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BVerwG - Entscheidung vom 20.12.2010

3 PKH 6.10

Normen:
BerRehaG § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 2
BerRehaG § 22 Abs. 1 Nr. 3
VwGO § 166
ZPO § 121 Abs. 1
ZPO § 114 S. 1

BVerwG, Beschluss vom 20.12.2010 - Aktenzeichen 3 PKH 6.10

DRsp Nr. 2011/1450

Beginn der Verfolgungszeit i.S.d. § 2 Abs. 1 BerRehaG bei Beendigung eines Studiums vor dem Zeitpunkt der Exmatrikulation; Eingriff durch tatsächliche Erschwernisse einer berufsbezogenen Ausbildung ohne förmliche Entziehung des zugewiesenen Ausbildungsplatzes

Tenor

Der Antrag des Klägers, ihm für eine Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Chemnitz vom 28. Mai 2010 Prozesskostenhilfe zu bewilligen und einen Rechtsanwalt beizuordnen, wird abgelehnt.

Normenkette:

BerRehaG § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 ; BerRehaG § 22 Abs. 1 Nr. 3 ; VwGO § 166 ; ZPO § 121 Abs. 1 ; ZPO § 114 S. 1;

Gründe

Dem Kläger kann keine Prozesskostenhilfe bewilligt werden, weil die beabsichtigte Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision Chemnitz vom 28. Mai 2010 keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 166 VwGO i.V.m. § 114 Satz 1 ZPO ). Deshalb kommt auch die Beiordnung eines Rechtsanwalts für ein solches Verfahren nicht in Betracht (§ 121 Abs. 1 ZPO ).

Der Kläger ist als Verfolgter im Sinne des Beruflichen Rehabilitierungsgesetzes ( BerRehaG ) anerkannt worden. Der Beklagte hat dabei den Beginn der Verfolgungszeit auf den Zeitpunkt der Exmatrikulation des Klägers von der Leipziger Universität am 1. August 1964 festgesetzt. Der Kläger erstrebt die Festsetzung des Beginns der Verfolgungszeit nach § 22 Abs. 1 Nr. 3 i.V.m. § 2 Abs. 1 BerRehaG bereits auf den 1. Juni 1964, weil sein Studium zu diesem Zeitpunkt tatsächlich beendet worden sei und er von da an den Unterhalt seiner Familie habe anderweitig erwirtschaften müssen. Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen, weil nur der Entzug eines zugewiesenen Studienplatzes als Eingriff in die begonnene Berufsausbildung zu werten sei. Beeinträchtigungen im Studienbetrieb vor der Exmatrikulation stellten begrifflich keinen rehabilitierungsfähigen Sachverhalt dar.

Das Vorbringen des anwaltlich nicht vertretenen Klägers lässt bei der vom Senat von Amts wegen vorzunehmenden Prüfung nicht erkennen, dass einer der Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt, noch drängt sich ein solcher Zulassungsgrund im Zusammenhang mit seinem Vorbringen auf.

Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits ist ausweislich des insoweit maßgeblichen Tatbestandes des angefochtenen Urteils allein die Feststellung der Verfolgungszeit. Sie richtet sich nach § 2 BerRehaG . Gegen die Auslegung dieser Vorschrift durch das Verwaltungsgericht ist auf der Grundlage der bisherigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nichts einzuwenden, was die Durchführung eines Revisionsverfahrens rechtfertigen könnte. Es ist nicht ersichtlich, dass die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO hat, dass das Urteil des Verwaltungsgerichts von einer Entscheidung eines der in § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO genannten Gerichte abweicht oder dass ein Verfahrensmangel nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Der Senat hat in ständiger Rechtsprechung klargestellt, dass die Schutzwirkung des Beruflichen Rehabilitierungsgesetzes auf Eingriffe in eine verfestigte berufsbezogene Position begrenzt ist, also in begonnene, zur Zeit des Eingriffs tatsächlich ausgeübte Berufstätigkeit sowie auf die Fälle der Verhinderung, einen erlernten Beruf auszuüben oder eine Ausbildung abzuschließen (Beschluss vom 4. Februar 2010 - BVerwG 3 PKH 9.09 - ZOV 2010, 145 m.w.N.). Demgemäß ist die Verfolgungszeit in § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BerRehaG definiert als die Zeit, in der der Verfolgte seine bisherige oder eine angestrebte Erwerbstätigkeit nicht ausgeübt oder ein geringeres Einkommen als aus der bisherigen Erwerbstätigkeit erzielt hat. Das schließt es grundsätzlich aus, einen Eingriff schon in tatsächlichen Erschwernissen einer berufsbezogenen Ausbildung zu sehen, mit denen der zugewiesene Ausbildungsplatz nicht förmlich entzogen worden ist. Solche Erschwernisse hindern nicht daran, die Ausbildung abzuschließen; diese Wirkung tritt bei Studienplätzen vielmehr erst infolge der Exmatrikulation ein, die der Beklagte hier als Beginn der Verfolgungszeit auch anerkannt hat.

Soweit der Kläger Fragen zu sozial- und finanzrechtlichen Vorschriften und Verfahren aufwirft und dazu umfangreichen Schriftverkehr und andere Unterlagen vorlegt, ist deren Bedeutung für das Vorliegen eines Zulassungsgrundes nicht erkennbar. Zwar stehen die rentenrechtlichen Fragestellungen, die der Kläger vornehmlich anspricht, in einem engen Zusammenhang mit der Verfolgungszeit, an die sie anknüpfen (vgl. §§ 10 ff. BerRehaG ). Es handelt sich jedoch um Folgeprobleme, die nicht auf die vorab zu klärende Frage zurückwirken, wann die Verfolgung eingesetzt hat.

Kley

Liebler

Dr. Wysk

Vorinstanz: VG Chemnitz, vom 28.05.2010 - Vorinstanzaktenzeichen 3 K 1040/09