigen) Dienstgrad eines Flottillenarztes innehatte (§ 87 Abs. 1 Satz 1 und 5 SG ).

bb)

Ausweislich von Nr. 6 Satz 1 der Vorlage vom 3. März 2009 hat der Abteilungsleiter PSZ sowohl Z als auch den Antragsteller aufgrund ihrer fachärztlichen Qualifikation für grundsätzlich geeignet erachtet, die Aufgaben des hier strittigen Dienstpostens wahrzunehmen. Diese Einschätzung begegnet keinen rechtlichen Bedenken.

Festlegungen über die Anforderungen an die Wahrnehmung eines Dienstpostens - wie hier in Nr. 2 der Vorlage vom 3. März 2009 - unterliegen als organisatorische Maßnahmen nach Maßgabe militärischer Zweckmäßigkeit nicht der gerichtlichen Kontrolle, binden aber die zuständige Stelle im Auswahlverfahren. Ob sie ihre Auswahlentscheidung an der Aufgaben- und Tätigkeitsbeschreibung bzw. an dem Anforderungsprofil ausgerichtet hat, ist gerichtlich in vollem Umfang überprüfbar (vgl. dazu im Einzelnen Beschluss vom 16. Dezember 2008 - BVerwG 1 WB 39.07 - BVerwGE 133, 1 <3 f.> = Buchholz 449 § 3 SG Nr. 49 S. 53).

Soweit der Antragsteller geltend macht, Z verfüge über keine militärischen Erfahrungen und keinen Nachweis seiner militärischen Befähigung, ist zum einen darauf hinzuweisen, dass in der genannten Dienstpostenbeschreibung ärztliche Aufgaben, in denen sich ein Bundeswehrkrankenhaus nicht von einem zivilen Krankenhaus unterscheidet, ganz im Vordergrund stehen; den hinzutretenden militärischen bzw. wehrmedizinischen Aspekten der ärztlichen Tätigkeit kommt ersichtlich eine nachgeordnete Bedeutung zu. Zum anderen ist aus der vom Verordnungsgeber eröffneten Möglichkeit, im Bereich der Sanitätsoffiziere besonders qualifizierte Seiteneinsteiger bereits in einem höheren Dienstgrad einzustellen (§ 47 Abs. 2 SLV), zu schließen, dass insoweit Abstriche hinsichtlich der spezifisch militärischen Erfahrungen und Nachweise, die ein Seiteneinsteiger in zivilen Beschäftigungsverhältnissen zwangsläufig nicht erworben haben kann, zu machen sind und insoweit die auf dem Ergebnis der Eignungsübung beruhende tragfähige Prognose genügen muss, der Seiteneinsteiger werde aufgrund seiner gegebenen ärztlichen Qualifikation in der Lage sein, auch die militärischen bzw. wehrmedizinischen Aspekte seines künftigen Aufgabenbereichs abzudecken. In dieser Hinsicht ist nach Auffassung des Senats die vom Abteilungsleiter PSZ angenommene grundsätzliche Eignung von Z für den Dienstposten durch die im Allgemeinen bleibenden Einwände des Antragstellers nicht in Frage gestellt.

Auf der anderen Seite hat der Abteilungsleiter PSZ in Kenntnis der Tatsache, dass der Antragsteller in den letzten drei planmäßigen dienstlichen Beurteilungen keine Verwendungsvorschläge in die A 16-Ebene erhalten hat (vgl. Nr. 5 letzter Absatz der Vorlage vom 3. März 2009), keine Bedenken gegen dessen grundsätzliche Eignung für den nach Besoldungsgruppe A 16 bewerteten Dienstposten des Abteilungsleiters gesehen. Auf diesen Gesichtspunkt gestützte Zweifel an der Eignung des Antragstellers, wie sie der Bundesminister der Verteidigung - PSZ I 7 - im gerichtlichen Verfahren geäußert hat, können deshalb nicht nachträglich eingeführt werden.

cc)

Für die Auswahl zwischen den beiden grundsätzlich geeigneten Bewerbern hat schließlich den Ausschlag gegeben, dass Z die größere wissenschaftliche Expertise, die breitere intensivmedizinische Kompetenz sowie die Lehrbefähigung für das Fach Neurologie aufweise (siehe Nr. 6 Satz 2 der Vorlage vom 3. März 2009). Diese Entscheidung ist nicht mit Art. 33 Abs. 2 GG und § 3 Abs. 1 SG vereinbar, weil die ihr zugrunde liegenden Unterlagen und Nachweise nicht belegen, dass Z - bezogen auf die gesamte Bandbreite der Aufgaben des Dienstpostens - über den von dem Abteilungsleiter PSZ angenommenen Eignungs- und Leistungsvorsprung gegenüber dem Antragsteller verfügt.

Nach der Rechtsprechung des Senats zu Auswahlentscheidungen zwischen mehreren soldatischen Bewerbern haben dann, wenn mehrere Bewerber allen Anforderungskriterien gerecht werden, in der Regel durch dienstliche Beurteilungen ausgewiesene Abstufungen der Qualifikation Bedeutung (Beschluss vom 25. April 2007 - BVerwG 1 WB 31.06 - BVerwGE 128, 329 <338> = Buchholz 449 § 3 SG Nr. 41 S. 19 f.; für das Beamtenrecht Urteil vom 16. August 2001 - BVerwG 2 A 3.00 - BVerwGE 115, 58 <60 f.> = Buchholz 232 § 8 BBG Nr. 54 S. 3). Zur Ermittlung des Leistungsstandes konkurrierender Bewerber ist dabei in erster Linie auf die zum Zeitpunkt der Auswahlentscheidung aktuellsten Beurteilungen abzustellen, weshalb der letzten dienstlichen Beurteilung regelmäßig eine ausschlaggebende Bedeutung zukommt; zur abgerundeten Bewertung des Leistungs-, Eignungs- und Befähigungsbildes und seiner Kontinuität ist es darüber hinaus zulässig, in die Auswahlentscheidung auch frühere Beurteilungen bis zu den beiden letzten planmäßigen Beurteilungen vor der aktuellen Beurteilung mit einzubeziehen (vgl. hierzu zuletzt insb. Beschluss vom 25. März 2010 - BVerwG 1 WB 27.09 - Rn. 25 ff. <zur Veröffentlichung in BVerwGE und Buchholz vorgesehen>).

Nach diesen Grundsätzen ist hinsichtlich der Einschätzung des Leistungsstandes und -potenzials des Antragstellers verfahren worden. In die der Auswahlentscheidung zugrunde liegende Sachdarstellung (Nr. 5 der Vorlage vom 3. März 2009) sind die Bewertung der Aufgabenerfüllung bzw. der Leistungen auf dem Dienstposten, die Entwicklungsprognose bzw. die Bewertung der Eignungs- und Befähigungsmerkmale sowie die Verwendungsvorschläge aus seinen letzten drei planmäßigen dienstlichen Beurteilungen (2007, 2005, 2003) eingegangen. Sämtliche Beurteilungen sind bestandskräftig und konnten mit dem Inhalt, mit dem sie in Bestandskraft erwachsen sind, verwertet werden (vgl. Beschluss vom 23. Februar 2010 - BVerwG 1 WB 36.09 - Rn. 48 ff. <zur Veröffentlichung in BVerwGE und Buchholz vorgesehen>). Das in der Entscheidungsvorlage insgesamt als "zurückhaltend" bezeichnete Beurteilungsbild war, was auch die Erläuterungen des Bundesministers der Verteidigung - PSZ I 7 - im gerichtlichen Verfahren bestätigen, maßgeblich dafür verantwortlich, den Antragsteller im Leistungsvergleich zurückzusetzen.

Der ausgewählte Bewerber Z verfügt als Seiteneinsteiger aus einem privatrechtlichen Beschäftigungsverhältnis naturgemäß über keine dienstlichen Beurteilungen. Bei der Auswahlentscheidung wurden auf Seiten von Z aber auch keine anderen Leistungseinschätzungen herangezogen, die den dienstlichen Beurteilungen des Antragstellers nach Art, Inhalt und betrachtetem Zeitraum vergleichbar wären. Soweit der Vorrang von Z mit dessen größerer wissenschaftlicher Expertise und dessen Lehrbefähigung für das Fach Neurologie begründet wurde, ist dies zwar durch die Habilitation, die erteilte Lehrbefugnis sowie die bei den Akten befindliche Publikationsliste hinreichend gestützt; damit ist jedoch nur der vergleichsweise kleinere Teilbereich der Aufgaben des Dienstpostens, die den Bereich der Aus-, Fort- und Weiterbildung betreffen (Nr. 2 Punkt 2 5. bis 8. Spiegelstrich der Vorlage vom 3. März 2009), abgedeckt. Für den nach Umfang und Gewicht bedeutsameren Teil der Aufgaben, nämlich vor allem die Leitung der Abteilung im ambulanten und stationären Bereich (Nr. 2 Punkt 1 und 4 der Vorlage) und die Aufgaben der ambulanten und stationären fachärztlichen Untersuchung, Behandlung und Begutachtung (Nr. 2 Punkt 2 1. Spiegelstrich der Vorlage), fehlt es indes an jeglicher von einer kompetenten Stelle angefertigten, aussagekräftigen Darstellung und Bewertung der von dem Bewerber in seiner früheren Beschäftigung erbrachten Leistungen, die den dienstlichen Beurteilungen des Antragstellers gegenübergestellt werden könnten. Die Habilitation von Z stellt einen hochrangigen wissenschaftlichen Nachweis, jedoch keinen Nachweis ärztlich-praktischer Leistungen dar. Soweit in der Sachdarstellung der Vorlage vom 3. März 2009 auf die vorangegangene ärztliche Tätigkeit von Z eingegangen wird (unter Nr. 4 Abs. 4 <"Priv.-Doz. Z kann durch seine intensivmedizinischen Erfahrungen ...">), ist diese Beschreibung nicht aus einem Arbeitszeugnis, sondern - wofür die fast identische Wortwahl spricht - vermutlich aus einem Empfehlungsschreiben vom 9. Juni 2008 übernommen, das der damalige Chefarzt des Bundeswehrkrankenhauses Y an den Referatsleiter PSZ I 3 (den Verfasser der Vorlage) gerichtet hat. Bei der Auswahlentscheidung wurde schließlich auch die für Z im Rahmen seiner Eignungsübung erstellte Beurteilung vom 17. Februar 2009 nicht verwertet; unabhängig von dem von dem Bundesminister der Verteidigung - PSZ I 7 - angeführten Grund, dass diese Beurteilung von ihrem Zweck her der Vorbereitung einer Status- und nicht einer Auswahl- und Verwendungsentscheidung diente, hätte auch der kurze Beurteilungszeitraum von etwa zweieinhalb Monaten kein für den Bewerbervergleich ausreichendes Eignungs- und Leistungsbild vermitteln können.

Entgegen der Auffassung des Bundesministers der Verteidigung - PSZ I 7 - durfte auf die Einholung einer den dienstlichen Beurteilungen des Antragstellers vergleichbaren Einschätzung der Leistungen von Z nicht verzichtet werden. Das Leistungsprinzip des Art. 33 Abs. 2 GG und § 3 Abs. 1 SG verlangt, dass Auswahlentscheidungen über die Besetzung höherwertiger Dienstposten auf einer möglichst realitätsgerechten und aussagekräftigen Grundlage getroffen werden. Dementsprechend werden an die Gewährleistung der Richtigkeit und Vergleichbarkeit planmäßiger dienstlicher Beurteilungen, die in der Praxis das primäre Mittel der Bestenauslese darstellen, hohe Anforderungen gestellt (vgl. Beschlüsse vom 26. Mai 2009 - BVerwG 1 WB 48.07 - BVerwGE 134, 59 <69 ff.> = Buchholz 449.2 § 2 SLV 2002 Nr. 14 S. 25 ff. und vom 25. März 2010 - BVerwG 1 WB 27.09 - Rn. 33 <zur Veröffentlichung in BVerwGE und Buchholz vorgesehen>). Diese Anforderungen müssen auch dann so weit wie möglich gewahrt bleiben und erfüllt werden, wenn - wie hier im Falle der Konkurrenz zwischen einem schon lange dienenden Berufssoldaten und einem zivilen Seiteneinsteiger - nicht für alle Bewerber dienstliche Beurteilungen vorhanden sind. In einem solchen Fall müssen auf Seiten der Bewerber, die über keine dienstlichen Beurteilungen verfügen, äquivalente Erkenntnismittel herangezogen werden.

Ein naheliegendes und wesentliches Erkenntnismittel dieser Art stellen qualifizierte Arbeitszeugnisse der Stellen dar, bei denen der zivile Bewerber in dem Zeitraum beschäftigt war, der dem Beurteilungszeitraum der auf Seiten der soldatischen Bewerber herangezogenen dienstlichen Beurteilungen entspricht. Entgegen der Auffassung des Bundesministers der Verteidigung - PSZ I 7 - stellen solche qualifizierten Arbeitszeugnisse - zumal von Arbeitgebern der öffentlichen Hand, wie es bei Z der Fall wäre - kein von vorneherein untaugliches Mittel dar. Ein qualifiziertes Arbeitszeugnis muss neben Angaben zu Art und Dauer des Arbeitsverhältnisses auch alle wesentlichen Tatsachen und Bewertungen zu Leistung und Verhalten enthalten, die für die Gesamtbeurteilung des Arbeitnehmers von Bedeutung und für Dritte von Interesse sind; für die Erstellung des Zeugnisses gilt nicht nur, bezogen vor allem auf die Bewertung von Leistung und Verhalten, der Maßstab eines wohlwollenden verständigen Arbeitgebers, sondern auch, bezogen vor allem auf die mitgeteilten Tatsachen, der Grundsatz der Wahrheit; in der Praxis hat sich ein Sprachgebrauch herausgebildet, der ein Arbeitszeugnis - ungeachtet in der Regel beschönigender Formulierungen - jedenfalls für personalbearbeitende Stellen "übersetzbar" und damit verwertbar macht (vgl. zum Ganzen näher Schaub, Arbeitsrechts-Handbuch, 13. Aufl. 2009, § 146 Rn. 18 ff. m.w.N.). Auch die in dem Arbeitszeugnis enthaltene Tätigkeitsbeschreibung - im Falle von Z beispielsweise Angaben zu Art, Zahl und Schwierigkeit der von ihm durchgeführten Behandlungen - kann bereits für sich genommen eine aufschlussreiche Hilfe zur Einschätzung der Leistungen darstellen. Unabhängig davon könnten bei Bedarf auch zusätzliche Auskünfte und Erläuterungen durch die früheren ärztlichen und fachlichen Vorgesetzten erbeten werden. Auch wenn qualifizierte Arbeitszeugnisse daher einer planmäßigen dienstlichen Beurteilung nicht ohne Weiteres und kritiklos gleichgestellt werden können, ist es auf der anderen Seite nicht vertretbar, wie vorliegend geschehen auf die Heranziehung eines Arbeitszeugnisses mit dem Argument zu verzichten, dass ein Vergleich zwischen dienstlichen Beurteilungen und Arbeitszeugnissen schlechterdings unmöglich sei.

Aber auch dann, wenn im Einzelfall herangezogene Arbeitszeugnisse oder ähnliche Unterlagen tatsächlich keine abschließend verlässliche Entscheidungsgrundlage ergeben, bedeutet dies nicht, dass auf einen fundierten Eignungs- und Leistungsvergleich der Bewerber verzichtet werden könnte. In einem solchen Fall könnte es in Betracht kommen, ergänzend auch auf andere geeignete Erkenntnismittel, wie etwa förmliche Auswahlgespräche, zurückzugreifen (vgl. zu Letzterem OVG Münster, Beschluss vom 13. Mai 2004 - 1 B 300/04 - NVwZ-RR 2004, 771 ). Wesentlich ist, dass jedes Instrument der Bestenauslese, das auf diese Weise zusätzlich zum Einsatz kommt, gleichmäßig und nach einheitlichen Maßstäben auf alle Bewerber angewendet wird, um auch insoweit die Vergleichbarkeit der Ergebnisse zu gewährleisten. Im Einzelnen bedarf dies vorliegend keiner Vertiefung, weil bei der hier strittigen Auswahlentscheidung auch solche anderen Erkenntnismittel nicht herangezogen wurden.

4.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 21 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 20 Abs. 1 Satz 1 WBO .

Fundstellen
BVerwGE 136, 388
DVBl 2010, 1057