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BVerwG - Entscheidung vom 19.08.2010

5 C 10.09

Normen:
SGB VIII § 92 Abs. 4
SGB VIII § 92 Abs. 5
SGB VIII § 93 Abs. 3 Satz 3
SGB VIII § 94 Abs. 1 Satz 1
SGB VIII § 94 Abs. 2
BGB § 1603
BGB § 1609
SGB VIII § 92 Abs. 4 S. 1
SGB VIII § 94 Abs. 1 S. 1
SGB VIII § 94 Abs. 5
BGB § 1603 Abs. 1
GG Art. 2 Abs. 1

Fundstellen:
BVerwGE 137, 357
DVBl 2010, 1518
DÖV 2011, 43
FamRZ 2011, 100
NJW 2011, 97

BVerwG, Urteil vom 19.08.2010 - Aktenzeichen 5 C 10.09

DRsp Nr. 2010/19118

Belassen des unterhaltsrechtlichen Selbstbehalts als Voraussetzung für die Angemessenheit einer Heranziehung zu einem jugendhilferechtlichen Kostenbeitrag; Vereinbarkeit einer mit den Unterhaltsleistungen verbundenen Einschränkung der allgemeinen Handlungsfreiheit mit dem Grundgesetz

Die Heranziehung zu einem jugendhilferechtlichen Kostenbeitrag ist nur dann im Sinne von § 94 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII angemessen, wenn dem (erwerbstätigen) Beitragspflichtigen zumindest der sog. unterhaltsrechtliche Selbstbehalt belassen wird.

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Schleswig-Holstein vom 27. April 2009 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Revisionsverfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Normenkette:

SGB VIII § 92 Abs. 4 S. 1; SGB VIII § 94 Abs. 1 S. 1; SGB VIII § 94 Abs. 5 ; BGB § 1603 Abs. 1 ; GG Art. 2 Abs. 1 ;

Gründe

I

Der Kläger wendet sich gegen die Höhe des Kostenbeitrages, den die Beklagte für die seinen Kindern gewährten Jugendhilfeleistungen erhoben hat.

Der Kläger ist Vater eines 1990 geborenen Sohnes und einer 1992 geborenen Tochter. Die Beklagte gewährte den Kindern unter anderem in der Zeit vom 1. April bis zum 31. Dezember 2006 vollstationäre Leistungen der Jugendhilfe (Heimerziehung und Eingliederungshilfe). Für diesen Zeitraum zog sie den Kläger mit Bescheiden vom 12. Mai 2006 zu einem monatlichen Kostenbeitrag in Höhe von insgesamt 545 € heran (340 € für das erste und 205 € für das zweite Kind). Auf den Widerspruch des Klägers reduzierte die Beklagte den Kostenbeitrag mit Änderungsbescheid vom 9. Januar 2007 auf insgesamt 440 € monatlich (275 € für das erste und 165 € für das zweite Kind). Im Übrigen wies sie den Widerspruch durch Widerspruchsbescheid vom 20. März 2008 zurück.

Mit seiner Klage begehrte der Kläger zunächst die vollständige Aufhebung der Kostenbeitragsbescheide. Im Klageverfahren hat er diese nur noch insoweit angegriffen, als der monatliche Kostenbeitrag insgesamt 350 € (250 € für seinen Sohn und 100 € für seine Tochter) übersteigt. Hierzu hat der Kläger geltend gemacht, die Beklagte habe die von seinem Einkommen abzusetzenden Fahrtkosten zu der 57 km von seinem Wohnort entfernten Arbeitsstelle als Lagerarbeiter bei der Be- und Entladung von Schiffen zu niedrig bemessen.

Mit Urteil vom 22. September 2008 hat das Verwaltungsgericht die streitbefangenen Bescheide der Beklagten in dem vom Kläger beantragten Umfang aufgehoben. Von dem monatlichen Nettoeinkommen des Klägers in Höhe von 1 790,35 € im maßgeblichen Zeitraum sei entgegen der Ansicht der Beklagten nicht lediglich die 25 %-Pauschale für Belastungen nach § 93 Abs. 3 Satz 3 SGB VIII abzusetzen. Denn der Kläger habe eine höhere Fahrtkostenbelastung nachgewiesen, die nach Grund und Höhe angemessen sei (§ 93 Abs. 3 Satz 4 SGB VIII ). Aufgrund seiner unregelmäßigen Arbeitszeiten könne er nicht auf die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel verwiesen werden. Die Höhe der Fahrtkosten für PKW müsse auch im Kostenbeitragsrecht nach den unterhaltsrechtlichen Leitlinien, hier des Oberlandesgerichts Schleswig bemessen werden. Danach seien für die Hin- und Rückfahrt jeweils eine Kilometerpauschale von 0,30 € für die ersten 30 km und von 0,20 € für die weitere Fahrstrecke anzusetzen. Dementsprechend ergebe sich für den Kläger eine tatsächliche monatliche Belastung in Höhe von 597,60 €, die von seinem Einkommen abzuziehen sei. Das danach für die Kostenbeitragsberechnung maßgebliche Einkommen sei der Stufe 6 der im Anhang zu § 1 der Kostenbeitragsverordnung (KostenbeitragsV) enthaltenen Tabelle zuzuordnen. Da bei der Eingruppierung des Sohnes und der Tochter des Klägers jeweils die Unterhaltsverpflichtung für das andere (gleichrangige) Kind berücksichtigt werden müsse, sei gemäß § 4 KostenbeitragsV eine Herabstufung auf die Einkommensstufe 4 vorzunehmen.

Die Berufung der Beklagten hat das Oberverwaltungsgericht mit Urteil vom 27. April 2009 zurückgewiesen. Es hat die Auffassung des Verwaltungsgerichts geteilt, dass die berufsbedingten Fahrtkosten nach § 93 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 SGB VIII nach der für den Kläger günstigeren Pauschalierung der Unterhaltsrichtlinien des Oberlandesgerichts zu bemessen seien.

Mit ihrer Revision rügt die Beklagte eine Verletzung von § 93 Abs. 3 SGB VIII . Sie vertritt ihre Rechtsansicht weiter, die Fahrtkosten dürften nur in der pauschalisierten Höhe abgezogen werden, wie sie im Einkommenssteuerrecht (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG ) oder im Sozialhilferecht (§ 82 Abs. 2 Nr. 4 SGB XII i.V.m. § 3 der Verordnung zur Durchführung des § 82 SGB XII) vorgesehen sei.

Der Kläger verteidigt das angegriffene Urteil. Er macht ergänzend geltend, dass er durch die Heranziehung zu Kostenbeiträgen nicht schlechter gestellt werden dürfe, als er stehen würde, wenn er den gesetzlichen Unterhalt für seine Kinder zu leisten hätte.

II

Die Revision der Beklagten ist nicht begründet. Das Oberverwaltungsgericht hat im Ergebnis im Einklang mit Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO ) entschieden, dass die Kostenbeitragsbescheide in dem vom Kläger angefochtenen Umfang rechtswidrig gewesen und daher insoweit vom Verwaltungsgericht zu Recht aufgehoben worden sind.

Unabhängig von der zwischen den Beteiligten streitigen und von den Vorinstanzen erörterten Frage der Fahrtkostenberechnung ist die Heranziehung des Klägers jedenfalls in dem Umfang, in dem er die streitbefangenen Bescheide angegriffen hat, schon deshalb rechtswidrig und verletzt ihn in seinen Rechten, weil sie nicht angemessen im Sinne von § 94 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII ist. Die Heranziehung zu einem jugendhilferechtlichen Kostenbeitrag ist nur dann angemessen im Sinne dieser Vorschrift, wenn dem (erwerbstätigen) Kostenbeitragspflichtigen der unterhaltsrechtliche Selbstbehalt belassen wird (1.). Nach den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen wird dieser Selbstbehalt, der sich nach den unterhaltsrechtlichen Leitlinien des Oberlandesgerichts bestimmt, hier durch den von der Beklagten geforderten Kostenbeitrag unterschritten (2.). Dieser Verstoß von Bundesrecht führt im vorliegenden Fall zur Zurückweisung der Revision, ohne dass allgemein zu klären ist, welche weitergehenden Rechtsfolgen eine Verletzung des Angemessenheitsgebots (§ 94 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII ) nach sich zieht (3.).

1.

Nach § 94 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII sind die Kostenbeitragspflichtigen aus ihrem Einkommen in angemessenem Umfang zu den Kosten heranzuziehen. Das Gebot der Angemessenheit richtet sich nicht nur an den nach § 94 Abs. 5 SGB VIII ermächtigten Verordnungsgeber, sondern gleichermaßen an die Kostenbeiträge erhebenden Jugendhilfeträger, die diesem Grundsatz auch bei der Kostenfestsetzung im Einzelfall Rechnung zu tragen haben. § 94 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII ist insoweit unmittelbarer Maßstab und Grenze für die Kostenbeteiligung. Dabei ist das Tatbestandsmerkmal "in angemessenem Umfang" ein unbestimmter Rechtsbegriff, dessen Anwendung der uneingeschränkten Überprüfung durch die Verwaltungsgerichte unterliegt (vgl. zum gleichlautenden Begriff in § 85 Nr. 3 Satz 2 bzw. § 84 Abs. 1 BSHG : Urteile vom 6. April 1995 - BVerwG 5 C 5.93 - Buchholz 436.0 § 85 BSHG Nr. 14 und vom 26. Oktober 1989 - BVerwG 5 C 30.86 - Buchholz 436.0 § 84 BSHG Nr. 1).

Die Kostenbeitragspflichtigen werden nur dann in angemessenem Umfang im Sinne von § 94 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII aus ihrem Einkommen herangezogen, wenn ihnen zumindest der unterhaltsrechtliche Selbstbehalt belassen wird. Dieser Inhalt des Rechtsbegriffs der Angemessenheit ergibt sich sowohl aus dem vom Gesetzgeber ausweislich der Gesetzesmaterialien mit diesem Merkmal verfolgten Zweck (1.1) als auch aus dem systematischen Zusammenhang der Vorschrift (1.2). Von dieser anhand der anerkannten Auslegungsgrundsätze ermittelten Deutung des Norminhalts ist im Ansatz auch der Verordnungsgeber (unter Einschluss des der Kostenbeitragsverordnung zustimmenden Bundesrats) ausgegangen (1.3). Ob dieses Auslegungsergebnis darüber hinaus auch verfassungsrechtlich geboten ist, bedarf keiner abschließenden Entscheidung (1.4).

1.1

Die Beteiligung an den Kosten von Jugendhilfemaßnahmen durch die Erhebung von Kostenbeiträgen ist auf eine angemessene Heranziehung der Kostenbeitragspflichtigen begrenzt. Die Bemessung und Erhebung nach jugendhilferechtlichen und damit öffentlich-rechtlichen Regelungen bezweckt hinsichtlich des Umfangs der Heranziehung keine Ablösung von der unterhaltsrechtlichen Leistungsfähigkeit als Grund und Grenze der Heranziehung.

Mit der Novellierung der §§ 91 ff. SGB VIII im Gesetz zur Weiterentwicklung der Kinder- und Jugendhilfe (Kinder- und Jugendhilfeweiterentwicklungsgesetz - KICK -) vom 8. September 2005 (BGBl I S. 2729), welches mit Wirkung zum 1. Oktober 2005 die Kostenbeteiligung in der Kinder- und Jugendhilfe neu geregelt hat, strebte der Gesetzgeber eine Verwaltungsvereinfachung und die Senkung des Vollzugsaufwands an (vgl. die Begründung zum Gesetzesentwurf der Bundesregierung in BTDrucks 15/3676 S. 1 ff., 28). Deshalb wurde neben der Leistungsgewährung nun auch die Heranziehung zu den Kosten der gewährten Leistungen öffentlich-rechtlich ausgestaltet. Nach der alten Gesetzesfassung (bis 2005) war unter bestimmten Voraussetzungen noch ein (gesetzlicher) Übergang des zivilrechtlichen Unterhaltsanspruchs des Kindes/Jugendlichen gegen die Eltern auf den Träger der Jugendhilfe vorgesehen (vgl. § 94 Abs. 3 SGB VIII a.F.), der dazu führte, dass die Jugendhilfeträger in diesen Fällen die übergegangenen Ansprüche gegebenenfalls vor den Zivilgerichten geltend zu machen hatten. Dieses System der Heranziehung wollte der Gesetzgeber mit der Neuregelung durch das Kinder- und Jugendhilfeweiterentwicklungsgesetz ändern. Er verfolgte insoweit zwar das Ziel der "Entflechtung des bislang überaus komplizierten Zusammenspiels unterhaltsrechtlicher und sozialrechtlicher Bestimmungen in diesem Bereich". Der Gesetzgeber wollte aber zugleich, dass diese Entflechtung nicht "zu materiellen Wertungswidersprüchen mit dem Unterhaltsrecht führt" (BTDrucks 15/3676 S. 28).

Wegen der Umstellung auf eine öffentlich-rechtlich ausgestaltete Heranziehung zu Kostenbeiträgen, deren Festsetzung sich nach einkommensabhängig gestaffelten Pauschalbeträgen bestimmt (§ 94 Abs. 5 SGB VIII ), besteht nach Maßgabe des Gestaltungsspielraumes, der hierbei dem Gesetz- und Verordnungsgeber zuzubilligen ist, zwar Raum für Abweichungen von unterhaltsrechtlichen Regelungen. Ein vom Gesetzgeber nicht gewollter, gravierender materieller Wertungswiderspruch zum Unterhaltsrecht besteht aber dann, wenn die Festsetzung des Kostenbeitrages im Ergebnis Grundprinzipien des Unterhaltsrechts nicht beachtet. Hierin findet auch die nach § 94 Abs. 5 SGB VIII eingeräumte Ausgestaltungs- und Pauschalierungsbefugnis des Verordnungsgebers ihre Grenze. Zu diesen elementaren Grundprinzipien des Unterhaltsrechts gehört, dass dem Unterhaltspflichtigen der sog. Eigenbedarf bzw. Selbstbehalt zu belassen ist. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs findet jede Unterhaltspflicht dort ihre Grenze, wo dem Betroffenen nicht die Mittel für den eigenen notwendigen Lebensbedarf verbleiben (BGH, Urteile vom 28. März 1984 - IVb ZR 53/82 - NJW 1984, 1614 f. und vom 2. Mai 1990 - XII ZR 72/89 - NJW 1991, 356 f.). Diese unterhaltsrechtliche "Opfergrenze", die auch im Rahmen der gesteigerten Unterhaltspflicht der Eltern gegenüber ihren minderjährigen Kindern zu beachten ist (vgl. zu § 1603 Abs. 2 BGB : BGH, Urteil vom 2. November 1988 - IVb ZR 7/88 - NJW 1989, 524 <525>), wird in der unterhaltsrechtlichen Rechtspraxis durch den notwendigen oder kleinen Selbstbehalt (auch notwendiger Eigenbedarf genannt) konkretisiert (BGH, Urteil vom 2. November 1988 a.a.O.). Selbstbehalt in diesem Sinne ist der Betrag, der dem Unterhaltspflichtigen von seinem Einkommen mindestens für den eigenen Unterhalt erhalten bleiben muss. Diese Opfergrenze wird allgemein etwas über dem Sozialhilfebedarf des in Anspruch Genommenen angesetzt (BGH, Urteile vom 28. März 1984 a.a.O., vom 2. November 1988 a.a.O. und vom 2. Mai 1990 a.a.O.). Zu ihrer Bestimmung haben die Oberlandesgerichte in ihren unterhaltsrechtlichen Leitlinien (u.a. in der sog. Düsseldorfer Tabelle) Selbstbehaltsätze aufgestellt, von deren pauschalierten Werten im Regelfall ausgegangen werden darf (vgl. etwa BGH, Urteil vom 28. März 1984 a.a.O.).

Es fehlt jeder Anhalt, dass der Gesetzgeber, der sowohl Wertungswidersprüche zum Unterhaltsrecht vermeiden als auch die Zumutbarkeit der Heranziehung für den Beitragspflichtigen gewährleisten wollte (vgl. BTDrucks 15/3676 S. 42), die Heranziehung zu einem Kostenbeitrag ermöglichen wollte, der den Pflichtigen im Hinblick auf diesen elementaren Selbstbehalt schlechter stellt als im Unterhaltsrecht und dem (erwerbstätigen) Beitragsschuldner nicht ebenso viel an Mitteln für den eigenen Lebensbedarf belässt wie dem (erwerbstätigen) Unterhaltspflichtigen. Dass der unterhaltsrechtliche Eigenbedarf die Beitragserhebung begrenzt, hat außerdem nicht nur in der Begrenzung auf den "angemessenen Umfang" des Kostenbeitrages im Wortlaut des § 94 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII seinen Niederschlag gefunden, sondern entspricht darüber hinaus auch der Zwecksetzung der jugendhilferechtlichen Kostenbeteiligung. Die Erhebung von Kostenbeiträgen bei teil- und vollstationärer Unterbringung dient zwar auch der Finanzierung der Jugendhilfeaufwendungen. Die Bestimmung der zum Kostenbeitrag Heranzuziehenden in § 92 Abs. 1 und 1a SGB VIII zeigt aber, dass der Sache nach die Kostenbeitragspflicht in den Fällen des § 92 Abs. 4 und 5 SGB VIII an eine Unterhaltspflicht anknüpft und die Unterhaltspflichtigen - nicht nur deswegen, weil sie den Unterhalt für den jungen Menschen wegen der jugendhilferechtlichen Leistungen "ersparen" - nicht aus ihrer materiellen Verantwortung gegenüber dem jungen Menschen entlassen werden sollen. Weil die teil- bzw. vollstationären Angebote auch die Sicherstellung des notwendigen Unterhalts des untergebrachten jungen Menschen umfassen und zum Erlöschen der darauf gerichteten zivilrechtlichen Unterhaltsansprüche führen (vgl. BGH, Urteil vom 6. Dezember 2006 - XII ZR 197/04 - NJW-RR 2007, 505 ; OLG Naumburg, Urteil vom 25. Oktober 2007 - 8 UF 77/07 - [...]), tritt insoweit der öffentlich-rechtliche Kostenbeitrag an die Stelle von Ansprüchen gegen einen nach bürgerlichem Recht Unterhaltspflichtigen. Einen im Vergleich zum Unterhalt erhöhten Kostenbeitrag hat der Gesetzgeber dabei nur für die hohen Einkommen angestrebt (BTDrucks 15/3676 S. 27). Für die unteren und mittleren Einkommensgruppen fehlt jeder Hinweis, dass aus Finanzierungsgründen eine Heranziehung ermöglicht werden sollte, welche die unterhaltsrechtliche Leistungsfähigkeit übersteigt und den Kostenbeitragspflichtigen dadurch schlechter stellt als er im Unterhaltsrecht hinsichtlich des notwendigen Eigenbedarfs stünde.

1.2

Eine systematische Auslegung bestätigt, dass die Heranziehung nur dann im Sinne des § 94 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII in angemessenem Umfang erfolgt, wenn dem Kostenbeitragspflichtigen der unterhaltsrechtliche Selbstbehalt belassen wird.

Das Kostenbeitragsrecht koppelt den Umfang der Heranziehung zum Teil ausdrücklich an bestehende Unterhaltspflichten. So schreibt § 94 Abs. 2 SGB VIII vor, dass weitere Unterhaltspflichten der kostenbeitragspflichtigen Person angemessen zu berücksichtigen sind. Eine Wechselwirkung zwischen Kostenerstattungs- und Unterhaltsrecht setzt auch § 10 Abs. 2 Satz 2 SGB VIII voraus, nach dem bei der Berechnung des Unterhalts zu berücksichtigen ist, wenn die Zahlung eines Kostenbeitrages die Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen mindert. Dass ein Kostenbeitrag an die Stelle von Unterhaltsleistungen tritt, ergibt sich weiterhin aus § 92 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII , der - um zu verhindern, dass ein Unterhaltspflichtiger seiner Barunterhaltspflicht in unveränderter Höhe nachkommt, aber für den gleichen Zeitraum mit einem Kostenbeitrag belastet wird - den Träger der öffentlichen Jugendhilfe verpflichtet, den Unterhalts- und Kostenbeitragspflichtigen über die Gewährung der Leistung zu unterrichten und über die Folgen für die Unterhaltspflicht aufzuklären (BTDrucks 15/3676 S. 41).

Systematisch ergibt sich die Notwendigkeit, einen Abgleich mit dem Unterhaltsrecht vorzunehmen, vor allem aus § 92 Abs. 4 Satz 1 SGB VIII , nach dem ein Kostenbeitrag nur erhoben werden kann, soweit Unterhaltsansprüche vorrangig oder gleichrangig Berechtigter nicht geschmälert werden. Mit dieser Bezugnahme auf den Gleich- bzw. Vorrang wird die Rangfolge und Wertung des zivilrechtlichen Unterhaltsrechts (§ 1609 BGB ) übernommen. Wenn die unterhaltspflichtige Person nach zivilrechtlichen Berechnungen ihre Unterhaltspflichten nicht in vollem Umfang erfüllen kann, ist der Kostenbeitrag des Jugendhilfeträgers entsprechend zu reduzieren (vgl. etwa Schindler, in: Münder/Meysen/Trencek, Frankfurter Kommentar SGB VIII , 6. Aufl. 2009, § 92 Rn. 26, 28). Bei Vorliegen gleich- oder vorrangiger Unterhaltsansprüche ist also - worauf auch das Oberverwaltungsgericht (UA S. 11), wenn auch in anderem Zusammenhang, hinweist - eine unterhaltsrechtliche Vergleichsberechnung vorzunehmen. § 92 Abs. 4 Satz 1 SGB VIII schützt zwar seinem Wortlaut nach nur die Unterhaltsansprüche vorrangig oder gleichrangig Berechtigter. Die hiernach vorzunehmende Vergleichsberechnung nach unterhaltsrechtlichen Grundsätzen setzt aber voraus, dass dem Kostenbeitragspflichtigen in den Fällen des § 92 Abs. 4 Satz 1 SGB VIII der unterhaltsrechtliche Selbstbehalt verbleibt. Es spricht nichts dafür, dass der Gesetzgeber diesen Selbstbehalt in den übrigen Kostenbeitragsfällen hat verkürzen wollen. Die gesetzessystematisch enge Verknüpfung mit dem Unterhaltsrecht weist vielmehr darauf hin, dass der Gesetzgeber keinen Bedarf zur ausdrücklichen Klarstellung gesehen hat, dass der unterhaltsrechtliche Selbstbehalt auch gegenüber dem Kostenbeitragspflichtigen durchgehend zu gewährleisten ist.

1.3

Bei Erlass der Kostenbeitragsverordnung hat auch der Verordnungsgeber im rechtlichen Ansatz § 94 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII dahin verstanden, dass die Kostenbeitragspflichtigen im Hinblick auf den ihnen verbleibenden Mindest- bzw. notwendigen Eigenbedarf nicht schlechter zu stellen sind als im Unterhaltsrecht. So heißt es bereits im Vorwort des von der Bundesregierung am 23. August 2005 an den Bundesrat übermittelten (vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend erstellten) Entwurfs der Kostenbeitragsverordnung, dass die Bemessung der Pauschalbeträge "in enger Abstimmung mit unterhaltsrechtlichen Wertungen" erfolgt sei und damit "Wertungsunterschiede" vermieden werden sollen (BRDrucks 648/05 [neu] S. 1). Auch in den Empfehlungen der beteiligten Ausschüsse (BRDrucks 648/1/05 S. 3 ff.), deren Änderungsvorschläge im Zustimmungsbeschluss des Bundesrates durchweg übernommen worden sind (vgl. BRDrucks 648/05 [Beschluss] S. 1 ff.), wurde nochmals als Ziel der konkreten Beitragsbemessung hervorgehoben, "für Eltern in den unteren Einkommensgruppen eine Kostenbeitragspflicht festzulegen, deren Höhe den Kostenbeiträgen nach der geltenden Kostenheranziehung vergleichbar ist und die in etwa der gesetzlichen Unterhaltspflicht der Eltern für ihre Kinder entspricht" (BRDrucks 648/1/05 S. 3). Weiter heißt es dort in einer Anmerkung zu einer im Rahmen der Überprüfung eines Beitragssatzes angestellten unterhaltsrechtlichen Vergleichsberechnung: "Die Höhe des tatsächlich zu zahlenden Unterhalts folgt aus der Berücksichtigung des dem Unterhaltspflichtigen zu belassenden Selbstbehalts, der ab dem 1. Juli 2005 bei erwerbstätigen Unterhaltspflichtigen gegenüber minderjährigen unverheirateten Kindern bei 890 Euro monatlich liegt" (BRDrucks 648/1/05 S. 6).

1.4

Darüber hinaus spricht vieles dafür, dass die vorstehende Auslegung des § 94 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII , nach der dem Kostenbeitragspflichtigen jedenfalls der unterhaltsrechtliche Selbstbehalt zu belassen ist, auch von Verfassungs wegen geboten ist. Es liegt nahe - ohne dass dies hier abschließend entschieden werden müsste -, die in der Rechtsprechung zum notwendigen Selbstbehalt im Unterhaltsrecht entwickelten Grundsätze auf das jugendhilferechtliche Kostenbeitragsrecht zu übertragen.

Die mit der Auferlegung von Unterhaltsleistungen verbundene Einschränkung des Art. 2 Abs. 1 GG ist nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts als unverhältnismäßig anzusehen, wenn die Beschränkung der Dispositionsfreiheit des Verpflichteten im finanziellen Bereich als Folge der Unterhaltsansprüche die Grenze des Zumutbaren überschreitet. Die finanzielle Leistungsfähigkeit endet jedenfalls dort, wo der Unterhaltspflichtige nicht mehr in der Lage ist, seine eigene Existenz zu sichern (BVerfG, Beschlüsse vom 20. August 2001 - 1 BvR 1509/97 - NJW-RR 2002, 73 f. = FamRZ 2001, 1685 f. und vom 25. Juni 2002 - 1 BvR 2144/01 - NJW 2002, 2701 f. jeweils m.w.N.; vgl. ferner [zum existenznotwendigen Bedarf als Untergrenze für den steuerlichen Zugriff] Beschlüsse vom 25. September 1992 - 2 BvL 5/91 u.a. - BVerfGE 87, 153 und vom 13. Februar 2008 - 2 BvL 1/06 - BVerfGE 120, 125). Danach wäre es verfassungswidrig, wenn dem Unterhaltspflichtigen nicht einmal mehr der Sozialhilfebedarf verbliebe und er infolge der Unterhaltszahlungen selbst sozialhilfebedürftig würde (BSG, Urteil vom 20. Juni 1984 - 7 RAr 18/83 - BSGE 57, 59 <63> und - diesem folgend - BGH, Urteil vom 2. Mai 1990 a.a.O. Rn. 10 im Hinblick auf die Unvereinbarkeit mit der Menschenwürdegarantie [Art. 1 Abs. 1 GG] und dem Sozialstaatsprinzip [Art. 20 Abs. 1 GG]). Unter welchen Voraussetzungen der Gesetzgeber sozialrechtliche Einstandspflichten losgelöst vom Unterhaltsrecht und strenger als dieses bestimmen kann (z.B. im Rahmen der Bedarfs- und Einsatzgemeinschaft nach § 7 Abs. 2, 3, § 9 Abs. 2 SGB II oder in Fällen, in denen nach §§ 19, 20 SGB XII eine Einsatzgemeinschaft besteht), bedarf zumindest für den jugendhilferechtlichen Kostenbeitrag bei Gewährung teil- und vollstationärer Leistungen keiner abschließenden Beurteilung. Überdies hat der Gesetzgeber durch die Beschränkung des Kostenbeitrages auf den "angemessenen Umfang" selbst zu erkennen gegeben, dass er einen etwa weitergehenden verfassungsrechtlichen Rahmen für die Heranziehung nicht hat ausschöpfen wollen.

§ 1603 Abs. 1 BGB , nach dem nicht unterhaltspflichtig ist, wer bei Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen außerstande ist, ohne Gefährdung seines angemessenen Unterhalts den Unterhalt zu gewähren, stellt eine Ausprägung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit im Unterhaltsrecht dar (vgl. etwa zuletzt BVerfG, Beschluss vom 15. Februar 2010 - 1 BvR 2236/09 - FamRZ 2010, 626 f.). Dieser Grundsatz prägt seinerseits jedenfalls solche öffentlich-rechtlichen Einstandspflichten, die sich - wie der Kostenbeitrag nach §§ 91 ff. SGB VIII - ungeachtet der eigenständigen öffentlich-rechtlichen Ausformung nach Grund und Bemessung an das Unterhaltsrecht anlehnen. Für die Konkretisierung der Zumutbarkeitsgrenze auch der kostenbeitragsrechtlichen Leistungsfähigkeit ist es jedenfalls verfassungsrechtlich statthaft - sofern nicht Besonderheiten des Einzelfalles eine Abweichung bedingen -, auf die in den unterhaltsrechtlichen Leitlinien festgelegten (an der sog. Düsseldorfer Tabelle orientierten) und grundsätzlich (etwas) über dem Sozialhilfebedarf liegenden Selbstbehaltsätze abzustellen (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 20. August 2001 a.a.O. und vom 25. Juni 2002 a.a.O.; BSG, Urteil vom 20. Juni 1984 a.a.O. Rn. 32 ff.; BGH, Urteile vom 28. März 1984 a.a.O. und vom 2. Mai 1990 a.a.O.). Auch sonst ist diese Anknüpfung im Sozialrecht anerkannt (zu § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB I s. etwa BSG, Urteil vom 20. Juni 1984 a.a.O.; zu § 94 Abs. 2 SGB VIII a.F. s.a. BVerwG, Urteil vom 22. Dezember 1998 - BVerwG 5 C 25.97 - BVerwGE 108, 222).

2.

Der von der Beklagten erhobene Kostenbeitrag belässt dem Kläger nicht den unterhaltsrechtlichen Selbstbehalt.

2.1

Nach Ziffer 21.2 der hier - nach den Feststellungen des Berufungsgerichts - heranzuziehenden unterhaltsrechtlichen Leitlinien des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts (Stand: 1. Juli 2005) betrug der notwendige (sog. kleine) Selbstbehalt eines Erwerbstätigen gegenüber seinen minderjährigen Kindern im streitbefangenen Zeitraum des Jahres 2006 monatlich 890 €. Auch wenn unterhaltsrechtlich keine strenge Bindung an die Tabellenwerte der Leitlinien besteht, dürfen die Tatgerichte sich an diesen Erfahrungs- und Richtwerten orientieren, sofern nicht im Einzelfall besondere Umstände eine Abweichung bedingen (BGH, Urteil vom 28. März 1984 a.a.O., Diederichsen, in: Palandt, BGB , 69. Aufl. 2010, § 1603 Rn. 32 m.w.N.). Solche besonderen Umstände sind hier von den Vorinstanzen jedoch weder festgestellt noch sonst von den Beteiligten dargetan worden.

2.2

Die Heranziehung zu einem Kostenbeitrag in der vollen von der Beklagten geforderten Höhe belässt dem Kläger bei der gebotenen unterhaltsrechtlichen (Vergleichs-)Berechnung weniger als diesen notwendigen Selbstbehalt.

Nach den für das Revisionsgericht gem. § 137 Abs. 2 VwGO bindenden Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts belief sich das monatliche Nettoeinkommen des Klägers (nach Abzug von Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen) in dem streitbefangenen Zeitraum auf 1 790,35 €. Das Oberverwaltungsgericht hat weiterhin bindend festgestellt, dass die vom Kläger geltend gemachten monatlichen Fahrten zur Erzielung des Einkommens notwendig waren und der Kläger insbesondere nicht auf öffentliche Verkehrsmittel ausweichen konnte. Die Bemessung (in Orientierung an Ziffer 10.2.2 Satz 1 der Leitlinien des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts) der hiernach abzugsfähigen Fahrtkosten in Höhe von monatlich 597,60 € entspricht den unterhaltsrechtlichen Maßstäben, auf die jedenfalls für die unterhaltsrechtliche Vergleichsberechnung zur Prüfung, ob der Selbstbehalt gewährleistet ist, abzustellen ist. Sie steht rechnerisch zwischen den Beteiligten nicht im Streit. Ob von dem hiernach unterhaltsrechtlich relevanten (bereinigten) Nettoeinkommen von nicht mehr als 1 192,75 € monatlich weitere Beträge unterhaltsrechtlich abzugsfähig waren, ist nicht festgestellt und bedarf mangels Entscheidungserheblichkeit keiner Klärung. Nach Abzug des Selbstbehalts - von hier 890 € - bleibt ein Betrag von monatlich 302,75 €, der unterhaltsrechtlich für Unterhaltszahlungen zur Verfügung steht. Der von der Beklagten in den streitbefangenen Bescheiden festgesetzte Kostenbeitrag von insgesamt 440 € belässt dem Kläger damit nicht den ihm als Erwerbstätigem zustehenden unterhaltsrechtlichen Selbstbehalt - hier von 890 € - und führt demnach dazu, dass dem Kläger weniger an Einkommen verbliebe, als ihm wegen des notwendigen Selbstbehalts nach Unterhaltsrecht verblieben wäre. Der festgesetzte Kostenbeitrag ist insoweit, als er den unterhaltsrechtlichen Selbstbehalt nicht (vollständig) wahrt, nicht angemessen im Sinne von § 94 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII .

2.3

Diese Nichtbeachtung der durch den unterhaltsrechtlichen Selbstbehalt gezogenen Grenze ergibt sich unabhängig davon, ob im Übrigen der öffentlich-rechtliche Kostenbeitrag nach §§ 91 ff. SGB VIII in der von der Beklagten oder in der vom Berufungsgericht für zutreffend erachteten Weise zu berechnen ist; denn in jedem Falle ist der Kostenbeitrag, der sich hiernach errechnete, so hoch, dass er in den unterhaltsrechtlichen Selbstbehalt eingriffe. Die zwischen den Beteiligten streitige Frage, ob für die Ermittlung des Einkommens, das bei der Anwendung der Kostenbeitragsverordnung zu berücksichtigen ist, die berufsbedingten Fahrtkosten nach § 93 Abs. 3 Nr. 2 SGB VIII nach der Pauschalierung der Unterhaltsrichtlinien des Oberlandesgerichts zu berechnen sind, kann deshalb ebenso offen bleiben, wie die Frage, ob - woran der Senat, wie in der mündlichen Verhandlung erörtert, erhebliche Zweifel hat - die Regelung des § 4 Abs. 1 Nr. 1 KostenbeitragsV (hier anwendbar in der Fassung vom 1. Oktober 2005, BGBl I S. 2907) auch auf die vollstationär untergebrachten Kinder des Klägers (unmittelbar) angewandt werden kann.

3.

Wegen des Verstoßes der Beklagten gegen das Gebot der angemessenen Heranziehung (§ 94 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII ) haben die Vorinstanzen im Ergebnis zu Recht entschieden, das der geforderte Kostenbeitrag in der vom Kläger angegriffenen, den Betrag von 350 € übersteigenden Höhe nicht rechtmäßig ist und die streitbefangenen Bescheide hinsichtlich des übersteigenden Betrages aufzuheben waren. Ob dieser Verstoß auch eine weitergehende Aufhebung rechtfertigen würde und wie die damit zusammenhängende Frage zu beantworten ist, ob und gegebenenfalls welche weitergehenden Rechtsfolgen aus einem durch die Unterschreitung des unterhaltsrechtlichen Selbstbehalts bedingten Verstoß gegen § 84 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII (im Allgemeinen) zu ziehen sind, hat der Senat wegen der hier vorliegenden Begrenzung des Streitgegenstandes im Revisionsverfahren nicht zu entscheiden. Denn der Kläger hat vor dem Verwaltungsgericht die Aufhebung der Bescheide zuletzt allein in der den Betrag von 350 € übersteigenden Höhe begehrt, so dass die Bescheide bis zur Höhe dieses Betrages in Bestandskraft erwachsen und nicht mehr Gegenstand des Berufungs- und Revisionsverfahrens geworden sind. Der Senat lässt daher offen, ob etwa - im Fall der (systematischen) Verfehlung der Selbstbehaltsgrenze bei den unteren Einkommensgruppen trotz Berücksichtigung der Pauschale nach § 93 Abs. 3 Satz 3 SGB VIII - eine (teilweise) Nichtigkeit der Beitragssätze der Kostenbeitragsverordnung anzunehmen ist. Ebenso bedarf es keiner Entscheidung darüber, ob dem durch eine Unterschreitung der Selbstbehaltsgrenze beeinträchtigten Angemessenheitsgebot durch eine gesetzeskonforme Auslegung der Kostenbeitragsverordnung, durch eine entsprechende Anwendung des § 4 KostenbeitragsV (etwa im Falle der Kostenbeitragspflicht für mehrere untergebrachte junge Menschen) oder im jeweiligen Einzelfall dadurch Rechnung getragen werden kann, dass - im Umfang der Unterschreitung des notwendigen Selbstbehalts - eine zur Beitragsreduzierung führende besondere Härte im Sinne von § 92 Abs. 5 SGB VIII anzunehmen ist.

4.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO , die Gerichtskostenfreiheit folgt aus § 188 Satz 2 Halbs. 1 VwGO .

Verkündet am 19. August 2010

Vorinstanz: VG Schleswig, vom 22.09.2008 - Vorinstanzaktenzeichen 15 A 70/08
Vorinstanz: OVG Schleswig-Holstein, vom 27.04.2009 - Vorinstanzaktenzeichen 2 LB 7/09
Fundstellen
BVerwGE 137, 357
DVBl 2010, 1518
DÖV 2011, 43
FamRZ 2011, 100
NJW 2011, 97